TE Bvwg Erkenntnis 2020/6/10 W275 2220182-1

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Veröffentlicht am 10.06.2020
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Entscheidungsdatum

10.06.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs1
B-VG Art133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z2
VwGVG §35

Spruch

W275 2220182-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Stella VAN AKEN als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX , geb. XXXX alias XXXX alias XXXX , StA. Marokko, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Thomas KLEIN, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.05.2019, Zahl 810732608-190459781, zu Recht:

A)

I. Die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid wird gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 35 Abs. 1 und 3 VwGVG iVm § 1 Z 3 und 4 VwG-AufwErsV hat die beschwerdeführende Partei dem Bund (Bundesminister für Inneres) Aufwendungen in Höhe von € 426,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Marokkos, stellte am 17.07.2011 nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet unter der vorgetäuschten Identität XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Algerien, einen ersten Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Bescheid des (damaligen) Bundesasylamtes vom 25.07.2011, Zahl 11 07.326-BAT, sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wurde; unter einem wurde der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 13.08.2015 mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21.10.2015, Zahl I406 1420393-1/44E, hinsichtlich der Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten sowie des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen; darüber hinaus wurde das Verfahren gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen. Die gegen diese Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes erhobene Revision wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 26.01.2016, Zahl Ra 2015/18/0301-4, zurückgewiesen.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.12.2017, Zahl 810732608-1375398, wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Marokko zulässig ist. Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde nicht gewährt und gegen den Beschwerdeführer wurde ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen sowie einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde – nach Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 22.02.2018, Zahl I408 1420393-2/2Z – nach Durchführung von mündlichen Verhandlungen am 23.03.2018 sowie am 12.06.2018 mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 06.09.2018, Zahl I408 1420393-2/38E, abgewiesen.

Der Beschwerdeführer wurde am 07.05.2019 um 00:45 Uhr am Hauptbahnhof Villach von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes beim unrechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet betreten und festgenommen. Nach Rücksprache mit dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wurde der Beschwerdeführer aufgrund der Tatsache, dass er über einen aufrechten Wohnsitz im Bundesgebiet verfügte, mit der Auflage, sich mit der zuständigen Stelle des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl in Verbindung zu setzen, entlassen.

Am 07.05.2019 um 04:00 Uhr wurde der Beschwerdeführer neuerlich von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes beim unrechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet betreten und festgenommen. Gegen den Beschwerdeführer wurde in weiterer Folge ein Festnahmeauftrag gemäß § 34 Abs. 3 Z 1 BFA-VG erlassen. Aufgrund eines epileptischen Anfalls wurde der Beschwerdeführer zwischenzeitig in ein Krankenhaus verbracht und nach seiner Entlassung am selben Tag (07.05.2019) polizeilich befragt. Dabei gab der Beschwerdeführer an, dass er am 06.05.2019 seinen Freund begleiten habe wollen, der nach Italien reisen habe wollen. Sie seien (insgesamt fünf Personen) in ein Auto gestiegen und Richtung Italien gefahren; bevor sie losgefahren seien, hätten sie dem Mann 250,-- Euro gegeben. Kurz vor der Grenze hätten sie aus dem Auto aussteigen müssen und seien dann von der Polizei aufgegriffen worden.

Mit oben genanntem Schubhaftbescheid vom 07.05.2019 ordnete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG über den Beschwerdeführer die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung an. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass gegen den Beschwerdeführer eine rechtskräftige, durchsetzbare Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot bestehe. Der Beschwerdeführer habe versucht, sich den österreichischen Behörden bzw. seiner bevorstehenden Abschiebung nach Marokko durch Ausreise nach Italien zu entziehen. Der Beschwerdeführer sei im Besitz eines gültigen Reisedokumentes, verweigere aber beharrlich die Ausreise und habe sich in seinen bisherigen Verfahren unkooperativ verhalten. Der Beschwerdeführer verfüge zwar über einen ordentlichen Wohnsitz, an welchem er aufrecht gemeldet sei, habe jedoch in der Nacht von 06.05.2019 auf 07.05.2019 zweimal versucht, sich nach Italien abzusetzen. Der Beschwerdeführer sei mit einer österreichischen Staatsangehörigen verheiratet und habe mit dieser drei Kinder, was jedoch bereits bei Erlassung der Rückkehrentscheidung bekannt gewesen und berücksichtigt worden sei. Es gebe überdies familiäre Probleme und der Beschwerdeführer sei nicht mehr an einer gemeinsamen Adresse mit seiner Frau und seinen Kindern gemeldet. Der Beschwerdeführer gehe keiner legalen Erwerbstätigkeit nach und verfüge auch nicht über ausreichend Barmittel, um seinen Lebensunterhalt zu finanzieren.

Der Beschwerdeführer wurde am 07.05.2019 in Schubhaft genommen.

