TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/30 W131 2210211-1

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Veröffentlicht am 30.04.2020
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Entscheidungsdatum

30.04.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
VermG §3 Abs4
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §27
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

W131 2209902-1/21E

W131 2210211-1/19E

Schriftliche Ausfertigung des am 23.12.2019 mündlich verkündeten Erkenntnisses

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag Reinhard GRASBÖCK als Einzelrichter in Erledigung einerseits der Beschwerde der Miteigentümerinnen der Liegenschaft mit der EZ XXXX der Katastralgemeinde (= KG) XXXX mit dem inneliegenden Grundstück XXXX aus dieser vorbenannten KG, das sind die durch Herrn XXXX gemeinsam vertretenen XXXX (Bf 1), XXXX (Bf 2) und XXXX (Schreibweise in der Zustellverfügung des angefochtenen Bescheids bzw im Grundbuch am 29.04.2020: XXXX ) XXXX (= Bf 3) und andererseits der Beschwerde der (vormaligen Mit-) Eigentümer der Liegenschaft mit der EZ XXXX , KG XXXX mit den inneliegenden Grundstücken XXXX und XXXX dieser vorbenannten KG, das sind die durch die XXXX vertretenen Rechtspersonen, nämlich einerseits die Verlassenschaft nach XXXX , repräsentiert durch den (vormaligen) Verlasskurator (und nunmehrigem Alleineigentümer) XXXX (Bf 4) und andererseits die (vormalige) Miteigentümerin Frau XXXX (Bf 5), wobei die Beschwerden jeweils gegen den Bescheid des Vermessungsamts Villach (= belangte Behörde oder Behörde) vom 26.04.2018, GZ XXXX gerichtet waren, betreffend Umwandlung des Grundstücks XXXX der vorbenannten KG in den Grenzkataster, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 23.12.2019 zu Recht erkannt:

A) Der angefochtene Bescheid wird in Erledigung der beiden Beschwerden gemäß § 27 VwGVG ersatzlos aufgehoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Frau XXXX ist Eigentümerin der Liegenschaft mit der EZ XXXX der im Entscheidungskopf näher ersichtlichen KG XXXX mit dem inneliegenden Grundstück Nr XXXX .

Sie beantragte die Umwandlung ihres Grundstücks XXXX in den Grenzkataster - ON 7 des Verwaltungsakts der Behörde.

2. Die Behörde erließ den angefochtenen Bescheid und sprach dabei über einen Umwandlungsantrag der XXXX ab - ON 8 des Verwaltungsakts der Behörde, der von dieser GmbH nie gestellt wurde.

3. Gegen die derart verfügte Umwandlung erhoben die im Entscheidungskopf ersichtlichen Beschwerdeführer, die den Bescheid als Grundnachbarn zugestellt erhalten hatten, jeweils Beschwerde, ON 1 und 2 des Verwaltungsakts der Behörde, wobei insb aus den Beschwerdeschriften entsprechende Auffassungsunterschiede zwischen den beschwerdeführenden Parteien einerseits und der erstinstanzlichen tatsächlichen Antragstellerin andererseits erkennbar erscheinen.

Insoweit ist zusätzlich festzuhalten, dass der Bf 4 mittlerweile Alleineigentümer der Liegenschaft EZ XXXX KG XXXX ist und insoweit den Liegenschaftsanteil seines Vaters durch den im Grundbuch ersichtlichen Einantwortungsbeschluss bzw den Liegenschaftsanteil der Frau XXXX durch einen Kaufvertrag erworben hat.

4. Das BVwG führte am 23.12.2019 eine Beschwerdeverhandlung durch und verkündete danach das gegenständliche Erkenntnis.

Insoweit lauten die hier interessierenden Teile des Verhandlungsprotokolls [RV1 = anwaltlicher Vertreter von Bf 4 und Bf 5; RV = Vertreter von Bf 1, 2 und 3; AStV = anwaltliche Vertreterin von XXXX ; BehV = Behördenvertreter]:

R hält fest, dass [...] nach der Aktenvorlage des Vermessungsamtes der Antrag persönlich durch Frau XXXX gestellt worden ist und zwar am 24.04.2018.

