TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/29 W164 2225568-1

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Veröffentlicht am 29.05.2020
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Entscheidungsdatum

29.05.2020

Norm

ASVG §4
ASVG §4 Abs1 Z1
ASVG §4 Abs2
ASVG §4 Abs4
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

W164 2160249-1/13E

W164 2225568-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Rotraut LEITNER als Einzelrichterin über die Beschwerde 1) der XXXX GmbH und 2) des XXXX , beide vertreten durch CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH, Wien, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse (nun Österreichischen Gesundheitskasse) vom 14.3.2017, Zl. VA/ED- XXXX , zu Recht erkannt:

A) Den Beschwerden wird Folge gegeben: Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 28 Abs 1, Abs 2 und Abs 5 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) aufgehoben

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse (im Folgenden NÖGKK), nun Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK), festgestellt, dass Herr XXXX , geb. XXXX , STA Österreich, (im Folgenden Zweitbeschwerdeführer, BF2) ab 1.7.2009 bis laufend aufgrund seiner Tätigkeit für die XXXX GmbH (im Folgenden Erstbeschwerdeführerin, BF1) der Voll- und Arbeitslosenversicherung nach § 4 Abs 1 Z 1 und Abs 2 ASVG sowie § 1 Abs 1 it a AlVG unterlag.

Zur Begründung stützte sich die NÖGKK auf eine gemeinsame Kontrolle der Finanzpolizei XXXX und der Finanzpolizei XXXX vom 29.07.2015, bei der ein LKW, zugelassen auf die BF1, angehalten und kontrolliert wurde. Im Fahrzeug habe sich einerseits ein bei der BF1 gemeldeter Dienstnehmer (im folgenden Z) und andererseits der BF2 befunden, der nicht bei der BF1 als Dienstnehmer zur Sozialversicherung gemeldet war. Der BF2 habe den LKW gelenkt. Mit ihm habe die Finanzpolizei eine Niederschrift aufgenommen. Der BF2 habe angegeben, am Vortag von der BF1 angerufen worden zu sein und nun im Auftrag der BF1 zu einem Veranstaltungsort in Tirol unterwegs zu sein, wo er bis 18 Uhr dieses Tages einen Messestand aufzubauen und den Z bei Aufbau einer Hütte zu unterstützen habe.

In der Folge habe die NÖGKK der BF1 mit Bescheid vom 14.1.2016 einen Beitragszuschlag gem § 113 Abs 1 Z 1 iVm Abs 2 ASVG vorgeschrieben, der in Rechtskraft erwuchs. Erst als die NÖGKK für den BF2 die entsprechenden Sozialversicherungsbeiträge nachverrechnete, habe die BF1 durch ihre damalige steuerliche Vertretung eingewendet, dass der BF2 nicht Dienstnehmer der BF1 gewesen sei.

Die NÖGKK habe den BF2 und den damaligen Geschäftsführer der BF1 seien im Verfahren erster Instanz ergänzend befragt und sei zu folgendem Ergebnis gekommen:

Der BF2 sei seit Oktober2006 nach dem GSVG zur Sozialversicherung gemeldet. Er habe von Beginn an über Gewerbeberechtigungen, ferner über eine eigene Werkstatt und über Werkzeug und einen eigenen PKW verfügt. Der BF2 habe jedoch keine Mitarbeiter beschäftigt, habe für sein Unternehmen nicht geworben und habe für seine Firma keinen Internetauftritt gehabt.

Der BF2 habe Rechnungen von mehreren Auftraggebern vorgelegt: Deco Studio XXXX (5 Rechnungen 2009, je eine Rechnung aus 2012 und 2013, 3 Rechnungen aus 2016), das Immobilienbüro XXXX GmbH (eine Rechnung aus 2012), die XXXX montagen (eine Rechnung aus 2012).

