TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/30 W137 2154162-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.04.2020
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Entscheidungsdatum

30.04.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs1
B-VG Art133 Abs4
Dublin III-VO Art28 Abs1
Dublin III-VO Art28 Abs2
FPG §76 Abs2 Z2
VwGVG §35

Spruch

W137 2154162-1/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Peter HAMMER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Nigeria, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst - ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.04.2017, Zl. 1137443402 - 170466490, sowie die Anhaltung in Schubhaft von 18.04.2017 bis 02.05.2017 zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß Artikel 28 Absatz 1 und 2 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (Dublin III-VO) iVm § 76 Abs. 2 Z 2 FPG (in der damals geltenden Fassung) iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen und die Anhaltung in Schubhaft von 18.04.2017 bis 02.05.2017 für rechtmäßig erklärt.

II. Der Beschwerdeführer hat gemäß § 35 VwGVG dem Bund (Bundesminister für Inneres) den Verfahrensaufwand in Höhe von 426,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

III. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Ersatz des Verfahrensaufwands wird gemäß § 35 VwGVG abgewiesen.

B)

Die Revision ist gem. Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt

1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Nigeria. Er stellte in Österreich am 10.12.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz. Dieser wurde wegen Zuständigkeit Italiens zur Verfahrensführung rechtskräftig zurückgewiesen.

2. Am 18.04.2017 wurde der Beschwerdeführer in Wien festgenommen. Im Rahmen einer niederschriftlichen Einvernahme am folgenden Tag gab der Beschwerdeführer an, er sei abseits einer "kleinen Hautinfektion" gesund. Zuletzt habe er in Fieberbrunn gewohnt. Seit einigen Tagen sei er in Wien und schlafe auf der Straße. Er habe in Österreich weder soziale noch familiäre Bindungen. Österreich habe er seit der Asylantragstellung nicht verlassen.

3. Mit Bescheid vom 18.04.2017 wurde über den Beschwerdeführer die Schubhaft angeordnet. Begründet wurde die (erhebliche) Fluchtgefahr im Wesentlichen mit der mangelnden Kooperation im Verfahren (insbesondere durch Aufenthalt im Verborgenen), sowie der nahezu vollständig fehlenden sozialen Verankerung des Beschwerdeführers im Bundesgebiet. Mit der Anordnung des gelinderen Mittels könne auch unter Berücksichtigung der fehlenden Vertrauenswürdigkeit des Beschwerdeführers nicht das Auslangen gefunden werden. Zudem sein der Beschwerdeführer in Österreich wegen eines Suchtmitteldeliktes vorbestraft. Insgesamt erweise sich die Schubhaft angesichts der vorliegenden "ultima-ratio-Situation" auch als verhältnismäßig. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am selben Tag durch persönliche Übergabe (gemeinsam mit der Verfahrensanordnung betreffend die Beigabe eines Rechtsberaters) zugestellt.

4. Am 25.04.2017 langte beim Bundesverwaltungsgericht die nunmehr verfahrensgegenständliche Beschwerde (samt Vollmachtsbekanntgabe) ein. Darin wird im Wesentlichen vorgebracht, dass der Beschwerdeführer die Betreuungsstelle in Fieberbrunn wegen unzureichender medizinischer Versorgung einer Hauterkrankung verlassen habe und nach Wien zurückgekehrt sei. Eine nachhaltige Verankerung sei dem Beschwerdeführer aufgrund der kurzen Aufenthaltsdauer und seiner Haft nicht möglich gewesen. Zudem sei auch über die Beschwerde im Asylverfahren noch nicht entschieden worden. Zwischenzeitlich könne der Beschwerdeführer (an einer konkret angeführten Adresse) einen Hauptwohnsitz begründen. Insgesamt sei der Bescheid nicht hinreichend begründet, was insbesondere auch für den Abspruch über das gelindere Mittel gelte.

