Entscheidungsdatum
09.06.2020Norm
BFA-VG §22a Abs1Spruch
W137 2218884-15/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Peter HAMMER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Türkei, vertreten durch RA Mag. Manuel DIETRICH, vom 03.06.2020 im Zusammenhang mit der fortdauernden Anhaltung in Schubhaft (Verfahrenszahl des BFA 410250610/190342841) zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde wird gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.
II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG wird festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung weiterhin vorliegen.
III. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Ersatz des Verfahrensaufwands wird gemäß § 35 VwGVG abgewiesen.
IV. Die Beschwerdeanträge hinsichtlich Aufhebung der Rückkehrentscheidung und Erklärung einer Abschiebung für dauerhaft unzulässig werden als unzulässig zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gem. Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt
1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Türkei. Er wurde in Österreich geboren und ist im Bundesgebiet aufgewachsen. Nach 14 strafrechtlichen Verurteilungen - gipfelnd in einer Verurteilung wegen Vergewaltigung im Oktober 2008 - reiste der Beschwerdeführer unter Anwendung des § 133a StVG in die Türkei aus, wo er die folgenden Jahre in Istanbul verbrachte. In Reaktion auf die letzte Verurteilung war über den Beschwerdeführer zudem ein unbefristetes Aufenthaltsverbot verhängt worden. Dieses ist zwischenzeitlich durch eine Änderung der Rechtslage außer Kraft getreten.
2. Der Beschwerdeführer kehrte um den Jahreswechsel 2017/2018 nach Österreich zurück, wobei er sich im Bundesgebiet mit einem gefälschten Ausweis auswies. Am 14.06.2018 wurde er in Österreich neuerlich strafrechtlich verurteilt.
3. Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt/BFA) am 04.04.2019 gab er an, von 2011 bis 2016 in der Türkei gelebt und gearbeitet zu haben. Aufgrund der Rechtsunwirksamkeit des Aufenthaltsverbots und der politischen Situation in der Türkei habe er sich zur Rückkehr nach Österreich entschlossen. Er sei dann über Griechenland, Italien und die Schweiz zu seiner in Vorarlberg lebenden Familie zurückgekehrt, die ihn auch vorher schon finanziell unterstützt habe.
4. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt/BFA) vom 05.04.2019 wurde über den Beschwerdeführer die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme sowie zur Sicherung der Abschiebung angeordnet. Begründend verwies das Bundesamt zunächst auf den Aufenthalt im Verborgenen nach der Wiedereinreise sowie das Fehlen von Personaldokumenten. Hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft wurde insbesondere auf die ausgeprägte Straffälligkeit des Beschwerdeführers und die damit verbundene fehlende Vertrauenswürdigkeit verwiesen. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am selben Tag zusammen mit der Verfahrensanordnung betreffend die Beigabe eines Verfahrenshelfers ausgefolgt.
5. Mit Bescheid vom 10.04.2019 hat das Bundesamt den Bescheid betreffend die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes vom 26.02.2009 aufgehoben. Unter einem wurde gegen den Beschwerdeführer allerdings eine Rückkehrentscheidung, verbunden mit einem auf 10 Jahre befristeten Einreiseverbot, erlassen. Eine Beschwerde gegen diese Entscheidung wurde überdies die aufschiebende Wirkung aberkannt.
Gegen diese Entscheidung hat der Beschwerdeführer durch seinen Rechtsanwalt mit Schriftsatz vom 10.05.2019 eine Beschwerde eingebracht. Das Bundesamt hat diese Beschwerde am 13.05.2019 dem Bundesverwaltungsgericht übermittelt, bei diesem ist sie am 20.05.2019 eingelangt und wurde der Gerichtsabteilung L526 zur Zahl 2219028 zugewiesen.
6. Mit Schriftsatz vom 14.05.2019 übermittelte der im Spruch angeführte bevollmächtigte berufsmäßige Parteienvertreter am 15.05.2019 eine Beschwerde gegen den im Spruch angeführten Bescheid und die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft. Begründend wurde zunächst ausgeführt, dass der Beschwerdeführer entgegen der Annahme des Bundesamtes rechtmäßig in das Bundesgebiet eingereist sei und auch sein Aufenthalt rechtmäßig sei. Zudem sei der angefochtene Bescheid aufgrund einer Vielzahl formeller Mängel mit Rechtswidrigkeit behaftet.
Unabhängig davon sei der Beschwerdeführer "unbeschränkt und unwiderruflich in Österreich aufenthaltsberechtigt". Schubhaft sei aber nur zulässig, falls eine Aufenthaltsbeendigung zumindest in Betracht komme. Schließlich seien auch seine ausgeprägten persönlichen und familiären Anknüpfungspunkte an das Bundesgebiet nicht hinreichend gewürdigt worden.
Beantragt werde daher a) die Durchführung einer mündlichen Verhandlung; b) den angefochtenen Bescheid zu beheben und festzustellen, dass die bisherige Anhaltung in rechtswidriger Weise erfolgte; c) die "unverzügliche Enthaftung" des Beschwerdeführers anzuordnen; d) die Behörde zum Ersatz der Aufwendungen zu verpflichten.
7. Das Bundesamt legte am 16.05.2019 den Verfahrensakt vor. Ausgeführt wird, dass derzeit ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme laufe; dieses sei auch erstinstanzlich im Sinne einer Rückkehrentscheidung entschieden worden. Diese sei auch mit einem Einreiseverbot verbunden worden. Verwiesen wurde überdies auf die zahlreichen strafrechtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers.
Beantragt werde die Abweisung der Beschwerde; sowie die Verpflichtung des Beschwerdeführers zum Kostenersatz.
Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Erkenntnis vom 21.05.2019, W137 2218884-1/6E, festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft gemäß § 22a Abs. 3 FPG weiterhin vorliegen. Diese Entscheidung erwuchs in Rechtskraft; ein Rechtsmittel wurde vom Beschwerdeführer diesbezüglich nicht eingebracht.
Das Bundesamt hat mit Bescheiden vom 31.05.2019 und 28.06.2019 im Zuge amtswegiger Prüfungen gemäß § 80 Abs. 6 FPG die Aufrechterhaltung der Schubhaft als verhältnismäßig festgestellt.
8. Mit Erkenntnis vom 05.06.2019, L526 2219028-1/7Z, hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen einer Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Bescheid vom 10.04.2019 (siehe oben Punkt 5.) festgestellt, dass die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung des Bescheides zu Recht erfolgt sei und der Beschwerde die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt werde.
