TE Bvwg Erkenntnis 2020/6/19 W169 2231885-1

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Veröffentlicht am 19.06.2020
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Entscheidungsdatum

19.06.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6
FPG §55

Spruch

W169 2231885-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Barbara MAGELE als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Indien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.04.2020, Zl. 1182690902-200345086, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 10 Abs. 2 AsylG idgF, § 9 BFA-VG idgF und §§ 46, 52, 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG und 55 FPG idgF als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein indischer Staatsangehöriger, stellte nach illegaler und schlepperunterstützter Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 26.02.2018 einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.04.2018 hinsichtlich des Status des Asylberechtigten sowie des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien abgewiesen wurde. Zudem wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Indien zulässig ist. Es wurde keine Frist zur freiwilligen Ausreise festgesetzt und der Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt.

2. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 01.06.2018, Zl. W220 2196811-1/2E, wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und ausgesprochen, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig ist.

3. Dagegen wurde Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof eingebracht, welcher mit Beschluss vom 24.09.2018, Zahl E 2813/2018, die Behandlung der Beschwerde ablehnte.

4. Am 13.02.2019 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich einvernommen („Gegenstand der Amtshandlung: Durchsetzung und Effektuierung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, Mitwirkung HRZ“), wobei der Beschwerdeführer im Wesentlichen angab, dass er keine Dokumente besitze und diesbezüglich ca. im Oktober/November 2018 bei der indischen Botschaft gewesen sei, jedoch keinen Reisepass bekommen habe. Er habe keinen Beleg, dass er bei der Botschaft gewesen sei. Er sei bereit, freiwillig nach Indien zu reisen, benötige aber sechs Monate, bis er ein Dokument aus Indien bekomme. Die Formblätter zur Erlangung eines Heimreisezertifikates wurden vom Beschwerdeführer im Rahmen der Einvernahme ausgefüllt.

Am Ende der Einvernahme wurde der Beschwerdeführer dahingehend belehrt, dass er illegal in Österreich aufhältig sei und zur Ausreise verpflichtet sei. Darüber hinaus sei er verpflichtet, sich eigenständig um die Erlangung eines reisefähigen Dokumentes zu kümmern.

5. Am 05.09.2019 wurde gegen den Beschwerdeführer vom Bundesamt ein Festnahmeauftrag gemäß § 34 Abs. 3 Z 2 BFA-VG erlassen, da er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen und unbekannten Aufenthaltes sei.

6. Am 15.11.2019 wurde von der LPD Salzburg bezüglich des Beschwerdeführers ein Abschlussbericht an die Staatsanwaltschaft Salzburg wegen des Verdachtes des Betruges übermittelt.

7. Am 17.04.2020 wurde der Beschwerdeführer in Wien 19 von Beamten der Landespolizeidirektion Wien betreten und einer fremdenrechtlichen Kontrolle unterzogen. Im Zuge einer Überprüfung der vom Beschwerdeführer angegebenen Daten konnte ein gegen den Beschwerdeführer bestehender Festnahmeauftrag eruiert werden und wurde der Beschwerdeführer aufgrund dessen festgenommen und in das Polizeianhaltezentrum Hernalser Gürtel überstellt.

Im Rahmen der am selben Tag durchgeführten Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl („Gegenstand der Amtshandlung: Befragung zum Aufenthalt – Durchsetzung und Effektuierung der bestehenden Ausreiseverpflichtung – Prüfung des Sicherungsbedarfs – Abschiebung“) gab der Beschwerdeführer nach Vorhalt des bisherigen Verfahrensganges und auf die Frage, warum er seiner Ausreiseverpflichtung bis dato nicht nachgekommen sei, an, dass er nach der letzten Einvernahme beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit seinem damaligen Anwalt gesprochen und dieser ihm gesagt habe, dass sein Verfahren noch laufend sei und er dieses abwarten solle. Nach Vorhalt, dass die diesbezüglichen Angaben unglaubwürdig seien, da dem Beschwerdeführer bereits bei der letzten Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gesagt worden sei, dass eine rechtskräftige negative Entscheidung vorliegen würde und er das Land verlassen müsse, gab der Beschwerdeführer an, dass er von der negativen Entscheidung nichts gewusst habe. Weiters führte der Beschwerdeführer an, dass er nunmehr ausreisen werde. Befragt, welche Schritte er bezüglich einer freiwilligen Ausreise bis dato getätigt habe, gab der Beschwerdeführer an, dass er keine Dokumente habe, er sei im Jahr 2019 bei der indischen Botschaft gewesen. Dort habe man keine Daten von ihm gehabt und er habe auch kein Reisedokument bekommen, er habe jedoch auch keinen Antrag auf Ausstellung eines solchen gestellt. Er sei insgesamt nur einmal bei der Botschaft gewesen. Auch habe er sich mit keinem Verein in Kontakt gesetzt, welcher ihm bei seiner Ausreise bzw. bei der Erlangung eines Reisedokumentes hätte behilflich sein können. Auf die Frage, ob er sich Dokumente aus Indien – wie bei der letzten Einvernahme angegeben – habe schicken lassen, führte der Beschwerdeführer aus, dass er dies versucht habe. Die Dokumente könnten jederzeit kommen. Er habe über Bekannte in Österreich Dokumente aus Indien besorgen lassen. In Indien besitze er einen Führerschein und eine Geburtsurkunde. Er sei bereit, bei einer vom Bundesamt organisierten Vorsprache bei der indischen Botschaft mitzuwirken bzw. dort zu erscheinen. Auf die Frage, ob sich seit der Entscheidung über seinen Antrag auf internationalen Schutz etwas an seinen persönlichen Verhältnissen geändert habe, gab der Beschwerdeführer an, dass alles gleichgeblieben sei. Er sei weiterhin ledig und habe keine Sorgepflichten. Er habe keine Kinder. Weder in Österreich noch in einem anderen EU-Land würden Angehörige von ihm leben. In Indien würden seine Eltern und seine Brüder leben. Er habe keinen telefonischen Kontakt mit seiner Familie. Er habe auch einen Freund in den USA, der ihm Geld schicke, wenn er etwas zu essen kaufen möchte. Seit er von seiner letzten Meldeadresse in Österreich abgemeldet worden sei, sei er zur Überbrückung in einem Sikh-Tempel wohnhaft. Auf die Frage, wie er seinen Lebensunterhalt in Österreich finanziere, gab der Beschwerdeführer an, dass er von seinem Freund in den USA finanziell unterstützt werde. Er bekomme das Geld über einen indischen Bekannten. Dieser Bekannte nehme 20% des Geldes für sich; er bekomme von seinem Freund aus den USA alle paar Monate 500,-- Dollar. Zudem habe er letzten Sommer für rund fünf Monate Zeitungen zugestellt und somit im Monat ca. 280,-- Euro verdient. Er habe keine Ersparnisse in Österreich und sei hier nicht krankenversichert. Er habe in Indien zwölf Jahre die Grundschule besucht und mit seinen drei Fahrzeugen Transporttätigkeiten verrichtet. Dies sei eine gute Arbeit gewesen und habe er zwischen 150.000,-- und 200.000,-- indische Rupien im Monat verdient. Vor seiner Ausreise aus Indien habe er ein eigenes Haus gehabt. Seine Eltern würden im Heimatdorf leben.

