TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/21 W187 2188320-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.04.2020
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Entscheidungsdatum

21.04.2020

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §13 Abs2
AsylG 2005 §13 Abs2 Z1
AsylG 2005 §13 Abs2 Z3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58
B-VG Art133 Abs4
FPG §52
FPG §55

Spruch

W187 2188320-2/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Hubert REISNER über die Beschwerde von XXXX alias XXXX , geboren am XXXX alias XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch MigrantInnenverein St. Marx, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am XXXX zu Recht:

A)

I. Der Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. bis V. des angefochtenen Bescheides wird stattgegeben und der angefochtene Beschied gemäß §§ 10, 57 und 58 AsylG 2005 und §§ 52 und 55 FPG 2005 insoweit behoben.

II. Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

I. Verfahrensgang

1. Der zum damaligen Zeitpunkt minderjährige Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, reiste unter Umgehung der Einreisebestimmungen schlepperunterstützt in das österreichische Bundesgebiet ein, wo er am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz stellte.

2. Mit Bescheid vom XXXX wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs 1 AsylG iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs 1 AsylG iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt II.) ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde unter Spruchpunkt VI. gemäß § 55 Abs 1 bis 3 FPG mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt.

3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, mit Schreiben vom XXXX fristgerecht vollumfängliche Beschwerde wegen unschlüssiger Beweiswürdigung bzw. rechtlicher Beurteilung und einem mangelhaften Ermittlungsverfahren.

4. Diese Beschwerde und der dazugehörige Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Entscheidung vorgelegt. Die Beschwerde gegen den Bescheid vom XXXX ist seit XXXX beim Bundesverwaltungsgericht zu XXXX anhängig.

5. Am XXXX verhängte das Landesgericht für Strafsachen XXXX Untersuchungshaft gegen den Beschwerdeführer wegen § 27 Abs 2a SMG.

6. Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom XXXX , XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen der Vergehen des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 Abs 2a zweiter Fall SMG und nach § 27 Abs 1 Z 1 zweiter Fall, Abs 2 SMG nach § 27 Abs 2a SMG unter Bedachtnahme auf § 28 StGB und § 19 JGG zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten als junger Erwachsener verurteilt. Gemäß § 43a Abs 3 StGB wurde ein Teil der Strafe in der Dauer von sechs Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Dieses Urteil ist infolge Rechtsmittelverzichts seit XXXX rechtskräftig.

7. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl teilte dem Beschwerdeführer mit Verfahrensanordnung vom XXXX den Verlust seines Aufenthaltsrechts im Bundesgebiet mit XXXX gemäß § 13 Abs 2 AsylG wegen Straffälligkeit und Verhängung der Untersuchungshaft mit.

8. Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid vom XXXX , XXXX , wurde dem Beschwerdeführer erneut kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG erteilt (Spruchpunkt I.) und gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine neuerliche Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 52 Abs 9 FPG stellte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erneut fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde gemäß § 55 Abs 1 bis 3 FPG mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.). In Spruchpunkt V. erließ die belangte Behörde gegenüber dem Beschwerdeführer nach § 53 Abs 1 iVm Abs 3 Z 1 FPG ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot. Weiter wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs 2 Z 1 und 3 AsylG sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem XXXX (gemeint: XXXX ) verloren habe (Spruchpunkt VI.).

Für ein allfälliges Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde dem Beschwerdeführer amtswegig ein Rechtsberater zur Seite gestellt.

9. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, mit Schreiben vom XXXX fristgerecht vollumfängliche Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften, insbesondere wegen Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens.

10. Die Beschwerde und der dazugehörige Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Entscheidung vorgelegt.

11. Mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung wurden den Parteien einschlägige Länderinformationen zu Afghanistan übermittelt.

12. Am XXXX informierte die belangte Behörde das Bundesverwaltungsgericht über einen Fehleintrag der Identitätsdaten des Beschwerdeführers und übermittelte dazu ein Konvolut an Unterlagen.

13. Die belangte Behörde teilte mit Schreiben vom XXXX mit, dass die Teilnahme eines informierten Vertreters an der mündlichen Beschwerdeverhandlung aus dienstlichen und personellen Gründen nicht möglich sei, und beantragte die Abweisung der Beschwerde sowie die Übersendung des aufgenommenen Verhandlungsprotokolls.

