TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/5 W180 2230581-1

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Veröffentlicht am 05.05.2020
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Entscheidungsdatum

05.05.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs1
BFA-VG §22a Abs3
B-VG Art133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z2
VwGVG §35

Spruch

W180 2230581-1/30E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Georg PECH als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Türkei, vertreten durch ARGE Rechtsberatung - Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.03.2020, Zl. XXXX , sowie gegen die Anordnung der Schubhaft und die fortdauernde Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft seit 16.03.2020 zu Recht:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 22a BFA-VG als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z 2 FPG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

III. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Kostenersatz wird gemäß § 35 VwGVG abgewiesen.

IV. Der Beschwerdeführer hat gemäß § 35 VwGVG dem Bund (Bundesminister für Inneres) den Verfahrensaufwand in Höhe von 426,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer ist türkischer Staatsangehöriger und wurde am XXXX in XXXX , Türkei, geboren. Er reiste eigenen Angaben zufolge 1979 erstmals ins Bundesgebiet ein, besuchte ein Jahr lang in Österreich die Hauptschule und war in der Folge langjährig bei verschiedenen Firmen in Österreich als Hilfsarbeiter beschäftigt.

2008 wurde der Beschwerdeführer erstmals strafrechtlich verurteilt. Es folgten strafrechtliche Verurteilungen zu Haftstrafen in den Jahren 2009, 2011, 2013, 2014 und zuletzt im Jahr 2019.

Ein im Jahr 2013 ausgestellter Aufenthaltstitel Daueraufenthalt EU wurde von der NAG-Behörde XXXX wegen strafrechtlicher Verurteilungen im Jahr 2016 zur Rot-Weiß-Rot-Karte-Plus rückgestuft. Zuletzt wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel Rot-Weiß-Rot-Karte-Plus mit Gültigkeitsdauer bis 20.01.2018 ausgestellt.

Der Beschwerdeführer stellte am 19.01.2018 einen Verlängerungsantrag für eine Rot-Weiß-Rot-Karte-Plus; das Verfahren wurde von der NAG-Behörde am 13.08.2018 eingestellt.

Der Beschwerdeführer war zuletzt von 16.03.2019 bis 16.03.2020 in Strafhaft (einschließlich Untersuchungshaft).

Mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 19.03.2019 wurde dem Beschwerdeführer Parteiengehör zur beabsichtigen weiteren Vorgangsweise - Erlassung einer Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot - geboten. Ihm wurde dabei ein konkreter Fragenkatalog zur Beantwortung und ausführlichen Stellungnahme übermittelt. Dieses Schreiben wurde vom Beschwerdeführer nachweislich übernommen, er machte von der Möglichkeit, eine Stellungnahme abzugeben, jedoch keinen Gebrauch.

Nach Entlassung aus der Strafhaft am 16.03.2020 wurde der Beschwerdeführer auf Grund eines Festnahmeauftrages des BFA vom 13.03.2020 festgenommen, in das PAZ XXXX überstellt und dort von einem Organwalter des BFA am 16.03.2020 niederschriftlich einvernommen.

Mit angefochtenem Mandatsbescheid vom 17.03.2020 wurde über den Beschwerdeführer Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und zur Sicherung der Abschiebung angeordnet.

Mit Bescheid ebenfalls vom 17.03.2020, Zl. XXXX , wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht gewährt und gegen ihn einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG in Verbindung mit einem auf die Dauer von 7 Jahren befristeten Einreiseverbot gemäß § 53 FPG erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass seine Abschiebung in die Türkei zulässig sei. Einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst, mit Schriftsatz vom 14.04.2020 Beschwerde, die vom BFA mit Beschwerdevorentscheidung vom 20.04.2020, der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers am selben Tag zugestellt, abgewiesen wurde.

Gegen den zuvor genannten Mandatsbescheid sowie die Anhaltung in Schubhaft erhob der Beschwerdeführer die gegenständliche Schubhaftbeschwerde vom 28.04.2020 und brachte im Wesentlichen vor, dass die Schubhaft gegenüber dem Beschwerdeführer weder notwendig, noch verhältnismäßig sei. Die Behörde habe die Fluchtgefahr mangelhaft begründet. Der Beschwerdeführer habe seine Kernfamilie in Österreich. Auch wenn seine beiden Kinder bereits erwachsen seien, so bestehe trotzdem regelmäßig Kontakt zueinander. Die Straffälligkeit des Beschwerdeführers sei lediglich im Rahmen der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen, könne aber nicht zur Begründung von Fluchtgefahr herangezogen werden. Ausführungen im angefochtenen Bescheid würden darauf hindeuten, dass keine Einzelfallprüfung durchgeführt worden und die Schubhaft lediglich aufgrund der fehlenden Meldung und allgemeiner Erfahrungswerte erlassen worden sei. Selbst wenn man davon ausgehen würde, dass Fluchtgefahr bestehe, so könne mit der Anordnung eines gelinderen Mittels in Form einer angeordneten Unterkunftnahme der Sicherungsbedarf jedenfalls erreicht werden. Die Schubhaft erweise sich auch deshalb als unverhältnismäßig und rechtswidrig, da wegen der aktuellen Ausnahmesituation aufgrund von Covid-19 nicht sichergestellt werden könne, dass eine Abschiebung zeitnah überhaupt faktisch erfolgen könne. Eine Rechtswidrigkeit der Schubhaft ergebe sich zudem auch daraus, dass die Behörde nicht auf eine möglichst kurze Schubhaftdauer hingewirkt habe; es sei ihr ein ausreichend langer Zeitraum zur Verfügung gestanden, in dem sie ihre Vorgehensweise hätte so einrichten können, dass die Schubhaft in Anschluss an die Strafhaft überhaupt hätte unterbleiben können. Beantragt wurde die Behebung des Bescheides, Durchführung einer mündlichen Verhandlung und der gesetzmäßige Kostenersatz.