Die Behandlung einer diesbezüglichen Beschwerde wurde vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 11.06.2019, E 2160/2019-5, abgelehnt.
Der Beschwerdeführer hat daraufhin mit Schriftsatz vom 08.08.2019 eine außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht. Eine diesbezügliche Entscheidung ist noch nicht ergangen.
9. Am 06.06.2019 brachte der Beschwerdeführer aus dem Stand der Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz ein. Das Bundesamt hat mit Aktenvermerk vom 07.06.2019 festgehalten, dass die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 6 FPG aufrechterhalten werde. Diese Entscheidung wurde dem Beschwerdeführer am selben Tag nachweislich persönlich ausgefolgt. Eine damals bereits terminisierte Abschiebung (samt vorhandenem türkischen "Temporary Passport") musste deswegen entfallen.
Nach Durchführung einer mündlichen Einvernahme hat das Bundesamt diesen Antrag mit Bescheid vom 02.07.2019 gemäß §§ 3 und 8 AsylG abgewiesen und mit einer Rückkehrentscheidung in Bezug auf den Herkunftsstaat Türkei verbunden. Unter einem wurde ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen. Gegen diese Entscheidung hat der Beschwerdeführer durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter mit Schriftsatz vom 31.07.2019 eine Beschwerde eingebracht.
10. Am 26.07.2019 legte das Bundesamt den (Schubhaft-)Akt zur amtswegigen Verhältnismäßigkeitsprüfung gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG vor. Dazu wurde ergänzend ausgeführt, dass keine Änderungen im Sachverhalt eingetreten seien und mit der Durchführung der Überstellung des Beschwerdeführers "binnen vergleichsweise kurzer Zeit" gerechnet werden könne.
Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Erkenntnis vom 29.07.2019, W137 2218884-2/4E, festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft gemäß § 22a Abs. 4 FPG weiterhin vorliegen und diese auch verhältnismäßig ist. Diese Entscheidung erwuchs in Rechtskraft; ein Rechtsmittel wurde vom Beschwerdeführer diesbezüglich bisher nicht eingebracht.
11. Am 19.08.2019 legte das Bundesamt erneut den (Schubhaft-)Akt zur amtswegigen Verhältnismäßigkeitsprüfung gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG vor. Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Erkenntnis vom 22.08.2019, W137 2218884-3/3E, festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft gemäß § 22a Abs. 4 FPG weiterhin vorliegen und diese auch verhältnismäßig ist. Diese Entscheidung erwuchs in Rechtskraft; ein Rechtsmittel wurde vom Beschwerdeführer diesbezüglich bisher nicht eingebracht.
12. Am 30.08.2019 erfolgte vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Beschwerdeverhandlung im Zusammenhang mit dem Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz.
Mit Erkenntnis vom 19.09.2019, W250 2218884-4/2E, hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen einer weiteren amtswegigen Vorlage zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Anhaltung in Schubhaft weiterhin vorliegen.
13. Am 09.10.2019 legte das Bundesamt erneut den (Schubhaft-)Akt zur amtswegigen Verhältnismäßigkeitsprüfung gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG vor. Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Erkenntnis vom 15.10.2019, W137 2218884-5/3E, festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Anhaltung in Schubhaft weiterhin vorliegen.
14. Am 04.11.2019 wurde der Verwaltungsakt abermals zur amtswegigen Verhältnismäßigkeitsprüfung gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG vorgelegt.
15. Mit Erkenntnis vom 08.11.2019, L514 2219028-3/26E, hat das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde im Asylverfahren des Beschwerdeführers vollinhaltlich abgewiesen. Diese Entscheidung wurde dem Rechtsanwalt des Beschwerdeführers am selben Tag per ERV übermittelt.
16. Mit Erkenntnis vom 11.11.2019, W137 2218884-6/4E, hat das Bundesverwaltungsgericht erneut festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Anhaltung in Schubhaft weiterhin vorliegen. Ausdrücklich wurde dabei festgestellt, dass der Beschwerdeführer nicht (mehr) Asylwerber ist und ihm auch kein faktischer Abschiebeschutz zukommt.
Auch gegen diese Entscheidung wurde - wie hinsichtlich der übrigen zuvor angeführten "Fortsetzungsentscheidungen" - bisher kein Rechtsmittel an die Höchstgerichte eingebracht.
17. Am 02.12.2019 wurde der Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht abermals zur amtswegigen Verhältnismäßigkeitsprüfung gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG vorgelegt. Dabei wurde ausgeführt, dass am 11.11.2019 ein neuerliches Verfahren bei der türkischen Botschaft zur Erlangung eines Heimreisezertifikats gestartet worden sei und mit einem positiven Abschluss "in Kürze" gerechnet werden könne. Diesfalls werde umgehend eine begleitete Abschiebung organisiert.
Mit Erkenntnis vom 09.12.2019, W137 2218884-7/4E, hat das Bundesverwaltungsgericht erneut festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Anhaltung in Schubhaft weiterhin vorliegen. Ausdrücklich wurde dabei festgestellt, dass der Beschwerdeführer nicht (mehr) Asylwerber ist und ihm auch kein faktischer Abschiebeschutz zukommt. Mit einer HRZ-Ausstellung sei im Jänner 2020 zu rechnen.
18. Am 30.12.2019 legte das Bundesamt den Akt ein weiteres Mal zur amtswegigen Verhältnismäßigkeitsprüfung gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG vorgelegt. Dabei wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer am 18.12.2019 erneut dem türkischen Generalkonsulat vorgeführt worden sei. Zur Prüfung sei eine Frist von drei Wochen vereinbart worden, weshalb mit der baldigen Ausstellung des HRZ zu rechnen sei.
Darüber hinaus seien keine wesentlichen Änderungen eingetreten; insbesondere bestehe keine Haftunfähigkeit und es sei auch keine Unverhältnismäßigkeit der Anhaltung ersichtlich.
Das Bundesverwaltungsgericht hat auch diese Fortsetzung der Anhaltung in Schubhaft mit Erkenntnis vom 02.01.2020, W137 2218884-8/4E als verhältnismäßig erachtet und festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Anhaltung in Schubhaft weiterhin vorliegen.