14. Mit Schriftsatz vom XXXX nahm der Beschwerdeführer, vertreten durch den MigrantInnenverein St. Marx, zu den vom Bundesverwaltungsgericht ins Verfahren eingeführten Länderberichten Stellung und legte ein Konvolut an Integrationsunterlagen vor.

15. Am XXXX fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, im Zuge derer der Beschwerdeführer im Beisein seines ausgewiesenen Rechtsvertreters und einer Dolmetscherin für die Sprache Paschtu vom erkennenden Richter zu seinem Antrag auf internationalen Schutz und seinen Beschwerdegründen einvernommen wurde. Die belangte Behörde blieb der mündlichen Verhandlung fern.

Die Verhandlungsschrift lautet auszugsweise:

"[...]

Richter: Verstehen Sie die Dolmetscherin gut?

Beschwerdeführer: Ja.

Richter: Sind Sie psychisch und physisch in der Lage, der heute stattfindenden mündlichen Verhandlung zu folgen? Liegen Gründe vor, die Sie daran hindern?

Beschwerdeführer: Ja.

Richter: Nehmen Sie regelmäßig Medikamente, befinden Sie sich in medizinischer Behandlung?

Beschwerdeführer: Nein.

[...]

Richter: Können Sie sich an Ihre Aussage vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erinnern? Waren diese richtig, vollständig und wahrheitsgetreu?

Beschwerdeführer: Ja.

Richter: Geben Sie Ihr Geburtsdatum an. Wo sind Sie auf die Welt gekommen?

Beschwerdeführer: Nach meiner Einreise in Österreich wurde der XXXX als Geburtsdatum eingetragen bzw. geführt. Im Verfahren wurde dann der XXXX als Geburtsdatum festgestellt. Geboren wurde ich in der Provinz Laghman.

Richter: Stimmt es, dass der Vorname XXXX und nicht XXXX heißt?

Beschwerdeführer: Ja das ist richtig.

Der Richter stellt fest, dass die Daten im Zuge des Beschwerdeverfahrens zu korrigieren sind.

Richter: Welche Sprachen sprechen Sie? Können Sie diese lesen und schreiben?

Beschwerdeführer: Meine Muttersprache ist Paschtu. Darüber hinaus beherrsche ich auch Dari, sowie ein wenig Englisch und Urdu. Auf Paschtu und Dari kann ich sowohl lesen als auch schreiben. Urdu verstehe ich lediglich ein wenig.

Richter: Geben Sie Ihre Volksgruppe, Religion und Ihren Familienstand an.

Beschwerdeführer: Ich bin ledig, bin Moslem, gehöre dem Islam an. Ich bin Sunnite und gehöre der Volksgruppe der Paschtunen an.

Richter: Haben Sie Kinder?

Beschwerdeführer: Nein.

Richter: Können Sie bitte soweit wie möglich chronologisch angeben, wann und wo Sie sich in Afghanistan aufgehalten haben.

Beschwerdeführer: Geboren bin ich in der Provinz Laghman. Ab dem Jahr XXXX bis XXXX , habe ich mit meiner Familie in XXXX gelebt. Danach sind wir in die Heimatprovinz zurückgekehrt, wo ich dann bis zur Ausreise gelebt habe.

Richter: Wie haben Sie in Afghanistan gewohnt?

Beschwerdeführer: Das Haus, in dem wir in Laghman gelebt haben, hat uns gehört. In XXXX haben wir in einem Mietshaus gewohnt.

Richter: Was haben Sie in Afghanistan gemacht, gearbeitet, gelernt oder etwas Anderes?

Beschwerdeführer: In Afghanistan habe ich sechs Jahre die Schule besucht. Als ich mich in Laghman aufgehalten habe, habe ich gelegentlich anderen Dorfbewohnern in der Landwirtschaft ausgeholfen. Ich wurde auch ab und zu für meine Tätigkeit bezahlt.

Richter: Welche Schulbildung haben Sie erhalten?

Beschwerdeführer: Auch in Afghanistan ist es üblich, wenn man die Schule abschließt, erhält man ein Abschlusszeugnis. Ich habe nur bis zur sechsten Schulstufe die Schule besucht.

Richter: Wo und wie leben Ihre Verwandten?