Hauptsächlich sei der BF2 jedoch für die die BF1 tätig gewesen. Ihr habe der BF2 jeden Monat Rechnungen gelegt, auf denen keine konkreten Leistungen sondern nur Arbeitsstunden verrechnet worden seien. Leistungsaufstellungen für die einzelnen Einsätze seien nicht vorgelegt worden. Erst seit 2016 würden die an die BF1 gelegten Rechnungen Vermerke wie "Projektbetreuung, Planung, Aufbau" enthalten. Der BF2 erhalte von der BF1 keine Auftragsschreiben. Die Zusammenarbeit fuße auf mündlichen Vereinbarungen. Die Beauftragung erfolge telefonisch. Da der BF2 gemäß eigener Aussage seit Mitte 2009 regelmäßig für die BF1 tätig sei, sei als Beginn des Dienstverhältnisses der Juli 2009 angenommen worden.

Der BF2 habe folgende Tätigkeiten für die BF1 ausgeführt: Planung und Koordinierung von Großaufträgen, Entwerfen von Mustern und Erstellen von Prototypen, Koordination diverser Möbelaufbauten bzw. -Abbauten. Zum Teil habe der BF2 die Besprechungen mit den Kunden der BF1 geführt und daraufhin Prototypen entworfen. Für den letzten Schliff habe er diese dem Geschäftsführer der BF1 vorgelegt. Auch Planungsarbeiten habe er nach dessen Vorgaben durchgeführt. Der BF2 habe seine Aufträge stets persönlich ausgeführt. Er habe mit eigenem Werkzeug gearbeitet und einen Stundensatz von ? 22,-- verrechnet. Die Arbeitsabläufe habe er selbst bestimmt. Bei Kundenkontakt habe der BF2 ein T-Shirt mit dem Logo der BF1 getragen. Ab 22.11.2013 habe er für die Erfüllung der Aufträge regelmäßig ein Sattelfahrzeug der BF1 gelenkt. Das Ergebnis seiner Arbeiten habe der Geschäftsführer der BF1 kontrolliert. Dieser sei auch bei Kundenbeschwerden kontaktiert worden. Anlässlich einer Abfrage vom 27.10.2015 sei der BF2 auf der Homepage der BF1 als Produktionsleiter des Unternehmens bezeichnet worden. Dieser Eintrag sei am 31.12.2015 nicht mehr aufgefunden worden.

Am 28.7.2015 sei der BF2 vom Geschäftsführer der BF1 beauftragt worden, mit einem Dienstnehmer der BF1 (Z) nach XXXX zu fahren und für das dortige Tennisturnier einen Werbestand aufzubauen, den Aufbau einer vom BF2 entworfenen und geplanten Barhütte zu koordinieren und Z bei deren Aufbau zu helfen. Die Barhütte habe am 29.7.2015 bis 18 Uhr fertiggestellt sein müssen. Der BF2 habe mit Z deshalb vereinbart, um 03:15 in NÖ mit einem Fahrzeug der BF1 wegzufahren. Beim Lenken dieses Fahrzeugen hätten sich beide abgewechselt. Die Kosten der Fahrt habe die BF1 getragen. Arbeitsbeginn, Arbeitsende und Pausen habe der BF2 auf seinem Mobiltelefon aufgezeichnet, um diese hernach verrechnen zu können.

Seit 4.8.2016 sei der BF2 handelsrechtlicher Geschäftsführer der BF1 und halte 30% an diesem Unternehmen. Alle Gesellschafterbeschlüsse würden laut Gesellschaftsvertrag mit einfacher Mehrheit getroffen. Die Aufgaben des BF2 würden nun auch Mitsprache bei Personalentscheidungen, Gestaltung der Arbeitseinteilung der Mitarbeiter, Leitung der Tischlerei, Mitwirkung bei der Bilanzerstellung (Kontaktierung des Steuerberaters), Vertretung bei Behörden, Organisationstätigkeiten (Büroarbeit), Entscheidung über Auftragsannahme, Preisgestaltung, Zeichnungsberechtigung umfassen. Der BF2 arbeite nun mit den Betriebsmitteln der BF1.