8. Mit Mandatsbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.04.2020 wurde über den Beschwerdeführer die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung und zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verhängt.

9. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.05.2020 gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 22 a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen und gemäß § 22 a Abs. 3 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z 2 FPG festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen würden. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Kostenersatz wurde gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG abgewiesen und wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 35 Abs. 1 und 3 VwGVG iVm § 1 Z 3 und Z 4 VwG-AufwErsV aufgetragen, dem Bund Aufwendungen in der Höhe von Euro 426,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

10. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I). Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Indien zulässig sei (Spruchpunkt III.). Unter Spruchpunkt IV. wurde gemäß § 55 Abs. 4 FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt und unter Spruchpunkt V. einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt. Unter Spruchpunkt VI. wurde gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

Begründend wurde ausgeführt, dass weder aus dem Akteninhalt noch aus den Angaben des Beschwerdeführers in der Einvernahme Gründe für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG hervorgekommen seien. Es bestehe in Österreich kein aufrechtes Familienleben und habe sich der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet auf ein Asylverfahren und den anschließenden unrechtmäßigen Verbleib in Österreich gestützt, womit ein während dieses Zeitraumes entstandenes Privatleben eine Relativierung hinnehmen müsse. Für den Fall einer Rückkehr würden keine Zweifel bestehen, dass der Beschwerdeführer in der Lage sein würde, seinen Lebensunterhalt selbst zu bestreiten, zumal er über die landesüblichen Sprachkenntnisse verfüge und im Herkunftsstaat auch Familienangehörige habe. Es seien somit keine derart außergewöhnlichen Umstände hervorgekommen, womit die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens überwiegen würden. Im Falle des Beschwerdeführers liege zudem keine Gefährdung im Sinne des § 50 Abs. 1 und 2 FPG vor. Auch eine Empfehlung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte im Sinne des § 50 Abs. 3 FPG existiere nicht, weshalb die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Indien zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 4 FPG habe das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt werde. Die Verhängung eines Einreiseverbotes wurde damit begründet, dass der Beschwerdeführer den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermocht habe und auch seine Ausreiseverpflichtung missachtet habe. Darüber hinaus habe er gegen das Meldegesetz verstoßen, habe eine illegale Beschäftigung ausgeübt und unzureichend am Verfahren zur Erlangung eines Ersatzdokumentes mitgewirkt, was eine erhebliche Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit darstelle.

11. Gegen die Spruchpunkte II bis VI dieses Bescheides wurde vom bevollmächtigten Vertreter des Beschwerdeführers fristgerecht Beschwerde erhoben und ausgeführt, dass die Ausdehnung des Einreiseverbotes auf den gesamten Schengenraum unverhältnismäßig sei, da sie die Erwerbsfreiheit des Beschwerdeführers beeinflusse und in sein Privatleben eingreife. Zudem werde der Antrag gestellt, den Spruchpunkt betreffend die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung zu beheben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist indischer Staatsangehöriger aus dem Bundesstaat Haryana, spricht die Sprache Punjabi und besuchte im Herkunftsstaat zehn Jahre die Grundschule, absolvierte ein zweijähriges College und arbeitete in der Landwirtschaft sowie im Transportwesen. Die Eltern und die Geschwister des Beschwerdeführers leben nach wie vor in Indien im Heimatdorf. Der Beschwerdeführer lebte vor Verlassen seiner Heimat in einem eigenen Haus. Der Beschwerdeführer ist ledig und kinderlos.

Der Beschwerdeführer reiste im Februar 2018 illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 26.02.2018 einen Antrag auf internationalen Schutz. Der Beschwerdeführer befand sich seit seiner Antragstellung auf internationalen Schutz am 26.02.2018 lediglich aufgrund einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz rechtmäßig in Österreich. Seit Rechtskraft seines Asylverfahrens durch Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 01.06.2018 hält sich der Beschwerdeführer unrechtmäßig in Österreich auf. Seiner Ausreiseverpflichtung nach Indien kam er bisher nicht nach und wirkte der Beschwerdeführer an der Erlangung eines Reisedokumentes für die Durchsetzung seiner Ausreiseverpflichtung nicht mit; er war niemals bei der indischen Botschaft, um sich ein Reisedokument ausstellen zu lassen.

Der Beschwerdeführer hat keine Verwandten oder sonstigen Familienangehörigen in Österreich. Er nimmt keine Leistungen aus der Grundversorgung in Anspruch, arbeitete im Sommer 2019 für fünf Monate als Zeitungszusteller, wobei er im Monat 280,-- Euro verdiente. Darüber hinaus wird er von einem Freund in den USA finanziell unterstützt. Er hat keine Ersparnisse und ist in Österreich nicht krankenversichert. Er hat keine intensiven sozialen Kontakte in Österreich, gehört keinem Verein und keiner sonstigen Gruppierung an. Er hat in Österreich keinen Deutschkurs besucht, ist gesund, strafgerichtlich unbescholten und steht im erwerbsfähigen Alter.