19. Das Bundesamt legte am 20.01.2020 erneut den Akt zur amtswegigen Verhältnismäßigkeitsprüfung gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG vor. Dabei wurde mitgeteilt, dass der Fall laut Auskunft des türkischen Generalkonsulats noch in Bearbeitung sei und man noch um etwas Geduld ersuche. Das Bundesamt gehe mangels offener Verfahren des Beschwerdeführers in Österreich von einer zeitnahen HRZ-Ausstellung aus.
Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 28.01.2020, W137 2218884-9/5E wurde die neuerliche Fortsetzung der Anhaltung in Schubhaft mit Erkenntnis als verhältnismäßig erachtet und festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Anhaltung in Schubhaft weiterhin vorliegen.
20. Am 10.02.2020 erfolgte eine weitere Vorlage des Bundesamtes zur weiteren amtswegigen Verhältnismäßigkeitsprüfung gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG. Dabei verwies das Bundesamt neuerlich auf das rechtskräftig abgeschlossene Asylverfahren und die durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme. Das HRZ-Verfahren sei noch im Laufen; von einem zeitnahen Abschluss könne jedoch ausgegangen werden. Im Übrigen sei der Beschwerdeführer am 28.01.2020 in Hungerstreik getreten, habe diesen allerdings schon am 29.01.2020 wieder freiwillig beendet.
21. Mit Schreiben vom 12.02.2020 gab das Bundesamt bekannt, dass die Türkei nunmehr (am 11.02.2020) der Ausstellung eines Heimreisezertifikats zugestimmt habe. Das HRZ wurde am 24.02.2020 ausgestellt und es wurde ein Abschiebetermin für 01.03.2020 organisiert.
Diese Abschiebung scheiterte, weil der Beschwerdeführer eine Stewardess bedroht hatte und der Kapitän aus diesem Grund den Start verweigerte.
22. Am 09.03.2020 erkannte das Bundesverwaltungsgericht neuerlich die Verhältnismäßigkeit der Schubhaft als gegeben an und verwies dabei vorrangig auf das vom Beschwerdeführer zu verantwortende Scheitern der Abschiebung am 01.03.2020 aufgrund der Bedrohung einer Flugbegleiterin durch den Beschwerdeführer.
23. Der für 21.03.2020 organisierte neue Abschiebetermin scheiterte an den Restriktionen im Flugverkehr im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie. Das Heimreisezertifikat verlor am 23.03.2020 seine Gültigkeit.
24. Das Bundesverwaltungsgericht übermittelte dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 27.03.2020 - nach neuerlicher Aktenvorlage zur Verhältnismäßigkeitsprüfung am 23.03.2020 - eine Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme. Darin enthalten waren die Gründe für das Scheitern der beiden Abschiebetermine sowie Ausführungen betreffend das Heimreisezertifikat und die Flugtauglichkeit.
25. Durch seine unter einem bevollmächtigte rechtsfreundliche Vertreterin hat der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 30.03.2020 dazu eine Stellungnahme übermittelt. In dieser wird im Wesentlichen ausgeführt, dass ein neuer Abschiebetermin derzeit nicht festgesetzt werden könne und von einer Abschiebung bis Ende Juni "nicht mit der notwendigen Sicherheit" ausgegangen werden könne.
Überdies müsse erneut ein Heimreisezertifikat erlangt werden, was zuletzt drei Monate in Anspruch genommen habe. Damit sei die Abschiebung in einer zumutbaren Frist nicht absehbar und aus diesem Grunde die Aufrechterhaltung der Schubhaft unverhältnismäßig. Der Beschwerdeführer verfüge zudem über familiäre Bindungen im Bundesgebiet und ein Untertauchen sei "angesichts der momentanen Situation wenig wahrscheinlich, sogar schlicht unmöglich".
Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Erkenntnis vom 06.04.2020 neuerlich festgestellt, dass die Voraussetzungen für die weitere Anhaltung in Schubhaft vorliegen und diese auch verhältnismäßig ist.
26. Am 24.04.2020 legte das Bundesamt den Akt zu einer weiteren amtswegigen Verhältnismäßigkeitsprüfung vor. Beigelegt war ein Aktenvermerk vom 09.04.2020, wonach der Beschwerdeführer erklärt habe, er würde gegen eine Abschiebung weiterhin Widerstand leisten und wisse, dass man ihn nach 18 Monaten ohnedies entlassen müsse. Ebenfalls beigelegt war eine polizeiliche Meldung vom selben Tag bezüglich eines Fehlverhaltens des Beschwerdeführers in der Sanitätsstelle.
Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Erkenntnis vom 30.04.2020 ein weiteres Mal festgestellt, dass die Voraussetzungen für die weitere Anhaltung in Schubhaft vorliegen und diese auch verhältnismäßig ist.
27. Am 19.05.2020 langte der Verwaltungsakt zur abermaligen amtswegigen Verhältnismäßigkeitsprüfung beim Bundesverwaltungsgericht ein. Das Bundesamt verwies auf den bisherigen Gang des Verfahrens, insbesondere die vom Beschwerdeführer aktiv vereitelte Abschiebung am 01.03.2020 sowie die erwartbare rasche Ausstellung eines Heimreisezertifikats nach Wiederaufnahme des Flugverkehrs.
Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Erkenntnis vom 26.05.2020, W137 2218884-14/2E, erneut festgestellt, dass die Voraussetzungen für die weitere Anhaltung in Schubhaft vorliegen und diese auch verhältnismäßig ist. In der Begründung wurde insbesondere darauf verwiesen, dass die Dauer der laufenden Anhaltung in erster Linie auf das Verhalten des Beschwerdeführers zurückzuführen ist und zudem mit der raschen erneuten Ausstellung eines HRZ nach Wiederaufnahme der Abschiebungen gerechnet werden könne. Insofern sei die Überstellung in den Herkunftsstaat jedenfalls im Verlauf des Sommers realistisch.
28. Am 03.06.2020 langte die gegenständliche Beschwerde - unter gleichzeitiger Bekanntgabe der Bevollmächtigung eines weiteren Rechtsanwalts - beim Bundesverwaltungsgericht ein. In dieser wird eingangs ausgeführt, dass das Bundesamt "nicht in der Lage" sei, die ausgesprochene Abschiebung zu bewerkstelligen. Aufgrund der "Corona-Krise" sei eine Abschiebung in die Türkei auch "grundsätzlich nicht möglich". Überdies sei das Bundesamt "offensichtlich nicht in der Lage, die erforderliche Bewilligung für die Ein- oder Durchreise (...) zu erwirken". Die Behörde habe es "seit 09.04.2019 (...) nicht geschafft, die erforderlichen Dokumente für die Ausreise zu organisieren". Dies könne dem Beschwerdeführer nicht zum Vorwurf gemacht werden.