Rechtlich kam die NÖGKK zu dem Schluss, dass der BF2 im gesamten Zeitraum ab 0107.2009 für die BF1 in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit tätig gewesen sei: Der BF2 sei über einen längeren Zeitraum ausschließlich und regelmäßig für die BF1 tätig. Seine Entlohnung habe sich nach der Zahl der geleisteten Arbeitsstunden gerichtet. Der BF2 habe sich seine Arbeitszeit zwar einteilen können, jedoch habe sich seine Arbeitszeit letztlich am Bedarf der BF1 orientiert. Konkrete Weisungen und Vorgaben hätten sich aufgrund der Kenntnisse und der Erfahrung des BF2 erübrigt. Jedoch sei der BF2 der stillen Autorität der BF1 unterlegen und sei von dieser kontrolliert worden. Der BF2 sei in den Betrieb der BF1 eingegliedert gewesen und sei schließlich zu deren Geschäftsführer bestellt worden. Der BF2 habe seine Arbeiten stets persönlich durchgeführt. Es sei niemals zu einer Vertretung gekommen. Im Fall einer Verhinderung habe der BF2 die BF1 informieren müssen. Der BF2 selbst hätte keine Dienstnehmer gehabt, die er an seiner Stelle hätte schicken können. Es sei davon auszugehen, dass die Vertragsparteien eine Vertretung nicht für ernstlich möglich hielten.

Zwar habe der BF2 über eigenes Werkzeug verfügt. Dies allein begründe jedoch noch nicht seine Selbständigkeit. Seinen PKW habe der BF2 steuerlich in das Betriebsvermögen aufgenommen - dies sei jedoch aufgrund seiner sonstigen gewerblichen Tätigkeit erfolgt. Für die BF1 habe der BF2 häufig deren LKWs gelenkt, also mit deren Betriebsmitteln gearbeitet. Seit Mitte 2016 verwende der BF2 keine eigenen Betriebsmittel mehr.

Als mit 30% an der BF1 beteiligter Gesellschafter (Gesellschaftsbeschlüsse mit einfacher Stimmenmehrheit, keine Vetorechte) habe der BF2 keinen bestimmenden Einfluss auf die Gestion der BF1. Der BF2 sei daher weiterhin als Dienstnehmer der BF1 zu beurteilen. Seine Entlohnung liege durchgehend über der Geringfügigkeitsgrenze.

Gegen diesen Bescheid erhoben der BF1 und der BF2, beide vertreten durch CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH, Wien fristgerecht Beschwerde und brachten vor, die BF1 habe gegen den aus Anlass der genannten Kontrolle der Finanzpolizei verhängten Beitragszuschlag nur versehentlich kein Rechtsmittel erhoben. Der BF2 habe ein auf Handwerks- Planungs- Koordinationsarbeiten und Konzeptiondienstleistungen spezialisierten Unternehmen geführt. Er habe Aufträge der BF1 sanktionslos ablehnen können und habe sich gegenüber der BF1 sehr wohl zu konkreten Werkleistungen verpflichtet, die im Übrigen nicht in einfachen manuellen Tätigkeiten sondern in technisch höchst anspruchsvollen Tätigkeiten bestanden hätten. Der BF2 habe insbesondere im Rahmen der Preisgestaltung unternehmerisch disponieren können und habe ein unternehmerisches Risiko getragen. Er habe bloß sachliche Weisungen erhalten. Die Kontrolle seiner Arbeit habe sich auf das Endprodukt bezogen. Hinsichtlich Arbeitszeit, Arbeitsort, Arbeitsabfolge und hinsichtlich seines Arbeitsverhaltens sei der BF2 weisungsfrei gewesen. Der BF2 habe mit eigenen Betriebsmitteln gerarbeitet und wäre nicht zur persönlichen Arbeitsleistung verpflichtet gewesen. Der Umstand, dass der BF2 ein Ein-Mann-Unternehmen geführt habe, könne ihm nicht zum Vorwurf gemacht werden. Der BF2 sei nicht in den Betrieb der BF1 eingebunden gewesen. Er habe keinen Firmenschlüssel, keinen Arbeitsplatz und keinen Vorgesetzten im Betrieb der BF1 gehabt.