Beantragt werde daher a) eine mündliche Verhandlung unter Einvernahme des Beschwerdeführers durchzuführen; b) auszusprechen, dass die Anordnung von Schubhaft und die bisherige Anhaltung in Schubhaft in rechtswidriger Weise erfolgten; c) auszusprechen, dass die Voraussetzungen für eine weitere Anhaltung nicht vorliegen; d) der Belangten Behörde den Ersatz der Aufwendungen aufzuerlegen.

5. Ebenfalls am 25.04.2017 langte der Verwaltungsakt beim Bundesverwaltungsgericht ein. Dabei wies das Bundesamt auf die geplante Abschiebung des Beschwerdeführers am 13.04.2017 hin. Mit der Beschwerdevorlage verwies das Bundesamt in einer Stellungnahme auf das bisherige Verhalten des Beschwerdeführers, insbesondere die strafrechtliche Verurteilung. Zudem habe sich die angebliche Hautkrankheit als kleine Infektion erwiesen. Auch habe der Beschwerdeführer bei einer früheren Festnahme bereits einen Fluchtversuch unternommen.

Beantragt wurde die Abweisung der Beschwerde; die Feststellung, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen; sowie den Beschwerdeführer zum Ersatz der angeführten Kosten zu verpflichten.

6. Mit Schreiben vom 25.04.2017 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer - im Wege seines bevollmächtigten Vertreters - eine Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme und führte dazu insbesondere aus, dass er ohne nähere Begründung nunmehr eine Unterkunftsmöglichkeit behauptet, und das Verlassen der Betreuungsstelle mit einer fehlenden medizinischen Behandlungsmöglichkeit begründet habe.

Unter Setzung einer Frist wurde der Beschwerdeführer im Weiteren aufgefordert, eine Begründung für die nunmehr behauptete Unterkunftsmöglichkeit nachzureichen. Zudem werde er aufgefordert, ärztliche Unterlagen zur Bestätigung der "Hauterkrankung" vorzulegen - insbesondere Belege für Arztbesuche in Wien vor seiner Festnahme.

Ausdrücklich wurde abschließend darauf hingewiesen, dass andernfalls weder die Unterkunftsmöglichkeit, noch eine (dringend) behandlungsbedürftige Hauterkrankung der Entscheidung zugrunde gelegt werden können.

7. Am 26.04.2017 teilte das Bundesamt auf Nachfrage mit, dass in der Betreuungsstelle Fieberbrunn keine Vermerke existieren würden, wonach der Beschwerdeführer um Behandlung einer Hauterkrankung ersucht habe. Im Übrigen seien Hautärzte im Bedarfsfall in der näheren Umgebung verfügbar.

8. Am 27.04.2020 übermittelte der Vertreter des Beschwerdeführers eine Stellungnahme, in der er ausführte, dass der Beschwerdeführer "zusätzlich zur erwähnten Adresse" auch mit einer Unterbringung an der Betreuungsstelle Ost einverstanden sei. Überdies habe er Anspruch auf Unterbringung im Rahmen der Grundversorgung.

Hinsichtlich der Hautkrankheit werde die Beischaffung des Anhalteakts zur Verifizierung der Erkrankung beantragt.

9. Am 02.05.2017 wurde der Beschwerdeführer nach Italien abgeschoben.

Aufgrund der Aktenlage wird folgender Sachverhalt der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Nigeria. Gegen ihn bestanden zum Zeitpunkt der Anordnung der Schubhaft eine durchsetzbare Anordnung zur Außerlandesbringung. Er wurde am 02.05.2017 nach Italien abgeschoben. Die Abschiebung selbst blieb unbekämpft.

Das Bundesamt konnte zum Zeitpunkt der Anordnung der Schubhaft davon ausgehen, dass eine Abschiebung des Beschwerdeführers binnen weniger Wochen erfolgen kann.

Der Beschwerdeführer verfügte zum Zeitpunkt der Schubhaftanordnung über keine familiären oder sozialen Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet. Er war nicht legal beschäftigt.

Der Beschwerdeführer wurde in Österreich wegen eines Suchtmitteldeliktes strafrechtlich verurteilt und ist nicht vertrauenswürdig.

