TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/28 W234 2201156-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.05.2020
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Entscheidungsdatum

28.05.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
BFA-VG §18 Abs1 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1a

Spruch

W234 2201156-1/15E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Thomas HORVATH über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Georgien, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Burgenland vom 25.06.2018, Zl. XXXX , zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Nach seiner Einreise in das Bundesgebiet stellte der Beschwerdeführer am 03.09.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz. Die niederschriftliche Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes fand am selben Tag statt.

Dort gab der Beschwerdeführer an, er habe Georgien am 27.08.2017 verlassen und sei über die Türkei, Bulgarien, Rumänien und Ungarn nach Österreich gekommen. Er sagte, dass er bereits 2010 in Frankreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt, allerdings die Entscheidung nicht abgewartet habe. Befragt zu seinem Fluchtgrund führte er aus, er sei Arzt und habe ein gesundheitliches Problem, welches nur in Österreich diagnostizierbar sei. Er habe eine "undefinierte Infektion im Blut". Seine Sehkraft sei beeinträchtigt und er habe darüber hinaus Schwellungen und Ausschläge im Gesicht, was auch zu Schluck- und Essbeschwerden führe. Permanente Schmerzen seien die Folge und es komme manchmal zur Ohnmacht. Im Falle seiner Rückkehr befürchte der Beschwerdeführer aufgrund der Infektionen seinen Tod, weil er sich die nötigen Medikamente nicht leisten könne (BFA-Akt, AS 9).

2. Ohne den Abschluss des Asylverfahrens abzuwarten, reiste der Beschwerdeführer weiter nach Deutschland, stellte dort einen Antrag auf internationalen Schutz und zog diesen in weiterer Folge am 11.10.2017 zurück (BFA-Akt, AS 165). In der betreffenden Erklärung gab der Beschwerdeführer an, dass er nach Spanien zurückkehren wolle, weil er dort "ebenfalls einen Asylstatus" habe und seine Schwester dort lebe.

3. Der Beschwerdeführer begab sich daraufhin in die Schweiz, wo er medizinisch untersucht wurde. Die schweizerischen Behörden veranlassten eine Rücküberstellung nach Österreich, welche am 12.04.2018 erfolgte (BFA-Akt, AS 115).

4. Am 04.05.2018 fand eine niederschriftliche Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden Bundesamt) statt (BFA-Akt, AS 149 ff und 171 ff). Der Beschwerdeführer gab dabei an, dass er aus der georgischen Stadt XXXX stamme, wo er auch bis zu seiner Ausreise immer gelebt habe. Er habe zunächst elf Jahre eine allgemeinbildende höhere Schule und anschließend sieben Jahre lang die staatliche medizinische Universität in Tiflis besucht. Laut eigenen Angaben habe er keinen Beruf. Bezüglich der Angabe in der Erstbefragung, er sei Arzt, meinte der Beschwerdeführer, er habe keine entsprechenden Dokumente darüber; er wisse nicht, wo diese seien und er habe sie auch nicht gesucht. Er sei ledig und habe keine Kinder. Seine Mutter und Schwester, zu denen er ein "normal[es]" Verhältnis habe, seien in Georgien wohnhaft.

Zu seinem Fluchtgrund brachte der Beschwerdeführer vor, sein Gesundheitszustand habe sich in Georgien verschlechtert und die medizinische Versorgung sei in Georgien schwierig. Wegen dieser gesundheitlichen Schwierigkeiten habe er die Freude am Leben verloren und seine Arbeit aufgegeben. Er habe an einem geschwollenen Unterkiefer gelitten, was nur durch die Einnahme von Antibiotika temporär geheilt habe werden können. Die Schwellung sei zeitweise so schlimm gewesen, dass er den Mund nicht aufmachen und essen habe können. Der Beschwerdeführer habe sich in Georgien selbst die nötigen Medikamente verschrieben.

Im Falle seiner Rückkehr wären seine Gesundheit und sein Leben in Gefahr. Österreich würde er wieder verlassen, wenn er gesund wäre.

5. Mit dem im Spruch bezeichneten Bescheid (BFA-Akt, AS 211 ff) wies das Bundesamt den Antrag auf internationalen Schutz für die Zuerkennung des Status des Asyl- sowie subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Georgien ab (Spruchpunkte I und II). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt (Spruchpunkt III). Es wurde eine Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer erlassen (Spruchpunkt IV) und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Georgien zulässig sei (Spruchpunkt V). Eine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe nicht (Spruchpunkt VI). Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VII).

Das Bundesamt führte in seiner Begründung im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer an keiner lebensbedrohlichen Krankheit leide und darüber hinaus in Georgien eine staatlich finanzierte Gesundheitsversorgung bestehe. Georgien zähle weiters zu den sicheren Herkunftsstaaten.

Der Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 27.06.2018 zugestellt.

6. Gegen diesen Bescheid richtet sich die hier zu erledigende Beschwerde (BFA-Akt, AS 279 ff), welche beim Bundesamt am 09.07.2018 einlangte. Die Beschwerde verweist unter anderem auf den schlechten Gesundheitszustand und damit zusammenhängend auf eine Verletzung der Art. 2 und 3 EMRK sowie 6. und 13. ZPEMRK im Falle der Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat. Eine Aufenthaltsbeendigung würde ferner eine Verletzung des Rechtes des Beschwerdeführers auf Achtung des Privat- und Familienlebens gemäß Art. 8 EMRK darstellen.

7. Auf Grund einer Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 25.09.2018 wurde die Beschwerde der zuvor zuständigen Gerichtsabteilung abgenommen und der nunmehr zuständigen Gerichtsabteilung zur Entscheidung zugewiesen.

8. Der Beschwerdeführer wurde am 28.10.2018 mittels Charterabschiebung nach Georgien abgeschoben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

1.1.1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Georgiens und weist die im Spruch dieses Erkenntnisses bezeichnete Identität auf. Er reiste spätestens am 03.09.2017 nach Österreich ein. Im Herkunftsstaat lebte der Beschwerdeführer bis zu seiner Ausreise in XXXX (Georgien) im Hause seiner Mutter und könnte nach seiner Rückkehr erneut dort Wohnsitz nehmen. Er ist ethnischer Georgier, spricht muttersprachlich Georgisch und ist christlich-orthodoxen Glaubens.

1.1.2. Der Beschwerdeführer verfügt über eine elfjährige Schulausbildung und keine besondere Berufsausbildung. Er ist in Georgien gelegentlich einer Erwerbstätigkeit nachgegangen.

1.1.3. Die Mutter des Beschwerdeführers lebt in einem Haus in XXXX (Georgien), das sich in ihrem Eigentum befindet. Der Vater des Beschwerdeführers ist verstorben. Die Schwester des Beschwerdeführers lebt in Tiflis (Georgien). Beide Familienmitglieder gehen einer Erwerbstätigkeit nach und es besteht ein gutes Verhältnis und regelmäßiger Kontakt zu ihnen. In Österreich hat der Beschwerdeführer keine Verwandten.

1.1.4. Der Beschwerdeführer leidet an keiner lebensbedrohlichen oder sonstigen schwerwiegenden Erkrankung. Insb sind die beim Beschwerdeführer wiederholt wiederkehrenden Entzündungen im Bereich des Unterkiefers und die dabei auftretende Schwierigkeit, den Mund vollständig zu öffnen im gegebenen Zusammenhang nicht als schwerwiegende Erkrankung anzusehen. Es liegen auch keine Erkrankungen psychischer Natur vor, die dem Beschwerdeführer das Verfolgen des Verfahrensablaufs ohne entsprechende Unterstützung unmöglich gemacht hätten.

1.1.5. Der Beschwerdeführer hat keine freundschaftlichen oder familiären Beziehungen zu Personen in Österreich und spricht nicht Deutsch. Er ist nicht Mitglied in Vereinen und sonstigen Organisationen in Österreich. Er hat in Österreich keine Kurse oder sonstigen Ausbildungen absolviert. Der Beschwerdeführer hielt sich - mit Unterbrechungen - rund ein Jahr in Österreich auf. Ihm kam zu keinem Zeitpunkt ein nicht auf das Asylverfahren gestütztes Aufenthaltsrecht zu.