Die belangte Behörde legte am 29.04.2020 den Verwaltungsakt vor, gab eine Stellungnahme ab und beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen und den Beschwerdeführer zum Ersatz näher genannter Kosten zu verpflichten.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zur Person:

1.1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Republik Türkei, er wurde am XXXX in XXXX geboren. Er ist nicht österreichischer Staatbürger, sohin Fremder im Sinne des FPG. Seine Identität steht fest. Er besitzt einen gültigen türkischen Reisepass. Der Beschwerdeführer ist weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter.

1.2. Seit 20.01.2018 verfügt der Beschwerdeführer nicht mehr über einen Aufenthaltstitel in Österreich.

1.3. Mit Bescheid des BFA vom 17.03.2020 wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot in der Dauer von sieben Jahren erlassen. Gegen diesen Bescheid wurde Beschwerde erhoben, die mit Beschwerdevorentscheidung vom 20.04.2020 vom BFA abgewiesen wurde. Die Frist zur Stellung eines Vorlageantrages ist zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung noch nicht abgelaufen, die Rückkehrentscheidung somit nicht rechtskräftig und das Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme im Stande der Beschwerde.

1.4. Der Beschwerdeführer wurde mehrfach in Österreich strafrechtlich verurteilt:

Mit (rechtskräftigem) Urteil eines Landesgerichtes vom 24.01.2008 wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des Hausfriedensbruches nach § 109 Abs. 3 Z 1 StGB, des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB und des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten, die unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde, verurteilt. Der Verurteilung liegt eine Tat zugrunde, die sich gegen die damalige Lebensgefährtin und Mutter seiner beiden Kinder richtete. Die bedingte Strafnachsicht wurde in der Folge mit Urteil eines Landesgerichtes vom 16.08.2011 widerrufen.

Mit (rechtskräftigem) Urteil eines Landesgerichtes vom 09.02.2009 wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt. Der Verurteilung liegt eine gefährliche Drohung zugrunde, wonach er am 25.11.2008 seine frühere Lebensgefährtin und Mutter seiner beiden Kinder durch die telefonische Äußerung, er werde sie umbringen, gefährlich bedrohte, um sie in Frucht und Unruhe zu versetzen.

Mit (rechtskräftigem) Urteil eines Landesgerichtes vom 16.08.2011 wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung nach § 287 Abs. 1 StGB (§§ 125, 126 Abs. 1 Z 7 StGB) und des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt. Der Verurteilung nach § 287 StGB liegt folgende Tat zugrunde: Der Beschwerdeführer hat sich am 13.02.2011 durch den Genuss von Alkohol in einen die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rausch versetzt und im Rausch bei einem Blutalkoholgehalt von 2,08 % fremde Sachen in einem Wettlokal (ua. Flachbildschirme) beschädigt, wobei der Schaden insgesamt 7.000,- betrug, somit eine Tathandlung begangen, die ihm außer diesem Zustand als Vergehen der schweren Sachbeschädigung nach §§ 125, 126 Abs. 1 Z 7 StGB zugerechnet werden würde.

Mit (rechtskräftigem) Urteil eines Landesgerichtes vom 07.10.2013 wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB und des Vergehens des (versuchten) Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt. Dieser Verurteilung liegt die Tat zugrunde, wonach der Beschwerdeführer am 19.04.2013 zwei Personen durch die Äußerung, er werde sie erschießen, gefährlich bedrohte, wobei er ein Gasfeuerzeug in der Hand hielt und gegen die Anwesenden richtete, um diese in Furcht und Unruhe zu versetzen, sowie die einschreitenden Beamten mit Gewalt an einer Amtshandlung zu hindern versuchte, und zwar durch Versetzen von gezielten Kopfstößen und Fußtritten gegen diese, wobei die Beamten ausweichen konnten, um sich dadurch der Amtshandlung zu entziehen.