Als Geschäftsführer der BF1 erfülle der BF2 die sich aus dem GmbH-Gesetz ergebenden Obliegenheiten. Aufgrund seiner Qualifikation übe er tatsächlich einen bestimmenden Einfluss auf das Unternehmensgeschehen aus. Im Rahmen jener Gesellschafterbeschlüsse, die eine qualifizierte Mehrheit erfordern, sei auch rechtlich ein bestimmender Einfluss des BF2 auf die Gestion der Gesellschaft gegeben.

Die Beschwerdeführer beantragten die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung, sie beantragen weiters die Abänderung des angefochtenen Bescheides dahingehend, dass der BF2 als der Versicherungspflicht gem. § 2 Abs 1 Z 1 GSVG unterliegend festgestellt werden, In eventu wurde die Zurückverweisung der Angelegenheit gem. § 28 Abs 3, zweiter Satz VwGVG beantragt.

Ergänzend vorgelegt wurden Rechnungen, welche der BF2 im ersten Halbjahr 2016 an die BF1 (sieben Rechnungen) und an die weitere Auftraggeberin Deco Studio XXXX (zwei Rechnungen) gelegt hatte, weiters der Gesellschafterbeschluss vom 4.8.2016 und der Gesellschaftsvertrag der BF1 vom 18.03.2009.

Am 04.03.2020 wurde beim Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung durchgeführt, an der der BF2 und der seinerzeitige Geschäftsführer der BF1 (nun im Ruhestand und Schwiegervater des BF2) im Beisein des gemeinsamen Rechtsvertreters und weiters eine Vertreterin der ÖGK, Landesstelle NÖ (ehemals NÖGKK) teilnahmen. Als Zeuge (Z) wurde jener Dienstnehmer der BF1 vernommen, der anlässlich der eingangs genannten finanzpolizeilichen Prüfung mit dem BF2 im LKW angetroffen worden war.

Mit Schreiben vom 05.03.2020 legte die NÖGKK ergänzend das bisher nicht vorgelegte Fahrtenbuch des BF2, weiters einen Ausdruck der Website der BF1 vom 27.11.2015, auf der der BF2 als Produktionsleiter genannt ist und jenen Fragebogen, den der BF mit 23.2.2017 laut Verwaltungsakt beantwortet zur Vernehmung mitgebracht hatte.

Die Rechtsvertretung der beiden Beschwerdeführer nahm dazu wie folgt Stellung: Das Fahrtenbuch enthalte lediglich Angaben zur Fahrtzeit und zu den zurückgelegten Kilometern, ordne die Fahrten jedoch nicht bestimmten Personen zu. Es könne daher aus dem Fahrtenbuch nicht darauf geschlossen werden, dass zu den angegebenen Zeiten stets der BF2 den LKW der BF1 gelenkt hätte.

Der vorgelegte Screenshot der Website der BF1 stelle eine veraltete Version dar. Die Website sei damals nicht von der BF1 selbst betreut worden und hätte auch nicht in dieser Form online gehen sollen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF2, ein gelernter Tischler, war ab 01.10.2006 zur Sozialversicherung nach dem GSVG gemeldet. Er verfügte bereits ab September.2006 über eine Gewerbeberechtigung für Regalbetreuung und ab August 2008 über eine Gewerbeberechtigung als Werbearchitekt. Gemeinsam mit seinem Vater, der ebenfalls als selbständiger Regalbetreuer tätig war, hatte der BF2 die Tätigkeit der Regalbetreuung vor allem in diversen Baumärkten Österreichs durchgeführt und mit der Zeit den Kundestock seines Vaters übernommen. Darüber hinaus war der BF2 zunächst mit seinem Vater und dann allein im Bereich des Aufbaus von Messeständen selbständig erwerbstätig. Der BF hatte hier mehrere Auftraggeber. Er hatte eine eigene Werkstatt mit eigenen Werkzeugen.