Überdies seien die Zustände im Polizeianhaltezentrum "katastrophal" und könnten bereits negative gesundheitliche Folgen für den Beschwerdeführer gehabt haben. Dies obwohl der Beschwerdeführer "bereits mehrfach auf diese Umstände hingewiesen" habe. Somit stelle die weitere Anhaltung auch eine Verletzung des Artikel 3 der EMRK dar. Schließlich sei auch von der Anwendung des gelinderen Mittels nicht Gebrauch gemacht worden.
Beantragt wurde a) die "Anordnung der Schubhaft" sowie die weitere Anhaltung in Schubhaft für rechtswidrig zu erklären; b) dem Beschwerdeführer die Verfahrenskosten zu ersetzen; c) auszusprechen, dass "die Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer aufgehoben wird" und eine "Abschiebung in die Türkei auf Dauer unzulässig" sei; d) eine mündliche Verhandlung anzuberaumen.
Das Bundesamt übermittelte in diesem Zusammenhang keine Stellungnahme.
Aufgrund der Aktenlage wird folgender Sachverhalt der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt:
Der Beschwerdeführer ist Staatsbürger der Türkei. Er wurde in Österreich geboren und ist im Bundesgebiet aufgewachsen. Erstmalig strafrechtlich verurteilt (zu Geldstrafen) wurde er im Alter von 15 Jahren wegen Vermögens- und Suchtmitteldelikten. Bis 2010 wurde der Beschwerdeführer insgesamt 15-mal strafrechtlich verurteilt, wobei nunmehr auch Körperverletzung und Gefährliche Drohung hinzukamen. Die jüngsten Verurteilungen bewirkten Freiheitsstrafen von 10 Monaten (Nötigung - 2006), 5 Jahren (Vergewaltigung - 2008) und 3 Monaten (Suchtmittel - 2010). Von August 2007 bis April 2011 war der Beschwerdeführer fast ausschließlich in Justizanstalten haupt- oder nebengemeldet.
Am 26.02.2009 wurde über den Beschwerdeführer ein unbefristetes Aufenthaltsverbot verhängt. Am 11.04.2011 reiste der Beschwerdeführer unter Anwendung des § 133a StVG (in der damals geltenden Fassung) freiwillig aus dem Bundesgebiet in die Türkei aus. Das unbefristete Aufenthaltsverbot verlor in weiterer Folge seine rechtliche Gültigkeit.
Um den Jahreswechsel 2017/2018 kehrte der Beschwerdeführer unterstützt von Familienangehörigen wieder in das Bundesgebiet zurück. In Österreich gab er keine Wohnsitzmeldung ab, sondern wohnte in einer Pension unter Nutzung eines gefälschten Ausweises. Bei diesem Aufenthalt wurde er von seinen Familienangehörigen aktiv (insbesondere auch finanziell) unterstützt.
Er wurde am 14.06.2018 wegen mehrerer Strafdelikte - versuchter Widerstand gegen die Staatsgewalt, Beleidigung und Verleumdung sowie Urkundendelikte - zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 12 Monaten verurteilt. Diese Entscheidung erwuchs in Rechtskraft; der Beschwerdeführer befand sich ab 26.02.2018 bis zur Anordnung der Schubhaft durchgehend in Justizhaft. Gegen die Anordnung der Schubhaft mittels Bescheid und die (weitere) Anhaltung in Schubhaft wurde vom Beschwerdeführer am 15.05.2019 eine Beschwerde eingebracht.
In Vorarlberg leben die engsten Familienangehörigen des Beschwerdeführers, insbesondere seine Eltern und Geschwister. Dem Beschwerdeführer steht bei seinen Familienangehörigen eine gesicherte Unterkunft zur Verfügung. Der Beschwerdeführer ist in besonders ausgeprägtem Maß nicht vertrauenswürdig.
In Österreich wurde mit Bescheid des Bundesamtes das bestehende Aufenthaltsverbot (von 2009) aufgehoben. Zudem wurde eine Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem befristeten Einreiseverbot samt Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde erlassen. Das diesbezügliche Beschwerdeverfahren war ab 20.05.2019 beim Bundesverwaltungsgericht anhängig. Das Bundesverwaltungsgericht hat in diesem Zusammenhang den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde abgewiesen. Die Behandlung der dagegen eingebrachten Beschwerde wurde vom Verfassungsgerichtshof abgelehnt. Eine außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof wurde eingebracht.
Mit Erkenntnis vom 21.08.2019, L514 2219028-1/28E, hat das Bundesverwaltungsgericht diese Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt I. zurückgewiesen und darüber hinaus den Bescheid des Bundesamtes ersatzlos aufgehoben.
Aus dem Stande der Schubhaft brachte der Beschwerdeführer am 06.06.2019 zudem einen Antrag auf internationalen Schutz ein. Dieser wurde vom Bundesamt mit Bescheid vom 02.07.2019 hinsichtlich der Zuerkennung von Asyl sowie von subsidiärem Schutz abgewiesen und mit einer Rückkehrentscheidung sowie einem Einreiseverbot verbunden. Einer (allfälligen) Beschwerde wurde zudem die aufschiebende Wirkung aberkannt.
Mit Schriftsatz vom 31.07.2019 hat der Beschwerdeführer diesbezüglich eine Beschwerde eingebracht. Das Bundesverwaltungsgericht hat in diesem Zusammenhang eine mündliche Verhandlung am 30.08.2019 durchgeführt. Die aufschiebende Wirkung wurde der Beschwerde nicht zuerkannt. Mit Erkenntnis vom 08.11.2019, L514 2219028-3/26E, wurde die Beschwerde im Asylverfahren vollinhaltlich abgewiesen. Diese Entscheidung wurde dem Rechtsanwalt des Beschwerdeführers am 08.11.2019 mittels ERV übermittelt und gilt somit ab 11.11.2019 als zugestellt.
Gegen diese Entscheidung wurden zwischenzeitlich Rechtsmittel (allenfalls Anträge auf Verfahrenshilfe) bei den Höchstgerichten eingebracht. Beschlüsse bezüglich der allfälligen Zuerkennung einer aufschiebenden Wirkung sind bisher nicht ergangen.