Am 13.05.2019 stellte der Beschwerdeführer im Stande der Schubhaft einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz (Folgeantrag). Mit mündlich verkündetem Bescheid vom 21.05.2019 hob das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den faktischen Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 auf; das Bundesverwaltungsgericht bestätigte mit Beschluss vom 28.05.2019, Zahl I414 2219274-1/3E, die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes.

Mit Aktenvermerk vom 13.05.2019 hielt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl fest, dass im Sinne des § 76 Abs. 6 FPG Gründe zur Annahme bestünden, dass der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 13.05.2019 ausschließlich gestellt wurde, um die bevorstehende zeitnahe Abschiebung zu verzögern.

Der Beschwerdeführer wurde bis 16.05.2019 in Schubhaft angehalten; am 16.05.2019 wurde der Beschwerdeführer aufgrund der Verhängung von Untersuchungshaft über ihn in eine Justizanstalt überstellt.

Gegen den oben genannten Schubhaftbescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben und insbesondere vorgebracht, dass in Österreich ein tatsächliches Familienleben des Beschwerdeführers bestehe; die bloße Behauptung, dass der Beschwerdeführer nicht im gemeinsamen Haushalt mit seiner Frau und seinen Kindern lebe, könne nicht ausreichen, um die sozialen Bindungen zu Österreich zu verneinen. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl habe keine Gesamtabwägung des Verhaltens des Beschwerdeführers vorgenommen und zur Beurteilung der Fluchtgefahr lediglich § 76 Abs. 3 Z 1, 2 und 9 FPG berücksichtigt bzw. sich auf seine strafrechtlichen Verurteilungen gestützt und sei überdies ungeachtet der Angabe des Beschwerdeführers, einen Freund in Italien besuchen zu wollen, zu Unrecht davon ausgegangen, dass sich der Beschwerdeführer nach Italien absetzen wolle. Beantragt wurde schließlich, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl legte in der Folge den Verwaltungsakt vor und gab dazu eine Stellungnahme ab. Zudem beantragte es, das Bundesverwaltungsgericht möge die Beschwerde als unbegründet abweisen und den Beschwerdeführer zum Ersatz der näher genannten Kosten verpflichten.

Das gegenständliche Verfahren wurde der Gerichtsabteilung W275 aufgrund der Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 23.04.2020 mit Wirksamkeit vom 24.04.2020 zugewiesen.


II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers und den Voraussetzungen der Schubhaft:

1.1.1. Der Beschwerdeführer ist ein volljähriger Staatsangehöriger Marokkos und führt den Namen XXXX sowie das Geburtsdatum XXXX ; seine Identität steht fest. Der Beschwerdeführer verfügte über einen gültigen marokkanischen Reisepass, Dokumentnummer XXXX , ausgestellt am XXXX durch die marokkanische Botschaft in Wien. Die österreichische Staatsbürgerschaft besaß er nicht, er war in Österreich weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter. Er verfügte in der Europäischen Union in keinem Mitgliedstaat über eine Aufenthaltsberechtigung.

1.1.2. Am 07.05.2019 wurde der Beschwerdeführer zweimal beim unrechtmäßigen Aufenthalt im österreichischen Bundesgebiet sowie dem Versuch, nach Italien auszureisen, angetroffen und polizeilich einvernommen. Nach dem zweiten Aufgreifen des Beschwerdeführers wurde ein Festnahmeauftrag gegen ihn erlassen und der Beschwerdeführer aufgrund eines epileptischen Anfalls zunächst in ein Krankenhaus sowie in weiterer Folge in ein Polizeianhaltezentrum verbracht.

1.1.3. Mit Mandatsbescheid vom 07.05.2019 ordnete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG über den Beschwerdeführer die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung an und wurde der Beschwerdeführer am selben Tag in Schubhaft genommen.

1.1.4. Der Beschwerdeführer leidet an Epilepsie. Er war bei der Erlassung des angefochtenen Schubhaftbescheides sowie bei seiner Inschubhaftnahme haftfähig.

1.1.5. Der Beschwerdeführer wurde von 07.05.2019 bis zu seiner Überstellung in eine Justizanstalt aufgrund der Verhängung von Untersuchungshaft über den Beschwerdeführer am 16.05.2019 in Schubhaft angehalten.

1.2. Zum Sicherungsbedarf und zur Fluchtgefahr:

1.2.1. Der (erste) Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz wurde mit Bescheid des (damaligen) Bundesasylamtes vom 25.07.2011 sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen; unter einem wurde der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21.10.2015 hinsichtlich der Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten sowie des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen; darüber hinaus wurde das Verfahren gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen. Die gegen diese Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes erhobene Revision wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 26.01.2016 zurückgewiesen.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.12.2017 wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Marokko zulässig ist. Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde nicht gewährt und gegen den Beschwerdeführer wurde ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen sowie einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde nach Durchführung von mündlichen Verhandlungen am 23.03.2018 sowie am 12.06.2018 mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 06.09.2018 abgewiesen.

Gegen den Beschwerdeführer bestand somit eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung. Der Beschwerdeführer kam seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach.

