TE Bvwg Erkenntnis 2019/9/23 L504 2186402-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.09.2019
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Entscheidungsdatum

23.09.2019

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §53

Spruch

L504 2186402-1/53E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. R. ENGEL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , XXXX 1980 geb., StA. Türkei, vertreten durch RA Mag. BITSCHE, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.01.2018, Zl. 1159562006-170826526, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 53 FPG idgF mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, als die Dauer des Einreiseverbotes 8 Jahre beträgt.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrenshergang

Die beschwerdeführende Partei [bP] stellte am 13.07.2017 einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gem. § 55 AsylG.

Aus dem im beschwerdeanhängigen Bescheid des Bundesamtes dargestellten Verfahrensgang ergibt sich Folgendes:

"Sie kamen im Alter von 8 Jahren im Jahr 1988 mit Ihren Eltern nach Österreich und erhielten ein Aufenthaltsrecht. Laut Ihren Angaben legten Sie im Jahr 1999 die türkische Staatsbürgerschaft zurück und erhielten in weiterer Folge die Österreichische. Mit Ihrer Ex-Frau bekamen Sie zwei Kinder welche 2001 und 2004 geboren wurden. Zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt, zwischen den Jahren 2001 und 2006 erhielten Sie durch Ihr Zutun die türkische Staatsbürgerschaft zurück. Nach der Scheidung Ihrer Ehe im Jahr 2006 verbrachten Sie laut Ihren Angaben, einige Zeit jedoch mindestens sechs Monate mit Ihren beiden Kindern in der Türkei. Wobei in diesem Zeitraum von 2004 bis 2008 in Österreich keinerlei Versicherungszeiten aufscheinen und daher anzunehmen ist, dass Sie längere Zeit dort verbrachten. Seit 2010 führen Sie mit Ihrer jetzigen Gattin einen gemeinsamen Wohnsitz und haben mit Ihr auch zwei Kinder welche 2011 und 2014 geboren wurden. Auch Ihre Kinder aus der vorherigen Ehe leben an Ihrer Adresse. Ihre ersten drei Kinder sind bereits österreichische Staatsangehörige und Ihre Gattin sowie Ihr letztgeborenes Kind sind türkische Staatsangehörigen.

Im Jahr 2014 wurde Im Rahmen der Festnahme aufgrund der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung Ihr türkischer Personalausweis gefunden. Am 17.12.2015 wurden Sie rechtskräftig nach dem § 278b StGB zu drei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Die österreichische Staatsbürgerschaft wurde am 10.02.2017 aberkannt. Seit diesem Zeitpunkt verfügen Sie über kein Aufenthaltsrecht mehr in Österreich und befinden sich illegal im Bundesgebiet.

Sie stellten am 13.07.2017 einen Antrag zur Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK gem. § 55 Abs. 1 AsylG. Die beabsichtigte Abweisung Ihres Antrages wurde Ihnen im Rahmen der Verständigung über die Beweisaufnahme vom 25.10.2017 mitgeteilt. Ihre rechtliche Vertretung erbat um Fristerstreckung und gab am 20.11.2017 eine Stellungnahme ab."

Dieser Antrag wurde folglich vom Bundesamt gem. § 55 AsylG abgewiesen, gem. § 10 Abs 3 AsylG eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs 3 FPG erlassen, gem. § 52 Abs 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung in die Türkei zulässig ist, gem. § 55 Abs 4 FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt, gem. § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung aberkannt, gem. § 53 Abs 1 iVm Abs 3 Z 6 FPG ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen.

Dagegen wurde innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben.

Mit Erkenntnis vom 27.02.2018 hat das BVwG in einer Teilerledigung der Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung und der Nichtgewährung einer Frist für die freiwillige Ausreise mangels Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen stattgegeben und diese Spruchpunkte behoben. In diesem Erkenntnis wurde auch festgestellt, dass nunmehr die Frist zur freiwilligen Ausreise ab Rechtskraft der Entscheidung gem. §55 Abs 2 FPG 14 Tage beträgt.

Am 09.04.2018 führte das BVwG eine Beschwerdeverhandlung durch. Das Bundesamt blieb dieser entschuldigt fern.

Mit Erkenntnis vom 06.09.2018 hat das BVwG die Beschwerde in allen Spruchpunkten als unbegründet abgewiesen.

Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung einer dagegen erhobene Beschwerde abgelehnt.

Auf Grund einer dagegen erhobenen Revision hat der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 14.01.2019 betreffend Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

Mit Erkenntnis vom 04.04.2019, Ra 2019/21/0009-7, hat der VwGH den Spruchpunkt mit dem ein unbefristete Einreiseverbot verhängt wurde aufgehoben und im Übrigen die Revision als unbegründet abgewiesen. Der Verwaltungsgerichtshof begründete die Behebung des unbefristeten Einreiseverbotes im Wesentlichen damit, dass bei gegebenem Sachverhalt ein "grundsätzlich auf Lebenszeit" angelegtes Einreiseverbot nicht gerechtfertigt ist.

Mit Schriftsatz vom 10.05.2019 wurde die anwaltlich vertretene bP aufgefordert im Rahmen ihrer Mitwirkungs- und Verfahrensförderungspflicht bekannt zu geben ob seit den Angaben in der Revision Änderungen hinsichtlich ihres Privat- und Familienlebens eingetreten sind und dies gegebenenfalls so weit als möglich durch Bescheinigungsmittel nachzuweisen.

Mit am 04.06.2019 ho. Eingelangten anwaltlichen Schriftsatz wurde mitgeteilt, dass sich keine Änderungen ergeben haben. Es erfolgte ein Hinweis darauf, dass die dreijährige Probezeit nach der bedingten Entlassung in Kürze ablaufen wird.

Die bP hat seit dieser Stellungnahme keine Änderungen von in ihrer persönlichen Sphäre liegenden Umständen im Rahmen ihrer Verfahrensförderungspflicht iSd § 39 Abs 2a AVG mitgeteilt.

Aus einer Anfrage bei der Landespolizeidirektion Wien und dem Magistrat Wien ergeben sich in deren Verwaltungsstrafevidenz zahlreiche Vormerkungen über rechtskräftige Bestrafungen wegen Verwaltungsübertretungen, die nach der Erlassung des Erkenntnis des BVwG ergingen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Das BVwG hat zentral durch den Inhalt des übermittelten Verwaltungsaktes der belangten Behörde, einschließlich der Beschwerde sowie durch die Ergebnisse des ergänzenden Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben.

1. Feststellungen (Sachverhalt)

1. Zur Person der beschwerdeführenden Partei:

Die Identität steht fest.

Die bP reiste 1988 im Alter von 8 Jahren gemeinsam mit ihren Eltern und Geschwistern von der Türkei nach Österreich und war in der Folge hier rechtmäßig als türkischer Staatsangehöriger niedergelassen. Sie besucht in der Türkei zwei Jahre die Volksschule. Die übrige Schulzeit absolvierte sie in Österreich. Sie machte in Österreich eine Lehre als Bäcker.

Die bP hat auf Wunsch der Eltern 1999 die türkische Staatsbürgerschaft zurückgelegt und hat anher die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen bekommen. Auf eigenes Betreiben beantragte die bP zu nicht näher bekanntem Zeitpunkt wieder die türkische Staatsbürgerschaft und erhielt diese auch.

Die in Österreich lebenden Eltern und Geschwister der bP sind österreichische Staatsbürger.

In der Zeit von 2004 bis 2008 war die bP in der Türkei aufhältig, wobei der genau Zeitraum nicht feststellbar ist. Aus dem Umstand, dass sie sozialversicherungsrechtlich in diesem Zeitraum nicht aufscheint, kann auf eine längere Abwesenheit als die behaupteten 6 Monate geschlossen werden.

Im Zuge eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens wurde bekannt, dass die bP die türkische als auch die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt.

Mit Bescheid vom 10.02.2017 wurde ihr wegen Wiedererwerb der türkischen Staatsbürgerschaft vom Amt der Wiener Landesregierung, MA 35, die österreichische Staatsbürgerschaft gem. § 27 Abs 1 StbG aberkannt. Diese behördliche Entscheidung erwuchs in Rechtskraft und war die bP seither ohne Aufenthaltstitel und damit nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig.

Verhalten in Österreich:

Die bP befand sich ab 18.08.2014 in Österreich in Untersuchungshaft. Mit Urteil des Landesgerichtes Wien vom XXXX .2016 wurde die bP wegen des Verbrechens des § 278b Abs 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren, unter Anrechnung der Vorhaft, rechtskräftig verurteilt. Bei der Strafzumessung wurde die wiederholte gleichartige Beteiligung in der kriminellen Organisation als erschwerend gewertet. Mildernd war der bisherige ordentliche Lebenswandel sowie der wesentliche Beitrag zur Wahrheitsfindung.

