TE Bvwg Erkenntnis 2020/6/2 W279 2225919-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.06.2020
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Entscheidungsdatum

02.06.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs1
BFA-VG §22a Abs3
B-VG Art133 Abs4
FPG §76
FPG §76 Abs2 Z1
VwGVG §35

Spruch

W279 2225919-2/E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. KOREN über die Beschwerde des XXXX alias XXXX , geb. XXXX .1999, StA. Nigeria, vertreten durch MigrantInnenverein St. Marx, gegen den Schubhaftbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.05.2020, Zl. 1128547708/200405887, und gegen die Anhaltung in Schubhaft, zu Recht:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen und die Anhaltung in Schubhaft seit 18.05.2020 für rechtmäßig erklärt.

II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG iVm § 76 FPG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

III. Der Beschwerdeführer hat gemäß § 35 VwGVG dem Bund (Bundesminister für Inneres) den Verfahrensaufwand in Höhe von 426,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

IV. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Ersatz des Verfahrensaufwands wird gemäß § 35 VwGVG abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (BF), ein wegen Suchtmittelumgangs verurteilter nigerianischer Staatsangehöriger nicht gesicherter Identität, stellte drei Asylanträge, die jeweils in zweiter Instanz ab- bzw. zurückgewiesen wurden. Nach unbekanntem Aufenthalt ab 20.01.2020 wurde am 29.04.2020 ein Festnahmeauftrag erlassen und der BF am 18.05.2020 um 00:10 Uhr festgenommen. Am selben Tag stellt der BF um 13:00 Uhr einen weiteren Asylantrag, woraufhin ein Aktenvermerk nach §40 Abs. 5 BFA-VG dem BF ausgefolgt wurde und gegenständliche Schubhaft angeordnet wurde.

Mit gegenständlichem, im Spruch angeführten Mandatsbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 18.05.2020 wurde über den BF gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG die Schubhaft zum Zweck der Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme angeordnet.

2. Gegen diesen Bescheid und gegen die fortdauernde Anhaltung des BF in Schubhaft seit 18.05.2019 wurde fristgerecht Beschwerde erhoben.

3. Am 26.05.2020 wurde dem Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) die gegenständliche Beschwerde samt dazugehörigem Verwaltungsakt vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der BF ist Staatsangehöriger von Nigeria. Im gegenständlichen Schubhaftverfahren vorangegangenen Asylverfahren wurden verschiedene Alias-Namen angeführt. Im Fremdenregister sind noch weitere Alias-Namen bzw. Alias-Identitäten des BF eingetragen.

1.2. Der BF stellte am 03.02.2016 in Italien einen Antrag auf internationalen Schutz. Er war bereits davor im Dezember 2015 in Italien unrechtmäßig aufhältig angehalten worden.

Am 04.09.2016 stellte der BF seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz im Bundesgebiet, zu diesem Zeitpunkt als unbegleiteter Minderjähriger. Mit Erkenntnis des BVwG von März 2018, rechtskräftig mit 07.03.2018, erging eine negative Entscheidung über diesen Antrag, sowohl hinsichtlich des Status des Asyl- als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten und wurde die BFA-Entscheidung auch hinsichtlich Erlassung einer Rückkehrentscheidung und der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde bestätigt, auch hinsichtlich der Erlassung des Einreiseverbotes, nur dass dieses auf die Dauer von drei Jahre herabgesetzt wurde. Mit dieser Entscheidung, wogegen einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, ist die aufenthaltsbeendende Maßnahme durchsetzbar geworden.

- Während dieses ersten Asylverfahrens wurde der BF im Februar 2017 rechtskräftig wegen unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten, bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren, rechtskräftig strafrechtlich verurteilt.

- Ebenso während dieses Asylverfahrens wurde mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion vom 20.08.2017 über den BF eine Geldstrafe von EUR 266,67 wegen aggressiven Verhaltens gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht und Erregung wegen ungebührlicher Weise störenden Lärms verhängt.

Der BF reiste nach Deutschland und stellte dort am 19.11.2018 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Nachdem der BF am 07.05.2019 aufgrund der Dublin-Verordnung nach Österreich überstellt worden war, stellte er noch am Tag seiner Überstellung am 07.05.2019 im Bundesgebiet einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid des BFA vom 24.05.2019 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asyl-, als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten wegen entschiedener Sache zurückgewiesen, und dem BF aufgetragen, in einem bestimmten Quartier Unterkunft zu nehmen.