Der Beschwerdeführer ist seit 29.08.2019 in Österreich nicht mehr aufrecht gemeldet. Am 17.04.2020 wurde der Beschwerdeführer in Wien 19 von Beamten der Landespolizeidirektion Wien betreten und einer fremdenpolizeilichen Kontrolle unterzogen, wobei im Zuge der Überprüfung der vom Beschwerdeführer angegebenen Daten ein gegen den Beschwerdeführer bestehender Festnahmeauftrag vom 05.09.2019 eruiert werden konnte. Aufgrund dessen wurde der Beschwerdeführer festgenommen, in das Polizeianhaltezentrum Hernalser Gürtel überstellt und es wurde über ihn noch am selben Tag die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und zur Sicherung der Abschiebung verhängt. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.05.2020 abgewiesen und festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen würden. Der Beschwerdeführer befindet sich seit 17.04.2020 in Schubhaft. Der Beschwerdeführer kam seit 08.04.2019 seiner Meldeverpflichtung gemäß § 15 a Abs. 1 AsylG nicht mehr nach.

1.2. Zur Situation im Herkunftsstaat wird Folgendes festgestellt:

Allgemeine Menschenrechtslage

Letzte Änderung: 30.3.2020

Indien hat 1948 die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte unterzeichnet (AA 19.7.2019). Die nationale Gesetzgebung in Menschenrechtsangelegenheiten ist breit angelegt. Alle wichtigen Menschenrechte sind verfassungsrechtlich garantiert (ÖB 8.2019). Die Umsetzung dieser Garantien ist allerdings häufig nicht in vollem Umfang gewährleistet (AA 19.7.2019). Eine Reihe von Sicherheitsgesetzen schränken die rechtsstaatlichen Garantien, z.B. das Recht auf ein faires Verfahren, ein. Diese Gesetze wurden nach den Terroranschlägen von Mumbai im November 2008 verschärft; u.a. wurde die Unschuldsvermutung für bestimmte Straftatbestände außer Kraft gesetzt. Besonders in Unruhegebieten haben die Sicherheitskräfte zur Bekämpfung sezessionistischer und terroristischer Gruppen weitreichende Befugnisse, die oft exzessiv genutzt werden. Es gibt glaubhafte Berichte über extralegale Tötungen (AA 19.7.2019).

Menschenrechtsprobleme umfassen unter anderem Hinweise auf willkürliche Hinrichtungen, Verschleppung, Folter und Vergewaltigung. Korruption bleibt weit verbreitet. Gesellschaftliche Gewalt auf der Grundlage von Konfession und Kastegibt nach wie vor Anlass zur Sorge. Muslime und Dalit-Gruppen aus den unteren Kasten sind auch weiterhin am stärksten gefährdet. (USDOS 11.3.2020).

Eine verallgemeinernde Bewertung der Menschenrechtslage ist für Indien kaum möglich: Drastische Grundrechtsverletzungen und Rechtsstaatsdefizite koexistieren mit weitgehenden bürgerlichen Freiheiten, fortschrittlichen Gesetzen und engagierten Initiativen der Zivilgesellschaft. Vor allem die Realität der unteren Gesellschaftsschichten, die die Bevölkerungsmehrheit stellen, ist oftmals von Grundrechtsverletzungen und Benachteiligung geprägt (AA 19.7.2019). Ursache vieler Menschenrechtsverletzungen in Indien bleiben tiefverwurzelte soziale Praktiken, nicht zuletzt das Kastenwesen (AA 19.7.2019). Frauen, Mitglieder ethnischer und religiöser Minderheiten sowie niederer Kasten werden systematisch diskriminiert (BICC 12.2019). Während die Bürger- und Menschenrechte von der Regierung größtenteils respektiert werden, ist die Lage in den Regionen, dort wo es interne Konflikte gibt, teilweise sehr schlecht. Dies trifft insbesondere auf Jammu und Kaschmir und den Nordosten des Landes zu. Den Sicherheitskräften, sowohl der Polizei, den paramilitärischen Einheiten als auch dem Militär, werden schwere Menschenrechtsverletzungen bei ihren Einsätzen in den Krisengebieten des Landes angelastet. Dem Militär und den paramilitärischen Einheiten werden Entführungen, Folter, Vergewaltigungen, willkürliche Festnahmen und außergerichtliche Hinrichtungen vorgeworfen. Insbesondere hinsichtlich der Spannungen zwischen Hindus und Moslems, welche im Jahr 2002 zu Tausenden von Todesfällen führten, wird den Sicherheitskräften Parteilichkeit vorgeworfen. Die Stimmung wird durch hindu-nationalistische Parteien angeheizt, welche auch in der Regierung vertreten sind (BICC 12.2019).

Den indische Sicherheitskräften werden Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen (FH 4.3.2020) und auch den separatistischen Rebellen und Terroristen im Bundesstaat Jammu und Kaschmir, im Nordosten und in den von den Maoisten beeinflussten Gebieten werden schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen, darunter Morde, Folterungen von Angehörigen der Streitkräfte und der Polizei, sowie von Regierungsbeamten und Zivilisten vorgeworfen. Aufständische sind ebenso für die Rekrutierung und den Einsatz von Kindersoldaten verantwortlich (USDOS 11.3.2020; vgl. FH 4.3.2020).

In manchen Bundesstaaten schränkt das Gesetz die religiöse Konversion ein (USDOS 21.6.2019), Einschränkungen in Bezug auf die Bewegungsfreiheit dauern an (USDOS 1.3.2020).