1.1.6. Der Beschwerdeführer ist erwerbsfähig und strafrechtlich unbescholten. Er verfügt über familiäre Anknüpfungspunkte im Herkunftsstaat und einer gesicherten Existenzgrundlage.

1.1.7. Der Beschwerdeführer war in Österreich nicht erwerbstätig und lebte von Leistungen der Grundversorgung.

1.1.8. Der Beschwerdeführer wurde am 28.10.2018 mittels Charterabschiebung nach Georgien abgeschoben.

1.2. Zum Fluchtvorbringen und zur Rückkehrsituation:

1.2.1. Dem Beschwerdeführer drohen in Georgien keinerlei Verfolgungshandlungen, Bedrohungen, Übergriffe oder Diskriminierungen irgendeiner Art.

1.2.2. Der Beschwerdeführer leidet an wiederholt wiedergekehrten Schwellungen des Unterkiefers.

Im Herkunftsstaat hat der Beschwerdeführer Zugang zu adäquater medizinischer Behandlung dieser Schwelllungen des Unterkiefers.

Im Falle der Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat ist keine ernste, rasche und unwiederbringliche Verschlechterung seines Gesundheitszustands zu befürchten, die zu intensivem Leid, einer erheblichen Verkürzung seiner Lebenserwartung oder gar einer Lebensbedrohung führen könnte.

1.3. Zur maßgeblichen Situation in Georgien:

Als örtliche Gegebenheiten im Herkunftsstaat werden folgende Kapitel des Länderinformationsblattes der Staatendokumentation "Georgien" in der Fassung der Gesamtaktualisierung vom 12.09.2019, zuletzt teilaktualisiert am 16.3.2020, festgestellt:

"Politische Lage

Letzte Änderung am 16.3.2020

In Georgien finden regelmäßig kompetitive Wahlen statt. Nachdem der Demokratisierungsprozess in den Jahren 2012-13 an Dynamik gewonnen hatte, kam es in den letzten Jahren zu einer Stagnation der Fortschritte. Oligarchen haben übergroßen Einfluss auf Politik und politische Entscheidungen und die Rechtsstaatlichkeit wird nach wie vor durch politische Interessen behindert. Das politische Leben in Georgien ist lebendig. Neue politische Parteien können in der Regel ohne Behinderungen gegründet werden und zu den Wahlen antreten. Allerdings war die politische Landschaft von der Dominanz abwechselnd einer Partei geprägt, was die Entwicklung und Stabilität konkurrierender Gruppen gehemmt hat (FH 10.3.2020).

Georgien hat eine doppelte Exekutive, wobei der Premierminister als Regierungschef und der Präsident als Staatsoberhaupt fungiert. Der Präsident wurde bis 2018 durch Direktwahl für maximal zwei Amtszeiten von je fünf Jahren gewählt. Aufgrund einer Verfassungsänderung wird der Präsident in Zukunft indirekt für sechs Jahre von einem Gremium, bestehend aus nationalen, regionalen und lokalen Gesetzgebern, gewählt werden. Der Präsident ernennt formal den Premierminister, der vom Parlament nominiert wird (FH 10.3.2020).

Die ehemalige Außenministerin Salome Zurabishvili wurde am 28.11.2018 zur Präsidentin des Landes gewählt. Offiziell als unabhängige Kandidatin, jedoch unterstützt von der Regierungspartei "Georgischer Traum", setzte sie sich in der Stichwahl mit fast 60% gegen ihren Konkurrenten Grigol Vashadze durch, welcher insbesondere von der oppositionellen Vereinigten Nationalen Bewegung von Ex-Präsident Saakashvili unterstützt wurde (FAZ 29.11.2018; vgl. CW 29.11.2018). Die OSZE beurteilte den Wahlgang als kompetitiv und gut administriert, wobei der Wahlkampf von einer scharfen Rhetorik und Demonstrationen begleitet war. Hauptkritikpunkte waren allerdings die einseitige Verwendung staatlicher Verwaltungsressourcen sowie die Berichterstattung des öffentlichen Rundfunks zugunsten von Zurabishvili (OSCE/ODIHR 29.11.2018). Am 1.12.2018 demonstrierten rund 25.000 Menschen in Tiflis und warfen der von der Regierungspartei unterstützten neuen Präsidentin Zurabishvili Wahlbetrug vor und forderten vorgezogene Parlamentswahlen (Standard 2.12.2018).

Am 8.10. und 30.10.2016 fanden Parlamentswahlen in Georgien statt. Die bislang regierende Partei "Georgischer Traum" sicherte sich die Verfassungsmehrheit, indem sie 115 der 150 Sitze gewann. Die "Vereinigte Nationale Bewegung" (UNM) des Expräsidenten Mikheil Saakashvili errang 27 und die "Allianz der Patrioten Georgiens" (APG) sechs Sitze (RFE/RL 1.11.2016). Mit der APG ist erstmals eine pro-russische Partei im Parlament vertreten. In der notwendigen Stichwahl am 30.10.2016 in 50 Wahlkreisen, die nach dem Mehrheitswahlrecht bestimmt werden, gewann der "Georgische Traum" 48 Wahlkreise (Standard 31.10.2016).

Die Änderungen zu einem reinen Verhältniswahlrecht wurden vom Parlament für die übernächsten, 2024 stattfindenden Wahlen beschlossen (KP 23.11.2019a; vgl. RFE/RL 28.11.2019). Demonstrationen im Juni 2019 führten unter anderem dazu, dass bereits bei der für Oktober 2020 angesetzten Wahl die Parlamentssitze nach dem Verhältniswahlrecht vergeben werden sollten (DW 24.6.2019, vgl. RFE/RL 5.8.2019). Die notwendige Drei-Viertel-Mehrheit zur Abänderung des Wahlgesetzes für die Wahl 2020 kam infolge des parlamentarischen Abstimmungsverhaltens der Regierungspartei "Georgischer Traum" nicht zustande (KP 23.11.2019a, vgl. NZZ 20.11.2019).

Als Reaktion demonstrierten ab Mitte November zeitweise Tausende im Zentrum von Tiflis. Die Polizei löste die Blockade des Parlamentsgebäudes am 18.11.2019 unter Einsatz von Tränengas und Wasserwerfern auf und nahm etliche Demonstranten fest (RFE/RL 28.11.2019, NZZ 20.11.2019, JAMNews 20.11.2019, KP 23.11.2019a). Bei neuerlichen Demonstrationen am 25.11.2019 waren rund 30 Menschen festgenommen worden, nachdem die Protestierenden versucht hatten die Eingänge des Parlamentsgebäudes zu blockieren (ZO 26.11.2019). Dies wiederholte sich am 28.11.2019 (RFE/RL 28.11.2019).

Zu Beginn des Jahres 2020 kam es zu Verhandlungen zwischen Regierungs- und Oppositionsparteien, wobei im März 2020 ein Kompromiss erzielt werden konnte. Bei den kommenden Wahlen im Oktober 2020 werden 120 Abgeordnete über proportionale Parteilisten und 30 Abgeordnete über das Mehrheitswahlsystem (Wahlkreise mit einem einzigen Mandat) gewählt werden. Die Wahlhürde für die Verhältniswahl wird auf 1% der Stimmen festgelegt. Es wird ein Begrenzungsmechanismus eingeführt, der vorsieht, dass keine einzelne Partei, die weniger als 40 % der abgegebenen Stimmen erhält, die Mehrheit der Sitze im Parlament erhalten darf. 30 Wahlkreise werden definiert, deren Abweichung von der durchschnittlichen Größe der Wahlkreise nicht mehr als 15 % beträgt. Im Falle einer vorgezogenen Neuwahl zwischen 2020 und 2024 wird diese nach demselben Wahlsystem wie im Jahr 2020 durchgeführt. Alle nachfolgenden Wahlen werden jedoch auf der Grundlage des vollständig proportionalen Wahlsystems durchgeführt, wie es für die Parlamentswahlen 2024 vorgesehen ist (civil 8.3.2020).