Der BF2 ging mit der Tochter des damaligen Geschäftsführers der BF1 eine private Verbindung ein und lernte auf diesem Weg den Geschäftsführer der BF1 kennen. Dieser bot ihm an, für die BF1 tätig zu werden. Die BF1, ein Familienunternehmen, vermietete Bars und Möbel für diverse Events. Sie beschäftigte dafür Tischler und Monteure. Der Geschäftsführer der BF1 hatte das Unternehmen seit den 90er Jahren schrittweise aufgebaut.

Bei besonderen Kundenwünschen bot die BF1 Sonderausfertigungen an. Mit solchen Sonderwünschen der Kunden hatte sich bis dahin im Wesentlichen der Geschäftsführer der BF1 selbst - mitunter in Zusammenarbeit mit einem Architekten - befasst. Nun wurde der BF2 solchen Kundengesprächen beigezogen und in der Folge von der BF1 beauftragt, die gewünschte Sonderanfertigung zu entwerfen. Der BF2 wurde auch etwa zum Entwerfen von Details herangezogen, die den (stets unter Zeitdruck stattfindenden) Zusammenbau vor Ort erleichtern sollten.

Mit dem BF2 wurde ein Stundensatz von ? 22,-- und die Verrechnung von Barauslagen vereinbart. Mit dem Endkunden rechnete die BF1 ab. Für den Kostenvoranschlag, den die BF1 an den Endkunden stellte, wurde der voraussichtliche Aufwand des BF2 vom BF2 geschätzt und daraufhin vom Geschäftsführer der BF1 eingepreist. Bei Kundengesprächen trat der BF2 dem Kunden gegenüber als Vertreter der BF1 auf. Der Kunde bezahlte an die BF1.

Der BF2 behielt in der ersten Zeit dieser Zusammenarbeit seine bisherige selbständige Erwerbstätigkeit bei. Mehr und mehr wurde der BF2 hauptsächlich und regelmäßig für die BF1 tätig. Er selbst beschäftigte keine Dienstnehmer. Im Jahr 2015 schien er auf der Website der BF1 als deren Produktionsleiter auf.

Mit Gesellschafterbeschluss vom 04.08.2016 - der BF2 war mittlerweile mit der Tochter des Geschäftsführers der BF1 verheiratet - wurde der BF2 weiterer selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer der BF1 und mit 30 % Beteiligung Gesellschafter der BF1. Der BF2 leitet seither die Tischlerei des Betriebes. Seine Aufgaben umfassen weiters die Mitsprache bei Personalentscheidungen, Gestaltung der Arbeitseinteilung der Mitarbeiter, Mitwirkung bei der Bilanzerstellung (Kontaktierung des Steuerberaters), Vertretung bei Behörden, Organisationstätigkeiten (Büroarbeit), Entscheidung über Auftragsannahme, Preisgestaltung, Zeichnungsberechtigung. Der BF2 verwendet nun die Betriebsmittel der BF1. Mit Abtretungsvertrag vom 19.12.2019 überschrieb der Geschäftsführer der BF1 seine bisherigen Gesellschaftsanteile bis auf 24% unentgeltlich an seine beiden Kinder (24% und 18%) und seine Ehefrau (4%). Er selbst schied aus der Geschäftsführung aus. Der BF führt das Unternehmen nun als selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer mit dem Sohn des ehemaligen Geschäftsführers. Er ist weiterhin mit 30% an der Gesellschaft beteiligt.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde und Abhaltung der mündlichen Verhandlung vom 04.03.2020.