1.2.2. Der Beschwerdeführer versuchte am 07.05.2019 zweimal nach Italien auszureisen. Nachdem der Beschwerdeführer am 07.05.2019 das erste Mal beim unrechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet bzw. dem Versuch der Ausreise nach Italien betreten und festgenommen worden war, wurde er nach Rücksprache mit dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aufgrund der Tatsache, dass er über einen aufrechten Wohnsitz im Bundesgebiet verfügte, mit der Auflage, an seinen Wohnsitz zurückzukehren und sich mit der zuständigen Stelle des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl in Verbindung zu setzen, entlassen. Ungeachtet dieser Auflage versuchte der Beschwerdeführer am selben Tag ein zweites Mal, nunmehr schlepperunterstützt, nach Italien auszureisen.

1.2.3. Der Beschwerdeführer achtet die österreichischen Gesetze und die österreichische Rechtsordnung nicht. Er ist nicht vertrauenswürdig und nicht zu einem gesetzeskonformen Verhalten zu bewegen. Der Beschwerdeführer versuchte durch Hungerstreik seine Freilassung aus der Schubhaft zu bewirken. Er befand sich von 11.05.2019 bis 13.05.2019 in Hungerstreik.

Im Strafregister des Beschwerdeführers scheinen bis zur Erlassung des angefochtenen Schubhaftbescheides am 07.05.2019 folgende Verurteilungen auf:

01) LG XXXX vom 17.09.2012 RK 21.09.2012

§ 105 (1) StGB

§ 15 StGB § 87 (1) StGB

§ 83 (1) StGB

§§ 27 (1) Z 1 1. Fall, 27 (1) Z 1 2. Fall, 27 (1) Z 1 7. Fall, 27 (1) Z 1 8. Fall SMG

Datum der (letzten) Tat 20.08.2012

Freiheitsstrafe 15 Monate

Vollzugsdatum 30.11.2017

zu LG XXXX RK 21.09.2012

Aus der Freiheitsstrafe entlassen am 21.06.2013, bedingt, Probezeit 3 Jahre

Anordnung der Bewährungshilfe

LG XXXX vom 14.05.2013

zu LG XXXX RK 21.09.2012

Probezeit der bedingten Entlassung verlängert auf insgesamt 5 Jahre

LG XXXX vom 10.06.2014

zu LG XXXX RK 21.09.2012

Probezeit der bedingten Entlassung verlängert auf insgesamt 5 Jahre

LG XXXX vom 23.07.2014

zu LG XXXX RK 21.09.2012

Aufhebung der Bewährungshilfe

LG XXXX vom 13.10.2014

zu LG XXXX RK 21.09.2012

Bedingte Entlassung aus der Freiheitsstrafe wird widerrufen

LG XXXX vom 25.05.2016

02) LG XXXX vom 10.06.2014 RK 09.07.2014

§ 15 StGB § 127 StGB

Datum der (letzten) Tat 11.04.2014

Freiheitsstrafe 4 Monate

Vollzugsdatum 28.11.2014

03) LG XXXX vom 23.07.2014 RK 28.07.2014

§ 130 1. Fall StGB

§ 107 (1) StGB

§ 83 (1) StGB

§ 127 StGB

Datum der (letzten) Tat 15.04.2014

Freiheitsstrafe 1 Jahr

zu LG XXXX RK 28.07.2014

Freiheitsstrafe herabgesetzt auf 10 Monate

LG XXXX vom 11.12.2014

zu LG XXXX RK 28.07.2014

zu XXXX RK 09.07.2014

Aus der Freiheitsstrafe entlassen am 03.04.2015, bedingt, Probezeit 3 Jahre

Anordnung der Bewährungshilfe

LG XXXX vom 24.03.2015

zu LG XXXX RK 28.07.2014

zu LG XXXX RK 09.07.2014

Probezeit der bedingten Entlassung verlängert auf insgesamt 5 Jahre

LG XXXX vom 25.05.2016

zu LG XXXX RK 28.07.2014

zu LG XXXX RK 09.07.2014

Aufhebung der Bewährungshilfe

LG XXXX vom 13.03.2017

zu LG XXXX RK 28.07.2014

zu LG XXXX RK 09.07.2014

Bedingte Entlassung aus der Freiheitsstrafe wird widerrufen

LG XXXX vom 14.03.2017

04) LG XXXX vom 25.05.2016 RK 14.12.2016

§ 135 StGB

§ 15 StGB § 105 (1) StGB

Datum der (letzten) Tat 06.10.2015

Freiheitsstrafe 5 Monate

Vollzugsdatum 30.06.2017

05) LG XXXX vom 14.03.2017 RK 30.05.2017

§ 27 (1) Z 1 2. Fall SMG

§ 27 (2a) SMG

§§ 27 (1) Z 1 2. Fall, 27 (2) SMG

Datum der (letzten) Tat 15.02.2017

Freiheitsstrafe 9 Monate

06) BG XXXX vom 14.09.2017 RK 19.09.2017

§ 231 (1) StGB

§ 223 (1) StGB

§ 115 (1) 117 (2) StGB

§ 15 StGB § 83 (1) StGB

§ 125 StGB

§ 229 (1) StGB

§ 15 StGB § 127 StGB

§ 15 StGB § 149 (1) StGB

Datum der (letzten) Tat 18.01.2017

Keine Zusatzstrafe gemäß §§ 31 und 40 STGB unter Bedachtnahme auf LG XXXX RK 30.05.2017