Beschwerdeführer: Ich habe persönlich keinen Kontakt zu meinen nahen Angehörigen. Ich habe über einen Freund, der sich in Österreich aufhält und auch ursprünglich aus Laghman ist, erfahren, dass meine Familie nach Pakistan gezogen ist.

Richter: Haben Sie in Afghanistan Verwandte oder sonstige wichtige Kontaktpersonen und wie heißen sie? Wo leben sie? Haben Sie zu ihnen Kontakt?

Beschwerdeführer: Nein, ich habe mit niemandem in Afghanistan Kontakt.

Richter: Wie ist Ihr Leben derzeit in Österreich? Was machen Sie in Österreich?

Beschwerdeführer: Von XXXX bis XXXX habe ich in Österreich die Schule besucht. Danach habe ich einen negativen Bescheid erhalten. Ich bin dann weiter nach Frankreich gezogen. Nach meiner Rückkehr habe ich versucht, mich wieder in einer Schule einzuschreiben. Ich habe mich damals in XXXX aufgehalten. Zurzeit halte ich mich in XXXX auf. In XXXX darf ich, in meinem jetzigen Zustand, die Schule nicht besuchen. Ich lebe in XXXX , bin auch dort gemeldet, in XXXX gibt es daher für mich nicht diese Option. In XXXX habe ich diese Möglichkeit nicht. Ich bekomme pro Monat ? 145, damit kann ich mir die Fahrt dorthin nicht jeden Tag leisten.

Richter: Haben Sie Freunde in Österreich?

Beschwerdeführer: Ja, ich habe Freunde hier in Österreich.

Richter: Sind Sie Mitglied in einem Verein?

Beschwerdeführer: Ich habe keine Mitgliedschaften, ich betreibe für mich selbst morgens Sport, ich gehe laufen. In meiner Freizeit spiele ich auch Fußball.

Richter: Hatten Sie Probleme mit der Polizei oder einem Gericht?

Beschwerdeführer: Ja, ich hatte ein Problem mit der Polizei. Da ging es um Marihuana. Es war an einem Freitag, da bin ich nach XXXX gefahren. Ich habe dort im Park gespielt. Zwei Burschen haben mich angesprochen und gefragt, ob ich Marihuana hätte. Ich habe daraufhin gesagt, dass ich nichts habe. Sie haben mich darum gebeten, ihnen dabei behilflich zu sein, Marihuana zu bekommen. Ich habe zuerst abgelehnt und dann habe ich ihnen gesagt, wenn ich jemanden finde, sollen sie mir dann im Gegenzug einen Joint geben. Damals habe ich selbst Drogen konsumiert. Ich habe dann dort einen Dunkelhäutigen angetroffen und im Gegenzug habe ich einen Joint erhalten. Ich wurde dann von der Polizei deswegen aufgegriffen. Die anderen Burschen haben gesagt, sie hätten das von mir erhalten. Ich habe das eigentlich von jemand anderen erhalten. Es gab auch eine Gerichtsverhandlung. Als die Polizei auf uns zugekommen ist, bin ich davongelaufen. Ich wusste nicht, dass es sich um Polizisten handelt, deswegen bin ich aus Angst davongelaufen.

Richter: Was war das für ein Vorfall am XXXX in der Asyl Sonderbetreuungsstelle XXXX ?

Beschwerdeführer: Dabei ist es zu einer Auseinandersetzung mit meinen Zimmergenossen gekommen, eigentlich einen Freund. Ich habe ihn aufgefordert das Zimmer zu putzen und er hat sich geweigert.

Richter: Warum sind Sie nach Slowenien gefahren? Wann sind Sie nach Slowenien gefahren, wann sind Sie zurückgekehrt? Was haben Sie in Slowenien gemacht?