Der BF tauchte unter und wurde am 29.05.2019 von dem ihm zugewiesenen Grundversorgungsquartier abgemeldet.

Der BF setzte sich nach Deutschland ab und stellte dort am 17.07.2019 einen Asylantrag.

Nachdem er nach Österreich zurückgekehrt war, reiste er am 25.07.2019 selbstständig freiwillig wieder nach Deutschland. Danach, am 29.07.2019, erging über den vom BF am 07.05.2019 im Bundesgebiet gestellten Asylantrag eine rechtskräftige negative Entscheidung.

Nach der Ausstellung eines "Laissez-passer" für die Überstellung des BF von Deutschland nach Österreich Ende Oktober 2019 wurde der BF von Deutschland nach Österreich überstellt.

1.3. Der BF stellte dann am 20.11.2019 seinen dritten Antrag auf internationalen Schutz im Bundesgebiet. Er kam daraufhin am 20.11.2019 um 20:20 Uhr in Verwaltungsverwahrungshaft. Mit Mandatsbescheid des BFA vom 21.11.2019 wurde über den BF die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme angeordnet. Die Anordnung der Schubhaft wurde mit Erkenntnis des BVwG Zl.: G313 2225919-1/3E vom 02.12.2019 für rechtswidrig erklärt.

1.4. Mit Erkenntnis des BVwG Zl.: I411 2186908-3/6E vom 20.04.2020 wurde die Zurückweisung seines Folgeantrages vom 20.11.2019 wegen entschiedener Sache bestätigt.

1.5. Am 29.04.2020 wurde ein Festnahmeauftrag erlassen. Der BF wurde am 18.05.2020 um 00:10 festgenommen und stellte um 13:00 Uhr einen Asylantrag. Der gegenständlicher Bescheid wurde erlassen.

1.6. Am 26.05.2020 wurde gegenständliche Beschwerde erhoben, in der angenommen wird, dass aufgrund der COVID-19 Pandemie und einer Unmöglichkeit einer Abschiebung aufgrund Nichtausstellung eines Heimreisezertifikates (HRZ) durch die nigerianische Botschaft die Maximaldauer der Schubhaftverhängung bei Weitem überschritten werde. In der Beschwerde wird auf eine Wohnmöglichkeit bei seiner Freundin verwiesen.

1.7. Nach gerichtlicher Aufforderung zur Vorlage weiterer Unterlagen, wurden am 28.05.2020 der serbische Reisepass der einkommenslosen Lebensgefährtin, bei welcher aufgrund ihrer Lebensumstände der BF derzeit nicht Quartier nehmen kann, der nigerianische Reisepass eines Hauptmieters sowie dessen Mietvertrag in Kopie übermittelt. Eine nach diesem Mietvertrag erforderliche schriftliche Bewilligung des Vermieters wurde nicht übermittelt.

Der BF hat eigenen Angaben zufolge keine Kinder. Die Bindung zu seiner "Freundin bzw. "Lebensgefährtin" ist sehr gering.

Der BF verfügt über keine Wohnmöglichkeit. Es ist davon auszugehen, dass der BF erneut untertauchen wird. Es besteht die Gefahr, dass der BF zur Erzielung eines Einkommens erneut mit Suchtmitteln umgehen wird.

Die Identität des BF ist nicht geklärt, ein HRZ liegt nicht vor. Für 04.Juni 2020 ist ein Termin bei der Botschaft avisiert. Der faktische Abschiebeschutz wurde dem BF nicht aberkannt.

Der BF ist haftfähig. Er gehört keiner COVID-19 Risikogruppe an.

2. Beweiswürdigung:

Der oben angeführte Verfahrensgang und die oben getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA, den gerichtlichen Vorentscheidungen und der Unterlagenvorlage vom 28.05.2020.

Die Bindung zu seiner "Freundin" - wie sie der BF am 18.05.2020 bezeichnete - bzw. "Lebensgefährtin" - wie in der Beschwerde bezeichnet - ist sehr gering, da kein gemeinsamer Haushalt besteht und diese ihm derzeit auch nicht Unterkunft geben kann. Verdeutlicht wird diese geringe Bindung dadurch, dass der BF am 18.05.2020 in Kenntnis ihres Vornamens, nicht jedoch ihres Nachnamens war.