Vollzugsdatum 19.09.2017

07) LG XXXX vom 20.07.2018 RK 24.07.2018

§ 15 StGB § 105 (1) StGB

Datum der (letzten) Tat 08.02.2017

Freiheitsstrafe 4 Monate

Vollzugsdatum 26.03.2019

1.2.4. Der Beschwerdeführer verfügte über keine Möglichkeit, einer legalen Erwerbstätigkeit in Österreich nachzugehen und sich seinen Unterhalt auf legale Weise zu sichern. Er verfügte über kein zur Sicherung seiner Existenz in Österreich ausreichendes Vermögen.

1.2.5. Der Beschwerdeführer war in Österreich weder beruflich noch sozial verankert. Er ist mit einer österreichischen Staatsangehörigen verheiratet, mit welcher er drei gemeinsame Kinder hat; ein gemeinsamer Wohnsitz des Beschwerdeführers mit diesen bestand im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Schubhaftbescheides nicht (mehr).

1.2.6. Der Beschwerdeführer hätte sich den Behörden in Österreich nicht zur Verfügung gehalten und sich seiner Abschiebung nach Marokko auf freiem Fuß entzogen.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, die Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes betreffend das gegenständliche Verfahren sowie die Verfahren 1420393-1, 1420393-2 und 2219274-1, in das Zentrale Fremdenregister, in das Strafregister, in das Zentrale Melderegister und in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres.

2.1. Zur Person des Beschwerdeführers und den Voraussetzungen der Schubhaft:

2.1.1. Die Feststellungen zur Identität und Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers sowie seinem Reisepass ergeben sich aus dem Akteninhalt. Der Beschwerdeführer hat im Rahmen einer ZMR-Anmeldung den genannten Reisepass vorgelegt (Auszug aus dem ZMR vom 29.04.2017, siehe AS 1165 im Verwaltungsakt zur IFA-Zahl des Beschwerdeführers 810732608) und wurde das Vorliegen eines gültigen Reisepasses bzw. Feststehen der Identität des Beschwerdeführers auch in der Beschwerde bestätigt. Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer die österreichische Staatsbürgerschaft besaß oder in Österreich Asylberechtigter oder subsidiär Schutzberechtigter war, finden sich weder im Verwaltungsakt noch wurde dies in der Beschwerde vorgebracht. Dass der Beschwerdeführer in keinem Mitgliedstaat der Europäischen Union über eine Aufenthaltsberechtigung verfügte, ergibt sich aus der Nichtvorlage eines entsprechenden Aufenthaltstitels und wurde solches auch nicht behauptet.

2.1.2. Die Feststellungen zum zweimaligen Aufgriff des Beschwerdeführers beim unrechtmäßigen Aufenthalt bzw. der versuchten Ausreise nach Italien, zu der Erlassung eines Festnahmeauftrages sowie seiner Verbringung in ein Krankenhaus und in weiterer Folge in ein Polizeianhaltezentrum ergeben sich aus den polizeilichen Berichten sowie der Vernehmung des Beschwerdeführers vom 07.05.2019 (insbesondere AS 1 bis 9, 17 und 21ff).

2.1.3. Die Feststellungen zum Mandatsbescheid vom 07.05.2019 sowie der Inschubhaftnahme des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem im Verwaltungsakt einliegenden Bescheid (AS 97ff) und einer Einsichtnahme in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres.

2.1.4. Die Feststellung, wonach der Beschwerdeführer an Epilepsie leidet, ergibt sich aus seinen Angaben in den bisherigen Verfahren in Verbindung mit dem polizeilichen Bericht vom 07.05.2019 (AS 21ff) und wurde zuletzt auch vom Bundesverwaltungsgericht im Erkenntnis vom 06.09.2018, Zahl I408 1420393-2/38E, mit welchem die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.12.2017, Zahl 810732608-1375398, mit dem gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt wurde, dass seine Abschiebung nach Marokko zulässig ist sowie ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen wurde, getroffen. Dass der Beschwerdeführer haftfähig war, hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im angefochtenen Bescheid nachvollziehbar aufgezeigt; insbesondere hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zutreffend dargelegt, dass der Beschwerdeführer bereits mehrfach in Justizanstalten aufhältig war und im Rahmen der Schubhaft eine medizinische Versorgung möglich ist. Hinweise auf sonstige gesundheitliche Beeinträchtigungen oder Anhaltspunkte für eine Haftunfähigkeit des Beschwerdeführers sind im gesamten Verfahren nicht hervorgekommen und wurden auch in der Beschwerde nicht vorgebracht.