Quellen:

-        AA – Auswärtiges Amt (Deutschland) (19.7.2019): Auswärtiges Amt, Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien (Stand: Mai 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/2014276/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_zur_asyl-_und_abschiebungsrelevanten_Lage_in_der_Republik_Indien_%28Stand_Mai_2019%29%2C_19.07.2019.pdf, Zugriff 19.3.2020

-        BICC - Bonn International Centre for Conversion (12.2019): Informationsdienst - Sicherheit, Rüstung und Entwicklung in Empfängerländern deutscher Rüstungsexporte: Länderinformation Indien, http://www.ruestungsexport.info/user/pages/04.laenderberichte/indien/2019_Indien.pdf, Zugriff 10.2.2020

-        FH - Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 – India, https://www.ecoi.net/de/dokument/2025925.html, Zugriff 18.3.2020

-        ÖB – Österreichische Botschaft New Delhi (8.2019: Asylländerbericht Indien

-        USDOS – US Department of State (21.6.2019): 2018 Report on International Religious Freedom: India, https://www.ecoi.net/de/dokument/2011171.html, Zugriff 20.2.2020

-        USDOS – US Department of State (11.3.2020): 2019 Country Reports on Human Rights Practices: India, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026357.html, Zugriff 13.3.2020

Grundversorgung und Wirtschaft

Letzte Änderung: 30.03.2020

In Indien lebt etwa ein Viertel der Bevölkerung unter dem veranschlagten Existenzminimum der Vereinten Nationen. Sofern es nicht zu außergewöhnlichen Naturkatastrophen kommt, ist jedoch eine das Überleben sichernde Nahrungsversorgung auch der untersten Schichten der Bevölkerung zum Großteil gewährleistet. Es gibt keine staatlichen Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer, Sozialhilfe gibt es nicht, die Rückkehrer sind auf die Unterstützung der eigenen Familie oder von Bekannten angewiesen (ÖB 8.2019).

Das Wirtschaftswachstum lag im Haushaltsjahr 2016/2017 bei 7,1 Prozent und in 2017/18 bei 6,75 Prozent (BICC 12.2019). 2019 betrug das Wirtschaftswachstum 4.9 Prozent und für 2020 wird ein Wachstum der Gesamtwirtschaft um 6,1 Prozentpunkte erwartet (WKO 1.2020). Indien zählt damit nach wie vor zu den am stärksten expandierenden Volkswirtschaften der Welt (BICC 12.2019).

20167 lag die Erwerbsquote Bundesamtbei 53,8 Prozent (StBA 26.8.2019). Es gibt immer noch starke Unterschiede bei der geschlechtlichen Verteilung des Arbeitsmarktes (FES 9.2019). Indien besitzt mit 520,199 Millionen Menschen die zweitgrößte Arbeitnehmerschaft der Welt (2012). Im Jahr 2017 lag die Arbeitslosenquote bei 3,5 Prozent (StBA 26.8.2019).

Der indische Arbeitsmarkt ist durch die Tätigkeit im „informellen Sektor“ dominiert. Er umfasst Familien- und Kleinbetriebe der Landwirtschaft, des produzierenden Gewerbes sowie des Dienstleistungsbereichs und unterliegt keiner Kontrolle oder Besteuerung des Staates. Infolgedessen bestehen in diesem Bereich keine rechtsverbindlichen Bestimmungen oder formal geregelte Arbeitsverhältnisse. Annähernd 90 Prozent der Beschäftigten werden dem sogenannten „informellen Sektor“ zugerechnet – sie sind weder gegen Krankheit oder Arbeitsunfälle abgesichert, noch haben sie Anspruch auf soziale Leistungen oder Altersversorgung (Wienmann 2019). Die überwiegende Mehrheit der indischen Bevölkerung lebt in ländlich-bäuerlichen Strukturen und bleibt wirtschaftlich benachteiligt. Der Anteil der Landwirtschaft an der indischen Wirtschaftsleistung sinkt seit Jahren kontinuierlich und beträgt nur noch etwa 16,1 Prozent (2017/18) der Gesamtwirtschaft, obgleich fast 5049 Prozent der indischen Arbeitskräfte in diesem Bereich tätig sind (Shah-Paulini 2017).

Die Regierung hat überall im Land rund 1.000 Arbeitsagenturen (Employment Exchanges) eingeführt um die Einstellung geeigneter Kandidaten zu erleichtern. Arbeitssuchende registrieren sich selbständig bei den Arbeitsagenturen und werden informiert sobald eine geeignete Stelle frei ist (BAMF 3.9.2018; vgl. PIB 23.7.2018). Einige Staaten in Indien geben Arbeitssuchenden eine finanzielle Unterstützung für die Dauer von drei Jahren. Für weitere Informationen sollte die jeweilige lokale Vermittlungsagentur kontaktiert werden. Diese bieten auch Beratungen an, bei denen sie Informationen zu Verfügung stellen (BAMF 3.9.2018).

Indien steht vor gewaltigen Herausforderungen bei der Armutsbekämpfung und in der Bildungs- und Infrastrukturentwicklung. Das durchschnittliche jährliche Pro-Kopf-Einkommen liegt bei rund 852 USD. Auf dem Human Development Index der UNDP (Stand: September 2016) steht Indien auf Platz 131 unter 188 erfassten Staaten. Während es weltweit die meisten Millionäre und Milliardäre beheimatet, liegt Indien bei vielen Sozialindikatoren deutlich unter den Durchschnittswerten von Subsahara-Afrika. Gleichzeitig konnten in den letzten beiden Jahrzehnten hunderte Millionen Menschen in Indien der Armut entkommen (BICC 12.2019).

Die Regierung betreibt eine Vielzahl von Programmen zur Finanzierung von Wohnungen. Diese richten sich jedoch zu meist an Personen unterhalb der Armutsgrenze. Weiters bieten die Regierungen eine Vielzahl an Sozialhilfen an, welche sich jedoch an unterprivilegierte Gruppen, wie die Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze richten. Diese Programme werden grundsätzlich durch die lokalen Verwaltungen umgesetzt (Panchayat) (BAMF 3.9.2018).