Es besteht damit gegenwärtig kein faktischer Abschiebeschutz bezüglich des Beschwerdeführers. Am 11.11.2019 hat das Bundesamt ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikats für den Beschwerdeführer gestartet und er wurde auch bereits dem türkischen Generalkonsulat vorgeführt. Die Türkei hat für den Beschwerdeführer am 24.02.2020 ein Heimreisezertifikat (gültig bis 23.03.2020) ausgestellt.
Der Beschwerdeführer hat seine für Juni 2019 anberaumte Abschiebung durch Stellung eines unberechtigten Antrags auf internationalen Schutz vereitelt. Der Beschwerdeführer hat am 01.03.2020 seine Abschiebung vereitelt, indem er im Flugzeug eine Flugbegleiterin bedrohte, weshalb der Kapitän den Transport des Beschwerdeführers verweigerte. Der umgehend anberaumte neue Abschiebetermin (21.03.2020) scheiterte an den Restriktionen im internationalen Flugverkehr aufgrund der Covid-19-Pandemie.
Der Beschwerdeführer trat während seiner Anhaltung insgesamt elfmal in den Hungerstreik, den er stets freiwillig beendete - zuletzt von 11.04.2020 bis 15.04.2020.
Eine Abschiebung des Beschwerdeführers kann aufgrund der rechtskräftigen Rückkehrentscheidung und der Tatsache, dass den höchstgerichtlichen Beschwerde-/Revisionsverfahren keine aufschiebende Wirkung zukommt, nach Aufnahme des internationalen Flugverkehrs im erforderlichen Umfang binnen kurzer Zeit erfolgen - wobei allfällige Vorbereitungsarbeiten zur Durchführung einer begleiteten Abschiebung berücksichtigt werden müssen. Dies ist ab Ende Juni 2020 realistisch. Mit der raschen (neuerlichen) Ausstellung des erforderlichen Heimreisezertifikats ist zu rechnen. Insgesamt ist zum Entscheidungszeitpunkt eine Abschiebung des Beschwerdeführers innerhalb der nächsten 2 bis 3 Monate realistisch.
Der Beschwerdeführer wird zum gegenständlichen Entscheidungszeitpunkt seit rund 14 Monaten in Schubhaft angehalten. Diese Dauer ist weitgehend dem Beschwerdeführer zuzurechnen. Das Bundesamt hat sich stets um eine möglichst kurze Anhaltedauer und eine rasche Abschiebung bemüht gezeigt. Aktuell wurden etwas mehr als zwei Drittel der gesetzlich möglichen Anhaltedauer in Schubhaft ausgeschöpft; eine Abschiebung im Rahmen der gesetzlich zulässigen Anhaltedauer ist jedenfalls realistisch.
Der Beschwerdeführer ist aktuell mittellos. Er ist grundsätzlich gesund und arbeitsfähig, sowie jedenfalls haftfähig. Zudem ist er gegenwärtig auch flugtauglich. Es gibt keinen stichhaltigen Hinweis für substanzielle gesundheitliche Probleme körperlicher oder psychischer Natur. Die vom Amtsarzt festgestellte Haftfähigkeit wurde schon in der ersten (von einem Rechtsanwalt eingebrachten) Beschwerde nicht in Zweifel gezogen. Aus gelegentlichen kurzfristigen Hungerstreiks (zuletzt halbtägig am 04.03.2020, ganztägig am 09.04.2020 und viertägig ab 11.04.2020) lässt sich keinerlei gesundheitliches Risiko ableiten.
Der Beschwerdeführer wird seit Mai 2019 durchgehend rechtsanwaltlich vertreten. Eine Maßnahmenbeschwerde bezüglich der Umstände der Anhaltung wurde bisher beim Bundesverwaltungsgericht nicht eingebracht.
Die Begründung der gegenständlichen Beschwerde basiert weitgehend (und hinsichtlich ihrer Kernelemente) auf schlicht aktenwidrigen Behauptungen und offenkundiger Unkenntnis des Verwaltungsaktes. Dies betrifft insbesondere das Agieren des Bundesamtes im HRZ-Verfahren sowie die Ausstellung eines Heimreisezertifikats durch die türkische Botschaft.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Beweiswürdigung:
1.1. Der Verfahrensgang und der Sachverhalt ergeben sich aus dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes zur Zl. 410250610/190342841 (Schubhaft), 410250610/190214428 (Rückkehrentscheidung) und 410250610/190573487 (Asylverfahren) sowie den korrespondieren Akten des Bundesverwaltungsgerichts. An der türkischen Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers bestanden nie Zweifel und ist diese auch unstrittig. Die Feststellungen zu den strafrechtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers und seinen Meldeadressen ergeben sich aus Einsichten in das Strafregister und das Zentrale Melderegister.
1.2. Die Feststellungen zum Aufenthaltsverbot von 2009 und der Ausreise in die Türkei 2011 ergeben sich aus der Aktenlage. Die Ausreise erfolgte auf Basis der damaligen Rechtslage freiwillig, weil die Anwendung des § 133a StVG nach dem eindeutigen Wortlaut eine Abschiebung ausschließt. Der Beschwerdeführer hätte alternativ auch seine Freiheitsstrafe zur Gänze in Österreich verbüßen können.
1.3. Die Feststellungen zur Rückkehr nach Österreich und seiner zwischenzeitlichen Unterkunft ergeben sich aus den glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers in seiner Einvernahme am 04.04.2019 vor dem Bundesamt. Aus diesen ergibt sich auch, dass ihn der Vater nach Österreich chauffiert und ihn die in Österreich lebenden Familienangehörigen in den letzten Jahren durchgehend finanziell unterstützt haben. Die Feststellungen zur strafrechtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers 2018 und seiner damit verbundenen Anhaltung in Justizhaft ergeben sich ebenfalls aus Einsichten in das Strafregister und das Zentrale Melderegister.
1.4. Die Feststellungen zum Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers in Österreich ergeben sich aus seinen diesbezüglich glaubhaften Angaben und den Einträgen im Zentralen Melderegister. Die fehlende Vertrauenswürdigkeit des Beschwerdeführers ergibt sich aus seinem bisherigen Verhalten - insbesondere der Vielzahl an strafrechtlichen Verurteilungen und der jüngsten Unterkunftnahme unter Verwendung eines gefälschten Ausweises.