2.1.5. Die Feststellung zur Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft bis zu seiner Überstellung in eine Justizanstalt ergibt sich aus einer Einsichtnahme in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres sowie aus der im Verwaltungsakt einliegenden Übergabebestätigung vom 16.05.2019.

2.2. Zum Sicherungsbedarf und zur Fluchtgefahr:

2.2.1. Dass gegen den Beschwerdeführer eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung bestand und der Beschwerdeführer seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkam, ergibt sich aus einer Einsichtnahme in das Verfahren am Bundesverwaltungsgericht zu 1420393-2, in das Zentrale Fremdenregister und in das Zentrale Melderegister in Verbindung mit den polizeilichen Berichterstattungen vom 07.05.2019 (AS 1ff). Die Feststellungen zu den Entscheidungen des (damaligen) Bundesasylamtes bzw. des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, des Bundesverwaltungsgerichtes sowie des Verwaltungsgerichtshofes ergeben sich zudem aus den zitierten Entscheidungen selbst.

2.2.2. Die Feststellungen zur Betretung des Beschwerdeführers beim unrechtmäßigen Aufenthalt sowie der versuchten Ausreise nach Italien, seiner Entlassung nach dem ersten Aufgriff unter der Auflage, an seinen Wohnsitz zurückzukehren und sich mit dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl in Verbindung zu setzen und dem – ungeachtet dieser Auflage – kurz darauf erfolgten zweiten Versuch der nunmehr schlepperunterstützen Ausreise nach Italien ergeben sich aus den diesbezüglichen polizeilichen Berichten vom 07.05.2019 (AS 1ff) in Verbindung mit den eigenen Angaben des Beschwerdeführers in seiner Vernehmung am 07.05.2019 (AS 17).

2.2.3. Die Feststellung, wonach der Beschwerdeführer die österreichischen Gesetze und die österreichische Rechtsordnung nicht achtet, nicht vertrauenswürdig und nicht zu einem gesetzeskonformen Verhalten zu bewegen ist, ergibt sich insbesondere aus den strafrechtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers sowie aus seinem teils aggressiven und unkooperativen Verhalten während seiner Anhaltung in Schubhaft (siehe dazu insbesondere das im Akt einliegende Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.05.2019 sowie die entsprechenden Eintragungen in der Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres). Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer in den Hungerstreik trat, beruht auf den diesbezüglichen Eintragungen in der Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres. Die strafrechtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers ergeben sich aus einer Einsichtnahme in das Strafregister.

2.2.4. Der Beschwerdeführer verfügte angesichts seines unrechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet über keine Möglichkeit, einer legalen Erwerbstätigkeit in Österreich nachzugehen und sich seinen Unterhalt auf legale Weise zu sichern. Dass der Beschwerdeführer auch sonst über kein zur Sicherung seiner Existenz in Österreich ausreichendes Vermögen verfügte, ergibt sich aus der Angabe des Beschwerdeführers, wonach er rund 600,-- Euro bei sich sowie rund 50,-- Euro auf der Bank habe (AS 17). Der Beschwerdeführer lebte nicht im gemeinsamen Haushalt mit seiner Ehefrau und sind im Verfahren keine Anhaltspunkte dafür hervorgekommen, dass der Beschwerdeführer unterhaltsberechtigt gewesen wäre oder Unterhalt tatsächlich erhalten hätte. Zu berücksichtigen ist überdies, dass der Beschwerdeführer bereits mehrfach aufgrund von (teils versuchten) Vermögensdelikten rechtskräftig verurteilt wurde. Dass der Beschwerdeführer über ein zur Sicherung seiner Existenz in Österreich ausreichendes Vermögen verfügen würde, wurde in der Beschwerde auch nicht behauptet.

2.2.5. Die Feststellungen zur fehlenden beruflichen und sozialen Verankerung des Beschwerdeführers im österreichischen Bundesgebiet ergeben sich aus dem Umstand, dass der Beschwerdeführer keiner legalen Erwerbstätigkeit nachging bzw. auch über keine Möglichkeit der Aufnahme einer legalen Erwerbstätigkeit verfügte und das Vorliegen von sozialen Anknüpfungspunkten weder im gegenständlichen Verfahren noch im Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung (vgl. Seite 4 des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 06.09.2018, Zahl I408 1420393-2, nach Durchführung von mündlichen Verhandlungen) hervorgekommen ist und auch in der Beschwerde nicht behauptet wurde.

Die Feststellungen zu den familiären Bindungen des Beschwerdeführers im Bundesgebiet ergeben sich aus den Angaben des Beschwerdeführers in seinen bisherigen Verfahren (vgl. etwa Seiten 4f des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 06.09.2018, Zahl I408 1420393-2) in Verbindung mit Einsichtnahmen in das Zentrale Melderegister betreffend den Beschwerdeführer sowie seine Ehefrau. Diesen bereits vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem angefochtenen Schubhaftbescheid zu Grunde gelegten Feststellungen wurde in der Beschwerde nicht entgegengetreten.