Die Arbeitnehmerrentenversicherung ist verpflichtend und mit der Arbeit verknüpft. Das staatliche Sozialversicherungsprogramm (National Social Assistance Programme) erfasst nur die Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze oder physisch Benachteiligte. Das staatliche Rentensystem National Pension System (NPS) ist ein freiwilliges, beitragsbasiertes System, welches es den Teilnehmer ermöglicht systematische Rücklagen während ihres Arbeitslebens anzulegen (BAMF 3.9.2018).

55,3 Prozent der Bevölkerung (642,4 Mio.) lebt in multi-dimensionaler Armut (HDI 2016). Sofern es nicht zu außergewöhnlichen Naturkatastrophen kommt, ist jedoch eine für das Überleben ausreichende Nahrungsversorgung auch den schwächsten Teilen der Bevölkerung grundsätzlich sichergestellt. Es gibt keine staatlichen Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer, Sozialhilfe oder ein anderes soziales Netz. Rückkehrer sind auf die Unterstützung der Familie oder Freunde angewiesen. Vorübergehende Notlagen können durch Armenspeisungen im Tempel, insbesondere der Sikh-Tempel, die auch gegen kleinere Dienstleistungen Unterkunft gewähren, ausgeglichen werden (AA 19.7.2019).

Im September 2018 bestätigte der Oberste Gerichtshof die Verfassungsmäßigkeit des biometrischen Identifikationsprojekts Aadhaar. Im Juli 2019 verabschiedete das Parlament Änderungen zum Aadhaar-Gesetz. Damit wird der Weg für den Einsatz der Daten durch private Nutzer frei. Die geplanten Änderungen gaben Anlass zur Besorgnis hinsichtlich der Privatsphäre und des Datenschutzes und wurden angesichts eines Entscheids des Obersten Gerichtshofs vom September 2018 vorgenommen, welcher eine Nutzung von Aadhaar für andere Zwecke als den Zugang zu staatlichen Leistungen und die Erhebung von Steuern beschränkt (HRW 14.1.2020). Als Teil einer Armutsbekämpfungsinitiative wurde seit 2010 Millionen indischer Bürger eine Aadhaar-ID Nummer ausgestellt. Ursprünglich wurde das System eingeführt, um Steuerbetrug entgegenzuwirken. In den folgenden Jahren wurde der Umfang jedoch stark ausgeweitet: In einigen indischen Bundesstaaten werden mittels Aadhaar Pensionen, Stipendien und die Essensausgabe für arme Menschen abgewickelt (ORF 27.9.2018). Aadhaar stellt für den Großteil der Bevölkerung den einzigen Zugang zu einem staatlich anerkannten Ausweis dar. Diejenigen, die sich bei Aadhaar angemeldet haben, erhielten nach der Übermittlung ihrer Fingerabdrücke und Netzhautscans eine eindeutige zwölfstellige Identifikationsnummer (BBC 26.9.2018).

Menschenrechtsgruppen äußern Bedenken, dass die Bedingungen zur Registrierung für Aadhaar, arme und marginalisierte Menschen daran hindern, wesentliche, verfassungsmäßig garantierte Dienstleistungen wie etwa Nahrung und Gesundheitsversorgung zu erhalten (HRW 13.1.2018).

Quellen:

-        AA – Auswärtiges Amt (Deutschland) (19.7.2019): Auswärtiges Amt, Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien (Stand: Mai 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/2014276/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_zur_asyl-_und_abschiebungsrelevanten_Lage_in_der_Republik_Indien_%28Stand_Mai_2019%29%2C_19.07.2019.pdf, Zugriff 19.3.2020

-        BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (3.9.2018): Länderinformationsblatt Indien, http://files.returningfromgermany.de/files/CFS_2018_India_DE.pdf, Zugriff 18.3.2020

-        BBC British Broadcasting Corporation (26.9.2018): Aadhaar: India top court upholds world's largest biometric scheme, https://www.bbc.com/news/world-asia-india-44777787, Zugriff 17.1.2019

-        BICC - Bonn International Centre for Conversion (12.2019): Informationsdienst - Sicherheit, Rüstung und Entwicklung in Empfängerländern deutscher Rüstungsexporte: Länderinformation Indien, http://www.ruestungsexport.info/user/pages/04.laenderberichte/indien/2019_Indien.pdf, Zugriff 10.2.2020

-        FES – Friedrich-Ebert-Stiftung (9.2019): Feminist perspectives on the future of work in India, http://library.fes.de/pdf-files/bueros/indien/15719.pdf(Zugriff 18.3.2020

-        HRW – Human Rights Watch (14.1.20120): World Report 2020 - India, https://www.ecoi.net/de/dokument/2022689.html, Zugriff 17.1.2020

-        HRW - Human Rights Watch (13.1.2018): India: Identification Project Threatens Rights, https://www.ecoi.net/de/dokument/1422175.html, Zugriff 17.1.2019

-        ORF - Österreichischer Rundfunk (27.9.2018): Indiens Form der digitalen Überwachung, https://orf.at/stories/3035121/, Zugriff 17.1.2019

-        ÖB - Österreichische Botschaft New Delhi (8.2019): Asylländerbericht Indien

-        PIB - Press Information Bureau Government of India Ministry of Labour & Employment (23.7.2018): Modernisation of Employment Exchanges, http://pib.nic.in/newsite/PrintRelease.aspx?relid=180854, Zugriff 20.11.201813.3.2020

-        Shah-Paulini, Purvi (2017): Chefsache Integrales Business mit Indien. Den Subkontinent aus verschiedenen Perspektiven verstehen. Springer Gabler Verlag. Seite 40

-        StBA – Stadistisches Bundesamt (26.8.2019): Indien: Statistisches Länderprofil, https://www.destatis.de/DE/Themen/Laender-Regionen/Internationales/Laenderprofile/indien.pdf?__blob=publicationFile, Zugriff 15.3.2020

-        Wiemann, Kristina N. (2019): Qualifizierungspraxis deutscher Produktionsunternehmen in China, Indien und Mexiko: Eine Analyse der Übertragbarkeit dualer Ausbildungsansätze. Springer Verlag. Seite 201