Der BF2 und der ehemalige Geschäftsführer der BF1 haben anlässlich dieser Verhandlung das Werden und die Entwicklung der gemeinsamen Geschäftsbeziehung in unbedenklicher Weise dargelegt. Ihre Ausführungen waren den Feststellungen zu Grunde zu legen, ebenso ihre Vorbringen, dass die BF1 gegen die Verhängung des Beitragszuschlages im Jahr 2014 nur deshalb nichts unternommen habe, da man der Meinung gewesen sei, die Sache wäre "damit erledigt", man würde sich also ein (vielleicht zeitraubendes) Verfahren ersparen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 grundsätzlich durch EinzelrichterInnen und nur auf Antrag einer Partei durch einen Senat. Der hier vorliegende Fall ist von dieser Bestimmung erfasst; es wurde aber kein Antrag auf Senatsentscheidung gestellt. Es liegt somit EinzelrichterInnenzuständigkeit vor.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

Gemäß § 4 Abs 1 Z 1 ASVG sind aufgrund dieses Bundesgesetzes die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall und Pensionsversicherung versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet.

Gemäß § 4 Abs 2 ASVG, erster Satz ist Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hierzu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

Gemäß § 4 Abs 4 ASVG stehen den Dienstnehmern im Sinne dieses Bundesgesetzes Personen gleich, die sich auf Grund freier Dienstverträge auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zur Erbringung von Dienstleistungen verpflichten, und zwar für

1. einen Dienstgeber im Rahmen seines Geschäftsbetriebes, seiner Gewerbeberechtigung, seiner berufsrechtlichen Befugnis (Unternehmen, Betrieb usw.) oder seines statutenmäßigen Wirkungsbereiches (Vereinsziel usw.), mit Ausnahme der bäuerlichen Nachbarschaftshilfe,

2. eine Gebietskörperschaft oder eine sonstige juristische Person des öffentlichen Rechts bzw. die von ihnen verwalteten Betriebe, Anstalten, Stiftungen oder Fonds (im Rahmen einer Teilrechtsfähigkeit),

wenn sie aus dieser Tätigkeit ein Entgelt beziehen, die Dienstleistungen im wesentlichen persönlich erbringen und über keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel verfügen; es sei denn,

a) dass sie auf Grund dieser Tätigkeit bereits nach § 2 Abs. 1 Z 1 bis 3 GSVG oder § 2 Abs. 1 BSVG oder nach § 2 Abs. 1 und 2 FSVG versichert sind oder

b) dass es sich bei dieser Tätigkeit um eine (Neben-)Tätigkeit nach § 19 Abs. 1 Z 1 lit. f B-KUVG handelt oder

c) dass eine selbständige Tätigkeit, die die Zugehörigkeit zu einer der Kammern der freien Berufe begründet, ausgeübt wird oder

d) dass es sich um eine Tätigkeit als Kunstschaffender, insbesondere als Künstler im Sinne des § 2 Abs. 1 des Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetzes, handelt.

Gemäß § 4 Abs 6 ASVG schließt eine Pflichtversicherung gemäß Abs. 1 für dieselbe Tätigkeit (Leistung) eine Pflichtversicherung gemäß Abs. 4 aus.

Gemäß § 539a Abs 1 ASVG ist für die Beurteilung von Sachverhalten nach diesem Bundesgesetz in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes (z.B. Werkvertrag, Dienstvertrag) maßgebend.

Durch den Missbrauch von Formen und durch Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes können Verpflichtungen nach diesem Bundesgesetz, besonders die Versicherungspflicht, nicht umgangen oder gemindert werden (§539a Abs 2 ASVG).

Ein Sachverhalt ist so zu beurteilen, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu beurteilen gewesen wäre (§ 539a Abs 3ASVG).

Scheingeschäfte und andere Scheinhandlungen sind für die Feststellung eines Sachverhaltes nach diesem Bundesgesetz ohne Bedeutung. Wird durch ein Scheingeschäft ein anderes Rechtsgeschäft verdeckt, so ist das verdeckte Rechtsgeschäft für die Beurteilung maßgebend (§539a Abs 4ASVG).

Die Beantwortung der Frage, ob bei Erfüllung einer übernommenen Arbeitspflicht (also der Beschäftigung) die Merkmale persönlicher Abhängigkeit einer Person vom Empfänger der Arbeit gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit im Sinne des § 4 Abs 2 ASVG überwiegen, hängt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes davon ab, ob nach dem Gesamtbild der konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch die Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet oder - wie bei anderen Formen der Beschäftigung (z.B. auf Grund eines Werkvertrages oder eines freien Dienstvertrages) - nur beschränkt ist.