2.2.6. Dass sich der Beschwerdeführer den Behörden in Österreich nicht zur Verfügung gehalten und sich seiner Abschiebung nach Marokko auf freiem Fuß entzogen hätte, ergibt sich aus dem Umstand, dass der Beschwerdeführer in Kenntnis der gegen ihn bestehenden Ausreiseverpflichtung nicht nur unrechtmäßig im Bundesgebiet verblieb, sondern zudem zweimal versuchte, nach Italien auszureisen. Die Ausführungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, wonach der Beschwerdeführer sich durch seine Ausreise nach Italien einer Abschiebung nach Marokko habe entziehen wollen, sind angesichts der Tatsache, dass der Beschwerdeführer nach seiner ersten Festnahme am 07.05.2019 ungeachtet der ausdrücklichen diesbezüglichen Aufforderung nicht an seinen Wohnort zurückkehrte und entgegen der ihm erteilten Auflage, sich mit der zuständigen Stelle des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl in Verbindung zu setzen, neuerlich versuchte, nach Italien auszureisen, nunmehr unter Beiziehung eines Schleppers, nachvollziehbar. Vor dem Hintergrund, dass der Beschwerdeführer den Anweisungen der Behörde nicht nur keine Folge leistete, sondern ein weiteres Mal versuchte, aus Österreich auszureisen und unrechtmäßig nach Italien einzureisen, ist die Annahme des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, der Beschwerdeführer hätte sich durch die Ausreise nach Italien den Behörden bzw. seinem Verfahren in Österreich, insbesondere seiner bevorstehenden Abschiebung nach Marokko, entziehen wollen, nicht zu beanstanden und ging das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl in Anbetracht dieser Umstände schlüssig davon aus, dass die Erklärung des Beschwerdeführers, er habe lediglich einen Freund begleiten wollen, nicht glaubhaft sei. Sofern in der Beschwerde vorgebracht wird, das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl habe es unterlassen, dem Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach er nur einen Freund besuchen habe wollen, auch nur ansatzweise Glauben zu schenken und sich, ohne weitere Ermittlungen zu tätigen, mit der Annahme begnüge, das Vorbringen sei unglaubhaft, so ist darauf hinzuweisen, dass die Erwägungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl unter Berücksichtigung des sich unzweifelhaft aus dem Akteninhalt ergebenden Verhaltens des Beschwerdeführers (siehe insbesondere zum zweiten Ausreiseversuch am 07.05.2019 AS 21ff) plausibel sind. Im Übrigen wird in der Beschwerde diesbezüglich kein darüberhinausgehendes, den Erwägungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl entgegenstehendes Vorbringen erstattet.

Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht aufzunehmen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchteil A) – Spruchpunkt I. – Schubhaftbescheid:

3.1.1. Gesetzliche Grundlagen:

Der mit „Schubhaft“ betitelte § 76 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) lautet:

„§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c.es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“

§ 77 FPG - Gelinderes Mittel

Gemäß § 77 Abs. 1 FPG hat das Bundesamt bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1 FPG.

Gemäß § 77 Abs. 2 FPG ist Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

Gemäß § 77 Abs. 3 FPG sind gelindere Mittel insbesondere die Anordnung, (Z 1) in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen, (Z 2) sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder (Z 3) eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

Kommt der Fremde gemäß § 77 Abs. 4 FPG seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.

Gemäß § 77 Abs. 5 FPG steht die Anwendung eines gelinderen Mittels der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

Gemäß § 77 Abs. 6 FPG hat sich zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

Gemäß § 77 Abs. 7 FPG können die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

Gemäß § 77 Abs. 8 FPG ist das gelindere Mittel mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

Gemäß § 77 Abs. 9 FPG können die Landespolizeidirektionen betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.

Der mit „Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft“ betitelte § 22a BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) lautet:

㤠22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.“


3.1.2. Zur Judikatur:

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, 2008/21/0647; 30.08.2007, 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, 2005/21/0301; 23.09.2010, 2009/21/0280).

„Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs. 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde“ (VwGH 11.06.2013, 2012/21/0114, vgl. auch VwGH vom 02.08.2013, 2013/21/0008).

„Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, 2007/21/0512 und 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird“ (VwGH 02.08.2013, 2013/21/0008).

3.1.3. Der Beschwerdeführer besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft, er ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG. Er ist volljährig und in Österreich weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter, weshalb die Anordnung der Schubhaft über den Beschwerdeführer grundsätzlich – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen – möglich ist. Voraussetzung für die Verhängung der Schubhaft sind das Vorliegen eines Sicherungsbedarfes hinsichtlich der Durchführung bestimmter Verfahren oder der Abschiebung, das Bestehen von Fluchtgefahr sowie die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft. Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kommt darüber hinaus nur dann in Betracht, wenn die Abschiebung auch tatsächlich im Raum steht.