Quellen:

* CW - Caucasus Watch (29.11.2018): Surabischwili gewinnt Wahl: Georgien bekommt erstmals eine Präsidentin, http://caucasuswatch.de/news/1190.html, Zugriff 12.8.2019

* civil.ge (8.3.2020): Georgian Dream, Opposition Reach Consensus over Electoral Reform, https://civil.ge/archives/341385, Zugriff 9.3.2020

* DW - Deutsche Welle (24.6.2019): Proteste in Tiflis trotz Zugeständnissen, https://www.dw.com/de/proteste-in-tiflis-trotz-zugest%C3%A4ndnissen/a-49339505, Zugriff 13.8.2019

* JAMnews (20.11.2019): Protests in Tbilisi continue after dispersal - demonstrators plan to disrupt parliament, https://jam-news.net/protests-in-tbilisi-continue-after-dispersal-demonstrators-plan-to-disrupt-parliament/, Zugriff 22.11.2019

* FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung (29.11.2018): Georgien bekommt eine Präsidentin, https://www.faz.net/aktuell/salome-surabischwili-wird-neue-praesidentin-in-georgien-15915289.html, Zugriff 12.8.2019

* FH - Freedom House (10.3.2020): Freedom in the World 2020 - Georgia, https://freedomhouse.org/country/georgia/freedom-world/2020, Zugriff 11.3.2020

* KP - Kaukasische Post (23.11.2019a): Vorhängeschlösser und Wasserwerfer ersetzen den politischen Diskurs, http://www.kaukasische-post.com/?p=3078, Zugriff 17.1.2020

* KP - Kaukasische Post (23.11.2019b): Welches Wahlrecht für Georgien?,http://www.kaukasische-post.com/?p=3075, Zugriff 17.1.2020

* NZZ - Neue Zürcher Zeitung (20.11.2019): Georgiens Politiker manövrieren sich in eine Sackgasse, https://www.nzz.ch/international/georgien-proteste-nach-gebrochenem-versprechen-ld.1522982, Zugriff 22.11.2019

* OSCE/ODIHR - Organization for Security and Co-operation in Europe/Office for Democratic Institutions and Human Rights, European Parliament, OSCE Parliamentary Assembly, Parliamentary Assembly of the Council of Europe (30.10.2016): International Election Observation Mission, Georgia - Presidential Election, Second Round, 28 November 2018 - Statement of Preliminary Findings and Conclusions, Preliminary Conclusions, https://www.osce.org/odihr/elections/georgia/404642?download=true, Zugriff 12.8.2019

* RFE/RL - Radion Free Europe/Radion Liberty (28.11.2019): Georgian Police Cordon Off Parliament Building To Prevent Opposition Rally, https://www.rferl.org/a/georgian-police-cordon-off-parliament-building-to-prevent-opposition-rally/30297334.html, Zugriff 2.12.2019RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (1.11.2016): Georgia's Ruling Party Wins Constitutional Majority, http://www.rferl.org/a/georgia-elections-second-round-georgian-dream-super-majority/28085474.html, Zugriff 12.8.2019

* RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (5.8.2019): Georgian Parliament Speaker Presents Amendments To Electoral Code, https://www.rferl.org/a/georgian-parliament-speaker-presents-amendments-to-electoral-code/30093372.html, 13.8.2019

* Der Standard (2.12.2018): 25.000 Georgier wegen angeblichen Wahlbetrugs auf den Straßen - derstandard.at/2000092965067/25-000-Georgier-wegen-angeblichen-Wahlbetrugs-auf-den-Strassen, https://derstandard.at/2000092965067/25-000-Georgier-wegen-angeblichen-Wahlbetrugs-auf-den-Strassen?ref=rec, Zugriff 12.8.2019

* Der Standard (31.10.2016): Regierungspartei kann Georgien im Alleingang regieren, http://derstandard.at/2000046738001/Wahlsieg-von-Regierungspartei-in-Georgien-in-zweiter-Runde-bestaetigt, Zugriff 12.8.2019

* ZO - Zeit Online (26.11.2019): Zahlreiche Festnahmen bei regierungskritischen Protesten,https://www.zeit.de/politik/ausland/2019-11/georgien-tbilissi-proteste-wahlsystem-reform, Zugriff 2.12.2019

Sicherheitslage

Letzte Änderung am 12.9.2019

Die Lage kann in den meisten Landesteilen als stabil bezeichnet werden. Die Konflikte um die beiden separatistischen georgischen Regionen Abchasien und Südossetien sind indes ungelöst und verursachen Spannungen. Trotz vordergründiger Beruhigung der Lage kann ein erneutes Aufflammen des Konfliktes zwischen Abchasien bzw. Südossetiens und Georgien nicht ausgeschlossen werden (EDA 13.8.2019).

Die EU unterstützt durch die Arbeit des EU-Sonderbeauftragten für den Südkaukasus und die EU-Beobachtermission (EUMM) aktiv die Bemühungen um Konfliktlösung. 2009 wurde der Incident Prevention and Response Mechanism (IPRM) geschaffen, der Risiko- und Sicherheitsfragen der Gemeinden in den abtrünnigen Regionen Abchasiens und Südossetens erörtern soll (EC 30.1.2019).

Quellen:

* EC - European Commission (30.1.2019): Association Implementation Report on Georgia [SWD (2019) 16 final], https://eeas.europa.eu/sites/eeas/files/2019_association_implementation_report_georgia.pdf, Zugriff 30.1.2019

* EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (13.8.2019): Reisehinweise für Georgien, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/laender-reise-information/georgien/reisehinweise-georgien.html, Zugriff 13.8.2019

Regionale Problemzone: Abchasien

Letzte Änderung am 16.3.2020

Abchasien (ca. 200.000 Einwohner) hat sich [im Jahr 1992; Time 23.7.2012] - unterstützt von Russland - als unabhängig erklärt und sucht die weitere Annäherung an Russland. Die Regierung in Tiflis hat keine Verwaltungshoheit über das Gebiet, in dem sich de facto ein politisches System mit Regierung, Parlament und Justiz etabliert hat. Eigene Streitkräfte, unterstützt durch russisches Militär, sichern die zunehmend von ihnen befestigte Verwaltungsgrenze zu Georgien. Diese ist nur in einem sehr geringen Maße für Einwohner der Gebiete durchlässig. Militärische Auseinandersetzungen gibt es seit 2008 keine mehr. Das Recht auf Rückkehr der vertriebenen Georgier wird von den abchasischen de facto-Behörden verwehrt. Nur der Verwaltungskreis Gali im südlichen Teil Abchasiens, nahe dem georgischen Hauptterritorium, ist noch stark georgisch/minegrelisch besiedelt. Es liegen Hinweise vor, dass Bewohner dieses Gebiets bzw. Angehörige der georgischen/minegrelischen Bevölkerung in Abchasien staatlich benachteiligt werden (z.B. beim Erwerb von Aufenthalts- und Arbeitserlaubnissen, der Besetzung öffentlicher Stellen, dem Zugang zu Bildung oder bei der Gesundheitsfürsorge). Erschwernisse gibt es beim Übertritt der administrativen Grenze nach Georgien. Ziel ist es offenbar, die georgische Bevölkerung entweder zur Aufgabe der georgischen Staatsangehörigkeit oder zum Verlassen ihrer angestammten Heimat zu veranlassen (AA 19.10.2019).

In Abchasien verbietet das Rechtssystem Eigentumsansprüche von ethnischen Georgiern, die Abchasien vor, während oder nach dem Krieg von 1992 bis 93 verlassen haben, wodurch Binnenvertriebenen ihre Eigentumsrechte in Abchasien entzogen werden (USDOS 11.3.2020, vgl. FH 4.2.2019a). Die abchasischen Behörden verfolgen eine Politik, die den rechtlichen Status von ethnischen Georgiern im Distrikt Gali bedroht. Sie schlossen Dorfschulen und zwingen georgische Schüler, ausschließlich in russischer Sprache zu lernen (USDOS 11.3.2020).

Die abchasischen Behörden und russische Streitkräfte schränken weiterhin die Bewegungsfreiheit der lokalen Bevölkerung entlang der administrativen Grenzlinie (ABL) ein, gleichwohl sie Flexibilität bei Reisen nach Georgien aus medizinischen Gründen, zwecks Pensionsleistungen, Bildung, etc. zeigen. Dorfbewohner, die sich unerlaubt der administrativen Grenze oder den Grenzübergängen nähern, riskieren die Inhaftierung durch die Grenzschutzbeamten der Russischen Föderation. Russische Grenzschutzbeamte entlang der ABL mit Abchasien setzen die Vorschriften der abchasischen Behörden mittels Festnahmen und Geldbußen durch (USDOS 11.3.2020).

Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) hat keinen Zugang zu Gefängnissen und Haftanstalten in Abchasien. Die Zustände dort gelten als chronisch schlecht (USDOS 11.3.2020).

Im März 2019 nahm der UN-Menschenrechtsrat erneut eine Resolution an, die große Besorgnis über die Menschenrechtssituation in Abchasien ausdrückte, wobei insbesondere Entführungen, willkürliche Festnahmen, Verletzung von Eigentumsrechten, das Fehlen muttersprachlichen Schulunterrichts, mangelnde Freizügigkeit und Diskriminierung aufgrund ethnischer Herkunft und Verweigerung des Rückkehrrechts für die geflüchtete georgische Bevölkerung genannt werden. Die Diskriminierung dieser Bevölkerungsteile kann als zielgerichtet bewertet werden, um sie zum Verlassen zu bewegen (AA 19.10.2019; vgl. FH 4.2.2019a).

Während die Volksmeinung einen Einfluss auf die abchasische Innenpolitik hat, ist das Funktionieren der politischen Institutionen Abchasiens fast ausschließlich von der wirtschaftlichen und politischen Unterstützung aus Moskau abhängig. Die ethnisch georgische Bevölkerung ist regelmäßig von Wahlen und politischer Repräsentation ausgeschlossen. Im Jahr 2017 argumentierten die abchasischen "Behörden", dass die Mehrheit der Einwohner des Distrikts Gali georgische Staatsbürger seien und daher nicht wählen dürften (FH 4.2.2019a).

Dennoch weist das politische System eine starke Opposition und zivilgesellschaftliche Aktivität auf. Allerdings behindert die Korruption innerhalb der Parteien deren demokratiepolitische Funktion. Im Allgemeinen wird das Vereinigungsrecht geachtet. Ähnliches gilt für das Versammlungsrecht. Politische Parteien und Organisationen der Zivilgesellschaft organisieren regelmäßig Proteste (FH 4.2.2019a).

Im Jänner 2020 kam es in Abchasiens Hauptstadt Sokhumi zu heftigen Protesten gegen den De-Facto-Präsidenten Raul Khajimba. Ihm wurde von den Demonstranten vorgeworfen, bei seiner Wiederwahl im September 2019 nicht die erforderliche Stimmenmehrheit erzielt zu haben. Die Demonstranten stürmten das Präsidentengebäude und forderten seinen Rücktritt. Nach Vermittlung durch die Russische Föderation trat Khajimba zurück. Die Wahlbehörde annullierte das Wahlergebnis vom September 2019 und kündigte eine Wahlwiederholung für den 22.3.2020 an (RFE/RL 14.1.2020; vgl. AJ 9.1.2020).

Hinsichtlich der Religionsfreiheit erfährt die georgisch-orthodoxe Kirche Restriktionen und Diskriminierung. Die Zeugen Jehovas sind als extremistische Organisation klassifiziert und seit 1995 verboten (USDOS 21.6.2019, vgl. FH 4.2.2019a). Obgleich Vorsteher der muslimischen Gemeinde in der Vergangenheit angegriffen wurden, dürfen Muslime ihren Glauben frei praktizieren (FH 4.2.2019a).

Nepotismus und Korruption, die oft auf Clan- und ethnischen Bindungen beruhen, haben erhebliche Auswirkungen auf die abchasische Justiz. Die Umsetzung gerichtlicher Entscheidungen ist nach wie vor uneinheitlich. Das Strafrechtssystem wird durch den eingeschränkten Zugang der Angeklagten zu qualifiziertem Rechtsbeistand, Verletzungen des ordentlichen Verfahrens und langwierige Untersuchungshaft untergraben (FH 4.2.2019a).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (19.10.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien (Stand: Juli 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/2019042/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Georgien_%28Stand_Juli_2019%29%2C_19.10..pdf, Zugriff 30.1.2020

* AJ - Al Jazeera (9.1.2020): Crowds storm president's office in Georgia's breakaway Abkhazia, https://www.aljazeera.com/news/2020/01/crowds-storm-president-office-georgia-breakaway-abkhazia-200109154012926.html, Zugriff 17.1.2020

* FH - Freedom House (4.2.2019a): Freedom in the World 2019 - Abkhazia, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2019/abkhazia, Zugriff 20.8.2019

* RFE/RL - Radio Free Europe / Radio Liberty (14.1.2020): Picking Up The Pieces Of Abkhazia's Latest Political Crisis,https://www.rferl.org/a/abkhazia-political-crisis-explainer/30376986.html, Zugriff 17.1.2020

* Time (23.7.2012): Paradise Lost: 20 Years of Independence in Abkhazia,https://time.com/3790443/paradise-lost-20-years-of-independence-in-abkhazia/, Zugriff 5.2.2020

* USDOS - U.S. Department of State (11.3.2020): 2019 Country Reports on Human Rights Practices: Georgia, https://www.state.gov/wp-content/uploads/2020/03/GEORGIA-2019-HUMAN-RIGHTS-REPORT.pdf, Zugriff 12.3.2020

* USDOS - US Department of State (21.6.2019): 2018 Report on International Religious Freedom, https://www.ecoi.net/de/dokument/2011145.html, Zugriff am 20.8.2019

Regionale Problemzone: Südossetien

Letzte Änderung am 16.3.2020

Südossetien - amtliche Bezeichnung in Georgien auch: Region Tskhinvali - hat eine Fläche von ca. 3.900 km² (gov.ge o.D.) und eine Bevölkerung von ca. 53.000 (Jam 20.2.2016). Große Teile Südossetiens wurden nach dem Ende eines Bürgerkriegs 1992 de facto unabhängig. Der Krieg im Jahr 2008 führte zum Einmarsch russischer Truppen und zur Vertreibung der zuvor noch bestehenden georgischen Regierungspräsenz sowie etlicher ethnischer Georgier. Nur Russland und eine Handvoll anderer Staaten haben seither die Unabhängigkeit Südossetiens anerkannt. Das Territorium bleibt fast vollständig von Russland abhängig und Moskau übt einen entscheidenden Einfluss auf die Politik und die Regierungsführung aus (FH 4.2.2019s).

Im März 2019 drückte eine Resolution des UN-Menschenrechtsrates erneut große Besorgnis über die Menschenrechtssituation in Südossetien aus, wobei insbesondere Entführungen, willkürliche Festnahmen, Verletzung von Eigentumsrechten, das Fehlen muttersprachlichen Schulunterrichts, mangelnde Freizügigkeit und Diskriminierung aufgrund ethnischer Herkunft und Verweigerung des Rückkehrrechts für die geflüchtete georgische Bevölkerung genannt werden. Die Diskriminierung dieser Bevölkerungsteile kann als zielgerichtet bewertet werden, um diese zur Abwanderung zu bewegen. Dagegen ist die Anwesenheit der im Gebiet von Akhalgori [Leningor] lebenden Georgier gegenwärtig akzeptiert (AA 19.10.2019, vgl. FH 4.2.2019s). Die südossetischen de facto-Behörden verweigern den meisten wegen des Konflikts von 2008 vertriebenen ethnischen Georgiern die Rückkehr nach Südossetien und erlauben den meisten internationalen Organisationen keinen regelmäßigen Zugang nach Südossetien zur Leistung humanitärer Hilfe (USDOS 11.3.2020).

Die russische "Grenzverfestigung" (borderization) der administrativen Grenze (ABL) geht weiter, sodass Anrainer von ihren Gemeinden bzw. Lebensgrundlagen getrennt werden (USDOS 11.3.2020, vgl. AI 7.2019). Die Dorfbewohner - einige leben in den ärmsten Teilen des Landes - verlieren Zugang zu Weiden, Ackerland und Obstgärten, zu Wasserquellen und Brennholz. Sie sind von ihren Verwandten und Einkommensgrundlagen ebenso abgeschnitten wie vom kulturellen und sozialen Leben. Jedes Jahr werden Hunderte von Menschen willkürlich festgehalten, während sie versuchen, die ABL zu überqueren (AI 7.2019). Die Einschränkungen der Bewegungsfreiheit zwischen Südossetien und Georgien wurden 2018 verschärft. Wie in den vergangenen Jahren wurden Dutzende georgischer Bürger von südossetischen Grenzschutzbeamten in der Nähe der administrativen Grenze zum Rest Georgiens festgehalten und gegen Zahlung einer Geldstrafe freigelassen. Im November 2018 verabschiedete das Parlament Südossetiens ein neues Gesetz, das die Geldbußen für illegale Grenzübertritte um fast das Vierfache erhöht. Ende Dezember 2018 gaben die Behörden bekannt, dass ein spezieller Pass erforderlich sein würde, um die Grenze zu Georgien zu überschreiten (FH 4.2.2019s).