1.5. Die Feststellungen betreffend das Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme ergeben sich aus der Aktenlage. Ebenso gilt das für den rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens des Beschwerdeführers sowie die derzeit anhängigen Verfahren bei den Höchstgerichten.
Ebenfalls aus der Aktenlage ergibt sich die Ausstellung eines Heimreisezertifikats für den Beschwerdeführer im Februar 2020.
1.6. Die Feststellungen zu den gescheiterten Abschiebungen (bzw. den stornierten Abschiebeterminen) ergeben sich aus der Aktenlage. Hinsichtlich des Verhaltens des Beschwerdeführers am 01.03.2020 existiert ein schriftlicher Abschiebebericht. Die entsprechenden Feststellungen hat das Bundesverwaltungsgericht auch bereits in den letzten Verhältnismäßigkeitsprüfungen (März/April 2020) getroffen - in der Stellungnahme der bevollmächtigten Rechtsanwältin vom 30.03.2020 wurde ihnen auch in keiner Form entgegengetreten, noch werden sie irgendwie relativiert.
Die Zeiten der Hungerstreiks sind der Anhaltedatei entnommen.
1.7. Angesichts der laufenden Entwicklung hinsichtlich der Covid-19-Pandemie in Europa ist damit zu rechnen, dass der internationale Flugverkehr im Juni 2020 wieder in einem Umfang aufgenommen werden kann, der Überstellungen/Abschiebungen ermöglicht. Eine umfassende Wiederherstellung der allgemeinen Reisefreiheit ist diesbezüglich nicht erforderlich. Insofern kann realistisch von der Möglichkeit einer Abschiebung ab Ende Juni 2020 ausgegangen werden. Von einer monatelangen Perpetuierung dieses Ausnahmezustandes - der fast gänzlichen Aussetzung des Luftverkehrs - kann angesichts der gegenwärtigen schrittweisen Rücknahme der "lockdown"-Maßnahmen (insbesondere in Europa) keinesfalls ausgegangen werden.
Angesichts der zuletzt problemlosen Ausstellung eines Heimreisezertifikats ist auch von der raschen neuerlichen Ausstellung eines solchen auszugehen. Die zuletzt dafür erforderlichen drei Monate erklären sich im Übrigen auch aus den Rechtsmittelfristen für die höchstgerichtlichen Verfahren sowie den gehäuften Feiertagen in dieser Zeitspanne. Insofern ist nunmehr ein deutlich kürzerer Zeitraum realistisch.
Aus diesen Umständen ergibt sich die derzeit anzunehmende Dauer der weiteren Anhaltung in Schubhaft.
1.8. Dass die Dauer der bisherigen Anhaltung in Schubhaft (rund 14 Monate) vorrangig dem Beschwerdeführer zuzurechnen ist, ergibt sich zunächst aus dem kurz vor dem ersten Abschiebetermin eingebrachten Antrag auf internationalen Schutz; das diesbezügliche Verfahren verlängerte die Anhaltung um rund sechs Monate - die Abschiebung hätte ursprünglich bereits nach zwei Monaten Anhaltung erfolgen sollen. Allein aufgrund einer von ihm bewusst vorgenommenen Vereitelung der Abschiebung am 01.03.2020 war der Beschwerdeführer bei Inkrafttreten der Covid-19-Restriktionen im Flugverkehr überhaupt noch in Schubhaft. Das stete Bemühen des Bundesamtes um eine rasche Ermöglichung der Abschiebung ist in den Verwaltungsakten dokumentiert.
Die Anhaltung in Schubhaft kann jedenfalls bis September 2020 erfolgen.
1.9. Aus der Aktenlage ergeben sich die Feststellungen zur finanziellen und gesundheitlichen Situation des Beschwerdeführers sowie seiner Haftfähigkeit. Seitens des Beschwerdeführers gegenüber dem Wachpersonal im Polizeianhaltezentrum behauptete epileptische Anfälle und das Bestehen von Asthma (am 05.08.2019) konnten vom Amtsarzt im Zuge einer umgehend durchgeführten Untersuchung nicht verifiziert werden. Dies ist in der Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung dokumentiert. Auch in der gegenständlichen Beschwerde wurden keinerlei konkrete gesundheitliche Probleme des Beschwerdeführers ausgeführt.
1.10. Die durchgehende Vertretung durch Rechtsanwälte seit der ersten Schubhaftbeschwerde im Mai 2019 ergibt sich aus der Aktenlage. Aus dieser ist ebenfalls ersichtlich, dass bisher seitens des Beschwerdeführers keine Maßnahmenbeschwerde hinsichtlich konkreter unzumutbarer Haftbedingungen eingebracht worden ist.
1.11. Wie sich aus der Aktenlage problemlos ersehen lässt, wurde ein vom Bundesamt Schubhaftanordnung eingeleitetes HRZ-Verfahren nach nur wenigen Wochen vom Beschwerdeführer durch Einbringung eines (unberechtigten) Antrags auf internationalen Schutz monatelang blockiert. Am 24.02.2020 wurde dem Beschwerdeführer ein Heimreisezertifikat ausgestellt. Die Abschiebung zum ursprünglich vorgesehenen Termin scheiterte nachweislich an einer aktiven Handlung des Beschwerdeführers, die Abschiebung zum Ersatztermin an der pandemiebedingten Einstellung des Luftverkehrs.
Vor diesem Hintergrund steht zweifelsfrei fest, dass die Behauptung, das Bundesamt habe es "nicht geschafft, die erforderlichen Dokumente für die Ausreise zu organisieren" beziehungsweise sei "offensichtlich nicht in der Lage, die erforderliche Bewilligung" zu erwirken, schlicht tatsachenwidrig ist. "Offensichtlich" ist in diesem Zusammenhang allenfalls eine substanzielle Unkenntnis des Verfahrensaktes seitens des gegenständlich zur Vertretung bevollmächtigten Rechtsanwalts - wenn nicht unterstellt werden soll, er habe diese Aktenwidrigkeiten bewusst in seinen Schriftsatz aufgenommen.
Nur der Vollständigkeit halber sei angeführt, dass zum Erhalt der entsprechenden Kenntnis (bezüglich die HRZ-Ausstellung) nicht einmal eine vollständige Akteneinsicht erforderlich gewesen wäre - die Information kann problemlos jeder amtswegigen verwaltungsgerichtlichen Entscheidung ("Verhältnismäßigkeitsprüfung" gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG) bezüglich der Aufrechterhaltung der gegenständlichen Schubhaft seit 09.03.2020 (Verfahren 2218884-12) entnommen werden.