Beschwerdeführer: Als ich aus Frankreich zurückgekehrt bin, bin ich zuerst in XXXX angekommen. Dort habe ich zwei Nächte bei Freunden verbracht. Ich wollte dann weiter nach XXXX . Im Zug bin ich eingeschlafen und der Zug fuhr dann von XXXX weiter nach Slowenien. Als mir das bewusst geworden ist, habe ich die österreichischen Beamten darum gebeten, mich nach Österreich einreisen zu lassen. Sie haben mich belehrt und gesagt, dass ich keinen Ausweis hätte. Es hat dann ein Monat lang gedauert, bis die offizielle Rücküberstellung erfolgt ist. Ich wurde dort auch einvernommen. Bei der polizeilichen Befragung habe ich dann auch die ganze Wahrheit erzählt, dass ich ursprünglich in Österreich war und weiter nach Frankreich gereist bin. Die dortige Polizei hat mir gesagt, wenn ich nicht um Asyl ansuche, sind sie dazu gezwungen, mich zurückzuschieben. Die Polizei hat mich dann zwei oder drei Tage in einem geschlossenen Lager festgehalten, danach wurde ich einvernommen. Während der Befragung habe ich alles angegeben, dass ich eigentlich in Österreich um Asyl angesucht habe und nach der negativen Entscheidung nach Frankreich weitergezogen bin. Ich habe bei der Befragung erzählt, dass ich aus Frankreich zurückgekommen bin, und auch angegebenen, dass ich in das für mich zuständige Land zurückkehren möchte.

Richter: Schildern Sie den Vorfall, der zu Ihrer Flucht geführt hat!

Beschwerdeführer: Mein Vater hat bei einer amerikanischen Firma namens " XXXX " gearbeitet. Mein Vater hat für diese Firma gearbeitet. Nachdem wir nach Laghman zurückgekehrt sind, haben die Taliban von mir gefordert, meinen Vater ihnen zu stellen, sie wollten wissen, wo er sich aufhält. Sie wollten meinen Vater haben, er hat sich versteckt gehalten. Ich konnte nicht meinen eigenen Vater an sie verraten. Zuletzt haben sie mich angehalten, sie wollten wissen, wo sich mein Vater aufhält. Wenn ich ihnen das nicht sage, hätte ich mich ihnen anschließen müssen. Nach dieser Aufforderung habe ich Angst bekommen und bin geflüchtet.

Richter: Sind Sie jemals persönlich bedroht oder angegriffen worden?

Beschwerdeführer: Ja, ich wurde persönlich bedroht. Zuletzt standen sie vor unserer Haustür und wollten wissen, wo sich mein Vater aufhält. Sie sagten auch, wenn sie wiederkommen und ich ihnen nicht mitteilen kann, wo sich mein Vater aufhält, dann werden sie mich mitnehmen.

Richter: Wodurch sind Sie aktuell in Afghanistan bedroht?

Beschwerdeführer: Im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan, werden sie mit mir abrechnen, weil ich ihnen nicht gesagt habe, bzw. verraten habe, wo sich mein Vater versteckt hält. Diese Leute sind so, dass man sich ihnen zu beugen hat, wenn man das nicht tut, wird man entweder getötet oder man muss mit ihnen in den Krieg ziehen.

Richter: Wie sind Sie nach Österreich gekommen?

Beschwerdeführer: Schlussendlich hat mein Vater mit meinem Onkel mütterlicherseits gemeinsam entschieden, dass ich in der Heimat keine Überlebensmöglichkeiten habe. Ich wurde dann weggeschickt.

Richter: Wie haben Sie die Reise bezahlt?

Beschwerdeführer: Mein Onkel mütterlicherseits und mein Vater haben meine Reisekosten bezahlt.

Richter: Schildern Sie bitte nochmals die Gründe Ihrer Beschwerde!

Beschwerdeführer: Die Beschwerde habe ich eingebracht, weil ich möchte, dass man mir eine positive Entscheidung gibt. Davor wurde gesagt, dass mir Recht zugesprochen wird.

Richter: Was würde passieren, wenn Sie jetzt nach Afghanistan zurückkehren müssten?

Beschwerdeführer: Sie wissen wie die Situation bzw. die Lage in Afghanistan zurzeit ist. Ich bin überzeugt davon, dass die Taliban mich über verschiedene Wege überall in Afghanistan ausfindig machen können. Sie werden auch von meiner Rückkehr erfahren.

Rechtsvertreter: Was war die Aufgabe Ihres Vaters in dieser Firma?

Beschwerdeführer: Die Aufgabe meines Vaters bestand darin, Lebensmittel zu transportieren.

Der Beschwerdeführer bringt nichts mehr vor.

Richter: Haben Sie die Dolmetscherin gut verstanden?

Beschwerdeführer: Ja."

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen

Beweis wurde erhoben durch Einsicht in die dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Verwaltungsakten des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl und die Verfahrensakten des Bundesverwaltungsgerichts betreffend den Beschwerdeführer zu XXXX und XXXX , sowie durch Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

1. Feststellungen

1.1 Mit Bescheid vom XXXX wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt.

Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Die Beschwerde ist seit XXXX beim Bundesverwaltungsgericht zu XXXX anhängig.