Mit (rechtskräftigem) Urteil eines Landesgerichtes vom 09.10.2014 wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt. Der Verurteilung liegen Sachbeschädigungen zugrunde, indem der Beschwerdeführer dreimal die Eingangstür und einmal die Auslagenscheibe eines Geschäftslokales eintrat.

Mit (rechtskräftigem) Urteil eines Landesgerichtes vom 04.06.2019 wurde der Beschwerdeführer schließlich wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 StGB zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt. Dieser Verurteilung liegen folgende zwei Tathandlungen zugrunde: Am 16.09.2018 verletzte der Beschwerdeführer drei Personen, indem er mit einem ein Meter langen und im Durchschnitt 3 Zentimeter dicken Ast auf sie einschlug, sodass ein Opfer aus dem linken Ohr blutete, ein Opfer eine blutende Wunde über dem rechten Auge und das dritte Opfer eine Rissquetschwunde am Kopf davontrug. Der Beschwerdeführer hatte vor der Tat Alkohol konsumiert, sich dadurch jedoch nicht in einem die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustand versetzt. Am 16.03.2019 verletzte der Beschwerdeführer eine Person am Körper, indem er mit einem gerippten Brotmesser mit 10 Zentimeter Klingenlänge an deren Rücken entlang schnitt, wodurch diese eine 5 Zentimeter lange, z-förmige Schnittwunde am Rücken erlitt. Abermals hatte der Beschwerdeführer vor der Tat Alkohol konsumiert, sich wiederum aber nicht in einem die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustand versetzt. Beide Tathandlungen wurden an öffentlich zugänglichen Orten (Platz bzw. Park, Bahnhofshalle) begangen. Die vom Landesgericht verhängte Höchststrafe von einem Jahr wurde vom Berufungsgericht bestätigt, wobei dieses u.a. darauf hinwies, dass der Beschwerdeführer bei der letzten Tat seinem Opfer "ohne allgemein begreiflichen Anlass an einem öffentlichen Ort unter Einsatz eines Messer Verletzungen zufügte". Auch wies das Berufungsgericht darauf hin, dass das vierte Opfer kaum Vorsicht gegen die Tat habe gebrauchen können, da der Beschwerdeführer es überraschend von hinten attackierte. Die wiederholte Gewaltanwendung erhellt nach der Beurteilung des Oberlandesgerichts eine gegenüber den rechtlich geschützten Werten besonders ablehnende oder gleichgültige Einstellung des Beschwerdeführers.

1.5. Am 07.03.2019 wurde gegen den Beschwerdeführer wegen ungebührlicher Lärmerregung, Verletzung des öffentlichen Anstandes und aggressiven Verhaltens von einer Landespolizeidirektion ein Straferkenntnis erlassen und eine Geldstrafe in der Höhe von 1.500,- Euro verhängt.

1.6. Seit 25.05.2002 besteht gegen den Beschwerdeführer ein rechtskräftiges Waffenverbot.

1.7. Der BF leidet an keinen nennenswerten gesundheitlichen Einschränkungen.

1.8. Der BF wird seit 17.03.2019 in Schubhaft angehalten. Er wurde am 16.03.2019 nach Entlassung aus der Strafhaft aufgrund eines Festnahmeauftrages des BFA vom 13.03.2020 festgenommen.

1.9. Der BF ist haftfähig.

Zum Sicherungsbedarf und zur familiären/sozialen Komponente:

2.1. Der Beschwerdeführer ist nicht vertrauenswürdig.

2.2. Der Beschwerdeführer ist nicht kooperativ.

2.3. Der Beschwerdeführer hat zwei erwachsene Kinder (geboren 1993 und 1996), die in Österreich leben. Es besteht kein gemeinsamer Wohnsitz und kein Abhängigkeitsverhältnis. Nur zu seinem Sohn besteht ein telefonischer Kontakt. Zu seinen beiden in Österreich lebenden Schwestern besteht kein enger Kontakt.

Zu seiner früheren Lebensgefährtin und Mutter seiner Kinder hat der Beschwerdeführer seit Jahren keinen Kontakt mehr.

Ein Onkel und ein Bruder des Beschwerdeführers leben in der Türkei, der Beschwerdeführer könnte bei seinem Bruder im Haus seines verstorbenen Vaters wohnen.

2.4. Der Beschwerdeführer hat keinen gesicherten Wohnsitz in Österreich. Die letzte Hauptwohnsitzmeldung an einer Privatadresse datiert von April bis August 2016. Seitdem war der Beschwerdeführer ausschließlich - und im Übrigen nicht durchgängig - in Haftanstalten, polizeilichen Anhaltezentren und an einer Obdachlosenkontaktstelle gemeldet.

2.5. Der Beschwerdeführerführer war letztmals für eine Woche im Oktober 2010 als geringfügig Beschäftigter sozialversicherungspflichtig erwerbstätig. Seitdem bezog der Beschwerde ausschließlich Arbeitslosengeld, Notstandshilfe und Überbrückungshilfe.