Zusammengefasst hat sich die bP im Zusammenwirken mit anderen Straftätern als Mitglied des IS-Islamic State, somit an einer terroristischen Organisation, beteiligt, in dem sie jeweils die Ausreise aus Österreich, mit dem Ziel Syrien, in Angriff nahmen, um sich am bewaffneten Kampf durch logistische Unterstützungshandlungen, finanziell oder auf sonstige Art und Weise durch Stärkung der Gruppenmoral zu beteiligen, wobei sie mit dem Wissen handelten, durch ihre Beteiligung den IS oder deren strafbare Handlung zu fördern.

Die bP hatte Kontakt zu namentlich nicht bekannten Mitgliedern des IS in Syrien und informierte diese über erwartete neue Kämpfer oder sonstige Unterstützer des IS.

Am 4. Juli 2014 begab sich die bP mit anderen Tätern über Ungarn und Rumänien sowie Bulgarien nach Istanbul. Dort wurden Personen an der bulgarisch-türkischen Grenze einem bulgarischen Schlepper übergeben. Sie fuhren weiter nach Istanbul, wo sie in einer Wohnung eines Bekannten der beschwerdeführerenden Partei übernachteten. Obwohl die bP spätestens ab diesem Zeitpunkt in Kenntnis des Reisezieles der von ihr transportierten Personen war, beförderte sie diese trotzdem -nunmehr in dem Wissen, dadurch die Terrorvereinigung islamischer Staat zu unterstützen- bis nach Istanbul, wo sie in der Wohnung eines Freundes der bP auch eine Übernachtungsmöglichkeit organisierte. Die bP wusste vom Reiseziel der von ihr transportierten Personen, dem Entschluss der von ihr transportierten Personen den Islamischen Staat unterstützen, und auch, dass sie mit ihren Transporten diese Personen bis zumindest in die Türkei -wenn nicht sogar bis an die türkische-syrische Grenze- die Ziele der terroristischen Vereinigung Islamischer Staat unterstützte. Den von ihr transportierten Personen kam es mit Ausnahme der außer Verfolgung gesetzten S. darauf an, durch ihre Reisetätigkeit, dem der Entschluss voranging, sich zum Islamischen Staat zu begeben und dort weitere Unterstützungshandlungen zu tätigen, die Ziele des IS zu unterstützen.

Am 17. Juli 2014 begaben sich die bP und Mittäter sowie im Urteil namentlich genannte Personen, aufgeteilt auf zwei Personenkraftwagen, von Österreich in Richtung Syrien, und zwar in jenes Gebiet, welches vom islamischen Staat kontrolliert wird. Die Beschwerde führende Partei lenkte den Pkw, wobei mit ihr weitere abgesondert verfolgte Personen reisten. Das zweite Fahrzeug wurde von einer anderen namentlich genannten Person gelenkt. Zunächst reisten die Genannten über Ungarn, Rumänien und Bulgarien in die Türkei ein. Auch bei dieser Reise wusste die Beschwerde führende Partei vom Reiseziel der von ihr transportierten Personen, dem Entschluss der von ihr transportierten Personen den Islamischen Staat zu unterstützen, und auch davon, dass sie mit dem Transport dieser Personen zumindest in die Türkei -wenn nicht sogar bis an die türkische-syrische Grenze- die Ziele der terroristischen Vereinigung islamischer Staat unterstützte.

Bereits in den Tagen vor dem 18. August 2014 hatte die bP mit den übrigen Angeklagten mehrfach telefonischen Kontakt und kam es auch zu entsprechenden persönlichen Treffen, bei welchen teilweise auch schon das Reisegepäck übernommen wurde. Am 16. 08. 2014 begab sich die Beschwerde führende Partei gemeinsam mit einem Mittäter nach Wien zum ÖAMTC und erkundigte sich dort nach Fährverbindungen von Italien nach Griechenland und besorgte entsprechende Straßenkarten. Am 18. August 2014 fuhr sodann die Beschwerde führende Partei mit dem Pkw samt transportierten Personen in Richtung österreichische-ungarische Grenze los. Etwa zur gleichen Zeit startete Mittäter mit dem Pkw gemeinsam mit transportierten Personen die Fahrt in Richtung österreichische-italienische Grenze. Beide Fahrzeuge waren zwar formal auf andere Personen zugelassen, standen aber tatsächlich im Eigentum der bP, welche sämtliche Kosten für die Fahrzeuge bestritt. Die Aufteilung der Personen auf die beiden Fahrzeuge wurde von der bP vorgenommen. Alle Angeklagten waren von Wien aus aufgebrochen, um über den osteuropäischen Raum zunächst nach Istanbul zu gelangen, um sich -mit Ausnahme der bP- in weiterer Folge nach Syrien zu begeben.