1.2 Am XXXX verhängte das Landesgericht für Strafsachen XXXX Untersuchungshaft gegen den Beschwerdeführer wegen § 27 Abs 2a SMG. Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom XXXX , XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen der Vergehen des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 Abs 2a zweiter Fall SMG und nach § 27 Abs 1 Z 1 zweiter Fall, Abs 2 SMG nach § 27 Abs 2a SMG unter Bedachtnahme auf § 28 StGB und § 19 JGG zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten als junger Erwachsener verurteilt. Gemäß § 43a Abs 3 StGB wurde ein Teil der Strafe in der Dauer von sechs Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Dieses Urteil ist infolge Rechtsmittelverzichts seit XXXX rechtskräftig.

1.3 Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX erteilte dieses dem Beschwerdeführer erneut keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, sprach ihm gegenüber neuerlich eine Rückkehrentscheidung aus und stellte erneut fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei. Weiter führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aus, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage. Zudem erließ die belangte Behörde gegenüber dem Beschwerdeführer ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot. Schließlich stellte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl fest, dass der Beschwerdeführer sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem XXXX (gemeint: XXXX ) verloren habe.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht die gegenständliche Beschwerde.

2. Beweiswürdigung

2.1 Die Feststellungen zum Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz, zum Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , zur vom Beschwerdeführer dagegen erhobenen Beschwerde sowie zum beim Bundesverwaltungsgericht dahingehend anhängigen Beschwerdeverfahren gründen auf einer Einsichtnahme des erkennenden Richters in den Verfahrensakt des BVwG betreffend die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , XXXX .

2.2 Die Feststellung zur strafrechtlichen Bescholtenheit des Beschwerdeführers und seiner Verurteilung durch das Landesgericht für Strafsachen XXXX ergeben sich aus der im hg Verfahrensakt zu XXXX einliegenden gekürzten Urteilsausfertigung des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom XXXX und dem eingeholten aktuellen Strafregisterauszug. Dass gegen den Beschwerdeführer am XXXX durch das Landesgericht für Strafsachen XXXX Untersuchungshaft verhängt wurde, gründet auf der im Verfahrensakt des BVwG zu XXXX einliegenden Verständigung der Behörde von der Verhängung der Untersuchungshaft.

2.3 Die Feststellungen zum nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX sowie zu der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde sind aktenkundig.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1 Anzuwendendes Recht

Gegenständlich sind die Verfahrensbestimmungen des AVG, des BFA-VG, des VwGVG und jene im AsylG 2005 enthaltenen sowie die materiellen Bestimmungen des AsylG 2005 in der geltenden Fassung samt jenen Normen, auf welche das AsylG 2005 verweist, anzuwenden.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG, BGBl I 10/2013 idgF, entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 7 Abs 1 Z 1 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF, entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl das Bundesverwaltungsgericht.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4 VwGVG) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs 3 VwGVG) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

3.2 Rechtlich folgt daraus

3.2.1 Zur Beschwerde

Der angefochtene Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am XXXX zugestellt. Die gegenständliche Beschwerde wurde am XXXX beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eingebracht und ist daher rechtzeitig und zulässig; sie ist auch begründet.

3.2.2 Zu Spruchpunkt A) I. - Stattgabe der Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. bis V. des angefochtenen Bescheides

3.2.2.1 Die für den vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) lauten auszugsweise wie folgt:

"Rückkehrentscheidung

§ 52. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich

1. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder

2. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.

(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,

2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

(3) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 AsylG 2005 oder § 11 Abs. 1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre,

1a. nachträglich ein Versagungsgrund eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Einreisetitels entgegengestanden wäre oder eine Voraussetzung gemäß § 31 Abs. 1 wegfällt, die für die erlaubte visumfreie Einreise oder den rechtmäßigen Aufenthalt erforderlich ist,

2. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht und im ersten Jahr seiner Niederlassung mehr als vier Monate keiner erlaubten unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

3. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er länger als ein Jahr aber kürzer als fünf Jahre im Bundesgebiet niedergelassen ist und während der Dauer eines Jahres nahezu ununterbrochen keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

4. der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG) entgegensteht oder

5. das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, aus Gründen, die ausschließlich vom Drittstaatsangehörigen zu vertreten sind, nicht rechtzeitig erfüllt wurde.