2.6. Er verfügt über keine ausreichenden finanziellen Mittel zur nachhaltigen Existenzsicherung. Er geht im Inland seit Jahren keiner Erwerbstätigkeit nach und ist nicht selbsterhaltungsfähig.

2.7. Der Beschwerdeführer weist keine besonderen Integrationsmerkmale auf.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zur Person:

Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers ergeben sich im Wesentlichen aus dem vorgelegten Verwaltungsakt der Behörde und dem Akt der NAG-Behörde XXXX sowie der Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des Bundesministeriums für Inneres. Daraus ergibt sich neben den angeführten Angaben zu den Bescheiden des BFA (Schubhaft und Rückkehrentscheidung) und zu den früheren Aufenthaltstiteln des Beschwerdeführers insbesondere auch, dass der Beschwerdeführer über einen gültigen türkischen Reisepass verfügt.

Im gesamten Verfahren gab es keine Anhaltspunkte für wesentliche Erkrankungen des Beschwerdeführers. Auch in der Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres sind diesbezüglich keine Eintragungen vorhanden. In seiner Einvernahme vor dem BFA am 16.03.2020 gab der Beschwerdeführer an, keine Medikamente zu nehmen und arbeitsfähig zu sein. Er wies bloß darauf hin, schon dreimal an der Schulter operiert worden zu sein. Das Gericht geht daher von einem gesunden Beschwerdeführer aus.

Die Feststellungen zu den strafrechtlichen Verurteilungen ergeben sich aus dem im Akt der belangten Behörde einliegenden Strafregisterauszug in Zusammenhalt mit den ebenfalls dort vorhandenen Kopien der Gerichtsurteile. Die Feststellung, dass sich die erste Straftat des Beschwerdeführers gegen seine damalige Lebensgefährtin richtete (in der gekürzten Urteilsausfertigung wird das Opfer der strafbaren Handlung nicht genannt), ist dem Strafurteil vom 09.02.2009 bzw. dem dazu ergangenen Berufungsurteil vom 22.06.2009 zu entnehmen, wo auf die Vortat näher eingegangen wird.

Die Feststellungen zum Straferkenntnis einer Landespolizeidirektion vom 07.03.2019 stützen sich auf den Verwaltungsakt der belangten Behörde, das Waffenverbot vom 25.05.2002 ergibt sich aus der im Verwaltungsakt einliegenden Personeninformation.

Die bestehende Haftfähigkeit des Beschwerdeführers ergibt sich aus den Eintragungen in der Anhaltedatei, aus der sich keine Anhaltspunkte für eine Haftuntauglichkeit ergeben haben. Gegenteiliges wurde auch in der Beschwerde nicht behauptet.

2.2. Zum Sicherungsbedarf und zur familiären/sozialen Komponente:

Dass der Beschwerdeführer nicht vertrauenswürdig ist, ergibt sich unzweifelhaft aus den mehrfachen strafrechtlichen Verurteilungen. Der Beschwerdeführer wurde wiederholt wegen Gewaltdelikten zu Haftstrafen verurteil (Körperverletzung, Hausfriedensbruch, gefährliche Drohung, Widerstand gegen die Staatsgewalt, Sachbeschädigungen) und ließ sich auch durch den Vollzug der Freiheitsstrafen nicht von weiteren strafbaren Handlungen abhalten. Dabei zeigt sich, dass er die Intensität seiner Gewaltdelikte steigerte, zuletzt beging einer Körperverletzung unter Verwendung einer Waffe (Messer) bzw. waffenähnlichen Mittels (Holzstock), wofür er unter Ausschöpfung des Strafrahmens (bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 39 StGB) des § 83 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt wurde. Die wiederholten Gewaltausübungen zeigen eine gegenüber rechtlich geschützten Werten besonders ablehnende oder gleichgültige Einstellung des Täters auf. Dass der Beschwerdeführer die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet ergibt sich auch aus dem oben Pkt. 1.5. genannten Straferkenntnis wegen Lärmerregung, Verletzung des öffentlichen Anstandes und aggressiven Verhaltens.

Die mangelnde Kooperationsbereitschaft des Beschwerdeführers stützt das Gericht darauf, dass dem Beschwerdeführer im Rahmen des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme die Möglichkeit eines Parteiengehörs eingeräumt wurde. Ohne nähere Begründung verzichtete der Beschwerdeführer auf die Abgabe einer Stellungnahme.

Ebenso hielt er sich im Verfahren zur Verlängerung seines Aufenthaltstitels der Aufenthaltsbehörde nicht zur Verfügung, weshalb dieses Verfahren von der Behörde eingestellt wurde.

Befragt, ob er freiwillig in die Türkei zurückgehen würde, antwortete der Beschwerdeführer in der Einvernahme durch das BFA am 16.03.2020, mit "Nein, ich weigere mich, ich kenne mich nur in Österreich aus." Auch damit kommt klar zum Ausdruck, dass der Beschwerdeführer nicht kooperationsbereit ist. Der Beschwerdeführer weigerte sich auch ohne Angabe von Gründen, die Niederschrift über die Einvernahme am 16.03.2020 zu unterschreiben.