Der Beschwerdeführer verfügte zum relevanten Zeitpunkt über keinen gesichterten Wohnsitz. Er übernachtete in Wien auf der Straße. Die ihm zugewiesene Betreuungseinrichtung hat er im März 2017 verlassen und sich danach bis zur Festnahme (mehr als drei Wochen lang) im Verborgenen aufgehalten. Seine diesbezügliche Begründung erweist sich als (bewusst) tatsachenwidrig. Überdies ist der Beschwerdeführer (respektive sein Vertreter) in diesem Zusammenhang seiner Mitwirkungspflicht trotz explizitem gerichtlichen Auftrag nicht nachgekommen. Der Beschwerdeführer war zum Zeitpunkt der Anordnung der Schubhaft mittellos.

Der Beschwerdeführer war bei Anordnung der Schubhaft grundsätzlich gesund und jedenfalls arbeitsfähig und haftfähig. Eine kleine Hautinfektion zum Zeitpunkt der Festnahme wurde vom Amtsarzt mit einer Salbe behamdelt. Es gibt keine Hinweise auf substanzielle gesundheitliche Probleme für den Zeitraum der Anhaltung in Schubhaft.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Beweiswürdigung:

1.1. Der Verfahrensgang und der Sachverhalt ergeben sich aus dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes zur Zl. 1137443402 - 170466490. Unstrittig sind die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers sowie zur Anordnung zur Außerlandesbringung und zur Abschiebung. Eine Beschwerde gegen die Abschiebung ist beim Bundesverwaltungsgericht nie eingelangt.

1.2. Aus obigen Gründen sowie der reibungslosen Zusammenarbeit mit den italienischen Behörden und laufender Überstellungen konnte das Bundesamt bei Anordnung der Schubhaft davon ausgehen, dass eine Abschiebung des Beschwerdeführers binnen nur weniger Tage, allenfalls weniger Wochen, erfolgen kann.

1.3. Unstrittig ist das Fehlen von im Bundesgebiet bestehenden familiären oder sozialen Anknüpfungspunkten. Dass der Beschwerdeführer nicht legal beschäftigt gewesen ist ebenfalls unstrittig.

1.4. Auch die strafrechtliche Verurteilung des Beschwerdeführers wegen eines Suchtmitteldeliktes ist unstrittig.

1.5. Die fehlende Meldung im Bundesgebiet ab 26.03.2017 ergibt sich aus einer Abfrage im Zentralen Melderegister. Dass er in dieser Zeit über einen Anspruch auf Unterbringung verfügt hat, kann daran insofern nichts ändern, weil er die ihm zur Verfügung gestellte Unterkunft bewusst verlassen und sich danach im Verborgenen ("auf der Straße" in Wien) aufgehalten hat. Bestrebungen, in Wien in die Versorgung aufgenommen zu werden sind bis zur Anordnung der Schubhaft nicht ersichtlich und wurden auch in der Beschwerde nicht behauptet. Dass er "bereit" sei, in der Betreuungsstelle Ost Unterkunft zu nehmen, bekundet lediglich ein passives Verhalten und kein aktives Handeln - was aber erforderlich wäre, nachdem der Beschwerdeführer seine bisherige Betreuungsstelle ohne Information der Behörden eigenmächtig verlassen hat. Die gerichtliche Aufforderung, die erstmalig in der Beschwerde behauptete private Unterkunftsmöglichkeit nachvollziehbar darzulegen wurde in der Stellungnahme vom 27.04.2017 zudem vollständig ignoriert.

1.6. Ähnlich verhält es sich mit der behaupteten Motivation zum Verlassen des Quartiers in Fieberbrunn. Der Beschwerdeführer hat vor seiner Festnahme in Wien mehr als drei Wochen lang keinen Arzt besucht um seine Hauterkrankung behandeln zu lassen. Im Rahmen des schriftlichen Parteiengehörs wurden - trotz entsprechender ausdrücklicher Aufforderung seitens des Bundesverwaltungsgerichts - keinerlei Unterlagen bezüglich dieser Erkrankung vorgelegt. Vielmehr wurde in lediglich drei Zeilen der Stellungnahme auf die Bekanntgabe an den Amtsarzt im Zuge der Festnahme ("kleine Hautinfektion") verwiesen und ein Erkundungsbeweis beantragt. Damit ist der Beschwerdeführer auch in diesem Zusammenhang der Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen.