Die bP hat eingestanden, dass sie die Fahrten im Wissen, dass sich die von ihr transportierten Personen in den bewaffneten Dschihad begeben wollen, durchführte. Soweit sie dies in der Hauptverhandlung teilweise zu relativieren versuchte und angab, sie sei davon ausgegangen, dass im Falle der Entdeckung mit einem "blauen Auge" davonkommen werde und ihr höchstens eine Geldstrafe gedroht hätte, und zwar wegen Durchführung illegale Grenzübertritte, ist dies als bloße Schutzbehauptung zu werten. Aus Ermittlungsergebnissen geht zweifelsfrei hervor, dass sich die bP sehr wohl bewusst war, dass es sich um schwerwiegende strafbare Handlungen handelt. Bei jemandem, der mehrmals Personen transportiert, welche sich einer der terroristischen Vereinigung anschließen wollen, ist zwangslos auf das Wissen zu schließen, dass dadurch die terroristische Vereinigung oder deren strafbare Handlungen gefördert werden, weil eine solche Handlungsweise bei lebensnaher Betrachtung gar keinen anderen Sinn haben kann. Zudem wurde auch auf dem Mobiltelefon der bP belastendes Bildmaterial gefunden, welches auf eine über das Zugeständnis des Angeklagten hinausgehende ideologische Nähe zum islamischen Staat hindeutet.

Aus der Urteilsbegründung ergibt sich, dass das Gericht davon ausgeht, dass die bP schon vor diesen Straftaten in Österreich einen illegalen Autohandel betrieb, indem sie in Österreich gebrauchte Pkw ankaufte und diese zum Weiterverkauf nach Bulgarien und in die Türkei überstellte.

Die bP wurde nach Verbüßung von 2/3 der deswegen verhängten Strafhaft am XXXX .2016 für eine Probezeit von 3 Jahren, unter Anordnung von Bewährungshilfe, bedingt entlassen.

Am 20.11.2017, somit nach Freilassung und in Probezeit befindlich, wurde die bP von der Landespolizeidirektion Wien rechtskräftig wegen § 9 Abs 6 StVO zu einer Geldstrafe von 70 Euro und wegen § 102 Abs 1 iVm § 36 lit e u. § 57a Abs 5 KFG zu einer Geldstrafe von 112 Euro bestraft.

Am 16.10.2017, somit nach Freilassung und in Probezeit befindlich, wurde gegen die bP als Erziehungsberechtigter vom Magistrat der Stadt Wien gem. § 11 Abs 1, Abs2 u. Abs 4 iVm § 24 Abs 1 u. Abs 4 Schulpflichtgesetz rechtskräftig eine Geldstrafe von 160 Euro verhängt. Die bP hat es unterlassen im Schuljahr 2016/2017, entgegen ihrer Verpflichtung, in Bezug auf ihre Tochter XXXX für die Erfüllung der Schulpflicht zu sorgen.

Die bP hat die Tochter XXXX mit 04.09.2017, somit nach Freilassung und in Probezeit befindlich, in Wien fälschlich mit der Behauptung abgemeldet, dass diese in die Türkei verzogen ist. Tatsächlich lebte sie weiterhin im Haushalt der bP. Erst nach der Verhandlung beim BVwG (09.04.2018), wo dies thematisiert wurde, erfolgte durch die bP wieder die Anmeldung. Die bP hat damit gegen das MeldeG verstoßen.

Die bP war seit 16.11.2017, somit nach ihrer Entlassung und in Probezeit befindlich, in der Bäckerei des Vaters erwerbstätig, ohne dafür eine beschäftigungsrechtliche Bewilligung zu haben.