Die Feststellungen zur Familiensituation stützt das Gericht auf die Angaben des Beschwerdeführers in seiner Einvernahme am 16.03.2020. Er sagte dort aus, in der letzten, ein Jahr dauernden Strafhaft keinen Besuch von Verwandten erhalten zu haben, einzig mit seinem Sohn habe er telefoniert. Ein enger Kontakt zu seinen Kindern und seinen beiden Schwestern wird damit nicht aufgezeigt. Gemeinsame Wohnsitze liegen jedenfalls viele Jahre zurück. Dass der Beschwerdeführer zu seiner früheren Lebensgefährtin und Mutter seiner beiden Kinder seit Jahren keinen direkten Kontakt mehr hat, sagte er ebenfalls in der genannten Einvernahme aus und brachte dies in Zusammenhang damit, dass er "wegen ihr verurteilt" und im Gefängnis gewesen sei.

Das Fehlen eines gesicherten Wohnsitzes ergibt sich aus dem im Verwaltungsakt der Behörde einliegenden Melderegisterauszug. Daraus geht hervor, dass der Beschwerdeführer seit August 2016 nur in Haftanstalten und bei einer Obdachlosenkontaktstelle, und das nicht durchgängig, gemeldet war. So war der Beschwerdeführer etwa im Sommer 2018 weder in einer Haftanstalt noch bei einer Kontaktstelle gemeldet, weshalb er für die Niederlassungsbehörde nicht erreichbar war.

Die Feststellungen zur Erwerbs- bzw. Nichterwerbstätigkeit des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem im Akt der Behörde einliegenden Versicherungsdatenauszug des Beschwerdeführers. Anhaltspunkte für eine nachhaltige Existenzsicherung des obdachlosen und beschäftigungslosen Beschwerdeführers hat das Verfahren nicht ergeben. Einer legalen Erwerbstätigkeit zur Erlangung einer Selbsterhaltungsfähigkeit steht - nach dem Wegfall der Aufenthaltsberechtigung - das Fehlen einer diesbezüglichen Bewilligung entgegen.

Besondere Integrationsmerkmale des Beschwerdeführers haben sich im Verfahren nicht ergeben und wurden in der Beschwerde auch nicht behauptet.

2.3. Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht mehr aufzunehmen:

Von einer Anberaumung einer mündlichen Verhandlung konnte im Hinblick auf die geklärte Sachlage Abstand genommen werden.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I - Schubhaftbescheid, Anhaltung in Schubhaft:

3.1.1. §§ 76 und 77 Fremdenpolizeigesetz (FPG), § 22a Bas 4 Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Verfahrensgesetz (BFA-VG) lauten auszugsweise:

Schubhaft (FPG)

"§ 76 (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebiets-beschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß."

Gelinderes Mittel (FPG)

§ 77 (1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1.

(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung,

1. in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,

2. sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder

2. eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen;

(4) Kommt der Fremde seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird

(5) Die Anwendung eines gelinderen Mittels steht der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

(6) Zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 hat sich der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

(7) Die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, kann der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

(8) Das gelindere Mittel ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(9) Die Landespolizeidirektionen können betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.

Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft (BFA-VG)

§ 22a (4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde

Zur Judikatur:

3.1.2. Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

"Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs. 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde" (VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, vgl. auch VwGH vom 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

"Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, Zl. 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, Zl. 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, Zl. 2007/21/0512, und Zl. 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird" (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

Schubhaft darf stets nur "ultima ratio" sein (vgl. VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0054; VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, VwGH 24.02.2011, Zl. 2010/21/0502; VwGH 17.03.2009, Zl. 2007/21/0542; VwGH 30.08.2007, 2007/21/0043).

3.1.3. Der Beschwerdeführer besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft, er ist daher Fremder im Sinne des FPG. Er verfügt seit Jänner 2018 nicht mehr über ein Aufenthaltsrecht in Österreich. Gegen ihn wurde mit Bescheid vom 17.03.2020 eine Rückkehrentscheidung erlassen. Diese ist im Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung nicht rechtskräftig. Ob die Rückkehrentscheidung in Rechtskraft erwächst, liegt in den Händen des Beschwerdeführers, die Frist zur Erhebung eines Vorstellungsantrages ist derzeit noch offen. Die Schubhaft wurde im vorliegenden Fall von der Behörde zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und zur Sicherung der Abschiebung erlassen. Das Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme ist derzeit noch offen ist.

Voraussetzung für die Anordnung einer Schubhaft gemäß der von der Behörde herangezogenen Bestimmung des § 76 Abs. 2 Z 2 FPG sind Fluchtgefahr, die Verhältnismäßigkeit der Schubhaft und das Nichtvorliegen eines gelinderen Mittels gemäß § 77 FPG. Diese drei Voraussetzungen sind im Folgenden zu prüfen.