Vielmehr ergibt sich aus diesen Umständen zweifelsfrei, dass der Beschwerdeführer das Quartier in Fieberbrunn nicht wegen Sorge um eine fehlende Behandlungsmöglichkeit seiner Hauterkrankung verlassen - die zum damaligen Zeitpunkt offensichtlich auch nicht behandlungsbedürftig war. Wäre dies tatsächlich der Fall gewesen, hätte sich der Beschwerdeführer in Wien umgehend um medizinische Behandlung begeben und nicht drei Wochen auf der Straße gelebt. Dass im ländlichen Raum Fachärzte nicht binnen weniger Gehminuten erreichbar sind, ist eine Tatsache, die auch für regionale Wohnbevölkerung unstrittig vorliegt. Sie stellt daher im Zusammenhang mit grundsätzlich gesunden Asylwerbern keinesfalls einen unzumutbaren Umstand dar. Aufgrund der groben Verletzungen der Mitwirkungspflicht im Verfahren in diesem Zusammenhang und dem belegbaren Verhalten des Beschwerdeführers nach dem Verlassen Fieberbrunns kann die behauptete Begründung für das Verlassen der dortigen Betreuungseinrichtung der gegenständlichen Entscheidung nicht zugrunde gelegt werden.

Die Mittellosigkeit des Beschwerdeführers zum relevanten Zeitpunkt ergibt sich aus der Anhaltedatei.

1.7. Im gesamten Verfahren hat es keine Hinweise auf schwerwiegende gesundheitliche Problem des Beschwerdeführers gegeben. Das Bestehen einer kleinen Hautinfektion zum Zeitpunkt der Festnahme - die vom Amtsarzt mit einer Salbe behandelt worden ist - war stets unstrittig. Eine fehlende Haftfähigkeit wurde auch in der Beschwerde nicht behauptet.

2. Rechtliche Beurteilung

2.1. Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs.1 Z 3 und 4 VwGVG) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3 VwGVG) zu überprüfen. Gemäß § 9 Abs. 1 VwGVG hat die Beschwerde u.a. (Z 3) die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie (Z 4) das Begehren zu enthalten. In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde zu § 27 VwGVG ausgeführt: "Der vorgeschlagene § 27 legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Anders als die Kognitionsbefugnis einer Berufungsbehörde (vgl. § 66 Abs. 4 AVG) soll die Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichtes durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt sein."

2.2. Der mit "Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft" betitelte § 22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, lautet:

"§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig."

Das Bundesverwaltungsgericht ist somit gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG für die Entscheidung der gegenständlichen Beschwerde zuständig.

Zu Spruchteil A)

2.3. Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung zum Zeitpunkt der Schubhaftanordnung, lautete:

"§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur dann angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

2. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen oder Meldeverpflichtungen gemäß §§ 56 oder 71 FPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder 15a AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß."

2.4. Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

3. Zur Frage der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides und der Anhaltung in Schubhaft bis 02.05.2017

3.1. Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kann immer nur dann verhältnismäßig sein, wenn mit dem der Möglichkeit einer Abschiebung auch tatsächlich zu rechnen ist. Ergibt sich, dass diese fremdenpolizeiliche Maßnahme innerhalb der Schubhafthöchstdauer nicht durchführbar ist, so darf die Schubhaft nicht verhängt werden bzw. ist - wenn sich das erst später herausstellt - umgehend zu beenden (VwGH 28.08.2012, 2010/21/0517; vgl. VwGH 19.04.2012, 2009/21/0047).