Die lokalen Medien stehen weitgehend unter Kontrolle der Behörden, die auch die Aktivitäten der Zivilgesellschaft einschränken oder genau überwachen. Zahlreiche politische Parteien wurden durch bürokratische Hürden an der Registrierung vor den Parlamentswahlen 2019 gehindert. Aufgrund des erheblichen russischen Einflusses auf die Innenpolitik und Entscheidungsfindung arbeitet die Regierung Südossetiens nicht transparent. Behörden-Korruption ist weit verbreitet. Ein systematischer Zugang diese zu bekämpfen besteht nicht. Die Justiz ist nicht unabhängig. Sie unterliegt politischer Einflussnahme und Manipulation und dient zur Bestrafung vermeintlicher politischer Gegner. Körperliche Übergriffe und schlechte Bedingungen sind Berichten zufolge in Gefängnissen und Haftanstalten weit verbreitet (FH 4.2.2019s).

Die Bewohner demonstrieren gelegentlich gegen Umweltzerstörung, das schleppende Tempo des Wiederaufbaus nach dem Krieg und seltener gegen politische Missstände. Die Versammlungsfreiheit ist jedoch stark eingeschränkt. Teilnehmer an nicht genehmigten Versammlungen laufen Gefahr, angeklagt zu werden (FH 4.2.2019s).

Die Mehrheit der Bevölkerung sind orthodoxe Christen. Es gibt aber auch eine beträchtliche muslimische Gemeinschaft. Ein Teil des Eigentums der georgisch-orthodoxen Kirche wird von der südossetisch-orthodoxen Kirche kontrolliert. Der Oberste Gerichtshof Südossetiens hat im Jahr 2017 die Zeugen Jehovas als extremistische Organisation verboten (FH 4.2.2019s).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (19.10.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien (Stand: Juli 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/2019042/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Georgien_%28Stand_Juli_2019%29%2C_19.10..pdf, Zugriff 30.1.2020

* AI - Amnesty International: Georgia: Behind barbed wire (7.2019): Human rights toll of "borderization" in Georgia [EUR 56/0581/2019], https://www.ecoi.net/en/file/local/2012567/EUR5605812019ENGLISH.PDF, Zugriff am 20.8.2019

* FH - Freedom House (4.2.2019s): Freedom in the World 2019 - South Ossetia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2014287.html, Zugriff 20.8.2019

* gov.ge - / Government of Georgia (o.D.): / , http://www.gov.ge/index.php?lang_id=GEO&sec_id=214, Zugriff 17.1.2020

* Jam News (20.2.2016): How many people live today in South Ossetia?, https://jam-news.net/how-many-people-live-today-in-south-ossetia/, Zugriff 17.1.2020

* USDOS - U.S. Department of State (11.3.2020): 2019 Country Reports on Human Rights Practices: Georgia, https://www.state.gov/wp-content/uploads/2020/03/GEORGIA-2019-HUMAN-RIGHTS-REPORT.pdf, Zugriff 12.3.2020

Rechtsschutz / Justizwesen

Letzte Änderung am 16.3.2020

Georgien hat bei der Reform des Justizsektors bescheidene Fortschritte erzielt. Es gibt noch immer wichtige Herausforderungen, um die erzielten Fortschritte zu konsolidieren und die Rechtsstaatlichkeit zu gewährleisten. Die Zivilgesellschaft hat Bedenken hinsichtlich einer möglichen politischen Einmischung in die Justiz und den Medienpluralismus. Die wirksame Umsetzung der Rechtsvorschriften zu Menschenrechten und Antidiskriminierung stellt nach wie vor eine Herausforderung dar. Am 23.3.2018 schloss das georgische Parlament den Prozess der Verfassungsreform ab. Die überarbeitete Verfassung enthält neue Bestimmungen über die Gleichstellung der Geschlechter, Antidiskriminierung und Kinderrechte (EC 30.1.2019).

Die Stärkung eines unabhängigen und nach rechtsstaatlichen Grundsätzen handelnden Justizwesens gehört zu den wichtigsten Zielen der Regierung und wird fortgesetzt. NGOs begleiten den Reformprozess sehr aktiv und sehr kritisch mit. Ungeachtet der institutionellen Unabhängigkeit der Justiz ist das Vertrauen der Bevölkerung in die Justiz wenig ausgeprägt. Politisch motivierte Strafverfolgung war bis [zum Regierungswechsel] 2012 erkennbar und erfolgte in der Regel durch fingierte Vorwürfe von Korruption, Amtsmissbrauch oder Steuervergehen. Seit 2012 laufende Ermittlungen oder mit rechtskräftigen Urteilen abgeschlossene Strafverfahren gegen hochrangige Mitglieder und nachgeordnete Mitarbeiter der ehemaligen Regierung werden von georgischen und ausländischen NGOs nicht als politisch motiviert eingeschätzt, sondern beruhen auf rechtswidrigen bzw. strafrechtlich relevanten Handlungen durch Amtsträger oder Parteifunktionäre der Vorgängerregierung. Die Tatsache, dass Gerichte hierbei nicht immer den Anträgen der Staatsanwaltschaft folgen, zeigt eine wachsende Unabhängigkeit der Justiz und Grenzen für eine etwaige politische Zielsetzung der Verfahren. Nach dem Regierungswechsel 2012/13 erfolgte eine kontinuierliche Liberalisierung des Strafrechts. Eine feststellbare niedrigere Verurteilungsrate ist auf eine stärkere Emanzipierung der Richterschaft von den Anträgen der Staatsanwaltschaft zurückzuführen, aber auch auf eine Stärkung der Rechte der Verteidigung im Strafprozess (AA 19.10.2019).

Trotz der laufenden Justizreformen bleiben die Einmischung der Exekutive und der Legislative in die Gerichte ein erhebliches Problem, ebenso wie die Korruption und der Mangel an Transparenz und Professionalität bei Gerichtsverfahren. Nach einem neuen verfassungsrechtlichen Rahmen, der nach den Präsidentschaftswahlen 2018 in Kraft trat, werden die Richter des Obersten Gerichtshofs nicht mehr vom Präsidenten, sondern vom Hohen Justizrat ernannt und vom Parlament gebilligt. Ein gerichtliches Selbstverwaltungsorgan wählt die Mehrheit der Mitglieder des Rates (FH 10.3.2020).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (19.10.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien (Stand: Juli 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/2019042/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Georgien_%28Stand_Juli_2019%29%2C_19.10..pdf, Zugriff 30.1.2020

* EC - European Commission (30.1.2019): Association Implementation Report on Georgia [SWD (2019) 16 final], https://eeas.europa.eu/sites/eeas/files/2019_association_implementation_report_georgia.pdf, Zugriff 22.8.2019

* FH - Freedom House (10.3.2020): Freedom in the World 2020 - Georgia, https://freedomhouse.org/country/georgia/freedom-world/2020, Zugriff 11.3.2020

Sicherheitsbehörden

Letzte Änderung am 16.3.2020

Das Innenministerium und der Staatssicherheitsdienst (SSSG) tragen die Hauptverantwortung für die Durchsetzung der Gesetze und die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung. Das Ministerium ist die primäre Organisation der Strafverfolgung und umfasst die nationale Polizei, die Grenzsicherheitsdienste und die georgische Küstenwache. Der SSSG ist der Inlandsnachrichtendienst, der für Spionageabwehr, Terrorismusbekämpfung und Korruptionsbekämpfung zuständig ist. Es gibt Anzeichen dafür, dass die zivilen Behörden zeitweise keine wirksame Kontrolle über die Sicherheitskräfte ausüben (USDOS 11.3.2020).