Fluchtgefahr/Sicherungsbedarf:

3.1.4. Aufgrund des gerichtlichen Beweisverfahrens sieht das Gericht Sicherungsbedarf im Sinne des § 76 Abs. 3 FPG, näherhin im Sinne der Z. 9 dieses Absatzes, für gegeben an.

Der Beschwerdeführer hat keinen gesicherten Wohnsitz. Er ist seit mehreren Jahren obdachlos und bereits seit zehn Jahren beschäftigungslos. Ausreichende Mittel zur nachhaltigen Sicherung seiner Existenz liegen nicht vor. Zwar hat der Beschwerdeführer zwei erwachsene Kinder und zwei Schwestern in Österreich, er hat aber nur zu seinem Sohn telefonischen Kontakt. Auch dieser familiäre Kontakt hat ihn im Übrigen nicht davor bewahren können, obdachlos und straffällig zu werden. Gemeinsame Wohnsitze mit Familienmitgliedern liegen vielen Jahre zurück. Die familiären Beziehungen sind damit nur sehr schwach ausgeprägt. Eine sonstige soziale Verankerung des Beschwerdeführers hat das Verfahren nicht ergeben und wurde eine solche in der Beschwerde auch nicht behauptet.

Diese Tatsachen (Obdachlosigkeit, Beschäftigungslosigkeit, keine Existenzmittel, nur loser familiärer Kontakt, keine sonstige soziale Verankerung) rechtfertigen aus Sicht des Gerichts die Annahme, dass der Beschwerdeführer sich dem noch nicht abgeschlossenen Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung oder der Abschiebung entziehen wird. Hinzu kommt, dass der Beschwerdeführer, wie das Verfahren ergeben hat, nicht vertrauenswürdig und nicht kooperativ ist. Selbst der mehrfache Vollzug von Haftstrafen haben den Beschwerdeführer bislang nicht davon abhalten können, wieder straffällig zu werden. Wie sich aus der letzten Verurteilung ergibt, hat die Intensität der von ihm eingesetzten Gewalt sogar zugenommen. Der Beschwerdeführer zeigt damit mehr als deutlich auf, dass er nicht gewillt bzw. nicht in der Lage ist, die österreichische Rechtsordnung einzuhalten. Der Beschwerdeführer gab auch an, sich zu weigern, in die Türkei zurückzugehen. Dem Beschwerdeführer ist es schon in der Vergangenheit nicht gelungen, die Meldung an einer Obdachlosenkontaktstelle so aufrecht zu erhalten, dass er für die NAG-Behörde erreichbar war. Ein familiäres Netz, dass ihn darin unterstützen könnte, für die belangte Behörde erreichbar zu bleiben und sich ihr zur Verfügung zu halten, ist beim Beschwerdeführer nicht vorhanden. In einer Gesamtbetrachtung beurteilt das Gericht daher den Beschwerdeführer als fluchtgefährlich.

Verhältnismäßigkeit:

3.1.4. Darüber hinaus ist die Verhältnismäßigkeit der Schubhaftnahme nach Ansicht des erkennenden Gerichtes ebenso gegeben. Betrachtet man die Interessen des Beschwerdeführers an den Rechten seiner persönlichen Freiheit in Bezug auf seine familiären bzw. sozialen Verhältnisse im Inland zeigt sich, dass der Beschwerdeführer keine engen familiären Bindungen und keine beruflichen und sozialen Kontakte vorweisen konnte, die geeignet wären, im Rahmen der gerichtlichen und behördlichen Abwägung die Entscheidung zu Gunsten einer Freilassung zu beeinflussen. Der Beschwerdeführer hat gegen verwaltungsstrafrechtliche und - zudem mit steigender Intensität - gegen strafrechtliche Bestimmungen verstoßen, er gefährdet massiv die öffentliche Ordnung und Sicherheit. Es besteht daher ein erhöhtes Interesse an der Außerlandesbringung des Beschwerdeführers. Das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung der Abschiebung des Beschwerdeführers überwiegt das Interesse des Beschwerdeführers am Schutz seiner persönlichen Freiheit.