Die "Fluchtgefahr" ist in Österreich im § 76 Abs. 3 FPG (oben unter Punkt II.2. wiedergegeben) gesetzlich definiert. Über den Beschwerdeführer wurde die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und zur Sicherung der Abschiebung angeordnet.

3.2. Die belangte Behörde begründete die festgestellte Fluchtgefahr im Wesentlichen mit dem Aufenthalt des Beschwerdeführers im Verborgenen sowie dem geringen Grad der sozialen Verankerung im Bundesgebiet. Das Bundesamt stützte sich dabei erkennbar auf die Ziffern 1 und 9 des § 76 Abs. 3 FPG. Dem Vorliegen der Kriterien der Ziffer 1 wurde in der Beschwerde nicht nachvollziehbar entgegengetreten.

In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass sich die Beschwerdebehauptung einer nicht hinreichenden Begründung des angefochtenen Bescheides vor dem Hintergrund der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu Mandatsbescheiden bei Schubhaftanordnung als nicht nachvollziehbar erweist. Insbesondere hält sich eine Person auch dann "im Verborgenen" auf, wenn sie ihren Vertreter darüber informiert haben sollte, dass sie derzeit "in Wien auf der Straße lebt" - wobei ein tatsächlich bestehender Kontakt zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Vertreter im Zeitraum von 25.03.2017 bis 17.04.2017 in der Beschwerde auch gar nicht behauptet worden ist.

3.3. Die belangte Behörde stützt den angefochtenen Bescheid auch auf § 76 Abs. 3 Z 9 FPG, wonach der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes zu berücksichtigen sind und kommt zutreffend zum Ergebnis, dass der Beschwerdeführer weder eine legale Erwerbstätigkeit ausübt, noch familiäre oder berufliche Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet verfügt. Auch ein gesicherter Wohnsitz liege nicht vor; der Beschwerdeführer habe vielmehr erklärt, in Wien "auf der Straße" zu leben. Daran kann das grundsätzliche Bestehen eines Unterbringungsanspruchs nichts ändern, weil der Beschwerdeführer die ihm zur Verfügung gestellte Unterkunft ohne hinreichende Begründung freiwillig verlassen und aufgegeben hat.

3.4. Auf Grund dieser Erwägungen ging das Bundesamt im Ergebnis zutreffend davon aus, dass im Falle des Beschwerdeführers insgesamt Fluchtgefahr in einem die Anhaltung in Schubhaft rechtfertigenden Ausmaß - hier also "erhebliche Fluchtgefahr" - bestanden hat.

Entscheidend ist in diesem Zusammenhang, ob eine hinreichende Sicherheit bestanden hat, dass sich der Beschwerdeführer zukünftig dem Zugriff der Behörden nicht entziehen würde. Davon kann angesichts seines Vorverhaltens - insbesondere dem Aufenthalt im Verborgenen ab 26.03.2017 - jedoch nicht ausgegangen werden. In der Beschwerde wird zwar zurecht darauf verwiesen, dass eine nachhaltige soziale Verankerung bei einem kurzen Aufenthalt regelmäßig gar nicht erreicht werden kann. Allerdings hat der Beschwerdeführer durch Begehung eines Suchtmitteldeliktes (samt daraus resultierender Freiheitsentziehung) diese Möglichkeit zusätzlich eingeschränkt.

3.5. Das Bundesamt konnte aus den oben dargelegten Gründen zudem davon ausgehen, dass die Überstellung des Beschwerdeführers nach Italien nicht nur in zumutbarer, sondern sogar binnen relativ kurzer Frist möglich ist. Auch die effektive Dauer der Schubhaft war nicht unverhältnismäßig: Das Bundesamt konnte nach Anordnung der Schubhaft rasch die Abschiebung für 02.05.2017 organisieren. Diese verlief problemlos. Die Anhaltung in Schubhaft dauerte somit knapp über zwei Wochen. Hinsichtlich der zeitlichen Perspektive der Anhaltung war diese zum Zeitpunkt ihrer Anordnung verhältnismäßig und zumutbar und blieb dies auch über den gesamten in Beschwerde gezogenen Zeitraum.