Seit 04.02.2017, somit nach Entlassung und während der Probezeit, besteht gegen die bP ein von der LPD Wien verhängtes, rechtskräftiges Waffenverbot, mit der ihr der Besitz von Waffen und Munition verboten wurde. Nach Einschätzung der Person der bP durch die Sicherheitsbehörde, ist die Annahme gerechtfertigt, dass sie in Zukunft durch missbräuchliche Verwendung von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte.

Sie war seit Rechtskraft des Bescheides, mit der ihr die österreichische Staatsbürgerschaft entzogen wurde, ohne Aufenthaltstitel, und damit nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig, was eine Verwaltungsübertretung gem. § 120 FPG darstellt.

Von einem katholischen Seelsorger der Sozialen Gerichtshilfe Wien wird in einer Stellungnahme vom 05.04.2018 angeführt, dass die bP in Österreich "bestens integriert" sei und sich glaubhaft von dschihadistischen Gedanken nachhaltig gelöst habe.

Von der Organisation DERAD, Netzwerk sozialer Zusammenhalt, wird in einem Schreiben vom 05.04.2018 festgehalten, dass die bP frei von einschlägig radikalen oder gar extremistischen Gedankengut und Absichten sei. Dies äußere sich dadurch, dass sie es vorgezogen habe mit Nichtmuslimen Kontakte zu pflegen als sie sich in der Justizanstalt befand und mit einem katholischen Seelsorger Konktakt hatte. Die bP konzentriere sich auf den Beruf und sei gut integriert.

Aus einem Verlaufsbericht der Bewährungshilfe vom 13.11.2017 ergibt sich, dass lt. Bewährungshelfer die bP angab, dass sie sich von der Ideologie des salafistischen Islam völlig gelöst habe. Sie sei zwar nach wie vor religiös, praktiziere ihren Glauben aber auf moderate Art und Weise und halte sich von Orten und Personen fern, die dem radikalen muslimischen Umfeld zugeordnet werden könnten. Sollte die bP in Österreich legal aufhältig sein können, sei aufgrund der guten Kooperation mit der Bewährungshilfe und der grundsätzlich positiven Zukunftsprognose eine vorzeitige Aufhebung der Bewährungshilfe durchaus realistisch.

Seit Erlassung des Erkenntnis des BVwG vom 06.09.2018, mit dem ua. eine Rückkehrentscheidung und ein - später vom VwGH behobenes - unbefristetes Einreiseverbot erlassen wurde, scheinen folgende Vormerkungen wegen rechtskräftiger Bestrafung betr. Verwaltungsübertretungen, insbesondere aus dem Bereich FPG, StVO, KFG, auf:

Landespolizeidirektion Wien (Auskunft Stand 10.05.2019):

07.09.2018, § 33 Abs 1 KFG, 150 Euro

13.11.2018, § 134 Abs 3d Z 1 iVm § 106 Abs 2 KFG, 50 Euro

29.12.2018, § 103 Abs 1 Z1 iVm 36 lit e u. 57a Abs5 KFG, 112 Euro

05.01.2019, § 52 lit a Z 10a StVO, 55 Euro

08.01.2019, § 102 Abs1 iVm § 36 lit e u. § 57a Abs 5 KFG, 112 Euro

24.01.2019, § 120 Abs 1b iVm 52 Abs 8 FPG, 500 Euro

14.02.2019, § 20 Abs 2 StVO, 80 Euro

14.02.2019, § 52 lit a Z 10a StVO, 76 Euro

27.03.2019, § 103 Abs 2 KFG, 200 Euro

06.04.2019, § 53 Abs 1 Z 25 StVO, 76 Euro

10.05.2019, § 103 Abs 1 Z1 iVm 36 lit e u. 57a Abs5 KFG, 112 Euro

Magistrat der Stadt Wien (Auskunft Stand 19.05.2019):

11.12.2018, § 23 Abs 2 StVO, 68 Euro

11.12.2018, § 8 Abs 4 StVO, 80 Euro

12.01.2019, § 5 Abs 2 Parkometerabgabeordnung, 60 Euro

14.02.2018, § 5 Abs 2 Parkometerabgabeordnung, 60 Euro

14.02.2019, § 24 Abs 1 lit a StVO, 78 Euro

14.02.2019, § 23 Abs 2 StVO, 68 Euro

24.04.2019, § 24 Abs 1 lita StVO, 78 Euro

Familiäre Bindungen:

Die bP ist mit der türkischen Staatsangehörigen XXXX verheiratet. Diese hat sie über Internet kennengelernt und 2010 in der Türkei geheiratet. Die Ehegattin reiste wegen der bP nach Österreich und erhielt zuletzt einen bis 17.07.2018 befristeten Aufenthaltstitel gem. NAG als Familienangehörige der bP. Die Entscheidung über den am 25.06.2018 gestellten Verlängerungsantrag ist lt. IZF noch offen.