R: Im Spruch des Bescheides wurde vom Vermessungsamt aufgrund eines Antrags der XXXX umgewandelt.

R: Das Gericht ermöglicht die Einsichtnahme in diese beiden Unterlagen.

Nach Einsichtnahmemöglichkeit teilt R zur Vermeidung einer Überraschungsentscheidung mit, dass die belangte Behörde unzuständig gewesen sein könnte, über einen Antrag der benannten GmbH abzusprechen, die im Bescheidspruch als Antragstellerin aufscheint. Der Antrag der Frau XXXX könnte damit noch unerledigt sein. Gibt es dazu Vorbringen?

AStV: Es handelt sich tatsächlich um den Antrag der XXXX . Es handelt sich hier um einen berichtigungsfähigen Fehler.

BehV: Ich schließe mich dem an. Es wurde sich hier im Ausdruck vergriffen.

AStV: Es handelt sich offensichtlich um den Antrag der Antragstellerin.

RV1: Die Bezeichnung der Parteien in einem Verfahren nach § 17 Z 1 VermG zur Umwandlung stellt ein zentrales Grunderfordernis zur Beurteilung des Gegenstandes und zur Feststellung der Bescheidparteien dar und handelt es sich im Hinblick auf die vom Gericht aufgeworfenen Frage um eine Nichterledigung des Antrages der Frau XXXX und somit um einen ungültigen Bescheid des Vermessungsamtes, zumal zu berücksichtigen ist, dass eine Berichtigung der Partei nachträglich nicht möglich ist.

RV: Das, was ich sagen will, ist in der Beschwerde aufgeschrieben.

[...]

R hält fest, dass er heute mit Herrn XXXX telefoniert hat und dieser telefonisch mitgeteilt hat, dass er nicht Antragsteller und Grundeigentümer ist.

Gibt es zu diesem Sachverhalt (Antragstellung durch Frau XXXX , Erledigung eines Antrages einer Ziviltechniker-GmbH) noch Vorbringen oder Beweisanträge?

AStV: Kein weiteres Vorbringen zu diesem Beweisthema.

BehV: Ich halte fest, dass ich nicht gesagt habe, dass über den gesamten Mauerverlauf die Mauer breiter als 50 cm ist, sondern, [...].

R ruft nunmehr aus der Verhandlung Herrn XXXX an. Dieser bestätigt, dass er bzw. seine GmbH nie im eigenen Namen einen Antrag gestellt haben.

[...]

Festgehalten wird, dass zur Frage der Antragsberechtigung der GmbH keine Beweisanträge und kein Vorbringen mehr erstattet wird.

Schluss des Ermittlungsverfahrens und der Verhandlung

Der Richter verkündet im Namen der Republik gemäß § 29 Abs. 2 VwGVG das nachfolgende Erkenntnis samt wesentlichen Entscheidungsgründen und erteilt die Rechtsmittelbelehrung:

A) Der angefochtene Bescheid wird in Erledigung der beiden Beschwerden gemäß § 27 VwGVG ersatzlos aufgehoben.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Tragende Gründe:

Bescheide sind wie Gesetze nach der Rechtsprechung objektiv auszulegen. Damit ist der Wortlaut des Bescheidspruches die äußerste Auslegungsgrenze.

Erstinstanzlich wurde über den Antrag einer GmbH abgesprochen, die keinen Antrag gestellt hat.