-        WKO - Aussenwirtschaft Austria (1.2020): Aussen Wirtschaft Wirtschaftsbereich Indien, https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/indien-wirtschaftsbericht.pdf, Zugriff 11.2.2020

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zur Herkunft und zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers, zu seiner schulischen Ausbildung und seiner Berufstätigkeit in Indien sowie zu seiner familiären Situation im Herkunftsstaat, sowie die Feststellungen, dass der Beschwerdeführer in Österreich keine Verwandten hat, über keinen Freundeskreis verfügt, für fünf Monate als Zeitungzusteller arbeitete und dabei monatlich ca. 280,-- Euro verdiente, von einem Freund in Amerika zeitweise finanziell unterstützt wird, in Österreich keinen Deutschkurs besuchte, nicht Mitglied in einem Verein, ledig und gesund ist, beruhen auf den Angaben des Beschwerdeführers im Rahmen der Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 17.04.2020 sowie den Feststellungen im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 01.06.2018, wobei der Beschwerdeführer im Rahmen der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 17.04.2020 ausdrücklich anführte, dass seit seiner Entscheidung über seinen Antrag auf internationalen Schutz sich nichts an seinen persönlichen Verhältnissen geändert habe.

Dass der Beschwerdeführer niemals bei der indischen Botschaft war, um sich ein Reisedokument ausstellen zu lassen, ergibt sich daraus, dass der Beschwerdeführer zum einen keine diesbezüglichen Unterlagen, wie etwa eine Bestätigung seitens der indischen Botschaft, vorlegte bzw. zum anderen im Rahmen der Einvernahmen durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl diesbezüglich unterschiedliche Angaben tätigte, zumal er bei der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 13.02.2019 ausführte, dass er ca. im Oktober/November 2018 bei der indischen Botschaft gewesen sei, während er im Rahmen der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 17.04.2020 ausführte, dass er nur einmal, und zwar im Jahr 2019 bei der indischen Botschaft gewesen sei, dort aber keinen Reisepass erhalten habe, er aber auch keinen Antrag auf Ausstellung eines Reisedokumentes gestellt habe. Zudem wies er ausdrücklich noch einmal darauf hin, dass er nur dieses eine Mal, und zwar im Jahr 2019, bei der indischen Botschaft gewesen sei. Dass der Beschwerdeführer nicht am Verfahren zur Ausstellung eines Reisedokumentes mitwirkte, ergibt sich auch daraus, dass er sich bis jetzt keine diesbezüglichen Dokumente aus Indien schicken ließ bzw. solche vorlegte, obwohl er im Rahmen der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 17.04.2020 ausführte, dass er in Indien einen indischen Führerschein sowie eine Geburtsurkunde habe, und bereits in der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 13.02.2019 angab, sich Dokumente aus Indien schicken zu lassen.

Die Feststellungen, dass der Beschwerdeführer keine Leistungen aus der Grundversorgung in Anspruch nimmt und strafgerichtlich unbescholten ist, ergibt sich aus der Einsichtnahme ins Grundversorgungssystem und ins österreichische Strafregister.

Die Feststellungen, dass der Beschwerdeführer seit 29.08.2019 in Österreich nicht mehr aufrecht gemeldet ist und seit 08.04.2019 seiner ihm aufgetragenen Meldeverpflichtung gemäß § 15 a Abs. 1 AsylG nicht mehr nachgekommen ist, ergeben sich aus den Angaben des Beschwerdeführers im Verfahren, einem im Akt aufliegenden aktuellen ZMR-Ausdruck sowie den Verwaltungs- und Gerichtsakten. Dass gegen den Beschwerdeführer am 05.09.2019 ein Festnahmeauftrag erlassen wurde, ergibt sich aus dem in den Verwaltungsakten aufliegenden Festnahmeauftrag.

Die Feststellungen zum abgeschlossenen Asylverfahren des Beschwerdeführers sowie zum Schubhaftverfahren bzw. die Feststellung, dass sich der Beschwerdeführer seit 17.04.2020 im PAZ Hernalser Gürtel in Schubhaft befindet, ergeben sich aus den Verwaltungs- und Gerichtsakten.

1.2. Die oben wiedergegebenen Feststellungen zur Situation in Indien ergeben sich aus den im angefochtenen Bescheid herangezogenen Länderberichten, die dieser Entscheidung zusammengefasst zugrunde gelegt wurden. Bei den angeführten Quellen handelt es sich um Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender staatlicher und nichtstaatlicher Organisationen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild der Situation in Indien ergeben, wobei diesen nicht entgegengetreten wurde.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da weder im BFA-VG noch im AsylG 2005 eine Senatsentscheidung vorgesehen ist, liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der BAO, des AgrVG, und des DVG und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Zu Spruchpunkt A)

Da sich die gegenständliche Beschwerde lediglich gegen die Spruchpunkte II. bis VI. richtet, erwuchs Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides in Rechtskraft.

3.1. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt. II. und III. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.

Gemäß § 58 Abs. 1 Z 5 AsylG 2005 hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG von Amts wegen zu prüfen, wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.

Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, so ist diese Entscheidung gemäß § 10 Abs. 2 AsylG mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

Der Beschwerdeführer hält sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf.

§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:

„(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.“

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden (und seiner Familie) schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.

Bei dieser Interessenabwägung sind – wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird – die oben genannten Kriterien zu berücksichtigen (vgl. VfSlg. 18.224/2007; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423).

Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität aufweisen, etwa ein gemeinsamer Haushalt vorliegt (vgl. dazu EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; Frowein - Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK-Kommentar, 2. Auflage (1996) Rz 16 zu Art. 8; Baumgartner, Welche Formen des Zusammenlebens schützt die Verfassung? ÖJZ 1998, 761; vgl. auch Rosenmayer, Aufenthaltsverbot, Schubhaft und Abschiebung, ZfV 1988, 1). In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; s. auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).

Der Beschwerdeführer hat keine Familienangehörigen oder sonstigen Verwandten in Österreich, weshalb die Rückkehrentscheidung keinen Eingriff in das Recht auf Achtung des Familienlebens des Beschwerdeführers darstellt.

