Entscheidungsdatum
29.05.2020Norm
BFA-VG §22a Abs1Spruch
W272 2178756-1/10E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. BRAUNSTEIN als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Gambia, gegen den Mandatsbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.10.2017, Zl. XXXX , und die Anhaltung von 27.10.2017 bis 30.10.2017, zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde gegen den Bescheid vom 27.10.2017 wird gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG (in der bis 31.10.2017 gültigen Fassung) iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.
Gleichzeitig wird festgestellt, dass die Anhaltung in Schubhaft von 27.10.2017 bis 30.10.2017 rechtmäßig war.
II. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Kostenersatz wird gem. § 35 VwGVG abgewiesen.
III. Der Beschwerdeführer hat gemäß § 35 VwGVG iVm VwG-Aufwandersatzverordnung dem Bund (Bundesminister für Inneres) den Verfahrensaufwand in Höhe von ? 426,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
IV. Dem Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung von Verfahrenshilfe im Umfang der Erlassung der Eingabengebühr wird gem. § 8a Abs. 1 VwGVG stattgegeben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (in Folge: BF), ein Staatsangehöriger Gambias, reiste spätestens im Mai 2003 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 16.05.2003 einen Antrag auf internationalen Schutz.
2. Das Bundesasylamt wies den Antrag mit Bescheid vom 22.09.2003 gem. § 7 AsylG 1997 ab. Der BF erhob gegen den Bescheid fristgerecht das Rechtsmittel der Berufung an den Unabhängigen Bundesasylsenat.
3. Mit Schriftsatz vom 03.07.2009 langte ein Schreiben des Unterkunftgebers des BF, dem Asylzentrum der Caritas Wien, beim Asylgerichtshof ein. In diesem regte eine Mitarbeiterin die Bestellung eines Sachwalters für den BF an, da dieser seine Angelegenheiten nicht eigenverantwortlich regeln könne. Dem BF sei ein Brief des Asylgerichtshofes, vermutlich eine Ladung, zugestellt worden. Aufgrund dessen sei die Situation mit dem BF eskaliert und er habe die Einrichtung, ohne den Brief gelesen oder eine Rechtsberatung in Anspruch genommen zu haben, verlassen. Der BF habe sich bereits Wochen zuvor in der Beratung als psychisch beeinträchtigt präsentiert. Der BF sei jedoch krankheitsuneinsichtig gewesen und habe eine ärztliche Begutachtung abgelehnt. Derzeit sei der Kontakt zum BF abgebrochen. Nach Rückfrage des Asylgerichtshofes bei der Caritas wurde außerdem angegeben, dass der BF offensichtlich unter Angstzuständen (Wahnvorstellungen) gepaart mit Verfolgungswahn leide. Dieser Verdacht sei einerseits mit seinem auffällig impulsiven Verhalten und andererseits durch getätigte Aussagen wie "er werde verfolgt und beobachtet, bekäme kein Essen und müsse in seiner Unterkunft für die Benützung der Toilette bezahlen" begründet. Der BF sei unbekannt verzogen, es bestehe kein Kontakt zu diesem. Aufgrund dessen regte der Asylgerichtshof mit Schreiben vom 21.07.2009 gem. § 11 AVG die Bestellung eines Sachwalters für den BF beim Bezirksgericht Wien Innere Stadt an.
4. Mit Aktenvermerk vom 22.07.2009 wurde das Beschwerdeverfahren gem. § 24 Abs. 1 Z 1 iVm § 24 Abs. 2 iVm § 75 Abs. 1 AsylG 2005 eingestellt, da der BF seinen aktuellen Aufenthaltsort weder bekannt gegeben worden noch durch den Asylgerichtshof leicht feststellbar sei.
5. Zur mündlichen Verhandlung am 07.08.2009 erschien der BF ebenfalls nicht, obwohl diesem laut Fax der Caritas Wien vom 03.09.2009 die Ladung offensichtlich rechtswirksam zugestellt worden sei.
6. Mit Schriftsatz vom 14.10.2009 wurde bekannt gegeben, dass XXXX mit Beschluss des Bezirksgerichts Wien Innere Stadt vom 24.08.2009 zum einstweiligen Sachwalter für den BF bestellt wurde.
7. Mit Verfahrensanordnung vom 17.03.2010 wurde das mit Aktenvermerkt vom 22.07.2009 eingestellte Verfahren aufgrund der Mitteilung vom 04.03.2010 über eine nunmehrige neue Zustelladresse des BF fortgesetzt.
8. Mit Schreiben vom 08.10.2010 gab der Sachwalter des BF dem Asylgerichtshof bekannt, dass der BF nach Auskunft des Bezirksgerichts Wien Innere Stadt vom 16.09.2010 nicht mehr im Heim der Caritas wohnhaft sei und die an den BF gesandte Post mit dem Vermerk "unbekannt" zurückgekommen sei. Auch eine polizeiliche Amtshilfe ergab, dass der BF laut Auskunft der Leitung des Caritasheimes seit 06.07.2010 an der angegebenen Adresse weder wohnhaft noch aufhältig sei. Über den derzeitigen Aufenthalt könne keine Angabe gemacht werden.
9. Mit Verfahrensanordnung vom 27.10.2010 wurde das Beschwerdeverfahren gem. § 24 Abs. 1 Z 1 iVm § 24 Abs. 2 iVm § 75 AsylG 2005 eingestellt, da sich der BF an der laut ZMR-Auszug aufrechten Meldeadresse laut Erhebungsbericht des Stadtpolizeikommandos nicht mehr aufhalte und der derzeitige Aufenthaltsort des BF nicht ermittelt werden könne.