Seit dem Regierungswechsel im Oktober 2012 ist von Machtmissbrauch von Amtsträgern nicht mehr die Rede. Bis 2012 waren Exekutivorgane, z.B. Staatsanwaltschaft, Polizei oder Finanzbehörden, als Machtinstrument oder als Mittel zur rechtswidrigen Erlangung wirtschaftlicher Vorteile von Regierungsangehörigen oder ihnen nahestehenden Personen missbraucht worden. Bestechung bzw. Bestechlichkeit von Polizisten sind allgemein nicht mehr zu verzeichnen. In ihrer Rolle als Hüter des Gesetzes werden sie öffentlich als zurückhaltend, aber auch als untätig wahrgenommen. Die Geheim- und Nachrichtendienste treten nicht als Repressionsinstrumente auf. NGOs fordern jedoch eine organisatorische Trennung der Sicherheitsdienste vom Innenministerium (AA 19.10.2019).

Die Wirksamkeit der staatlichen Mechanismen zur Untersuchung und Bestrafung von Missbrauch durch Strafverfolgungsbehörden und Sicherheitskräfte ist begrenzt (USDOS 11.3.2020) und Straffreiheit bei Misshandlungsfällen bleibt ein anhaltendes Problem (HRW 14.1.2020; vgl. USDOS 11.3.2020).

Trotz der rückläufigen Zahl der Beschwerden wegen polizeilicher Gewaltanwendung, welche beim Büro der Ombudsperson einlangten, verdoppelte sich fast gleichzeitig die Zahl der Verletzungen der Häftlinge nach der Festnahme. In der autonomen Region Adscharien stieg die Zahl der Verletzung nach Festnahmen fast um das Neunfache (PD 2.4.2019).

Das 2018 geschaffene Büro der staatlichen Inspektoren (State Inspector's Office) nahm seine Arbeit am 1.11.2019 auf (HRW 14.1.2020). Neben der Beobachtung etwa der gesetzeskonformen Verarbeitung von personenbezogenen Daten ist eine weitere Hauptaufgabe des State Inspector's Service die unparteiische und wirksame Untersuchung schwerer Verbrechen (inklusive Folter), die von Vertretern der Strafverfolgungsbehörden gegen die Menschenrechte und Freiheiten verübt werden, sowie Untersuchung von Straftaten, die unter Anwendung von Gewalt oder unter Verletzung der persönlichen Würde eines Opfers begangen wurden (SIS 22.8.2019; vgl. HRW 14.1.2020).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (19.10.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien (Stand: Juli 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/2019042/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Georgien_%28Stand_Juli_2019%29%2C_19.10..pdf, Zugriff 30.1.2020

* HRW - Human Rights Watch (14.1.2020): World Report 2020 - Georgia, https://www.hrw.org/world-report/2020/country-chapters/georgia, Zugriff 17.1.2020

* PD - Public Defender of Georgia (2.4.2019): Public Defender Presents Report on Situation of Human Rights and Freedoms in Georgia, http://www.ombudsman.ge/eng/akhali-ambebi/sakhalkho-damtsvelma-parlamentshi-sakartveloshi-adamianis-uflebata-da-tavisuflebata-datsvis-mdgomareobis-shesakheb-angarishi-tsaradgina, Zugriff 26.8.2019

* SIS - State Inspector's Service (22.8.2019): Who we are? https://personaldata.ge/en/about-us#, Zugriff 22.8.2019

* USDOS - U.S. Department of State (11.3.2020): 2019 Country Reports on Human Rights Practices: Georgia, https://www.state.gov/wp-content/uploads/2020/03/GEORGIA-2019-HUMAN-RIGHTS-REPORT.pdf, Zugriff 12.3.2020

Folter und unmenschliche Behandlung

Letzte Änderung am 16.3.2020

Während die Verfassung und das Gesetz Folter verbietet, gibt es Berichte, dass sie von Regierungsbeamten angewandt wird (USDOS 11.3.2020). Umfangreicher Personalaustausch, insbesondere in den Behördenleitungen, die juristische Aufarbeitung (Strafverfahren gegen Verantwortliche) sowie durchgreifende Reformen bei Polizei und im Strafvollzug haben Vorfälle von Gewaltanwendung auf Einzelfälle reduziert, ein systemischer Charakter ist nicht mehr feststellbar. Ombudsperson und zivilgesellschaftliche Organisationen sprechen bekanntwerdende Vorfälle von Gewaltanwendung und gegebenenfalls unzureichend betriebene Ermittlungen öffentlich an (AA 19.10.2019).

Beim Besuch des Europäischen Anti-Folterkomitees des Europaratals (CPT) im September 2018 wurden seitens Personen, die sich in Polizeigewahrsam befanden oder zuvor befunden hatten kaum Anschuldigungen wegen Misshandlung durch Polizeibeamte erhoben. Keinerlei diesbezügliche Anschuldigungen gab es gegenüber dem Personal in temporären Haftinstitutionen (CoE-CPT 10.5.2019). Das Büro der Ombudsperson erhielt im Zeitraum Jänner bis September 2019 54 Beschwerden über Misshandlungen durch Gefängnispersonal oder die Polizei und ersuchte hierbei die Staatsanwaltschaft, in 52 Fällen Untersuchungen einzuleiten. Keine der Untersuchungen führte zu einer Strafverfolgung (HRW 14.1.2020).

Was Misshandlung betrifft, gab es den Aktionsplan zur Bekämpfung von Folter, unmenschlicher und erniedrigender Behandlung oder Strafe für den Zeitraum 2017-2018. Fälle von Misshandlungen im Strafvollzug haben sich im Gegensatz zu Fällen von Misshandlungen durch Polizeibeamte verringert (EC 30.1.2019).

In ihrem Jahresbericht 2019 an das Parlament berichtet die Obmudsfrau von Fällen von Misshandlungen auf Polizeistationen und in Haftanstalten. Verbesserungen zum Schutz der Häftlinge vor Misshandlung blieben eine wichtige Aufgabe der georgischen Regierung. Die öffentlich erhobenen Forderungen nach unabhängiger Untersuchung mündeten in der Einrichtung einer unabhängigen Stelle (Service of State Inspector; vgl. Abschnitt 4. Sicherheitsbehörden), die auch die Aufgaben des bestehenden Datenschutzbeauftragten umfasst. Es stößt jedoch auf deutliche Kritik, dass dieses Amt nicht mit einem eigenen Budget und staatsanwaltlichen Befugnissen ausgestattet ist (AA 19.10.2020).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (19.10.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien (Stand: Juli 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/2019042/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Georgien_%28Stand_Juli_2019%29%2C_19.10..pdf, Zugriff 30.1.2020

* CoE-CPT - Council of Europe - European Committee for the Prevention of Torture and Inhuman or Degrading Treatment or Punishment (10.5.2019): Report to the Georgian Government on the visit to Georgia carried out by the European Committee for the Prevention of Torture and Inhuman or Degrading Treatment or Punishment (CPT) from 10 to 21 September 2018 [CPT/Inf (20 19 )16], https://www.ecoi.net/en/file/local/2009081/2019-16-inf-eng.docx.pdf, Zugriff 22.8.2019

* EC - European Commission (30.1.2019): Association Implementation Report on Georgia [SWD (2019) 16 final], https://eeas.europa.eu/sites/eeas/files/2019_association_implementation_report_georgia.pdf, Zugriff 22.8.2019

* HRW - Human Rights Watch (14.1.2020): World Report 2020 - Georgia, https://www.hrw.org/world-report/2020/country-chapters/georgia, Zugriff 17.1.2020

* USDOS - U.S. Department of State (11.3.2020): 2019 Country Reports on Human Rights Practices: Georgia, https://www.state.gov/wp-content/uploads/2020/03/GEORGIA-2019-HUMAN-RIGHTS-REPORT.pdf, Zugriff 12.3.2020

Korruption

Letzte Änderung am 16.3.2020

In Bezug auf die Prävention und Bekämpfung von Korruption hat Georgien seine Antikorruptionsstrategie und den mit den Verpflichtungen der EU-Assoziationsagenda im Einklang stehenden Aktionsplan weiter umgesetzt. Allerdings bestehen nach wie vor einige Bedenken hinsichtlich Korruption auf hoher Ebene (EC 30.1.2019).