2. Rechtliche Beurteilung
2.1. Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs.1 Z 3 und 4 VwGVG) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3 VwGVG) zu überprüfen. Gemäß § 9 Abs. 1 VwGVG hat die Beschwerde u.a. (Z 3) die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie (Z 4) das Begehren zu enthalten. In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde zu § 27 VwGVG ausgeführt: "Der vorgeschlagene § 27 legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Anders als die Kognitionsbefugnis einer Berufungsbehörde (vgl. § 66 Abs. 4 AVG) soll die Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichtes durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt sein."
2.2. Der mit "Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft" betitelte § 22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, lautet:
"§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn
1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,
2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder
3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.
(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.
(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.
(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.
(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig."
Das Bundesverwaltungsgericht ist somit gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG für die Entscheidung der gegenständlichen Beschwerde zuständig.
Zu Spruchteil A)
2.3. Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:
"§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.
(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,
2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.
Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.
(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.
(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.
(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.
(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß."
2.4. Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).
Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).
Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).
3. Umfang der gegenständlichen Beschwerde
Die gegenständliche Beschwerde "wegen Schubhaft" ist aufgrund der Formulierung der Begründung zweifelsfrei eine Schubhaftbeschwerde im Sinne des § 22a Abs. 1 BFA-VG. Dies nicht zuletzt, weil sie von einem berufsmäßigen Parteienvertreter verfasst ist. Daran können allenfalls überschießende/unzulässige Beschwerdeanträge nichts ändern.
Sie ist offenkundig keine Maßnahmenbeschwerde gegen konkrete Umstände der Anhaltung, zumal auch diesbezügliche abschließende Anträge nicht enthalten sind. Auch liegt keine Kombination dieser Beschwerdetypen in einem Schriftsatz vor. Auch hier ist im Übrigen auf die rechtsanwaltliche Vertretung zu verweisen - von einem Rechtsanwalt kann und muss in derartigen Fällen eine hinreichende Präzision der Formulierung erwartet werden.
4. Beschwerde gegen die Anordnung der Schubhaft
Der Beschwerdeführer beantragt (durch seinen bevollmächtigten Vertreter) explizit, die "Anordnung" der Schubhaft für rechtswidrig zu erklären. Er wendet sich damit zweifelsfrei erneut gegen den der Schubhaft ursprünglich zugrundeliegenden Bescheid des Bundesamtes. Da dieser jedoch bereits mit der Beschwerde vom 15.05.2019 konsumiert worden ist, ist dieses Beschwerdebegehren bzw. dieser Antrag als unzulässig zurückzuweisen.
Da der Beschwerdeführer sich von einem Rechtsanwalt vertreten lässt, kann auch nicht (anders als etwa bei einem juristischen Laien) von einem bloßen Formulierungsfehler ausgegangen werden - zumal für das Erkennen dieses Umstandes bereits die gewissenhafte Lektüre einer der zahlreichen Gerichtsentscheidungen zur (weiteren) Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft ausreichen würde.
5. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ist festzustellen, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen:
5.1. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
Der VwGH hat zum Fortsetzungsausspruch gemäß § 83 Abs. 4 erster Satz FPG in der bis 31.12.2013 geltenden Fassung ausgesprochen, dass der Unabhängige Verwaltungssenat (UVS) im Rahmen seines Ausspruchs gemäß § 83 Abs. 4 FPG aF nicht an die im Schubhaftbescheid herangezogenen Rechtsgrundlagen gebunden ist, sondern die Zulässigkeit der Fortsetzung der Schubhaft nach allen Richtungen zu prüfen hat; er ist auch nicht nur "ermächtigt", einen "weiteren bzw. neuen Anhaltegrund für die Fortsetzung der Schubhaft zu schaffen", sondern bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens zu einem positiven und (nur) bei deren Fehlen zu einem negativen Fortsetzungsausspruch verpflichtet. Verneint der UVS daher das Vorliegen der Voraussetzungen für die weitere Anhaltung in Schubhaft, so bedeutet dieser Ausspruch von Gesetzes wegen die Unzulässigkeit der (Fortsetzung der) Schubhaft auf Grund jeglichen zum Bescheiderlassungszeitpunkt geltenden Schubhafttatbestandes, unabhängig davon, ob der UVS dessen Voraussetzungen (erkennbar) geprüft und dies seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat (VwGH 15.12.2011, Zl. 2010/21/0292; 28.08.2012, Zl. 2010/21/0388 mwN). Diese Rechtsprechung des VwGH ist unverändert auf den Fortsetzungsausspruch des Bundesverwaltungsgerichtes nach der inhaltlich gleichlautenden Bestimmung des § 22a Abs. 3 BFA-VG übertragbar.
5.2. § 80 FPG ("Dauer der Schubhaft") lautet:
"§ 80. (1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.
(2) Die Schubhaftdauer darf, vorbehaltlich des Abs. 5 und der Dublin-Verordnung, grundsätzlich
1. drei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen angeordnet wird;
2. sechs Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, angeordnet wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.
(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.
(4) Kann ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil
1. die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,
2. eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt,
3. der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt, oder
4. die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint,
kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.
(5) Abweichend von Abs. 2 und vorbehaltlich der Dublin-Verordnung darf die Schubhaft, sofern sie gegen einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, angeordnet wurde, bis zum Zeitpunkt des Eintritts der Durchsetzbarkeit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme die Dauer von 10 Monaten nicht überschreiten. Wird die Schubhaft über diesen Zeitpunkt hinaus aufrechterhalten oder nach diesem Zeitpunkt neuerlich angeordnet, ist die Dauer der bis dahin vollzogenen Schubhaft auf die Dauer gemäß Abs. 2 oder 4 anzurechnen.
(5a) In den Fällen des § 76 Abs. 2 letzter Satz ist auf die Schubhaftdauer gemäß Abs. 5 auch die Dauer der auf den Festnahmeauftrag gestützten Anhaltung anzurechnen, soweit sie nach Stellung des Antrags auf internationalen Schutz gemäß § 40 Abs. 5 BFA-VG aufrechterhalten wurde. Die Anrechnung gemäß Abs. 5 letzter Satz bleibt davon unberührt.
(6) Das Bundesamt hat von Amts wegen die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft längstens alle vier Wochen zu überprüfen. Ist eine Beschwerde gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG anhängig, hat diesfalls die amtswegige Überprüfung zu entfallen.