10. Am 08.10.2011 wurde der BF gem. § 76 Abs. 1 FPG in Schubhaft genommen.
11. Aufgrund der Mitteilung vom 12.10.2011 über eine nunmehrige neue Zustelladresse des BF wurde das Verfahren mittels Verfahrensanordnung vom 25.10.2011 fortgesetzt und der BF am 31.10.2011 aus der Schubhaft entlassen.
12. Am 25.06.2012 wurde das Verfahren gem. § 24 AsylG 2005 eingestellt, da keine aktuelle Meldeadresse vorgelegen habe und das Ausweisungsverfahren gem. § 27 AsylG 2005 damit ex lege eingeleitet worden sei.
13. Im Zuge einer Personenkontrolle am 03.11.2012 wurde der BF angehalten und festgestellt, dass das Asylverfahren 2. Instanz am 25.06.2012 eingestellt worden war und der BF über keinen Aufenthaltstitel verfüge. Der BF gab an, obdachlos zu sein und auf der Straße zu schlafen. Er wurde auf freiem Fuß angezeigt. Am 21.11.2012 wurde der BF erneut im Zuge einer Personenkontrolle angehalten. Er habe einen verwahrlosten Eindruck gemacht und konnte sich nicht ausweisen. Der BF wurde erneut angezeigt.
14. Mit Beschluss vom 06.12.2012 wurde über den BF gem. § 173 Abs. 1, Abs. 2 Z 1 und 3, lit. b StPO die Untersuchungshaft verhängt, da dieser verdächtig gewesen sei, die Vergehen nach §§ 27 Abs. 1 Z 1, 8. Fall, Abs. 3 SMG begangen zu haben.
15. Am 15.12.2012 wurde der BF aufgrund der Verwaltungsübertretungen gem. § 120 Abs. 1a FPG vorläufig festgenommen und mit Bescheid vom 15.12.2012 gem. § 76 Abs. 2 Z 2 FPG und § 57 Abs. 1 AVG Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gem. § 10 AsylG 2005 und der Abschiebung gem. § 46 FPG angeordnet.
16. Am 17.12.2012 erfolgte eine niederschriftliche Einvernahme des BF durch das Fremdenpolizeiliche Büro der Landespolizeidirektion Wien. Der BF gab an, sich unverzüglich mit dem Asylgerichtshof und mit dem Bundesasylamt zwecks Fortführung seines Verfahrens in Verbindung zu setzen.
17. Ebenfalls am 17.12.2012 hielt das Bundesasylamt fest, dass in der fremdenpolizeilichen Information vom 02.07.2012 irrtümlich mitgeteilt wurde, dass das Ausweisungsverfahren ex lege eingeleitet werde. Im erstinstanzlichen Bescheid vom 22.09.2003 sei über eine mögliche Ausweisung nicht abgesprochen worden, weshalb auch § 27 Abs. 1 AsylG 2005 nicht zum Tragen komme und daher kein Ausweisungsverfahren eingeleitet werde.
18. Am 18.12.2012 stellte der BF einen Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens, da die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes nunmehr möglich sei.
19. Mit Meldung vom 05.02.2013 wurde das Fremdenpolizeiliche Büro darüber in Kenntnis gesetzt, dass der BF angehalten worden und sein Verfahrensstand derzeit unklar sei. Daher halte sich der BF nicht illegal im Bundesgebiet auf und könne daher weder eine Festnahme noch eine Anzeige gem. § 120 FPG angeordnet werden.
20. Mit Schreiben vom 11.02.2013 wurde der Asylgerichtshof darüber in Kenntnis gesetzt, dass der BF zwar über keinen Wohnsitz verfüge, jedoch regelmäßig in der Schlafstelle XXXX in XXXX , übernachte. Darüber hinaus nehme er einmal in der Woche einen Termin mit seinem einstweiligen Sachwalter wahr. Es bestehe daher regelmäßiger Kontakt, weswegen die Fortsetzung des Asylverfahrens beantragt werde.
21. Aufgrund des rechtswidrigen Aufenthaltes des BF erfolgte am 21.02.2013 erneut eine Anzeige auf freiem Fuß.
22. Mit Verfahrensanordnung vom 27.06.2013 wurde das Beschwerdeverfahren aufgrund der Mitteilung vom 11.02.2013 über eine nunmehrige neue Zustelladresse des BF fortgesetzt.
23. Mit Schreiben vom 24.08.2013 wurde dem Asylgerichtshof durch den einstweiligen Sachwalter des BF bekanntgegeben, dass derzeit kein Kontakt zum BF bestehe, da dieser die letzten Termine beim vorläufig bestellten Sachwalter nicht wahrgenommen habe. Der BF verfüge weder über ein Telefon noch eine Meldeadresse, weshalb auch keine Möglichkeit bestehe, mit ihm Kontakt aufzunehmen und ihn über den Verhandlungstermin in Kenntnis zu setzen.
24. Das Verfahren wurde mittels Verfahrensanordnung vom 21.08.2013 gem. § 24 AsylG 2005 eingestellt, da der BF über keine aktuelle Meldeadresse verfüge und zur Verhandlung am 21.08.2013 nicht erschienen sei. Darüber hinaus bestehe auch kein Kontakt zum BF, weshalb das Verfahren einzustellen gewesen sei.
25. Mit Beschluss vom 15.10.2013 wurde die Sachwalterschaft des BF eingestellt, da aufgrund der Verfahrenseinstellung zum jetzigen Zeitpunkt keinerlei Angelegenheiten zu erledigen seien.