Überdies gab es bei Anordnung der Schubhaft keine erkennbaren Hinweise auf eine Haftunfähigkeit des Beschwerdeführers und wurde sie auch im Beschwerdeverfahren nicht behauptet. Auch eine besondere Betreuungsbedürftigkeit des Beschwerdeführers war nie Gegenstand des Verfahrens.

3.6. Auf Grund der festgestellten Fluchtgefahr konnte - zum Zeitpunkt der Schubhaftanordnung - auch nicht mit der Anwendung gelinderer Mittel das Auslangen gefunden werden: Dem Bundesamt ist darin beizupflichten, dass sich im Falle des Beschwerdeführers weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirksam anwenden lassen, da es angesichts des Aufenthalts im Verborgenen und dem freiwilligen Verzicht auf die staatlich zur Verfügung gestellte Unterkunft substanzielle Zweifel an der Vertrauenswürdigkeit des Beschwerdeführers gab - was aber Voraussetzung für die Anordnung des gelinderen Mittels ist. Verstärkt wird die fehlende Vertrauenswürdigkeit auch durch die Suchtmitteldelinquenz des Beschwerdeführers kurz nach Einreise in das Bundesgebiet und Stellung des Antrags auf internationalen Schutz. Auf Grund dieser Umstände und der bestehenden Fluchtgefahr, überwogen daher - wie im angefochtenen Bescheid richtig dargelegt - die öffentlichen Interessen an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und eines geordneten Fremdenwesens die Interessen des Beschwerdeführers an der Abstandnahme von der Verhängung der Schubhaft und war diese als ultima-ratio-Maßnahme notwendig.

3.7. Aus diesen Gründen ist die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid und die Anhaltung in Schubhaft von 18.04.2017 bis 02.05.2017 abzuweisen.

4. Entfall einer mündlichen Verhandlung und Anträge auf Einholung ärztlicher Stellungnahmen:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen. Insbesondere wurden die familiären Anknüpfungspunkte des Beschwerdeführers im Bundesgebiet und seine gesundheitlichen Probleme (samt der Betreuungserfordernis in der Schubhaft) der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt.

In der Beschwerde finden sich im Übrigen keine substanziellen Hinweise auf einen sonstigen möglicherweise unvollständig ermittelten entscheidungsrelevanten Sachverhalt.

In diesem Zusammenhang ist dennoch festzuhalten, dass es einem Beschwerdeführer auch nicht freisteht, eine Verhandlung quasi zu "erzwingen", indem man entgegen einer gerichtlichen Aufforderung zur Beweismittelvorlage einfach nicht entspricht. Nach ständiger Judikatur hat die Verfahrenspartei ihre Behauptungen zu beweisen, sofern diese einer Beweisführung zugänglich sind (was jedenfalls dann gegeben ist, wenn es Gerichtsurteile, Urkunden, behördliche Dokumente oder medizinische Unterlagen im Zusammenhang mit einem Beweisthema gibt oder geben müsste).

5. Kostenersatz

5.1. Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG s. VwGH 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).

5.2. Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.

Die belangte Behörde hat als (vollständig) obsiegende Partei Anspruch auf Kostenersatz im beantragten Umfang. Dem Beschwerdeführer gebührt als unterlegener Partei hingegen kein Kostenersatz.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Dies liegt im gegenständlichen Fall nicht vor. Die Berücksichtigung eines unstrittigen oder zweifelsfrei belegten Vorverhaltens entspricht der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.

Die Ausführungen zu den Mitwirkungspflichten der Verfahrensparteien (insbesondere eines Beschwerdeführers) entsprechen der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.

Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Außerlandesbringung Fluchtgefahr Mitwirkungspflicht öffentliche Interessen Schubhaft Sicherungsbedarf strafrechtliche Verurteilung Untertauchen Verhältnismäßigkeit Vertrauenswürdigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W137.2154162.1.00

Im RIS seit

04.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

04.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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