Dies begründet Unzuständigkeit der belangten Behörde, die gemäß § 27 VwGVG amtswegig außerhalb irgendwelcher ausdrücklicher Beschwerdegründe aufzugreifen ist. Dementsprechend war mangels Zuständigkeit der Behörde zum Abspruch über den Antrag der im Bescheidspruch zitierten GmbH ersatzlos aufzuheben, wobei klargestellt wird, dass der Antrag der Frau XXXX auch bislang unerledigt offen war.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die vorliegende Entscheidung auf Basis gesicherter Rechtsprechung des VwGH zur Bescheidauslegung um weiters auf der Rechtsprechung des VwGH zu § 27 VwGVG bzw. zu Zl 2010/06/0093 beruht.

5. XXXX beantragte danach mit gesonderter Eingabe die schriftliche Ausfertigung dieses Erkenntnisses.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Über den vorstehenden Verfahrensgang hinaus ist (nochmals) festzustellen, dass die Behörde im Spruch des angefochtenen Bescheids mit der Erledigung eines Antrags der XXXX einen Antrag erledigt hat, der gar nie gestellt wurde.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und die sonstigen Feststellungen ergeben sich widerspruchsfrei aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und den Bestandteilen des Gerichtsakts inkl Verhandlungsprotokoll. Dass die im Bescheidspruch genannte GmbH jemals einen Umwandlungsantrag gestellt hätte, wurde nicht substantiiert behauptet und ist auch sonst nicht hervorgekommen. Im Verwaltungsakt ist nur der im eigenen Namen gestellte Umwandlungsantrag der Frau XXXX enthalten.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gegenständlich hatte das BVwG gemäß § 6 BVwGG mangels gegenteiliger gesetzlicher Anordnung durch einen Einzelrichter zu entscheiden und dabei abseits von Sonderverfahrensvorschriften das VwGVG und die gemäß § 17 VwGVG dabei subsidiär anwendbaren Verfahrensvorschriften des AVG anzuwenden.

Zu A) Zur ersatzlosen Aufhebung

3.2. § 27 VwGVG in der durch BGBl I 2017/138 geschaffenen und seit 01.01.2019 geltenden Fassung lautet:

§ 27. Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid und die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Der VwGH judiziert in stRsp, dass Unzuständigkeit vorliegt, wenn über einen nicht gestellten Antrag abgesprochen; und liegt insoweit keine Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts für eine Sachentscheidung vor. Gemäß § 27 VwGVG ist dabei die Unzuständigkeit vom Verwaltungsgericht amtswegig außerhalb eines Beschwerdevorbringens wahrzunehmen und der Bescheid der unzuständigen Behörde ersatzlos zu beheben, siehe zu alledem zB VwGH Zlen 2010/06/0093 bzw aktueller Ra 2018/08/0234, Ra 2014/10/0038, Ra 2015/07/0140 und 2004/09/0201.

Da die belangte Behörde über einen von der im Spruch genannten Antragstellerin niemals gestellten Antrag abgesprochen hat, war der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe aufzuheben, dass die Behörde den von Frau XXXX gestellten Umwandlungsantrag zu erledigen haben wird - § 28 Abs 5 VwGVG.

IdZ ist unter Verweis auf zB Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5, 219ff und dort insb 225 festzuhalten, dass der Bescheidspruch den normativen Bescheidbestandteil darstellt, dass Bescheidsprüche wie Gesetze objektiv auszulegen sind und der Wortlaut sohin die äußerste Auslegungsgrenze bildet; und daher im angefochtenen Bescheid eben objektiv über einen Antrag einer Ziviltechniker - GmbH abgesprochen wurde, der so und va von der GmbH laut Bescheidspruch niemals gestellt wurde.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

3.3. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung von Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Rechtslage erscheint auf Basis der Rsp des VwGH eindeutig und liegt

Schlagworte

Antragsteller Behebung der Entscheidung ersatzlose Behebung Grenzkataster Grenzverhandlung Grundsteuerkataster Grundstück Kassation mündliche Verhandlung mündliche Verkündung schriftliche Ausfertigung Umwandlung Umwandlungsbescheid Umwandlungsbeschluss unzuständige Behörde Unzuständigkeit Verhandlungsniederschrift Vermessung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W131.2210211.1.00

Im RIS seit

04.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

04.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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