26. Am 11.07.2017 wurde der BF im Rahmen einer Personendurchsuchung angetroffen, bei der er jedoch kein Identitätsdokument vorweisen habe können. Die Aufenthaltsadresse des BF konnte bestätigt und erhoben werden, dass sich der BF seit April 2017 an der gegenständlichen Adresse unangemeldet aufgehalten habe.
27. Mit Schreiben vom 29.07.2017 wurde der BF über die beabsichtigte Erlassung einer Rückkehrentscheidung in Kenntnis gesetzt.
28. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.09.2017 wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. §§ 55 und 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Gem. § 10 Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Gambia gem. § 46 FPG zulässig sei. Gem. § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung. Da der BF an der angegebenen Zustelladresse nicht mehr aufhältig gewesen sei und eine neuerliche Zustelladresse nicht ohne Schwierigkeiten festgestellt habe werden können, wurde der Bescheid gem. § 52 Abs. 1 Z 1 FPG ohne vorhergehenden Zustellversuch bei der Behörde hinterlegt.
29. Am 27.10.2017 wurde der BF in der Regionaldirektion des BFA in Wien vorstellig. Da eine IPA Anfrage ergab, dass eine aufrechte Rückkehrentscheidung besteht, wurde der BF festgenommen.
30. Am selben Tag wurde der BF vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich in der Sprache Englisch einvernommen. Dabei gab der BF an, dass er zuletzt bei Freunden geschlafen und sein Bruder ihm Geld geschickt habe. Er sei nicht bereit, seiner Ausreiseverpflichtung nachzukommen bzw. die Unterlagen für die Erlangung eines Heimreisezertifikates auszufüllen.
31. Im Anschluss an die niederschriftliche Einvernahme wurde dem BF der gegenständliche Mandatsbescheid ausgehändigt. Gem. § 76 Abs. 2 Z 1 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG wurde über den BF die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet.
32. Am 30.10.2017 wurde der BF aufgrund des Wegfalles des Schubhaftgrundes aus der Schubhaft entlassen.
33. Mit Schriftsatz vom 05.12.2017 brachte der BF die gegenständliche Beschwerde gem. § 22a BFA-VG ein. Begründet wurde diese damit, dass die Nicht-Befolgung eines Ausreisebefehles für sich allein genommen nicht geeignet sei, das Vorliegen einer Fluchtgefahr zu begründen. Auch das Fehlen sozialer Integration oder der Mangel an finanziellen Mitteln oder Reisedokumenten würden für sich genommen keine Schubhaftgründe darstellen. Selbst wenn man davon ausgehe - was ausdrücklich in Abrede gestellt werde - wäre die belangte Behörde verpflichtet gewesen, konkret die Anwendung gelinderer Mittel anstatt der Schubhaft zu prüfen. Gegen den BF hätte eine periodische Meldeverpflichtung, insbesondere das gelindere Mittel der Unterkunftnahme in von der Behörde bestimmten Räumlichkeiten in Betracht gezogen werden müssen. Es sei nicht nachvollziehbar, dass die belangte Behörde dieses gelindere Mittel nicht herangezogen habe, sei die Freiheitsbeschränkung stets nur ultima ratio. Darüber hinaus beantrage der BF gem. der Aufwandersatzverordnung den Ersatz des Schriftsatzaufwandes in der Höhe von ? 737,60. Der BF beantrage weiters Verfahrenshilfe hinsichtlich der Frage der vorübergehenden Befreiung von Gerichtsgebühren. Die Anordnung von Schubhaft erfolge im Anwendungsbereich des Unionsrechts, weshalb der Anwendungsbereich der Grundrechtecharta eröffnet sei. Der BF sei völlig vermögenslos und beziehe kein regelmäßiges Einkommen. Er beantrage der Verfahrenshilfe im Umfang des § 8a VwGVG iVm § 64 Abs. 1 Z 1 lit. a bis d ZPO, somit im Umfang der Gebührenbefreiung für die Eingabegebühr.
34. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl legte die Beschwerde am 05.12.2017 dem Bundesverwaltungsgericht vor und brachte eine Stellungnahme ein, in der angegeben wurde, dass der Asylantrag des BF in 2. Instanz mit 25.06.2012 eingestellt worden sei. Der BF habe mit 18.12.2012 einen Folgeantrag gestellt, der jedoch als Beschwerdeergänzung angesehen und das Verfahren fortgesetzt worden sei. Mit Verfahrensanordnung vom 21.08.2013 sei das Verfahren erneut eingestellt worden. Mit 05.10.2017 sei eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung gegen den BF erlassen worden. Am 27.10.2017 sei der BF in der RD Wien von der PI Fiakerplatz festgenommen und in das PAZ Hernalser Gürtel eingeliefert worden. Am selben Tag erfolgte eine niederschriftliche Einvernahme des BF, in der ihm der Mandatsbescheid persönlich zugestellt worden sei. Am 30.10.2017 sei an die Abteilung B/II ein Ersuchen um Ausstellung eines Heimreisezertifikates übermittelt und anschließend von do. Seite telefonisch mitgeteilt worden, dass erst im ersten Quartal 2018 wieder eine Delegation geplant, der Termin jedoch noch offen sei. Anschließend sei der BF aus der Schubhaft entlassen worden. Am 05.12.2017 sei die Beschwerde eingelangt. Dieser sei entgegenzuhalten, dass die Fluchtgefahr, die Verhältnismäßigkeit der Entscheidung und die Nichtanwendung eines gelinderen Mittels entsprechend begründet worden seien. In der Vergangenheit habe bereits festgestellt werden müssen, dass der BF sich dem Verfahren zur Entscheidung über internationalen Schutz entzogen habe, indem er mehrere Jahre unbekannten Aufenthaltes gewesen sei und das Asylverfahren dadurch mehrmals eingestellt worden sei. Da er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen sei, habe Schubhaft angeordnet werden müssen. Es sei um ein Heimreisezertifikat angesucht worden, als jedoch mitgeteilt worden sei, dass derzeit noch kein Termin in Aussicht sei, sei der BF sogleich aus der Schubhaft entlassen worden. Es würden weder soziale noch familiäre Anknüpfungspunkte bestehen, außerdem müsse ihm die Vertrauenswürdigkeit angesprochen werden, da der Weiterverbleib in Österreich bereits in der Vergangenheit oberste Priorität für den BF gewesen sei und etwaige Auflagen für den BF nicht in Frage kommen würden. Er habe kein Interesse daran, Österreich zu verlassen. Es werde der Ersatz der der Behörde entstandenen Kosten iHv ? 426,20 beantragt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der unter I. geschilderte Verfahrensgang wird zur Feststellung erhoben.