Dass der BF über keine Wohnmöglichkeit verfügt ergibt sich aus der Vorlage vom 28.05.2020, in der explizit die zuvor in den Raum gestellte Wohnmöglichkeit bei der Freundin/Lebensgefährtin negiert wird und zwar ein Mietvertrag eines Hauptmieters nicht jedoch die erforderliche Zustimmung des Vermieters übermittelt wurde.

Von Fluchtgefahr sowie der Gefahr, dass der BF erneut mit Suchtmitteln umgehen werde, ist aufgrund seines zuvor an den Tag gelegten Verhaltens auszugehen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs.1 Z 3 und 4 VwGVG) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3 VwGVG) zu überprüfen. Gemäß § 9 Abs. 1 VwGVG hat die Beschwerde u.a. (Z 3) die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie (Z 4) das Begehren zu enthalten. In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde zu § 27 VwGVG ausgeführt: "Der vorgeschlagene § 27 legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Anders als die Kognitionsbefugnis einer Berufungsbehörde (vgl. § 66 Abs. 4 AVG) soll die Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichtes durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt sein."

3.2. Der mit "Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft" betitelte § 22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, lautet:

"§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig."

Das Bundesverwaltungsgericht ist somit gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG für die Entscheidung der gegenständlichen Beschwerde zuständig.

Zu A)

3.3. Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:

"§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß."

3.4. Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

4. Zur Schubhaft bisher:

4.1. Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kann immer nur dann verhältnismäßig sein, wenn mit dem der Möglichkeit einer Abschiebung auch tatsächlich zu rechnen ist. Ergibt sich, dass diese fremdenpolizeiliche Maßnahme innerhalb der Schubhafthöchstdauer nicht durchführbar ist, so darf die Schubhaft nicht verhängt werden bzw. ist - wenn sich das erst später herausstellt - umgehend zu beenden (VwGH 28.08.2012, 2010/21/0517; vgl. VwGH 19.04.2012, 2009/21/0047).

Die Beschwerde geht davon aus, dass aufgrund der COVID-19 Pandemie eine Abschiebung innerhalb der Schubhafthöchstdauer nicht möglich wäre. Für Mitte Juni ist eine verstärkte Öffnung der Grenzen des Bundesgebietes am Landweg avisiert. Im Laufe des Juni und Juli werden erste Flugverbindungen reaktiviert. Zwar sind Linienflüge nach Nigeria derzeit noch nicht geplant. Der touristische Linienverkehr ist jedoch keine zwingende Voraussetzung für die Durchführbarkeit einer Abschiebung. Der BF gehört auch keiner COVID-19 Risikogruppe an. Die COVID-19 Pandemie und auch der eingeschränkte Flugplan lassen eine Abschiebung innerhalb der 18-monatigen Schubhaftdauer nicht für Unmöglich erscheinen und stehen der Schubhaftanordnung in casu nicht entgegen.

Sofern die Beschwerde moniert, dass aufgrund eines fehlenden HRZ keine Abschiebung innerhalb der Höchstdauer möglich wäre, ist festzustellen, dass der BF durch Vorlage von Identitätsnachweisen dieses Prozedere deutlich beschleunigen und somit die Dauer der Schubhaft deutlich verkürzen könnte. Das BFA ist offensichtlich bemüht, die Schubhaft möglichst kurz zu halten. So ist bereits für 4.Juni 2020 ein Termin bei der Botschaft avisiert.

Die Prognose der Beschwerde, dass die nigerianische Botschaft kein HRZ ausstellen werde und somit eine Abschiebung unmöglich sein wird, wird nicht näher begründet und vom erkennenden Richter nicht geteilt. Es ist vielmehr von einer Ausstellung eines HRZ jedenfalls innerhalb der Schubhafthöchstdauer auszugehen.

4.2. Die "Fluchtgefahr" ist in Österreich im § 76 Abs. 3 FPG (oben unter Punkt II.2. wiedergegeben) gesetzlich definiert.