Werden der Behörde nach dem NAG Tatsachen bekannt, die eine Rückkehrentscheidung rechtfertigen, so ist diese verpflichtet dem Bundesamt diese unter Anschluss der relevanten Unterlagen mitzuteilen. Im Fall des Verlängerungsverfahrens gemäß § 24 NAG hat das Bundesamt nur all jene Umstände zu würdigen, die der Drittstaatsangehörige im Rahmen eines solchen Verfahrens bei der Behörde nach dem NAG bereits hätte nachweisen können und müssen.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EU" verfügt, hat das Bundesamt eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.

(6) Ist ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehöriger im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates, hat er sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben. Dies hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen. Kommt er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach oder ist seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, ist eine Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 zu erlassen.

(7) Von der Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 ist abzusehen, wenn ein Fall des § 45 Abs. 1 vorliegt und ein Rückübernahmeabkommen mit jenem Mitgliedstaat besteht, in den der Drittstaatsangehörige zurückgeschoben werden soll.

(8) Die Rückkehrentscheidung wird im Fall des § 16 Abs. 4 BFA-VG oder mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland gemäß unionsrechtlichen oder bilateralen Rückübernahmeabkommen oder anderen Vereinbarungen oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Liegt ein Fall des § 55a vor, so wird die Rückkehrentscheidung mit dem Ablauf der Frist für die freiwillige Ausreise durchsetzbar. Im Falle einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 28 Abs. 2 Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

[...]

Frist für die freiwillige Ausreise

§ 55. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 wird zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt.

(1a) Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird.

(2) Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

(3) Bei Überwiegen besonderer Umstände kann die Frist für die freiwillige Ausreise einmalig mit einem längeren Zeitraum als die vorgesehenen 14 Tage festgesetzt werden. Die besonderen Umstände sind vom Drittstaatsangehörigen nachzuweisen und hat er zugleich einen Termin für seine Ausreise bekanntzugeben. § 37 AVG gilt.

(4) Das Bundesamt hat von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt wurde.

(5) Die Einräumung einer Frist gemäß Abs. 1 ist mit Mandatsbescheid (§ 57 AVG) zu widerrufen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder Fluchtgefahr besteht."

3.2.2.2 Die für den vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 (AsylG) lauten auszugsweise wie folgt:

"Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme

§ 10. (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

3. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

4. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

5. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.

(2) Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

(3) Wird der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 abgewiesen, so ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden. Wird ein solcher Antrag zurückgewiesen, gilt dies nur insoweit, als dass kein Fall des § 58 Abs. 9 Z 1 bis 3 vorliegt."

[...]

Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz

§ 57. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

[...]

Antragstellung und amtswegiges Verfahren

§ 58. (1) Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt,

4. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird oder

5. ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.

[...]."

3.2.2.3 Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes bestand zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides vom XXXX für das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hierfür aus folgenden Gründen keine Zuständigkeit:

Nach § 58 Abs 1 AsylG 2005 hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 leg cit von Amts wegen unter anderem dann zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird (§ 58 Abs 1 Z 2 AsylG 2005). Gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG - worauf das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl seine Rückkehrentscheidung im vorliegenden Fall stützt - ist eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat mit Bescheid vom XXXX den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom XXXX bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten sowie bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen. Folgerichtig hat es im Bescheid vom XXXX zunächst das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" (§ 57 AsylG) und für die Erlassung einer Rückkehrentscheidung geprüft, in der Folge eine solche erlassen und die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan für zulässig erklärt. Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Beschied eine Beschwerde, die seit XXXX beim Bundesverwaltungsgericht zu XXXX anhängig ist.

Aus den angeführten Bestimmungen ist keine Zuständigkeit des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl abzuleiten, während eines offenen Beschwerdeverfahrens das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides) und für die Erlassung einer Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides) neuerlich zu prüfen sowie erneut eine Rückkehrentscheidung zu erlassen. Eine Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten im Sinn des § 52 Abs 2 Z 2 FPG - auf den das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl seine Rückkehrentscheidung stützt - läge erst nach einer etwaigen Abweisung der derzeit anhängigen Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX durch das Bundesverwaltungsgericht im zu XXXX protokollierten Beschwerdeverfahren vor.