Türkisch ist ihre Muttersprache und verfügt sie über grundlegende Deutschkenntnisse. Sie war in der Türkei als Kassierin tätig, in Österreich war sie bis dato nicht erwerbstätig. Sie hat in der Türkei Familienangehörige und besucht diese regelmäßig.

Die bP hat mit dieser zwei Kinder, 2011 und 2014 geboren. Sie sprechen Türkisch und Deutsch. Das ältere Kind besucht den Kindergarten.

Die bP hat aus erster Ehe zwei Kinder, 2001 und 2004 geboren, für welche sie das Obsorgerecht hat. Die geschiedene Gattin lebt in Österreich und hat Besuchsrecht. Die Kinder sprechen Türkisch und Deutsch. Beide besuchen die " XXXX " in Wien.

Alle 4 Kinder leben mit der bP im gemeinsamen Haushalt.

Die bP hat in der Türkei noch Verwandte, zu denen kein enger Kontakt besteht. Die Eltern und Geschwister der bP leben in Österreich.

Auf Grund der gegebenen Deutschkenntnisse konnte eine Übersetzung von Spruch und Rechtsmittelbelehrung entfallen.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen ergeben sich unstreitig aus dem vorliegenden Verwaltungsakt der Behörde sowie den Ergebnissen aus dem ergänzenden Ermittlungsverfahren des BVwG, sowie amtlichen Auskünften.

3. Rechtliche Beurteilung

Verfahrensgegenständlich ist hier das Einreiseverbot, welches vom Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 04.04.2019 lediglich wegen seiner unbefristeten Dauer behoben wurde. Im Übrigen wurde die Revision als unbegründet abgewiesen. Bestätigt wurde vom VwGH, dass die Voraussetzung für ein Einreiseverbot gem. § 53 Abs 3 Z 6 FPG im Hinblick auf die rechtskräftige Verurteilung nach § 278b Abs 2 StGB erfüllt ist und jedenfalls eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gegeben ist. Die von einer terroristischen Gefahr ausgehende Gefahr bedarf keiner näheren Erörterung und liegt auf der Hand. Aber auch an der Aktualität dieser Gefahr ist lt. VwGH gegenständlich nicht zu zweifeln, weil die Tathandlung erst relativ kurze Zeit zurückliegt und die bedingte Entlassung aus der Strafhaft noch nicht so lange her ist. Die der bP von verschiedener Seite attestierte Abkehr vom ideologischen Gedankengut des IS vermag daran nichts zu ändern, weil angesichts des erst relativ kurzen Zeitraumes seit der Haftentlassung noch nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden kann, der Gesinnungswandel des im nicht mehr jugendlichen Alter der Ideologie des IS verfallenen bP ist nachhaltig und unumkehrbar.

Einreiseverbot

1. Einreiseverbot § 53 FPG

(1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(Anm.: Abs. 1a aufgehoben durch BGBl. I Nr. 68/2013)

(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;

2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;

3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;

4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;

5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;

6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;

7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;

8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder

9. an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.

(3) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn

1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;

2. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;

3. ein Drittstaatsangehöriger wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden ist;

4. ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder einer gerichtlich strafbaren Handlung im Sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist;

5. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

6. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB) oder eine Person zur Begehung einer terroristischen Straftat anleitet oder angeleitet hat (§ 278f StGB);

7. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

8. ein Drittstaatsangehöriger öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

(4) Die Frist des Einreiseverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

(5) Eine gemäß Abs. 3 maßgebliche Verurteilung liegt nicht vor, wenn sie bereits getilgt ist. § 73 StGB gilt.