3.1.4. Im vorliegenden Fall wurde Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung angeordnet.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl führte im angefochtenen Bescheid begründend insbesondere aus, dass der Beschwerdeführer trotz der gegen ihn bestehenden rechtskräftigen Rückkehrentscheidung seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen sei, obwohl er im Besitz eines gültigen Reisepasses gewesen sei, mehrfach straffällig geworden sei und am 07.05.2019 mehrfach versucht habe, sich nach Italien abzusetzen, um sich seiner absehbaren Abschiebung nach Marokko zu entziehen. Er verfüge weder über Mittel zur Sicherung seines Unterhaltes in Österreich noch über soziale oder berufliche Bindungen im Bundesgebiet; mit seiner Ehefrau und den gemeinsamen Kindern wohne er nicht im gemeinsamen Haushalt.

Im vorliegenden Fall geht das Gericht ebenfalls von Fluchtgefahr im Sinne des § 76 Abs. 3 FPG aus.

Der Beschwerdeführer hat versucht, sich einem Zugriff der Behörden in Österreich, insbesondere seiner Abschiebung nach Marokko, durch eine Ausreise nach Italien zu entziehen. Im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Schubhaftbescheides bzw. der Inschubhaftnahme des Beschwerdeführers bestand eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme. Wie bereits oben näher dargelegt, verfügte der Beschwerdeführer über keine sozialen oder beruflichen Bindungen in Österreich. Der Beschwerdeführer hat zwar familiäre Bindungen im Bundesgebiet, allerdings wohnte der Beschwerdeführer mit seinen Familienangehörigen im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Schubhaftbescheides bzw. seiner Inschubhaftnahme nicht (mehr) im gemeinsamen Haushalt und vermochten diese familiären Bindungen weder, den Beschwerdeführer von der Begehung strafbarer Handlungen, welche unbedingte Freiheitsstrafen zur Folge hatten, noch von der versuchten Ausreise nach Italien, um sich dem Zugriff der österreichischen Behörden zu entziehen, abzuhalten. Der Beschwerdeführer ging zudem in Österreich keiner legalen Erwerbstätigkeit nach und verfügte nicht über ausreichende finanzielle Mittel zur Sicherung seiner Existenz. Es liegen daher in einer Gesamtbetrachtung keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass der Beschwerdeführer aufgrund einer familiären, sozialen und beruflichen Verankerung in Österreich einen so verfestigten Aufenthalt gehabt hätte, um sich seiner Abschiebung nicht zu entziehen. Sofern in der Beschwerde vorgebracht wird, dass die bloße Behauptung, der Beschwerdeführer lebe nicht mit seiner Ehefrau im gemeinsamen Haushalt, nicht ausreiche, um das Bestehen sozialer Bindungen des Beschwerdeführers in Österreich zu verneinen, und dass nicht nur das Bestehen eines gemeinsamen Haushaltes, sondern auch die Art und Dauer des Familienlebens, die Anzahl involvierter Kinder oder sonstige Abhängigkeiten zu berücksichtigen seien, ist darauf hinzuweisen, dass diese familiären Bindungen des Beschwerdeführers im angefochtenen Schubhaftbescheid nicht außer Acht gelassen wurden, angesichts des Vorverhaltens und der Wohnsituation des Beschwerdeführers jedoch davon ausgegangen wurde, dass ungeachtet dieser Bindungen im konkreten Fall die Gefahr eines Untertauchens des Beschwerdeführers gegeben war.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist daher im Ergebnis zu Recht vom Vorliegen einer Fluchtgefahr insbesondere aufgrund der Kriterien des § 76 Abs. 3 Z 1 und Z 3 FPG sowie unter Berücksichtigung des § 76 Abs. 3 Z 9 FPG ausgegangen.

Bei der Beurteilung des Sicherungsbedarfes ist das gesamte Verhalten des Beschwerdeführers vor Anordnung der Schubhaft sowie seine familiäre, soziale und berufliche Verankerung im Inland in einer Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen.

Diese Beurteilung hat ergeben, dass mehrere Kriterien für das Bestehen eines Sicherungsbedarfes sprechen. Es war daher eine konkrete Einzelfallbeurteilung vorzunehmen, welche ergeben hat, dass sowohl das Vorverhalten und die Tatsache, dass der Beschwerdeführer in Österreich weder sozial oder beruflich verankert war bzw. im konkreten Fall nicht zu erkennen war, dass die familiären Bindungen des Beschwerdeführers diesen davon abgehalten haben bzw. hätten, unterzutauchen und sich dem Zugriff der österreichischen Behörden, insbesondere seiner Abschiebung, zu entziehen, als auch die vorzunehmende Verhaltensprognose einen Sicherungsbedarf ergeben haben, da im Fall des Beschwerdeführers ein beträchtliches Risiko des Untertauchens gegeben war. Der Beschwerdeführer verblieb nicht nur ungeachtet der gegen ihn bestehenden Ausreiseverpflichtung unrechtmäßig im Bundesgebiet, sondern versuchte zweimal, sich durch Ausreise nach Italien dem Zugriff der österreichischen Behörden zu entziehen. Wie beweiswürdigend dargelegt, hätte sich der Beschwerdeführer seiner Abschiebung nach Marokko auf freiem Fuß entzogen.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist daher zu Recht vom Bestehen sowohl eines Sicherungsbedarfes als auch von Fluchtgefahr ausgegangen.