Der volljährige BF ist Staatsangehöriger Gambias und besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft. Er ist daher Fremder iSd § 2 Abs. 4 Z 1 FPG.
Der BF stellte am 16.05.2003 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Das Verfahren wurde in II. Instanz durch Verfahrensanordnung des Asylgerichtshofs vom 25.06.2012 sowie 21.08.2013 gem. § 24 AsylG 2005 zum wiederholten Male eingestellt, da der BF über keine aufrechte Meldeadresse verfügte. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.09.2017 wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Gambia zulässig ist. Mangels aufrechter Meldeadresse wurde der Bescheid im Akt hinterlegt. Der BF befand sich von 27.10.2017 bis 30.10.2017 in Schubhaft.
Der BF war nicht ausreisewillig, kam der Ausreiseverpflichtung aus eigenem nicht nach, hätte auf freiem Fuß eine Abschiebung vereitelt und wirkte an der Erlangung eines Heimreisezertifikates nicht mit. Im Übrigen entzog sich der BF bereits mehrmals dem Asylverfahren und tauchte für Jahre unter.
Der BF war gesund und bedurfte keiner medizinischen Versorgung. Der BF verfügte über keine existenzsichernden Barmittel oder einen dauerhaften Wohnsitz und hatte keine familiären oder sozialen Kontakte. Er ging keiner regelmäßigen Beschäftigung nach.
Der BF ist strafgerichtlich unbescholten.
2. Beweiswürdigung:
2.1 Zur Person des BF und dem Verfahrensgang
Der Verfahrensgang und der Sachverhalt ergeben sich aus dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
Die Feststellungen zur Person des BF und seiner Staatsangehörigkeit ergeben sich aus seinen Angaben; seine Identität kann mangels Vorlage unbedenklicher Dokumente nicht festgestellt werden. Dass der BF in Österreich unbescholten ist und über keinen Aufenthaltstitel verfügt, ergibt sich aus den diesbezüglichen Registerauskünften. Die Feststellung, dass der BF gesund ist und keiner medizinischen Versorgung bedarf, ist auf dessen Angaben in der Einvernahme vom 27.10.2017 hinsichtlich seiner Gesundheit gestützt. Zudem ergeben sich auch aus den gesamten Verwaltungsakten keine Hinweise auf eine etwaige Krankheit des BF und finden sich auch in der Beschwerdeschrift keine gegenteiligen Ausführungen zu diesen Punkten, sodass von der Richtigkeit der Angaben im Akt ausgegangen werden konnte.
2.2. Zum Sicherungsbedarf:
Die Feststellung, dass der BF über keine ausreichenden Barmittel verfügt, ergibt sich aus der Aussage des BF, wonach er kein Geld in Österreich habe und sein Bruder ihm ab und zu Geld schicke, sowie aus der Tatsache, dass der BF mehrmals obdachlos war und in Notschlafstellen Unterkunft genommen hat. Die Feststellungen der familiären sowie sozialen Anknüpfungspunkte des BF in Österreich gründen sich auf dessen Angaben in der Einvernahme vom 27.10.2017, die Angaben im Bescheid sowie der gegenständlichen Beschwerde und das Zentrale Melderegister. Die Feststellung, dass der BF über keinen gesicherten Wohnsitz verfügte, ergibt sich aus einer Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister.
Die Feststellung, dass der BF nicht ausreisewillig ist, ergibt sich aus seinen eigenen Angaben im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme vom 27.10.2017, in der er angab, nicht freiwillig aus Österreich auszureisen und seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachzukommen. Auch, dass der BF nicht an der Erlangung eines Heimreisezertifikates mitwirken wollte, ergibt sich aus der niederschriftlichen Einvernahme vom 27.10.2017, in der er das Ausfüllen der notwendigen Unterlagen verweigerte.
Dass der BF bereits mehrmals untergetaucht ist und sich dem sowohl dem Asylverfahren als auch seiner Ausreiseverpflichtung entzogen hat, ergibt sich aus dem Verwaltungsakt und der Tatsache, dass das Verfahren mehrmals mangels zustellfähiger Meldeadresse eingestellt wurde. Der BF gab im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme zudem an, Österreich seit seiner Einreise nie verlassen zu haben, verfügte jedoch im Zeitraum 2012 bis 2017 über keine aufrechte Meldung im Bundesgebiet.
Dass der BF in Schubhaft war ergibt sich aus einem Auszug aus der Anhaltedatei.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Gemäß § 76 Abs. 4 FPG ist die Schubhaft mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
Gemäß § 57 Abs. 1 AVG ist die Behörde berechtigt, wenn es sich bei Gefahr im Verzug um unaufschiebbare Maßnahmen handelt, einen Bescheid auch ohne vorausgegangenes Ermittlungsverfahren zu erlassen. Gegen einen nach Abs. 1 erlassenen Bescheid kann gemäß § 57 Abs. 2 AVG bei der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, binnen zwei Wochen Vorstellung erhoben werden. Die Vorstellung hat nur dann aufschiebende Wirkung, wenn sie gegen die Vorschreibung einer Geldleistung gerichtet ist.