3.1.5. In Zusammenhang mit der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft wendet die Beschwerde ein, eine solche sei im vorliegenden Fall deshalb nicht gegeben, da die belangte Behörde ihre Vorgangsweise hätte so einrichten können, dass die Schubhaft im Anschluss an die Strafhaft überhaupt hätte unterbleiben können, und verweist dazu auf zwei Erkenntnisse des VwGH (19.05.2011, 2008/21/0527; 15.10.2015, Ro 2015/21/0026). Aus den zitierten Erkenntnissen ergibt sich, dass "sich die Verhängung der Schubhaft zum Zweck der Sicherung der Abschiebung im Anschluss an einer Strafhaft regelmäßig als unverhältnismäßig [erweist], wenn die Fremdenpolizeibehörde (das BFA) auch zum absehbaren Ende einer Strafhaft hin mit der (versuchten) Beschaffung eines Heimreisezertifikats untätig bleibt. ... Eine sich aus den Umständen des Einzelfalls ergebende andere Sicht wäre jedenfalls nachvollziehbar zu begründen." Dazu ist jedoch zu bemerken, dass im gegenständlichen Fall die Beschaffung eines Heimreisezertifikates gar nicht erforderlich war, da der Beschwerdeführer über einen gültigen türkischen Reisepass verfügt. Auch trifft die Behörde nicht der weitere, allenfalls aus dem zweitzitierten Erkenntnis ableitbare Vorwurf, mit dem Verfahren zur Erlassung eines aufenthaltsbeendenden Verfahrens erst nach der Entlassung des Fremden aus der Strafhaft begonnen zu haben. Das Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung wurde schon zu Beginn der Strafhaft (bzw. Untersuchungshaft) eingeleitet und der Beschwerdeführer diesbezüglich um Stellungnahme, insbesondere um Bekanntgabe seiner Aufenthaltstitel, Visa etc. ersucht. Der Beschwerdeführer war aber nicht kooperativ und gab keine Stellungnahme ab. Die Behörde setzte das Verfahren fort und holte die Akten der NAG-Behörde, sowie Gerichturteile und weitere Informationen ein. Eine Verpflichtung der Behörde, ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gegenüber einem im Strafhaft angehaltenen Fremden jedenfalls innerhalb der Zeit seiner Anhaltung in Strafhaft abzuschließen, ist aus den zitierten Judikaten aus Sicht des erkennenden Richters nicht abzuleiten.

Zudem ist im vorliegenden Fall als besonderer Umstand auf das erhöhte öffentliche Interesse an der Außerlandesbringung des Beschwerdeführers wegen Begehung von Gewaltdelikten und Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit hinzuweisen.

3.1.6. Ebenfalls in Zusammenhang mit der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft weist die Beschwerde auf die aktuelle Ausnahmesituation aufgrund von Covid-19 hin und bringt vor, es sei nicht sichergestellt, dass eine Abschiebung zeitnah überhaupt erfolgen könne, weshalb sich die Schubhaft als unverhältnismäßig und rechtswidrig erweise.

Dazu ist auszuführen, dass die Maßnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie in Österreich als auch weltweit zu dramatischen Beschränkungen des öffentlichen Lebens und des Privatlebens geführt haben. Davon war und ist insbesondere auch der Reiseverkehr betroffen. Mittlerweile werden die Beschränkungen sowohl in Österreich als auch in anderen europäischen Staaten aber schrittweise wieder gelockert (vgl. für Österreich die am 30.04.2020 kundgemachte COVID-19-Lockerungsverordnung, BGBl. II Nr. 197/2020). Der Flugverkehr ist zwar weiterhin noch stark eingeschränkt. Aus derzeitiger Sicht ist aber mit weiteren Lockerungen auch in diesem Bereich in den nächsten Wochen zu rechnen. Die realistische Möglichkeit der Überstellung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat innerhalb der gesetzlichen Höchstdauer von sechs Monaten ist aus aktueller Sicht gegeben.

Gelinderes Mittel:

3.1.5. Die Anordnung gelinderer Mittel, insbesondere auch die in der Beschwerdeschrift angesprochene Unterkunftnahme in bestimmten Räumlichkeiten oder der periodischen Meldung gemäß § 77 Abs. 3 Z 1 und Z 2 FPG, führt nach Ansicht des Gerichts entgegen dem Vorbringen in der Beschwerde nicht zu einer ausreichenden Sicherung des Verfahrens und der Abschiebung. Die Kriterien, die bereits unter dem Punkt "Fluchtgefahr/Sicherungsbedarf" erörtert wurden, zeigen eindeutig, dass eine jederzeitige Erreichbarkeit des Beschwerdeführers nicht mit der erforderlichen Sicherheit gewährleistet wäre. Der Beschwerdeführer ist nicht vertrauenswürdig, nicht kooperativ und missachtete bislang massiv die österreichische Rechtsordnung. Es ist daher nicht zu anzunehmen, dass er die aus der Anordnung einer Unterkunftnahme in bestimmten Räumlichkeiten oder der periodischen Meldung für ihn folgenden Beschränkungen und Auflagen einhalten würde. Die Behörde ist zutreffend davon ausgegangen, dass mit der Anordnung gelinderer Mittel das Auslangen nicht gefunden werden kann.

3.1.6. Die gegenständlich verhängte Schubhaft erweist sich daher auch als "ultima ratio" und wird die Schubhaft auch bis zur Außerlandesbringung vorerst weiterzuführen sein. Auf Grund des zuvor Ausgeführten ergibt sich, dass sowohl Fluchtgefahr, als auch Verhältnismäßigkeit gegeben sind und die Anwendung eines gelinderen Mittels nicht als erfolgversprechend zu beurteilen war. In diesem Sinne ist auch das Kriterium der "ultima ratio" im vorliegenden Schubhaftverfahren gegeben.