Die aufenthaltsbeenden Maßnahme könnte daher allenfalls in das Privatleben des Beschwerdeführers eingreifen.

Unter dem "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg. Lettland, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang komme dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.

Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK, in ÖJZ 2007, 852 ff.). Die zeitliche Komponente spielt jedoch eine zentrale Rolle, da – abseits familiärer Umstände – eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist (vgl. Thym, EuGRZ 2006, 541). Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessensabwägung zukommt (vgl. VwGH 30.07.2015, Ra 2014/22/0055 ua, mwH).

Außerdem ist nach der bisherigen Rechtsprechung auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen, zumal das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist (vgl. VwGH 17.12.2007, 2006/01/0216 mwN).

Der Beschwerdeführer befand sich seit seiner Antragstellung auf internationalen Schutz am 26.02.2018 lediglich aufgrund einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz rechtmäßig in Österreich. Seit Rechtskraft seines Asylverfahrens durch Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 01.06.2018, Zahl W220 2916811-1/2E, hält sich der Beschwerdeführer unrechtmäßig in Österreich auf. Seiner Ausreiseverpflichtung nach Indien kam er bisher nicht nach und wirkte er an der Erlangung eines Reisedokumentes für die Durchsetzung seiner Ausreiseverpflichtung auch niemals mit. Die Schutzwürdigkeit des Privatlebens des Beschwerdeführers ist dadurch als deutlich gemindert anzusehen (vgl. VwGH 15.03.2016, Ra 2015/21/0180), zumal der Aufenthalt des Beschwerdeführers auch nicht geduldet war. Der Beschwerdeführer verfügte somit nie über ein Aufenthaltsrecht außerhalb des bloß vorübergehenden Aufenthaltsrechts aufgrund des Asylverfahrens.

Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts kommt dem öffentlichen Interesse aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSd Art. 8 Abs. 2 EMRK ein hoher Stellenwert zu. Der Verfassungsgerichtshof und der Verwaltungsgerichtshof haben in ihrer Judikatur ein öffentliches Interesse in dem Sinne bejaht, als eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragsstellung im Inland aufhalten durften, verhindert werden soll (VfSlg. 17.516 und VwGH 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479). Der Verwaltungsgerichtshof hat festgestellt, dass beharrliches illegales Verbleiben eines Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens bzw. ein länger dauernder illegaler Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstellen würde, was eine Ausweisung als dringend geboten erscheinen lässt (VwGH 31. 10. 2002, 2002/18/0190).

Im Falle einer bloß auf die Stellung eines Asylantrags gestützten Aufenthalts wurde in der Entscheidung des EGMR (N. gegen United Kingdom vom 27.05.2008, Nr. 26565/05) auch ein Aufenthalt in der Dauer von zehn Jahren nicht als allfälliger Hinderungsgrund gegen eine Ausweisung unter dem Aspekt einer Verletzung von Art. 8 EMRK thematisiert. In seiner davor erfolgten Entscheidung Nnyanzi gegen United Kingdom vom 08.04.2008 (Nr. 21878/06) kommt der EGMR zu dem Ergebnis, dass bei der vorzunehmenden Interessensabwägung zwischen dem Privatleben des Asylwerbers und dem staatlichen Interesse eine unterschiedliche Behandlung von Asylwerbern, denen der Aufenthalt bloß aufgrund ihres Status als Asylwerber zukommt, und Personen mit rechtmäßigem Aufenthalt gerechtfertigt sei, da der Aufenthalt eines Asylwerbers auch während eines jahrelangen Asylverfahrens nie sicher ist. So spricht der EGMR in dieser Entscheidung ausdrücklich davon, dass ein Asylweber nicht das garantierte Recht hat, in ein Land einzureisen und sich dort niederzulassen. Eine Abschiebung ist daher immer dann gerechtfertigt, wenn diese im Einklang mit dem Gesetz steht und auf einem in Art. 8 Abs. 2 EMRK angeführten Grund beruht. Insbesondere ist nach Ansicht des EGMR das öffentliche Interesse jedes Staates an einer effektiven Einwanderungskontrolle jedenfalls höher als das Privatleben eines Asylwerbers; auch dann, wenn der Asylwerber im Aufnahmestaat ein Studium betreibt, sozial integriert ist und schon 10 Jahre im Aufnahmestaat lebte.

Der Beschwerdeführer hält sich erst seit rund zweieinhalb Jahren im Bundesgebiet auf und wird das Gewicht dieses Aufenthaltes dadurch wesentlich relativiert, dass die Einreise illegal und der Aufenthalt bloß aufgrund der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung als Asylwerber rechtmäßig war, und der Beschwerdeführer nach rechtskräftigem Abschluss seines Asylverfahrens im Juni 2018 die überwiegende Zeit illegal in Österreich verblieb.

Darüber hinaus war der Beschwerdeführer seit 29.08.2019 in Österreich nicht mehr gemeldet, wodurch er gegen die Vorschriften des Meldegesetzes verstoßen hat. Auch kam er seit 08.04.2019 einer ihm aufgetragenen Meldeverpflichtung gemäß § 15 a Abs. 1 AsylG nicht mehr nach.

Zudem hat der Beschwerdeführer keine besonders intensiven Bindungen zu Österreich dargetan. Er hat keinen Deutschkurs besucht, ist nicht Mitglied in Vereinen und hat auch keinen österreichischen Freundeskreis. Er hat im Sommer 2019 lediglich fünf Monate als Zeitungszusteller gearbeitet und wird von einem Freund in den USA finanziell unterstützt.

Der Beschwerdeführer hat sein gesamtes Leben bis zur Ausreise aus Indien dort verbracht. Er erfuhr dort seine Schulausbildung, ging dort einer Arbeit nach und leben im Herkunftsstaat weiterhin seine Eltern und seine Brüder. Weiters spricht er die Sprache des Herkunftsstaates, sodass nichts darauf hindeutet, dass sich der Beschwerdeführer nach seiner zweieinhalbjährigen Abwesenheit aus seinem Heimatland nicht wieder in die dortige Gesellschaft integrieren können wird.