Gemäß § 22a Abs. 5 BFA-VG ist gegen die Anordnung der Schubhaft eine Vorstellung nicht zulässig.
3.2. Gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG hat der Fremde das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist (Z 1), er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde (Z 2), oder gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde (Z 3). Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten gemäß Abs. 1a die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat gemäß Abs. 2 binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt. Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht gemäß Abs. 3 jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.
3.3. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung, des Agrarverfahrensgesetzes und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu Spruchpunkt A.I.) - Beschwerde gegen den Schubhaftbescheid und die Anhaltung in Schubhaft
1. Gemäß § 76 Abs. 1 FPG in der bis 31.10.2017 gültigen Fassung können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden. Die Schubhaft darf gemäß Abs. 2 nur dann angeordnet werden, wenn dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, (Z 1) oder die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen (Z 2).
1.2. Der BF ist Staatsangehöriger Gambias und nicht österreichischer Staatsbürger. Sohin ist er ein Fremder gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG. Er ist volljährig und verfügt über kein Aufenthaltsrecht in Österreich.
1.3. Über den Beschwerdeführer wurde die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG in der bis 31.10.2017 gültigen Fassung verhängt. Aufgrund des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.09.2017 besteht gegen den BF eine aufrechte Rückkehrentscheidung nach Gambia.
Die belangte Behörde ging daher bei der Verhängung der Schubhaft zutreffend vom Vorliegen einer aufrechten und durchführbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme aus.
2. Im Falle des BF liegt auch Fluchtgefahr vor: Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder im Sinne des Art. 2 lit. n Dublin-Verordnung liegt gemäß § 76 Abs. 3 in der bis 31.10.2017 gültigen Fassung vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert (Z 1), ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist (Z 2), ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat (Z 3), ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt (Z 4), ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde (Z 5), ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist (Z 6), insbesondere sofern der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat (lit. a), der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen (lit. b), oder es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt (lit. c), ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt (Z 7), ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen oder Meldeverpflichtungen gemäß §§ 56 oder 71 FPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder 15a AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme (Z 8) und der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes (Z 9).
Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft gemäß Abs. 5 ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt. Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese gemäß Abs. 6 aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.
Die belangte Behörde stützte das Vorliegen von Fluchtgefahr auf § 76 Abs. 3 Z 1, 3, und 9 in der bis 31.10.2017 gültigen Fassung. So sei der BF trotz rechtskräftiger und durchsetzbarer Rückkehrentscheidung im Bundesgebiet verblieben. Er war nicht behördlich gemeldet, nicht im Besitz eines Reisedokumentes und auch nicht bereit, an der Ausstellung eines solchen mitzuwirken, indem er ein Formblatt ausfüllte. Darüber hinaus sei er auch nicht im Besitz ausreichender Barmittel, sondern lebe von der finanziellen Unterstützung seines Bruders. Dem Asylverfahren habe er sich durch Untertauchen entzogen, weshalb dieses eingestellt wurde. Der BF habe außerdem keinen sozialen Bezug zu Österreich, es bestehe auch kein schützenswertes Familien- und Privatleben. Der BF würde erneut untertauchen und unbekannten Aufenthaltes sein. Das Verhalten des BF zeige eindeutig, dass er jede bestehende Möglichkeit nutze, um seinen illegalen Aufenthalt fortzusetzen, wodurch Fluchtgefahr begründet sei.
Wie in der Beschwerde ausgeführt, vermag die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).
Der Sicherungsbedarf war gegeben, da die Behörde die rechtskräftige Rückkehrentscheidung mit einer Abschiebung durchsetzen wollte. Der Argumentation der belangten Behörde folgend hat der BF gem. § 76 Abs. 3 Z 1 FPG in der bis 31.10.2017 gültigen Fassung nicht an der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitgewirkt bzw. die Rückkehr oder Abschiebung behindert. So gab er im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vom 27.10.2017 an, nicht freiwillig auszureisen und seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachzukommen. Außerdem weigerte er sich, die für die Erlangung eines Heimreisezertifikates notwendigen Unterlagen auszufüllen, wodurch er gegen die ihm zukommende Mitwirkungspflicht verstoßen hat.
Darüber hinaus ist der BF im Laufe seines Asylverfahrens des Öfteren seiner Meldeverpflichtung nicht nachgekommen, ist mehrere Jahre untergetaucht, hat sich dem Asylverfahren entzogen und war für die Behörde, den Asylgerichtshof bzw. das Bundesverwaltungsgericht nicht greifbar, weshalb das Asylverfahren insgesamt vier Mal eingestellt wurde. Dadurch erfüllte der BF Z 3 des § 76 Abs. 3 FPG in der bis 31.10.2017 gültigen Fassung.
Der BF verfügte im Bundesgebiet über keine familiären bzw. sozialen Anknüpfungspunkte oder Barmittel und ging keiner legalen Erwerbstätigkeit nach. Zum Zeitpunkt der Verhängung der Schubhaft verfügte der BF auch über keinen gesicherten Wohnsitz und gab an, bei Freunden zu übernachten. Eine aufrechte Meldung bestand nicht. Dass der BF eine nähere Beziehung zu seinem Bruder hat, ist nicht hervorgekommen, zumal er auch bei diesem nicht greifbar war oder bei diesem nicht übernachtete. Die gelegentliche Unterstützung mit Geld, reicht dem Gericht nicht aus, um von einem entsprechenden familiären Anknüpfungspunkt auszugehen, welche den Sicherungsbedarf schmälern würde.
Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG in der bis 31.10.2017 gültigen Fassung), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).
"Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum.
Ein solches Sicherungsbedürfnis wurde im Fall des BF - wie oben ausgeführt - bereits festgestellt.
Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde" (VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, vgl. auch VwGH vom 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).
"Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, Zl. 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, Zl. 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, Zl. 2007/21/0512, und Zl. 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird" (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).
Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kann immer nur dann verhältnismäßig sein, wenn mit dem der Möglichkeit einer Abschiebung auch tatsächlich zu rechnen ist. Ergibt sich, dass diese fremdenpolizeiliche Maßnahme innerhalb der Schubhafthöchstdauer nicht durchführbar ist, so darf die Schubhaft nicht verhängt werden bzw. ist - wenn sich das erst später herausstellt - umgehend zu beenden (VwGH 28.08.2012, 2010/21/0517; vgl. VwGH 19.04.2012, 2009/21/0047).
Im vorliegenden Fall wurde Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung angeordnet. Mit der Abschiebung des BF war insofern zu rechnen, als eine durchsetzbare und durchführbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vorlag. Die Abschiebung konnte, wie von der zuständigen Abteilung mitgeteilt, mangels Heimreisezertifikat und zeitnaher Delegation (erst im 1. Quartal 2018, noch kein fixer Termin) nicht durchgeführt werden. Zum Zeitpunkt der Verhängung der Schubhaft war von Seiten der belangten Behörde nicht damit zu rechnen, dass ein allfälliges Heimreisezertifikatverfahren bzw. eine geplante Delegation zu lange dauern würden und eine Schubhaft somit nicht verhängt hätte werden dürfen. Hierfür gab es von Seiten der belangten Behörde keinerlei Anhaltspunkte. Nach Mitteilung der Information wurde der BF aus der Schubhaft entlassen.
§ 77 Gelinderes Mittel
Gemäß § 77 Abs. 1 FPG in der bis 31.10.2017 gültigen Fassung hat das Bundesamt bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1 FPG.
Gemäß § 77 Abs. 2 FPG ist Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.
Gemäß § 77 Abs. 3 FPG sind gelindere Mittel insbesondere die Anordnung, (Z 1) in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen, (Z 2) sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder (Z 3) eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.
Kommt der Fremde gemäß § 77 Abs. 4 FPG seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.
Gemäß § 77 Abs. 5 FPG steht die Anwendung eines gelinderen Mittels der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.
Gemäß § 77 Abs. 6 FPG hat sich zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.
Gemäß § 77 Abs. 7 FPG können die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.
Gemäß § 77 Abs. 8 FPG ist das gelindere Mittel mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
Gemäß § 77 Abs. 9 FPG können die Landespolizeidirektionen betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.
Unter der oben genannten Judikatur, darf Schubhaft darf stets nur "ultima ratio" sein (vgl. VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0054; VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, VwGH 24.02.2011, Zl. 2010/21/0502; VwGH 17.03.2009, Zl. 2007/21/0542; VwGH 30.08.2007, 2007/21/0043). Daraus leitete der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 19.05.2011, Zl. 2008/21/0527, unter Hervorhebung der in § 80 Abs. 1 FPG 2005 ausdrücklich festgehaltenen behördliche Verpflichtung, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert, insbesondere auch ab, "dass die Behörde schon von vornherein angehalten ist, im Fall der beabsichtigten Abschiebung eines Fremden ihre Vorgangsweise nach Möglichkeit so einzurichten, dass Schubhaft überhaupt unterbleiben kann. Unterlässt sie das, so erweist sich die Schubhaft als unverhältnismäßig" (VwGH vom 19.05.2011, Zl. 2008/21/0527). Bereits im Erkenntnis des VwGH vom 27.01.2011, Zl. 2008/21/0595, wurde dazu klargestellt, dass der Schubhaft nicht der Charakter einer Straf- oder Beugehaft zu kommt, "weshalb ohne besondere Anhaltspunkte für eine absehbare Änderung der Einstellung des Fremden die Haft nicht allein im Hinblick darauf aufrechterhalten werden darf, diese 'Einstellungsänderung' durch Haftdauer zu erwirken. (Hier: Der Fremde hatte, nachdem er nach zwei Monaten nicht aus der Schubhaft entlassen worden war, seine vorgetäuschte Mitwirkungsbereitschaft aufgegeben und zu erkennen gegeben, dass er nicht in den Kamerun zurückkehren wolle und auch nicht an einer Identitätsfeststellung mitwirken werde. Die mangelnde Kooperation des Fremden gipfelte schließlich in der Verweigerung jeglicher Angaben. Die belangte Behörde hat in Folge bis zu einem neuerlichen Einvernahmeversuch zugewartet ohne zwischenzeitig auf Basis der vorhandenen Daten zwecks Erstellung eines Heimreisezertifikates an die Botschaft von Kamerun heranzutreten oder sonst erkennbare Schritte in Richtung Bewerkstelligung einer Abschiebung zu setzen. In diesem Verhalten der belangten Behörde ist eine unangemessene Verzögerung zu erblicken)." (VwGH vom 27.01.2011, Zl. 2008/21/0595; vgl. dazu etwa auch VwGH 19.04.2012, 2009/21/0047).