(6) Einer Verurteilung nach Abs. 3 Z 1, 2 und 5 ist eine von einem Gericht veranlasste Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gleichzuhalten, wenn die Tat unter Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes begangen wurde, der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 15.12.2011, Zahl 2011/21/0237 zur Rechtslage vor dem FPG idgF (in Kraft seit 01.01.2014) erwogen, dass bei der Festsetzung der Dauer des Einreiseverbotes nach dem FrÄG 2011 eine Einzelfallprüfung vorzunehmen (vgl ErläutRV, 1078 BlgNR 24. GP 29 ff und Art 11 Abs 2 Rückführungs-RL) sei. Dabei hat die Behörde das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen zu beurteilen und zu berücksichtigen, ob (bzw. inwieweit über die im unrechtmäßigen Aufenthalt als solchen zu erblickende Störung der öffentlichen Ordnung hinaus) der (weitere) Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 MRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Eine derartige Gefährdung ist nach der Gesetzessystematik insbesondere in den Fällen der Z 1 bis 9 des § 53 Abs. 2 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 anzunehmen.

In den Fällen des § 53 Abs. 3 Z 1 bis 8 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 ist das Vorliegen einer schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit indiziert, was dann die Verhängung eines Einreiseverbotes in der Dauer von bis zu zehn Jahren und, liegt eine bestimmte Tatsache im Sinne der Z 5 bis 8 vor, von unbefristeter Dauer ermöglicht. Zudem ist festzuhalten, dass - wie schon nach bisheriger Rechtslage (vgl. VwGH 20.11.2008, 2008/21/0603) - in Bezug auf strafgerichtliche Verurteilungen nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern immer auf das zugrunde liegende Verhalten (arg.: Einzelfallprüfung) abzustellen ist. Maßgeblich sind Art und Schwere der zugrunde liegenden Straftaten und das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild; darauf kommt es bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots an.

1.2. Das Bundesamt hat gegen die bP auf Basis des § 53 Abs 1 iVm Abs 3 Z 6 FPG ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen, weil auf Grund bestimmter Tatsachen angenommen werden konnte - hier die rechtskräftige gerichtliche Verurteilung -, dass sie einer terroristischen Vereinigung (Islamischer Staat) angehört hat und dies zu einer Gefährdung führt. Sie wurde deswegen vom Gericht wegen § 278b Abs 2 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 3 Jahren verurteilt.

Die bP hat die ideologische Einstellung der Terrororganisation IS nicht nur innerlich in Gedanken geteilt, sondern diese im vollen Bewusstsein auch durch wiederholte logistische Unterstützung tatkräftig zur Verwirklichung der Ziele des IS außenwirksam dargelegt, damit diese weiterhin notorisch bekannte und verabscheuungswürdigste Gräueltaten an Menschen begehen können. Dies war der bP auch durchaus bewusst und hat sie sich entschieden wiederholt ihren aktiven Beitrag zur Ermöglichung bzw. Erleichterung der Verbrechen an unzähligen Menschen beizutragen.

Zwar behauptet die bP sich während der Haftverbüßung von radikalen Gedanken und der Ideologie des IS losgesagt zu haben und machte sie auch in der Verhandlung keine gegenteiligen Äußerungen, jedoch ist eine tatsächliche geänderte innere Einstellung, die sich zuvor sogar durch entsprechende Taten manifestierte, schwer erweislich und wird dies am Verhalten danach zu messen sein (siehe auch obige Ausführungen des VwGH zum Gesinnungswandel). Angesichts der Schwere des der Verurteilung zugrundeliegenden Verhaltens bzw. Deliktes vermag auch hier ein Ablauf der Probezeit und ein in dieser Zeit an den Tag gelegtes "Wohlverhalten" - zumindest in strafrechtlicher, nicht jedoch in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht - nichts daran zu ändern, zumal in der verfahrensgegenständlichen Entscheidung auch die fremdenpolizeiliche Sicht maßgeblich ist.

Resümierend ist nach Ansicht des BVwG, unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände und auch unter Einbeziehung obiger Ausführungen zum Privat- und Familienleben, die bP nach wie vor eine schwerwiegende, aktuelle Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit, was die Verhängung eines Einreiseverbotes für die Dauer von 8 Jahren jedenfalls rechtfertigt. Dabei wird insbesondere der bereits lange Aufenthalt der bP im Bundesgebiet, die erheblichen privaten und familiären Bindungen sowie der Umstand, dass es bis dato bei dieser einzigen strafrechtlichen Beurteilung blieb, bei der Reduktion der Dauer berücksichtigt.