Während das Land bei der Bekämpfung der kleinen Korruption erhebliche Fortschritte gemacht hat, bleibt die Korruption innerhalb der Regierung ein Problem (FH 10.3.2020; vgl. USDOS 11.3.2020). In einigen Fällen hat sie bei der staatlichen Postenbesetzung angeblich die Form von Vettern- und Günstlingswirtschaft angenommen. Die wirksame Anwendung von Antikorruptionsgesetzen und -vorschriften wird durch die mangelnde Unabhängigkeit sowohl der Strafverfolgungsbehörden als auch der Justiz beeinträchtigt. Erfolgreiche Klagen gegen hochrangige Beamte, die mit der Führung der Regierungspartei "Georgischer Traum" in gutem Einvernehmen stehen, sind selten (FH 10.3.2020).

Im "Corruption Perceptions Index 2019" von Transparency International erreichte Georgien 56 von 100 [bester Wert] Punkten und lag damit auf Rang 44 von 180 Ländern (TI 31.1.2020). (2018: 58 Punkte und Rang 41 von 180 Ländern) (TI 29.1.2019). Das Land steht vor einem Rückfall in der Demokratieentwicklung, was es anfällig für Korruption auf hoher Ebene macht. Dieser Rückwärtstrend ist unter anderem auf die mangelnde Rechenschaftspflicht bei der Strafverfolgung, Korruption und politische Einmischung in die Justiz und von der Regierung unterstützte Angriffe auf die unabhängige Zivilgesellschaft zurückzuführen. Trotz der dringenden Notwendigkeit, Fälle von Korruption und Fehlverhalten in der Regierung zu untersuchen, hat Georgien es versäumt, unabhängige Stellen einzurichten, die dieses Mandat übernehmen. Straflosigkeit trägt zum öffentlichen Misstrauen bei. Laut einer 2018 von Transparency International Georgia durchgeführten Umfrage glauben 36% der Bürger, dass Beamte ihre Macht zum persönlichen Vorteil missbrauchen. Das ist ein Anstieg des Wertes verglichen mit nur 12% im Jahr 2013 (TI 5.2019).

Quellen:

* EC - European Commission (30.1.2019): Association Implementation Report on Georgia [SWD (2019) 16 final], https://eeas.europa.eu/sites/eeas/files/2019_association_implementation_report_georgia.pdf, Zugriff 22.8.2019

* FH - Freedom House (10.3.2020): Freedom in the World 2020 - Georgia, https://freedomhouse.org/country/georgia/freedom-world/2020, Zugriff 11.3.2020

* TI - Transparency International (29.1.2019): Corruption Perceptions Index 2018, https://www.transparency.org/country/GEO, Zugriff 22.8.2019

* TI - Transparency International (23.1.2020): Corruption Perceptions Index 2019 - Full Data Set,https://files.transparency.org/content/download/2450/14822/file/2019_CPI_FULLDATA.zip, Zugriff 11.2.2020

* TI - Transparency International (29.15.2019b): Eastern Europe & Central Asia: weak checks and balances threaten anti-corruption efforts, https://www.transparency.org/news/feature/weak_checks_and_balances_threaten_anti_corruption_efforts_across_eastern_eu, Zugriff 5.3.2020

* USDOS - U.S. Department of State (11.3.2020): 2019 Country Reports on Human Rights Practices: Georgia, https://www.state.gov/wp-content/uploads/2020/03/GEORGIA-2019-HUMAN-RIGHTS-REPORT.pdf, Zugriff 12.3.2020

Ombudsperson

Letzte Änderung am 16.3.2020

Die Ombudsperson (Public Defender of Georgia) überwacht die Einhaltung der Menschenrechte und Freiheiten in Georgien. Sie berät die Regierung in Menschenrechtsfragen. Sie analysiert auch die Gesetze, Richtlinien und Praktiken des Staates in Übereinstimmung mit internationalen Standards und gibt entsprechende Empfehlungen ab. Die Ombudsperson übt die Funktionen des Nationalen Präventionsmechanismus (NPM) aus, der im Fakultativprotokoll zum Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (OPCAT) vorgesehen ist. Basierend auf dem Gesetz zur "Beseitigung aller Formen der Diskriminierung" wird die Ombudsperson auch als Gleichbehandlungsstelle definiert, deren Hauptfunktion darin besteht, die Umsetzung des Gesetzes zu überwachen. Das Büro der Ombudsperson führt zudem Bildungsaktivitäten im Bereich der Menschenrechte und Freiheiten durch und reicht beim Verfassungsgericht von Georgien Beschwerden ein, falls die Menschenrechte und Freiheiten durch einen normativen Akt verletzt werden. Die Ombudsperson ist ferner ermächtigt, die Funktion des Amicus Curiae [Anm.: eine unbeteiligte Partei, der es gestattet ist, zu wichtigen Fragen eines anhängigen Rechtsstreits Stellung zu nehmen] bei den ordentlichen Gerichten und dem Verfassungsgericht von Georgien auszuüben (ENNHRI 19.12.2017).

Mit dem Büro des Public Defenders (Ombudsperson), aber auch dem Menschenrechtsausschuss des Parlaments bestehen weithin bekannte Institutionen und Beschwerdeeinrichtungen. Sie verfügen zwar nicht über eigene Sanktionsmittel, nutzen aber sehr aktiv ihre Befugnisse, Missstände und individuelle Beschwerdefälle zu untersuchen, die Ergebnisse zu veröffentlichen und Empfehlungen an Regierungsbehörden zu geben. Mit ihren sehr zahlreichen öffentlichen Stellungnahmen zu vielen Themen und Einzelfällen und mit konkreten Empfehlungen an Regierungsstellen erzielt sie viel öffentliche Aufmerksamkeit. Die Ombudsperson veröffentlicht auch regelmäßig Berichte über ihre Erkenntnisse zur Menschenrechtslage, die vom Menschenrechtsausschuss des Parlaments diskutiert werden. Außerdem kann die Ombudsperson die Staatsanwaltschaft auffordern Untersuchungen einzuleiten und Verfassungsklagen erheben. Die Zahl der Regionalbüros im Land stieg auf zehn. Der stetige Anstieg der Beschwerden zeigt ein zunehmendes Bewusstsein der Bevölkerung für ihre Rechte und ein zunehmendes Ansehen der Institution der Ombudsperson (AA 19.10.2019).

NGOs betrachten das Amt der Ombudsperson als objektivste aller staatlichen Einrichtungen, die sich mit Menschen- und Bürgerrechten befassen. Während das Büro der Ombudsperson im Allgemeinen ohne staatliche Einmischung arbeitet und als effizient gilt, berichtet die Ombudsperson im Gegenzug, dass die Regierungsstellen manchmal nur teilweise oder gar nicht auf Anfragen und Empfehlungen reagieren, obwohl sie verpflichtet sind, innerhalb von zehn Tagen zu antworten und Folgemaßnahmen innerhalb von 20 Tagen einzuleiten (USDOS 11.3.2020).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (19.10.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien (Stand: Juli 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/2019042/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Georgien_%28Stand_Juli_2019%29%2C_19.10..pdf, Zugriff 30.1.2020

* ENNHRI - European Network of National Human Rights Institutions (19.12.2017): The Public Defender (Ombudsman) of Georgia, http://www.ennhri.org/The-Public-Defender-Ombudsman-of-Georgia-131, Zugriff 26.8.2019

* USDOS - U.S. Department of State (11.3.2020): 2019 Country Reports on Human Rights Practices: Georgia, https://www.state.gov/wp-content/uploads/2020/03/GEORGIA-2019-HUMAN-RIGHTS-REPORT.pdf, Zugriff 12.3.2020

Wehrdienst und Rekrutierungen

Letzte Änderung am 5.2.2020

Es besteht eine zwölfmonatige Wehrpflicht, die sowohl bei den Streitkräften als auch bei der Polizei oder anderen Behörden abgeleistet werden kann. Zwangsrekrutierungen gibt es nicht. Diskriminierung anhand von Merkmalen wie Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischer Überzeugung ist nicht feststellbar. Es besteht der Eindruck, dass die georgischen Streitkräfte vorrangig ethnische Georgier mit georgisch-orthodoxer Religion als Zeit- und Berufssoldaten rekrutieren. Das Verteidigungsministerium hat aber angekündigt, spezielle Programme zur Integration ethnischer Minderheiten aufzulegen, um die Basis für Rekrutierungen künftig zu verbreitern. Fahnenflüchtige werden gemäß den gesetzlichen Vorgaben strafrechtlich verfolgt. Ihnen drohen Gefängnisstrafen von drei bis zehn Jahren (AA 19.10.2019).