Im vorliegenden Fall ist nach Ansicht des erkennenden Gerichts Sicherungsbedarf in Hinblick auf den im § 76 Abs. 3 FPG in der bis 31.10.2017 gültigen Fassung enthaltenden Kriterienkatalog gegeben, dies insbesondere in Hinblick darauf, dass gegen den BF eine aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht, eine Anordnung zur Außerlandesbringung rechtskräftig ist und der BF bereits mehrmals seiner Meldeverpflichtung nicht nachkam, weswegen das Asylverfahren eingestellt wurde.
Die angeordnete Schubhaft ist nach Ansicht des Gerichtes als Ultima Ratio zu qualifizieren. Der BF zeigte sich hinsichtlich der freiwilligen Ausreise und der Mitwirkung an der Erlangung eines Heimreisezertifikates nicht kooperativ und missachtete seine Mitwirkungspflicht. Er verfügte über keinen ordentlichen Wohnsitz in Österreich, blieb bereits während seines Asylverfahrens zwei Mal von einer anberaumten mündlichen Verhandlung fern, verletzte unzählige Male seine Meldeverpflichtung, weshalb das Asylverfahren letztlich eingestellt wurde, und nahm mehrfach Termine mit seinem Sachwalter nicht wahr. Es war daher davon auszugehen, dass der BF versuchen wird wieder unterzutauchen, wie er es bereits zuvor unzählige Male getan hatte. Auch im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme am 27.20.2017 zeigte der BF, dass sein Hauptinteresse der Verbleib im Bundesgebiet war und er nicht bereit war, freiwillig aus Österreich auszureisen. Er hatte keine soziale oder persönliche Bindung zu Familienmitgliedern oder anderen Personen in Österreich. Der BF ging keiner Beschäftigung nach, war obdachlos und hatte keine Barmittel. Auch lässt sein Gesundheitszustand zu, dass er keine medizinische Hilfe in Österreich benötigt.
Aufgrund der oben erwähnten Umstände hat sich der BF als nicht vertrauenswürdig erwiesen, weshalb mit der Erlassung eines gelinderen Mittels nicht das Auslangen gefunden werden konnte. Es bestand aufgrund der persönlichen Lebensumstände sowie aufgrund des bisherigen Verhaltens ein beträchtliches Risiko des Untertauchens.
Die öffentlichen Interessen an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung wiegen schwerer als die Interessen des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit.
Zu A) II. und III. Kostenanträge
1. Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG s. VwGH 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).
2. Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der BF die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom BF vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.
Dem BF gebührt als unterlegene Parteien daher kein Kostenersatz, die belangte Behörde ist auf Grund der Beschwerdeabweisung obsiegende Partei und hat Anspruch auf Kostenersatz.
3. Nach § 35 Abs. 4 VwGVG gelten als Aufwendungen gemäß Abs. 1 die Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, für die der BF aufzukommen hat (Z 1), die Fahrtkosten, die mit der Wahrnehmung seiner Parteirechte in Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht verbunden waren (Z 2), sowie die durch Verordnung des Bundeskanzlers festzusetzenden Pauschalbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand (Z 3). Die Höhe des Schriftsatz- und des Verhandlungsaufwands hat gemäß Abs. 5 den durchschnittlichen Kosten der Vertretung bzw. der Einbringung des Schriftsatzes durch einen Rechtsanwalt zu entsprechen. Für den Ersatz der den Behörden erwachsenden Kosten ist ein Pauschalbetrag festzusetzen, der dem durchschnittlichen Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand der Behörden entspricht. Aufwandersatz ist laut Abs. 7 auf Antrag der Partei zu leisten. Der Antrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden.
Die belangte Behörde beantragt in der Beschwerdevorlage den Ersatz von Vorlage- und Schriftsatzaufwand.
§ 1 VwG-AufwErsV bestimmt die Höhe des zu ersetzenden Vorlageaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei mit ? 57,40 und die Höhe des Schriftsatzaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei ? 368,80. Der BF hat der belangten Behörde daher Kosten iHv ? 426,20 zu ersetzen.
Zu A) IV. Antrag auf Verfahrenshilfe
Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, ist gemäß § 8a Abs. 1 VwGVG einer Partei Verfahrenshilfe zu bewilligen, soweit dies auf Grund des Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, oder des Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389, geboten ist, die Partei außer Stande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten, und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtlos erscheint. Juristischen Personen ist Verfahrenshilfe sinngemäß mit der Maßgabe zu bewilligen, dass an die Stelle des Bestreitens der Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts das Aufbringen der zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel durch die Partei oder die an der Führung des Verfahrens wirtschaftlichen Beteiligten tritt.
Dadurch wird zum Ausdruck gebracht, dass es sich bei der Regelung der Verfahrenshilfe im VwGVG um eine sogenannte "subsidiäre Bestimmung" handelt: Sie soll nur dann zur Anwendung gelangen, wenn durch Bundes- oder Landesgesetz nichts Anderes bestimmt ist, also dann, wenn das sogenannte "Materiengesetz" keine Regelung enthält, deren Gegenstand der Verfahrenshilfe entspricht. Gemäß § 52 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, ist einem Fremden oder Asylwerber im verwaltungsgerichtlichen Verfahren in bestimmten Angelegenheiten von Amts wegen kostenlos ein Rechtsberater zur Seite zu stellen. § 52 BFA-VG entspricht damit den Vorgaben des Art. 47 GRC.