Dass die bP selbst nach bedingter Entlassung bis zuletzt zahlreiche Verwaltungsübertretungen begangen hat, wie etwa der Verstoß gegen das Schulpflichtgesetz, melderechtlicher Verstoß, Verkehrsdelikte nach dem KFG und der StVO in sehr großer Anzahl, FPG aber auch der seit der Aberkennung der österreichischen Staatsbürgerschaft nicht rechtmäßige Aufenthalt und die nicht rechtmäßige Beschäftigung im Bundesgebiet, zeigt von einer Persönlichkeitsstruktur, die darauf hinweist, dass es der bP schwer fällt, sich an in Österreich geltende Normen zu halten, die für ein gedeihliches Zusammenleben der Gesellschaft doch auch wichtig sind. Gerade während der Probezeit und dem Aufenthaltsbeendigungsverfahren, mit dem Wunsch doch in Österreich bei der Familie bleiben zu können, wäre zu erwarten gewesen, tunlichst alles zu unterlassen, was einen Verbleib im Bundesgebiet gefährden könnte. So vermochten die bP jedoch selbst wiederholte Geldstrafen, wenngleich "nur" im verwaltungsstrafrechtlichen Bereich, von einem rechtskonformen Verhalten überzeugen. Darunter befinden sich sogar Verwaltungsübertretungen, die für sich bereits alleine grds. bereits ein Einreiseverbot in der Dauer von bis zu 5 Jahren rechtfertigen könnten, wie zB eine Verwaltungsübertretung gem. § 20 Abs 2 StVO (§ 53 Abs 2 Z 1 FPG) oder die Bestrafung wegen § 120 FPG (§ 53 Abs 2 Z 3 FPG).

Auch die Sicherheitsbehörde sah es als erwiesen an dass von der bP eine Gefahr ausgeht, nämlich jene, dass die bP durch missbräuchliche Verwendung von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte und verhängte ein in Rechtskraft erwachsenes Waffenverbot.

Angemerkt wird lediglich, dass, wenn man von einem melderechtlich rechtskonformen Verhalten der bP ausgeht - Gegenteiliges wird hier nicht unterstellt -, die seit der Entscheidung des VwGH durchführbare bzw. durchsetzbare Rückkehrentscheidung nicht befolgt wurde, zumal sie im ZMR aktuell noch immer mit Wohnsitz in Österreich aufscheint. Das Bundesamt teilte dazu am 20.09.2019 mit, dass eine Ausreise aus dem Bundesgebiet bis dato nicht nachgewiesen wurde und ein Verfahren betr. Heimreisezertifikat (inkl. 3 Urgenzen) seit 18.10.2018 anhängig ist. Das Bundesamt hat am 20.09.2019 eine Anzeige wegen nicht fristgerechter Ausreise gem. § 120 Abs 1b FPG (Geldstrafe von 5000 - 15000 Euro) erstattet.

Absehen von einer mündlichen Beschwerdeverhandlung

Gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung vor dem BVwG unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Das BVwG hat in diesem Fall vor der Behebung durch den Verwaltungsgerichtshof bereits eine Verhandlung durchgeführt, konnte sich dabei einen persönlichen Eindruck von der bP verschaffen und erschien eine neuerliche Verhandlung dafür als nicht erforderlich. In der Stellungnahme im Rahmen eines ergänzenden Ermittlungsverfahrens wurde auch für diese Entscheidung keine Verhandlung beantragt.

Das BVwG hat alle von der bP für sich ins Treffen geführten Angaben und Bescheinigungsmittel zur Darlegung ihrer Integration der Abwägung bzw. rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt. Auf Grund ihrer gesetzlich auferlegten Verfahrensförderungspflicht iSd § 39 Abs 2a AVG wurden von ihr seit der Stellungnahme keine weiteren Fakten mehr vorgebracht.

Es konnte daher davon ausgegangen werden, dass der Sachverhalt als hinreichend geklärt erachtet werden und eine Verhandlung entfallen konnte.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung, weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Aufenthaltsdauer Ausreiseverpflichtung Einreiseverbot Ersatzentscheidung Herabsetzung Interessenabwägung öffentliche Interessen öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit Privat- und Familienleben Rechtsanschauung des VwGH Staatsbürgerschaft strafgerichtliche Verurteilung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L504.2186402.1.00

Im RIS seit

04.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

04.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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