Die Stellung erfolgt zweimal im Jahr - im Frühjahr und im Herbst. Drei Regierungsbehörden rekrutieren Wehrpflichtige für ihre Bedürfnisse: das Verteidigungsministerium, das Innenministerium und das Ministerium für Justizvollzug. Nur 25% der Wehrpflichtigen kommen in die Armee. Der Rest dient als Polizeiwachmann oder in der Bewachung von Gefängnissen. Die Betroffenen erhalten fast keine militärische Ausbildung und dienen, einschließlich der Bewachung von privaten Einrichtungen, entweder unbezahlt oder für ein symbolisches Gehalt von GEL 75 (ca. EUR 23) (JAMnews 4.9.2018).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (19.10.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien (Stand: Juli 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/2019042/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Georgien_%28Stand_Juli_2019%29%2C_19.10..pdf, Zugriff 30.1.2020

* JAMnews (4.9.2018): Military conscription in Georgia - defense of the homeland or free protection? https://jam-news.net/military-conscription-in-georgia-defense-of-the-homeland-or-free-protection/, Zugriff 26.8.2019

Wehrersatzdienst

Letzte Änderung am 12.9.2019

Gemäß der Verfassung und der Gesetze sind alle männlichen Bürger im Alter von 18 bis 27 Jahren verpflichtet, sich der 12-monatigen Wehrpflicht in der Armee zu unterziehen. Das Gesetz sieht Ausnahmen aus bestimmten Gründen vor. Insbesondere sind dies: gesundheitliche Probleme, Begehung einer schweren Straftat oder Verbrechen von mittlerer Schwere, Erbringung von alternativen Dienstleistungen sowie das Vorliegen eines besonderen Talents, das durch ein spezielles Dekret des Premierministers bestätigt werden muss (JAMnews 4.9.2018).

Gemäß Kapitel 29 des Gesetzes über die militärischen Pflichten und den Militärdienst sind Personen, die einen nicht-militärischen, alternativen Arbeitsdienst abgeleistet haben, von der Wehrpflicht befreit. Laut Artikel 5 des Gesetzes über den nicht-militärischen, alternativen Arbeitsdienst, können Bürger als Gruppe oder als Einzelpersonen in folgenden Arbeitsbereichen den Dienst ableisten: Rettungswesen, Feuerwehr, Umweltschutz; Ingenieurwesen, Reparaturwesen, Einrichtungen für zivile Zwecke; Organisationen oder Einrichtungen der Landwirtschaft; kommunale Dienstleistungen sowie im Gesundheitsschutz. Die Regierung billigt hierzu eine Liste der Zivildienstarbeiten und Einrichtungen, wo ein solcher Dienst abgeleistet werden kann. Überdies sieht das Gesetz vor, dass auf der Grundlage eines Regierungsbeschlusses Bürger, die einen alternativen Arbeitsdienst durchlaufen, auch zu Arbeiten im Zuge von Naturkatastrophen oder zu saisonalen Erntearbeiten eingesetzt werden können (OSCE 31.7.2019).

Quellen:

* JAMnews (4.9.2018): Military conscription in Georgia - defense of the homeland or free protection? https://jam-news.net/military-conscription-in-georgia-defense-of-the-homeland-or-free-protection/, Zugriff 26.8.2019

* OSCE - Organization for Security and Co-operation in Europe (31.7.2019): Response by the Delegation of Georgia to the Questionnaire on the Code of Conduct on Politico-Military Aspects of Security, https://www.osce.org/forum-for-security-cooperation/427691?download=true, Zugriff 26.8.2019

Wehrdienstverweigerung / Desertion

Letzte Änderung am 5.2.2019

Laut Artikel 389 des Strafgesetzbuches wird das willkürliche Verlassen einer militärischen Einheit oder eines anderen Dienstortes durch einen Wehrdienstleistenden zur Vermeidung des Wehrdienstes oder des Reservedienstes oder das Nichterscheinen zum gleichen Zweck mit einer Freiheitsstrafe von drei bis sieben Jahren bestraft. Ein Wehrdienstleistender oder Reservedienstleistender, der zum ersten Mal eine solche Tat begeht, darf aus der strafrechtlichen Verantwortung entlassen werden, wenn die Desertion durch schwerwiegende Umstände verursacht wurde (LO 29.9.2016).

Es ist möglich, die Einberufung zu verschieben, zum Beispiel, wenn ein Wehrpflichtiger an einer Universität studiert oder krank ist, oder er Geistlicher wurde oder mehr als zwei kleine Kinder hat. Außerdem kann man der Einberufung entgehen, wenn man Geld, die notwendigen Verbindungen in der militärischen Melde- und Einberufungsstelle oder zumindest gute Beziehungen zu einem vertrauten Priester hat. Laut Gesetz kann man die Einberufung durch Zahlung von jährlich GEL 2.000 [ca. EUR 614, Anm.] aufschieben, was jedoch nur bis zum 25. Lebensjahr möglich ist. Danach wird das fiktive Studium zum effektivsten Weg, um dem Wehrdienst zu entgehen. Tatsächlich abgeleistet wird der Wehrdienst von den Ärmsten, die weder Geld noch die richtigen Verbindungen haben (JAMnews 4.9.2018).

Die libertäre politische Partei Girchi gründete 2017 "die Kirche der biblischen Freiheit" mit dem Ziel, jungen Georgiern zu helfen, den Militärdienst zu vermeiden. Sie bedient sich des Wehrdienstgesetzes, das besagt, dass Priester und Ordensleute das Recht haben, eine Befreiung vom Wehrdienst zu verlangen. Laut eigenen Angaben sollen bislang etwa 20.000 junge Menschen Dokumente erhalten haben, die sie als Priester einstufen, und es ihnen damit ermöglichen, den Militärdienst zu verschieben. Unglücklich mit Girchis Schritt, schlugen die Gesetzgeber der regierenden Partei im März 2019 eine Änderung des Gesetzes vor, die die Ausnahmen vom Militärdienst auf orthodoxe christliche Priester beschränken würde (RFE/RL 3.5.2019).

Quellen:

? JAMnews (4.9.2018): Military conscription in Georgia - defense of the homeland or free protection? https://jam-news.net/military-conscription-in-georgia-defense-of-the-homeland-or-free-protection/, Zugriff 26.8.2019

? LO - legislation-online (29.9.2016): Criminal Code Of Georgia 1999, amended 2016, http://www.legislationline.org/documents/id/16049, Zugriff 26.8.2019

? RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (3.5.2019): Georgian Draft Dodgers Find Loophole In God To Avoid Army, file:///home/wjf5284/Schreibtisch/Dokumente/01_My%20Planet/02_L%20%C3%84%20N%20D%20E%20R_LIB+KI/GEORGIEN/Wehrdienst/Georgian%20Draft%20Dodgers%20Find%20Loophole%20In%20God%20To%20Avoid%20Army.html, Zugriff 26.8.2019

Allgemeine Menschenrechtslage

Letzte Änderung am 5.2.2020

Artikel 7 der georgischen Verfassung verpflichtet den Staat zu Anerkennung und Schutz der universellen Menschenrechte; sie sind direkt anwendbares Recht für Staat und Bürger. Einzelne Menschenrechte sind explizit in eigenen Verfassungsartikeln aufgeführt. Mit dem Büro des Public Defenders (Ombudsperson), aber auch dem Menschenrechtsausschuss des Parlaments bestehen weithin Institutionen und Beschwerdeeinrichtungen. Auch Staatsanwaltschaft und Gerichte, die in Georgien an Unabhängigkeit und Vertrauen in der Bevölkerung gewonnen haben, werden zunehmend zur Wahrung individueller Rechte in Anspruch genommen. Darüber hinaus können lokale und internationale Menschenrechtsorganisationen ohne jede staatliche Behinderung ermitteln und öffentlichkeitswirksam Ergebnisse präsentieren und Kritik äußern. Menschenrechte und die Rechte von Minderheiten werden vom geor

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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