Das Bundesamt stützte sich bei der Begründung der Fluchtgefahr explizit auf die Ziffern 3 und 5 des § 76 Abs. 3 FPG und prüfte zudem den Grad sozialer Verankerung in Österreich gemäß § 76 Abs. 3 Z 9 FPG.

Dem Vorliegen der Voraussetzungen der Ziffern 3 und 5 wurde in der Beschwerde nicht substanziell entgegengetreten.

Ferner ist in casu u.a. die Ziffer 2 erfüllt, da der BF entgegen aufrechten Einreiseverbotes in das Bundesgebiet eingereist ist. Auch Z6 a.) leg.cit. scheint durch die Asylanträge in Deutschland, Italien und Österreich erfüllt.

Bei der Beurteilung des Sicherungsbedarfes ist das gesamte Verhalten des BF vor Anordnung der Schubhaft sowie seine familiäre, soziale und berufliche Verankerung im Inland in einer Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen. Hier könnte nur die Beziehung zu seiner Freundin gegen einen Sicherungsbedarf sprechen. Diese Bindung ist allerdings sehr gering. In der Gesamtbetrachtung ist auch von Sicherungsbedarf auszugehen.

Das Bundesamt ist daher zu Recht vom Bestehen sowohl eines Sicherungsbedarfes als auch von Fluchtgefahr ausgegangen.

Als weitere Voraussetzung ist die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft zu prüfen. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Auch hier könnte nur die Bindung zu seiner Freundin die gegenständliche Schubhaft als unverhältnismäßig erscheinen lassen. Aufgrund der Straffälligkeit des BF ergibt sich allerdings ein erhöhtes öffentliches Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Gesundheit und einem geregelten Fremdenwesen. Aufgrund der geringen Bindung zu seiner Freundin ist nicht davon auszugehen, dass ihn die Beziehung zu seiner Freundin von einem Untertauchen abhalten würde. In der Gesamtschau ist die Fluchtgefahr, der Sicherungsbedarf und auch die Verhältnismäßigkeit der Schubhaft somit zu bejahen.

Ferner ist der Gefährdungstatbestand des §67 FPG in casu erfüllt. Das Reisen zwischen mehreren Mitgliedsstaaten ohne geregeltes Einkommen und ohne festen Wohnsitz indiziert in Zusammenschau mit einer gerichtlichen Verurteilung wegen Umgangs mit Suchtmitteln in drei Fällen eine hohe Wahrscheinlichkeit, auch in der Zukunft Einkommen durch den Umgang mit Suchtmitteln zu erzielen und stellt in casu eine konkrete Gefahr für die Gesundheit der Gesellschaft dar. Durch die Erfüllung dieses Gefährdungstatbestandes steht in casu der faktische Abschiebschutz aufgrund des jüngsten Asylgesuches der gegenständlichen Schubhaft nicht entgegen.

5. Zur Fortsetzung der Schubhaft:

5.1. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA VG hat das Bundesverwaltungsgericht, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

Der VwGH hat zum Fortsetzungsausspruch gemäß § 83 Abs. 4 erster Satz FPG in der bis 31.12.2013 geltenden Fassung ausgesprochen, dass der Unabhängige Verwaltungssenat (UVS) im Rahmen seines Ausspruchs gemäß § 83 Abs. 4 FPG aF nicht an die im Schubhaftbescheid herangezogenen Rechtsgrundlagen gebunden ist, sondern die Zulässigkeit der Fortsetzung der Schubhaft nach allen Richtungen zu prüfen hat; er ist auch nicht nur "ermächtigt", einen "weiteren bzw. neuen Anhaltegrund für die Fortsetzung der Schubhaft zu schaffen", sondern bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens zu einem positiven und (nur) bei deren Fehlen zu einem negativen Fortsetzungsausspruch verpflichtet. Verneint der UVS daher das Vorliegen der Voraussetzungen für die weitere Anhaltung in Schubhaft, so bedeutet dieser Ausspruch von Gesetzes wegen die Unzulässigkeit der (Fortsetzung der) Schubhaft auf Grund jeglichen zum Bescheiderlassungszeitpunkt geltenden Schubhafttatbestandes, unabhängig davon, ob der UVS dessen Voraussetzungen (erkennbar) geprüft und dies seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat (VwGH 15.12.2011, Zl. 2010/21/0292; 28.08.2012, Zl. 2010/21/0388 mwN). Diese Rechtsprechung des VwGH ist unverändert auf den Fortsetzungsausspruch des Bundesverwaltungsgerichtes nach der inhaltlich gleichlautenden Bestimmung des § 22a Abs. 3 BFA VG übertragbar.