Der Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides ist daher stattzugeben und der angefochtene Bescheid wegen Unzuständigkeit des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl zum Entscheidungszeitpunkt in Hinblick auf das derzeit anhängige Beschwerdeverfahren zu XXXX hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. zu beheben.

Da die Spruchpunkte III. (Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung), IV. (Frist für die freiwillige Ausreise) und V. (Erteilung eines Einreiseverbots) lediglich in Folge der zuvor erlassenen Rückkehrentscheidung ergangen sind und diesen in Folge der Behebung der Spruchpunkte I. und II. die Rechtsgrundlage fehlt, ist der Beschwerde auch hinsichtlich der Spruchpunkte III. bis V. stattzugeben. Diese Spruchpunkte sind daher ebenfalls zu beheben.

3.2.3 Zu Spruchpunkt A) II. - Abweisung der Beschwerde gegen Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides

3.2.3.1 Gemäß § 13 Abs 1 AsylG 2005 ist ein Asylwerber, dessen Asylverfahren zugelassen ist, bis zur Erlassung einer durchsetzbaren Entscheidung, bis zur Einstellung oder Gegenstandslosigkeit des Verfahrens oder bis zum Verlust des Aufenthaltsrechtes (Abs 2) zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt. Ein aufgrund anderer Bundesgesetze bestehendes Aufenthaltsrecht bleibt unberührt. Gemäß Abs 2 leg cit verliert ein Asylwerber sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet unter anderem, wenn dieser straffällig geworden ist (Z 1) oder wenn gegen den Asylwerber Untersuchungshaft verhängt wurde (Z 3). Der Verlust des Aufenthaltsrechtes ist dem Asylwerber mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs 1 VwGVG) mitzuteilen. Wird ein Asylwerber in den Fällen der Z 2 bis 4 freigesprochen, tritt die Staatsanwaltschaft von der Verfolgung der Straftat zurück (§§ 198 ff StPO) oder wird das Strafverfahren eingestellt, lebt sein Aufenthaltsrecht rückwirkend mit dem Tage des Verlustes wieder auf.

Laut § 2 Abs 3 AsylG ist ein Fremder im Sinne dieses Bundesgesetzes straffällig geworden, wenn er wegen einer vorsätzlich begangenen gerichtlich strafbaren Handlung, die in die Zuständigkeit des Landesgerichtes fällt (Z 1), oder mehr als einmal wegen einer sonstigen vorsätzlich begangenen gerichtlich strafbaren Handlung, die von Amts wegen zu verfolgen ist rechtskräftig verurteilt worden ist (Z 2).

3.2.3.2 Die belangte Behörde hat zutreffend ausgeführt, dass der Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs 2 AsylG sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet verloren hat, weil gegen ihn am XXXX durch das Landesgericht für Strafsachen XXXX Untersuchungshaft verhängt wurde. Der Beschwerdeführer hat daher gemäß § 13 Abs 2 Z 3 AsylG sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet nach § 13 Abs 1 AsylG ab dem XXXX ex lege verloren. Der Beschwerdeführer verfügt auch über kein sonstiges Aufenthaltsrecht außerhalb des Asylverfahrens. Nach Verlust des Rechts auf Aufenthalts kommt dem Beschwerdeführer ab diesem Zeitpunkt faktischer Abschiebeschutz zu (§ 13 Abs 3 AsylG).

Der Verlust des Aufenthaltsrechts wurde dem Beschwerdeführer mit Verfahrensanordnung vom XXXX nachweislich mitgeteilt.

Gemäß § 13 Abs 4 AsylG hat das Bundesamt im verfahrensabschließenden Bescheid über den Verlust des Aufenthaltsrechts abzusprechen.

Der Ausspruch durch die belangte Behörde, wonach der Beschwerdeführer sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem XXXX (gemeint: ab dem XXXX ) verloren hat, erfolgte daher zu Recht.

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides vom XXXX war daher als unbegründet abzuweisen.

3.2.4 Zu Spruchpunkt B) - Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Anhängigkeit Aufenthaltsrecht Rückkehrentscheidung behoben Spruchpunktbehebung strafrechtliche Verurteilung Suchtmitteldelikt Teilstattgebung unzuständige Behörde Verlusttatbestände

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W187.2188320.2.00

Im RIS seit

04.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

04.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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