3.1.5. Als weitere Voraussetzung ist die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft zu prüfen. Dabei ist das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen.

Der Beschwerdeführer verblieb trotz Kenntnis der gegen ihn bestehenden rechtskräftigen Rückkehrentscheidung beharrlich unrechtmäßig im Bundesgebiet und wurde mehrfach straffällig; er achtet somit die österreichischen Gesetze und die österreichische Rechtsordnung nicht. Wie oben näher dargelegt, war der Beschwerdeführer in Österreich weder beruflich noch sozial verankert und verfügte nicht über ausreichende eigene Mittel zu Existenzsicherung. Die familiären Bindungen des Beschwerdeführers vermochten diesen nicht davon abzuhalten, zu versuchen, sich durch Ausreise nach Italien den österreichischen Behörden zu entziehen. Der Beschwerdeführer verfügte über einen gültigen marokkanischen Reisepass; das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl konnte demnach und mangels Vorliegen gegenteiliger Anhaltspunkte im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Schubhaftbescheides bzw. der Inschubhaftnahme des Beschwerdeführers davon ausgehen, dass die Organisation und Durchführung der Abschiebung des Beschwerdeführers zeitnah möglich sein würde.

Insgesamt kam den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers daher ein geringerer Stellenwert zu als dem öffentlichen Interesse an der Sicherung seiner Aufenthaltsbeendigung. Das erkennende Gericht geht daher davon aus, dass die angeordnete Schubhaft im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Schubhaftbescheides auch das Kriterium der Verhältnismäßigkeit erfüllte und auch der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers der Erlassung eines Schubhaftbescheides bzw. der Inschubhaftnahme des Beschwerdeführers nicht entgegenstand.

3.1.6. Die Prüfung, ob ein gelinderes Mittel im Sinne des § 77 FPG den gleichen Zweck wie die angeordnete Schubhaft erfüllt, führt zu dem Ergebnis, dass ein gelinderes Mittel zu Recht nicht zur Anwendung kam.

Aufgrund des vom Beschwerdeführer in der Vergangenheit gesetzten Verhaltens sowie seiner fehlenden nachhaltigen Verankerung im Bundesgebiet konnte ein gelinderes Mittel nicht zum Ziel der Sicherung der Abschiebung führen. Es war somit in einer Gesamtbetrachtung nicht zu erwarten, dass der Beschwerdeführer in Freiheit belassen seine Abschiebung abgewartet hätte, sondern Handlungen gesetzt hätte, um seinen Aufenthalt in Österreich fortzusetzen (siehe dazu auch bereits die obigen Erwägungen).

Die Verhängung eines gelinderen Mittels wurde daher zu Recht ausgeschlossen.

3.1.7. Die hier zu prüfende Schubhaft stellte eine „ultima ratio“ dar, da sowohl ein Sicherungsbedarf als auch Verhältnismäßigkeit vorlagen und ein gelinderes Mittel nicht den Zweck der Schubhaft erfüllt hätte. Das Verfahren hat keine andere Möglichkeit ergeben, eine gesicherte Außerlandesbringung des Beschwerdeführers zu gewährleisten.

Die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.05.2019 ist daher als unbegründet abzuweisen.

Anzumerken ist, dass hinsichtlich der in der Beschwerde beantragten Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung bereits im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung kein Rechtsschutzinteresse des Beschwerdeführers mehr bestand, da der Beschwerdeführer sich bereits zu diesem Zeitpunkt nicht mehr in Schubhaft, sondern in einer Justizanstalt im Stande der Untersuchungshaft befand. Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung geht vor diesem Hintergrund ins Leere.

3.2. Zu Spruchteil A) – Spruchpunkt II. – Kostenersatz:

3.2.1. Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG siehe VwGH 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).

3.2.2. Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei.

3.2.3. Die belangte Behörde ist aufgrund der Abweisung der Beschwerde obsiegende Partei, weshalb sie Anspruch auf Kostenersatz im beantragten Umfang hat. Dem Beschwerdeführer gebührt als unterlegener Partei kein Kostenersatz; ein solcher wurde vom Beschwerdeführer auch nicht beantragt.

Dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gebührt daher gemäß § 35 Abs. 1 und 3 VwGVG iVm § 1 Z 4 VwG-AufwErsV Kostenersatz in der Höhe von EUR 368,80 für den Schriftsatzaufwand und gemäß § 1 Z 3 VwG-AufwErsV Kostenersatz in der Höhe von EUR 57,40 für den Vorlageaufwand, sohin insgesamt EUR 426,20.


3.3. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt aufgrund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen.

3.4. Zu Spruchteil B) – Revision:

Gemäß § 25a Abs

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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