5.2. Für die Durchsetzung einer Rückkehrentscheidung (Abschiebung) ist die Anwesenheit des Beschwerdeführers erforderlich. Es ist angesichts seines bisherigen Verhaltens jedoch davon auszugehen, dass er sich dem behördlichen Zugriff durch Untertauchen entziehen würde, sollte sich eine Gelegenheit dazu bieten. Da er zudem über keine familiären und nur geringe soziale Anknüpfungspunkte (eine Freundin) im Bundesgebiet verfügt, ist nicht ersichtlich, was den Beschwerdeführer im Falle einer Entlassung aus der Schubhaft von einem Untertauchen abhalten sollte.

Im gegenständlichen Fall sind die Kriterien der Ziffern 3 und 5 des § 76 Abs. 3 FPG (wie oben dargelegt) erfüllt.

Hinweise für einen substanziellen Grad der sozialen Verankerung im Sinne der Z 9 leg. cit. sind wie dargelegt im Verfahren nicht hervorgekommen. Hinsichtlich der Z 9 ist überdies festzuhalten, dass schon nach dem Wortlaut der Bestimmung (einzelne) "soziale Anknüpfungspunkte" für sich alleine nicht ausreichen würden, der Verhängung einer Schubhaft entgegenzustehen. Vielmehr geht es um den "Grad der sozialen Verankerung in Österreich", wobei familiäre Beziehungen, soziale Anknüpfungspunkte, eine legale Erwerbstätigkeit, Existenzmittel und gesicherter Wohnraum exemplarisch genannt werden. Im gegenständlichen Fall sind liegt lediglich eine sehr geringe Bindung zu einer Freundin/Lebensgefährtin vor. Diese erhöht die soziale Verankerung im Bundesgebiet im konkreten Fall nur sehr geringfügig.

In Zusammenschau mit den obigen Ausführungen besteht damit aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts kein Zweifel, dass im gegenständlichen Fall (weiterhin) eine klare Fluchtgefahr seitens des Beschwerdeführers sowie ein besonders hohes staatliches Interesse an der Sicherstellung einer Abschiebung zu bejahen ist.

Im gegenständlichen Fall ist die Anwendung des gelinderen Mittels nicht ausreichend, um den Sicherungsbedarf zu erfüllen. Damit liegt auch die geforderte "ultima-ratio-Situation" für die Verhängung der Schubhaft vor und erweist sich diese zum gegenwärtigen Zeitpunkt auch als verhältnismäßig.

Substanzielle gesundheitliche Probleme oder gar eine fehlende Haftfähigkeit wurden in der Beschwerde im Übrigen nicht behauptet.

5.3. Es war daher gemäß § 22a Abs. 3 BFA VG festzustellen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

6. Entfall einer mündlichen Verhandlung

6.1. Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

6.2. Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen.

In der Beschwerde finden sich auch keine substanziellen Hinweise auf einen sonstigen möglicherweise unvollständig ermittelten entscheidungsrelevanten Sachverhalt. Aus der Aktenlage haben sich zudem keine Zweifel an der Haftfähigkeit ergeben, wobei diesbezügliche Probleme auch in der Beschwerde nicht thematisiert worden sind.

7. Kostenersatz

7.1. Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG s. VwGH 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).

7.2. Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.

Dem Beschwerdeführer gebührt als unterlegener Partei daher kein Kostenersatz, die belangte Behörde hat als (vollständig) obsiegende Partei Anspruch auf Kostenersatz im beantragten Umfang.

8. Zu Spruchpunkt B. (Unzulässigkeit der Revision):

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen.

Schlagworte

Einreiseverbot Fluchtgefahr Folgeantrag Fortsetzung der Schubhaft Identität öffentliche Interessen Pandemie Rückkehrentscheidung Schubhaft Sicherungsbedarf Straffälligkeit strafrechtliche Verurteilung Untertauchen Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W279.2225919.2.00

Im RIS seit

07.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

07.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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