3.1.7. Die Behörde hat im gegenständlichen bekämpften Schubhaftbescheid die Beweggründe für die Erforderlichkeit der Verhängung der Haft erkennbar aufgezeigt und sich mit der konkreten Situation des Beschwerdeführers auseinandergesetzt. Wie oben näher ausgeführt wird, gelangt die gerichtliche Überprüfung der laufenden Schubhaft nicht zu einer Unrechtmäßigkeit der bescheidmäßigen Verhängung.

4. Im vorliegenden Fall konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben, da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint. Die Beschwerde macht in ihrem Kern geltend, die Fluchtgefahr sei mangelhaft begründet, tritt aber den Feststellungen, die die Behörde in einem ordnungsgemäßen Verfahren und nach Einvernahme des Beschwerdeführers getroffen hat, nicht substantiiert entgegen. Das Vorbringen in der Beschwerde zur Lebenssituation des Beschwerdeführers bezieht sich zum Teil auf weit zurückliegende Jahre (damals aufrechte Wohnsitze, Beschäftigungsverhältnisse), tritt den Feststellungen der Behörde zur aktuellen Lebenssituation aber nicht entgegen. Soweit in der Beschwerde vorgebracht wird, der Beschwerde habe noch Kontakt zu beiden Kindern, setzt sich dieses Vorbringen zu den Aussagen des Beschwerdeführers in der Einvernahme in Widerspruch, wonach er nur zu seinem Sohn telefonischen Kontakt habe. Das Vorbringen, der Beschwerdeführer wolle wieder arbeiten gehen und Geld verdienen, um nicht vom Staat leben zu müssen, und er könne nach seinen eigenen Angaben bei ehemaligen Firmen wieder einen Arbeitsplatz bekommen, ist nicht relevant, da seit dem Verlust seiner Aufenthaltsberechtigung der Beschwerdeführer legal kein Beschäftigungsverhältnis eingehen kann. Auch zur Ausreise- und Kooperationsbereitschaft wurde der Beschwerdeführer von der Behörde befragt. Warum seine diesbezügliche Aussage in der Einvernahme nicht bei der Entscheidungsfindung herangezogen werden dürfe, wird in der Beschwerde nicht dargelegt. Der Sachverhalt erscheint daher aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt. Das Gericht konnte die Feststellungen der Behörde aus den Akten nachvollziehen und teilt diese. Wenn auch im Bescheid zur Beweiswürdigung nur auf den Inhalt des Aktes verwiesen wird, so liegt darin im vorliegenden Fall entgegen den Beschwerdebehauptungen kein Verstoß gegen die Obliegenheit, die Beweiswürdigung offen zu legen, da sich die getroffenen Feststellungen tatsächlich aus dem Akteninhalt ergeben, ohne dass hierfür komplexere beweiswürdigende Überlegungen anzustellen waren, die zur Nachvollziehbarkeit der Entscheidung hätten offengelegt werden müssen. Zusammengefasst lagen somit die Voraussetzungen für eine Abstandnahme von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung, wie sie vom Verwaltungsgerichtshof zu § 21 Abs. 7 BFA-VG (grundlegend VwGH 28.05.2014, Ra 2014/20/0017) entwickelt wurden, vor.

Zu Spruchpunkt II. - Vorliegen der Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft:

Die getroffenen Feststellungen und ihre rechtliche Würdigung lassen im Hinblick auf ihre Aktualität und ihres Zukunftsbezuges keine, die Frage der Rechtmäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft ändernde Umstände erkennen. Es war daher spruchgemäß festzustellen, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

Zu Spruchpunkt III. - Kostenbegehren

Die Behörde begehrte den Ersatz ihrer Aufwendungen entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen. Da die Verwaltungsbehörde vollständig obsiegte, steht ihr nach den angeführten Bestimmungen dem Grunde nach der Ersatz ihrer Aufwendungen zu. Die Höhe der zugesprochenen Verfahrenskosten stützt sich auf die im Spruch des Erkenntnisses genannten gesetzlichen Bestimmungen.

Zu Spruchpunkt B. - Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Wie zu Spruchpunkt I. und II. ausgeführt sind keine Auslegungsfragen hinsichtlich der anzuwendenden Normen hervorgekommen, es waren auch keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Revision war daher in Bezug auf beide Spruchpunkte nicht zuzulassen. Im Hinblick auf die eindeutige Rechtslage in den übrigen Spruchpunkten war die Revision gleichfalls nicht zuzulassen.

Schlagworte

Einreiseverbot Fluchtgefahr Fortsetzung der Schubhaft Mittellosigkeit öffentliche Interessen Pandemie Rückkehrentscheidung Schubhaft Sicherungsbedarf Straffälligkeit strafrechtliche Verurteilung Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W180.2230581.1.00

Im RIS seit

04.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

04.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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