Das BFA-VG sieht für seinen, das verwaltungsgerichtliche Verfahren betreffenden Anwendungsbereich allerdings keine ausdrückliche Regelung vor, ob oder inwieweit im Rahmen der kostenlosen Rechtsberatung nach § 52 BFA-VG auch eine Befreiung von allfälligen zu entrichtenden Gerichtsgebühren oder anderen bundesgesetzlich geregelten staatlichen Gebühren (§ 64 Abs. 1 Z 1 lit. a ZPO) möglich ist. Da im vorliegenden Fall eine gesetzliche Gebührenbefreiung nicht besteht, unterliegt die gegenständliche Beschwerde der Verpflichtung zur Entrichtung der Eingabengebühr nach § 14 Tarifpost 6 Abs. 5 Z 1 lit. b Gebührengesetz 1957 in Verbindung mit der BuLVwG-Eingabengebührverordnung, BGBl. II Nr. 387/2014 idgF.
Der gegenständliche Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe im Umfang der Befreiung von der Entrichtung der Eingabengebühr findet somit in § 8a VwGVG iVm § 64 Abs. 1 Z 1 lit. a ZPO grundsätzlich eine geeignete Rechtsgrundlage.
§ 52 BFA-VG 2014 lässt sich nicht als "abschließende" Regelung der Verfahrenshilfe verstehen. Sonst würde sich unter Gleichheitsgesichtspunkten die Frage stellen, welche sachliche Rechtfertigung es gibt, dass in den von § 52 BFA-VG 2014 erfassten Verfahren eine - für andere Verfahren vor den VwG im Wege des § 8a Abs. 2 VwGVG 2014 iVm § 64 Abs. 1 Z 1 lit. a ZPO vorgesehene - Befreiung von der Entrichtung der Pauschalgebühr für die Beschwerde generell nicht möglich sein soll. Eine solche sachliche Rechtfertigung lässt sich den ErläutRV (1255 BlgNR 25. GP 1) nicht entnehmen. Nach den Erläuterungen hat die Subsidiarität des § 8a VwGVG 2014 "auch zur Folge, dass gesetzliche Bestimmungen, die einen entsprechenden Inhalt aufweisen, mit dem Inkrafttreten des vorgeschlagenen Bundesgesetzes nicht außer Kraft treten". Das steht im Einklang mit der Auffassung, wonach die in § 8a Abs. 1 VwGVG 2014 normierte Subsidiaritätsklausel nicht zum Tragen kommt, weil § 52 BFA-VG 2014 keinen dem § 64 Abs. 1 Z 1 lit. a ZPO iVm § 8a Abs. 2 VwGVG 2014 entsprechenden Inhalt aufweist, weil also insoweit "nichts anderes bestimmt ist". Daher kommt auch in einem Schubhaftbeschwerdeverfahren - so die Voraussetzungen nach § 8a Abs. 1 VwGVG 2014 im jeweiligen Einzelfall vorliegen - die Bewilligung der Verfahrenshilfe in Bezug auf die Befreiung von der Pauschalgebühr für die in § 2 BuLVwG-EGebV 2015 genannten Eingaben in Betracht (VwGH 31.08.2017, Ro 2017/21/0004).
Gemäß § 8a Abs. 1 VwGVG zählt zu den Voraussetzungen für die Gewährung von Verfahrenshilfe, dass die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten. Gemäß § 8a Abs. 2 VwGVG sind die Voraussetzungen und die Wirkungen der Bewilligung der Verfahrenshilfe, soweit in diesem Paragraphen nicht anderes bestimmt ist, nach den Vorschriften der ZPO zu beurteilen. In diesem Sinn wird auch in den Erläuterungen zur Novelle BGBl. I Nr. 24/2017 (1255 BlgNR 25. GP 3) ausdrücklich darauf hingewiesen, dass für die Frage, ob die Partei außerstande sei, die Kosten der Führung des Verfahrens zu bestreiten, die Bestimmungen der ZPO maßgeblich seien, namentlich § 63 Abs. 1 ZPO zur Definition des notwendigen Unterhalts. Nach dieser Bestimmung ist als notwendiger Unterhalt derjenige Unterhalt anzusehen, den die Partei für sich und ihre Familie, für deren Unterhalt sie zu sorgen hat, zu einer einfachen Lebensführung benötigt. Die nähere Umschreibung des notwendigen Unterhalts, die in § 40 VwGVG in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 24/2017 noch ausdrücklich enthalten war, ist nun also - im Anwendungsbereich sowohl des § 8a als auch des § 40 VwGVG - der ZPO zu entnehmen. Eine inhaltliche Änderung hat sich daraus nicht ergeben (VwGH 25.01.2018, Ra 2017/21/0205).
Der BF verfügt weder über Vermögen noch ein Einkommen. Er war in Österreich zumeist obdachlos oder ist bei Freunden untergekommen. Im Rahmen seiner Einvernahme vor dem Bundesamt am 27.10.2017 gab der BF an, ab und zu Geld von seinem Bruder zu erhalten. Auch in der Beschwerde wird vorgebracht, dass der BF völlig mittellos sei und über kein regelmäßiges Einkommen verfüge. Es ist daher glaubhaft, dass der BF nicht über ausreichende finanzielle Mittel verfügt und er daher außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten.
Es war daher gemäß § 8a iVm § 64 Abs. 1 Z 1 lit. a ZPO dem Antrag stattzugeben und die Verfahrenshilfe im Umfang der Befreiung von der Entrichtung der Eingabengebühr zu bewilligen.
B) Unzulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.
Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH und EuGH ist zwar teilweise zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
Schlagworte
Abschiebung Ausreisewilligkeit Eingabengebühr Fluchtgefahr Kostenersatz Mittellosigkeit Mitwirkungspflicht öffentliche Interessen Rückkehrentscheidung Schubhaft Sicherungsbedarf Untertauchen Vereitelung Verfahrenshilfe Verhältnismäßigkeit VertrauenswürdigkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W272.2178756.1.00Im RIS seit
07.09.2020Zuletzt aktualisiert am
07.09.2020