Dass die Dauer des bisherigen Aufenthaltes in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist, ist nicht ersichtlich. Hingegen ist anzumerken, dass der Beschwerdeführer trotz eines rechtskräftig negativ entschiedenen Asylverfahrens zwei Jahre nicht ausreiste, sondern beharrlich im Bundesgebiet verblieb.

Aufgrund dieser Erwägungen ist davon auszugehen, dass die Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung, dem nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein hoher Stellenwert zukommt, in den Hintergrund treten. Allein ein durch beharrliche Missachtung der fremden- und aufenthaltsrechtlichen Vorschriften erwirkter Aufenthalt kann nämlich keinen Rechtsanspruch aus Art. 8 EMRK bewirken. Eine andere Auffassung würde sogar zu einer Bevorzugung dieser Gruppe gegenüber sich rechtstreu Verhaltenden führen (VfGH 12. 06. 2010, U 613/10-10, vgl. idS VwGH 11. 12. 2003, 2003/07/0007).

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist sohin zu Recht davon ausgegangen, dass die öffentlichen Interessen an der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften sowie an einem geordneten Zuwanderungswesen im vorliegenden Fall schwerer wiegen als die familiären und privaten Interessen des Beschwerdeführers. Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung verletzt das Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG iSd Art. 8 EMRK nicht und ist daher dringend geboten.

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG ist mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder das 6. bzw. 13. ZPEMRK verletzt würden oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre.

Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 2 FPG unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative.

Der Verwaltungsgerichtshof hielt in seinem Erkenntnis vom 16.12.2015, Ra 2015/21/0119, (in einer Verfahrenskonstellation nach § 75 Abs. 20 AsylG 2005) fest, dass eine Beurteilung der Zulässigkeit der Abschiebung im Rahmen des Rückkehrentscheidungsverfahrens inhaltlich nicht von einer bereits ausgesprochenen Entscheidung über die Gewährung subsidiären Schutzes abweichen könne, sondern lediglich die notwendige Folge eines negativen Abspruchs über einen Antrag auf internationalen Schutz darstelle. In seinem Erkenntnis vom 24.05.2016, Ra 2016/21/0101, konkretisierte der Verwaltungsgerichtshof diese Erwägungen, indem er ausführte, dass dies nur bei unveränderter Sachlage gelte. Stehe dagegen im Raum, dass sich die Verhältnisse im Herkunftsstaat maßgeblich verändert – aus der Sicht des Fremden: verschlechtert – hätten, so sei eine Überprüfung dahingehend vorzunehmen, ob eine Abschiebung in den Herkunftsstaat (noch) zulässig sei.

Entsprechend dieser Judikatur ergibt sich verfahrensgegenständlich die Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat bereits aus dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 01.06.2018. Unabhängig davon sind im vorliegenden Fall keine Abschiebungshindernisse im Sinne des § 50 FPG zu erkennen:

Aus der allgemeinen Situation im Herkunftsstaat allein ergeben sich keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass sich die Lage derart maßgeblich verschlechtert hätte, sodass der Beschwerdeführer im Sinne des § 50 FPG bedroht wäre. Es konnte nicht festgestellt werden, dass in Indien derzeit eine "extreme Gefahrenlage" (vgl. etwa VwGH 16. 4. 2002, 2000/20/0131) im Sinne einer dermaßen schlechten wirtschaftlichen oder allgemeinen (politischen) Situation herrschen würde, die für sich genommen bereits die Zulässigkeit der Abschiebung als unrechtmäßig erscheinen ließe.

Zudem haben sich die hier relevanten persönlichen Umstände des Beschwerdeführers nicht verändert, sodass nicht von einer völligen Perspektivenlosigkeit des Beschwerdeführers auszugehen ist. Folglich ist es dem Beschwerdeführer als einem arbeitsfähigen, gesunden Mann im erwerbsfähigen Alter zumutbar, sich in seiner Heimat den notwendigen Unterhalt zu sichern. Er verfügt zudem über soziale Anknüpfungspunkte und über eine mehrjährige Schulbildung und Arbeitserfahrung, sodass nicht angenommen werden kann, der Beschwerdeführer geriete im Falle einer Rückkehr in eine lebensbedrohliche Notlage. Schwierige Lebensumstände genügen für eine Schutzgewährung im Sinne des § 50 FPG nicht. Auch ist von einer finanziellen Unterstützung seiner im Herkunftsstaat lebenden Familie auszugehen.

Die Abschiebung ist schließlich nach § 50 Abs. 3 FPG unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht. Eine derartige Empfehlung besteht für Indien nicht. Die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Indien ist daher zulässig.

3.2. Zum Nichtbestehen einer Frist für die freiwillige Ausreise und zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkte IV. und V. des angefochtenen Bescheides):

Dass von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen ist, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt wurde, ergibt sich schon unmittelbar aus § 55 Abs. 4 Fremdenpolizeigesetz 2005, sodass der Beschwerdeführer auch nicht in seinen Rechten verletzt sein kann. Mit Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides wurde einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Im gegenständlichen Verfahren ist die Beschwerde am 12.06.2020 bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes eingelangt. Ein gesonderter Abspruch über die beantragte Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung bzw. inhaltliche Auseinandersetzung mit den normierten Tatbeständen konnte unterbleiben bzw. erübrigte sich aufgrund der am 19.06.2020 getroffenen Entscheidung in der Sache selbst, da die Entscheidung demnach innerhalb der in § 17 Abs. 1 BFA-VG genannten Frist von einer Woche ab Vorlage der Beschwerde ergeht, sodass der Beschwerdeführer im gegenständlichen Verfahren auch nicht in seinen Rechten verletzt sein kann.

Auch unter diesen Aspekt ist der angefochtene Bescheid daher nicht zu beanstanden.

3.3. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides:

§ 53 Abs. 1 und 2 FPG idgF lautet:

"§ 53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(Anm.: Abs. 1a aufgehoben durch

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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