(7) Das Bundesamt hat einen Fremden, der ausschließlich aus den Gründen des Abs. 3 oder 4 in Schubhaft anzuhalten ist, hievon unverzüglich schriftlich in Kenntnis zu setzen."
5.3. Für die Durchsetzung der Rückkehrentscheidung (Abschiebung) ist die Anwesenheit des Beschwerdeführers erforderlich. Es ist angesichts seines bisherigen Verhaltens jedoch davon auszugehen, dass er sich dem behördlichen Zugriff durch Untertauchen erneut entziehen würde, sofern sich eine Gelegenheit dazu bietet. Der Beschwerdeführer hat sich während des Verfahrens betreffend internationalen Schutz nicht kooperativ gezeigt und nach dessen rechtskräftigem Abschluss durch aktives Tun seine Abschiebung vereitelt. Nach seiner Rückkehr ins Bundesgebiet hat er sich im Verborgenen aufgehalten und wurde dabei von seiner Familie unterstützt. Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, was den Beschwerdeführer im Falle einer Entlassung aus der Schubhaft von einem neuerlichen Untertauchen abhalten sollte.
5.4. Im gegenständlichen Fall sind die Kriterien der Ziffern 1, 3 und 5 wie dargelegt gegeben. Hinsichtlich Ziffer 9 erweisen sich die umfassenden familiären Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet aufgrund der konkreten Situation des Einzelfalls als ungeeignet, einem Untertauchen des Beschwerdeführers entgegenzustehen. Nicht nur haben seine Verwandten ihn aus der Schweiz mit dem Auto nach Österreich gebracht; auch hat keiner von ihnen den Beschwerdeführer nach seiner Rückkehr in seinem Haushalt aufgenommen und amtlich gemeldet - obwohl dies problemlos möglich gewesen wäre. Vielmehr haben seine Familienangehörigen bewusst in Kauf genommen, dass der Beschwerdeführer Unterkunft unter Nutzung eines gefälschten Ausweises nimmt und ihn in dieser Zeit (wie schon in den Jahren davor) finanziell unterstützt. Ein gleichartiges Verhalten ist dementsprechend auch im Falle einer Haftentlassung des Beschwerdeführers absolut realistisch.
Im gegenständlichen Fall stellt angesichts des unstrittigen Vorverhaltens des Beschwerdeführers und seiner Familienangehörigen der Grad der sozialen Verankerung im Sinne der Z 9 des § 76 Abs. 3 FPG eine evidente Fluchtgefahr dar. Im Übrigen fehlt es an sozialen Anknüpfungspunkte über die Familienangehörigen hinaus, da auch eine gesicherte Unterkunft und die finanzielle Absicherung ausschließlich durch diese Personen gegeben wären. Einer legalen Beschäftigung etwa ist der Beschwerdeführer in Österreich jedenfalls sei Sommer 2007 nicht nachgegangen.
In Zusammenschau mit den obigen Ausführungen besteht damit aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts kein Zweifel, dass im gegenständlichen Fall eine substanzielle Fluchtgefahr seitens des Beschwerdeführers sowie ein besonders hohes staatliches Interesse an der Sicherstellung des Verfahrens (und einer allfälligen Abschiebung) zu bejahen ist.
5.5. Aus diesen Erwägungen sowie insbesondere auch der fehlenden Vertrauenswürdigkeit des Beschwerdeführers ergibt sich auch, dass im gegenständlichen Fall die Anwendung des gelinderen Mittels nicht ausreichend ist, um den Sicherungsbedarf zu erfüllen. Seine Familienangehörigen haben bereits bewiesen, dass sie einen Aufenthalt des Beschwerdeführers im Verborgenen aktiv unterstützen. Damit liegt auch die geforderte "ultima-ratio-Situation" für die Verhängung der Schubhaft vor und erweist sich diese zum gegenwärtigen Zeitpunkt auch weiterhin als verhältnismäßig.
5.6. Gesundheitliche Probleme des Beschwerdeführers, die zu einer Haftunfähigkeit führen könnten, wurden in der Beschwerde nicht nachvollziehbar dargelegt. Für die Behauptung "katastrophaler Zustände" im Polizeianhaltezentrum bleibt RA Mag. Dietrich jeglichen Beleg schuldig. Insbesondere ist nicht nachvollziehbar, inwieweit solche Zustände durch die bloße Unterbringung in einer Mehrpersonenzelle gegeben sein sollten. Wann und wie der Beschwerdeführer auf eine angeblich problematische hygienische Situation "mehrfach hingewiesen" haben will, bleibt in der Beschwerde völlig offen. Gegenüber dem Bundesverwaltungsgericht ist dies - trotz durchgehender Vertretung durch Rechtsanwälte (teils sogar mit überlappenden Vollmachten) - bisher nachweislich nicht geschehen.
Darüber hinaus ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer seit gut drei Monaten überhaupt nur deshalb (noch) in Schubhaft angehalten wird, weil er seine Abschiebung am 01.03.2020 bewusst und aktiv vereitelt hat.
Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass hinsichtlich der (pauschal behaupteten) Verletzung von Art. 3 EMRK durch die Umstände der Unterbringung die Möglichkeit zu einer gesonderten Maßnahmenbeschwerde besteht. Die gegenständliche - von einem Rechtsanwalt verfasste - Beschwerde enthält aber diesbezüglich keinen entsprechenden Antrag und auch keine näheren begründenden Ausführungen (siehe dazu oben II.3.).
5.7. Zum Entscheidungszeitpunkt ist davon auszugehen, dass die absehbare Gesamtdauer der Schubhaft jedenfalls unter der gesetzlich zulässigen Grenze liegen wird und diese somit auch unter diesem Aspekt verhältnismäßig ist. Dies stets unter der Voraussetzung, dass der Beschwerdeführer nicht (erneut) aktiv versucht, seine Abschiebung so lange zu verhindern, bis die maximale Anhaltedauer in Schubhaft überschritten ist. Allerdings würden solche Maßnahmen auch eine (deutlich) längere Anhaltedauer in Schubhaft rechtfertigen, da hier die Verlängerung der Anhaltedauer allein dem Beschwerdeführer zuzurechnen wäre. Dies ist im gegenständlichen Verfahren jedenfalls durch die aktive Vereitelung der Abschiebung am 01.03.2020 geschehen.
Wie oben festgestellt ist eine Abschiebung jed