Unterscheidungskräftige Kriterien dieser Abgrenzung sind nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Bindung des Beschäftigten an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse und die damit eng verbundene (grundsätzliche) persönliche Arbeitspflicht.

Die Art des Entgeltes und der Entgeltleistung ist nur ausnahmsweise nämlich nur dann als unterscheidungskräftiges Merkmal dafür heranzuziehen, ob der Beschäftigte seine Beschäftigung in persönlicher Abhängigkeit verrichtet, wenn die konkrete Gestaltung der organisatorischen Gebundenheit eines Beschäftigten in Bezug auf Arbeitsort, Arbeitszeit und arbeitsbezogenes Verhalten keine abschließende Beurteilung des Überwiegens der Merkmale persönlicher Abhängigkeit zulässt (vgl. VwGH 2001/08/0027, 26.05.2004).

Zunächst ist zu ermitteln, ob und in welcher Form die Parteien einschlägige Vereinbarungen getroffen haben und auf welche Weise der Dienstgeber/Auftraggeber die Erbringung der Arbeitsleistung organisiert hat. Aufgrund dieser Feststellungen hat die Behörde zu beurteilen, ob die tatsächliche Durchführung der Tätigkeit von der getroffenen Vereinbarung abgewichen ist bzw. ob die Vereinbarung den wirtschaftlichen Gegebenheiten des Dienstgebers/Auftraggebers entspricht. Ist eine Vereinbarung mit den objektiven Anforderungen der Unternehmensorganisation nicht in Einklang zu bringen, muss untersucht werden, ob ein Scheingeschäft vorliegt (vgl. §§ 539, 539a ASVG). Wenn keine anders lautende Vereinbarung festgestellt werden kann (bzw. wenn nicht das Vorliegen einer Scheinvereinbarung festgestellt werden kann), darf die Behörde aus dem tatsächlichen Ablauf der Beschäftigung allein auf das Vorliegen einer schlüssigen Vereinbarung schließen und diesen ohne weitere Ermittlungen zur Beurteilung heranziehen. (VwGH 99/08/0008 vom 17.12.2002).

Bei einfachen manuellen Tätigkeiten oder Hilfstätigkeiten, die in Bezug auf die Art der Arbeitsausführung und auf die Verwertbarkeit keinen ins Gewicht fallenden Gestaltungsspielraum des Dienstnehmers erlauben, kann bei einer Integration des Beschäftigten in den Betrieb des Beschäftigers - in Ermangelung gegenläufiger Anhaltspunkte - das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses in persönlicher Abhängigkeit im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG ohne weitwendige Untersuchungen vorausgesetzt werden (VwGH 2012/08/0081 vom 24.04.2014).

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt es für die Abgrenzung des ("echten" und des freien) Dienstvertrages einerseits vom Werkvertrag andererseits darauf an, ob sich jemand auf gewisse Zeit zur Dienstleistung für einen anderen (den Dienstgeber) verpflichtet oder ob er die Herstellung eines Werks gegen Entgelt (in der Regel bis zu einem bestimmten Termin) übernimmt. Ein Werk in diesem Sinn ist eine im Vertrag individualisierte und konkretisierte Leistung, also eine in sich geschlossene Einheit. Mit der Herstellung des Werks endet der Werkvertrag (vgl. VwGH 2012/08/0163 vom 19.06.2013). Die Bezeichnung des Vertrages ist nicht entscheidend (vgl. VwGH 2013/08/0175 vom 15.10.2015). Beim Werkvertrag kommt es auf das Ergebnis der Arbeitsleistung an, das ein Werk, somit eine geschlossene Einheit darstellen muss, welche bereits im Vertrag konkretisiert wurde. Der Werkvertrag begründet ein Zielschuldverhältnis. Ein Werkvertrag muss auf einen bestimmten abgrenzbaren Erfolg abstellen, und einen Maßstab erkennen lassen, nach dem beurteilt werden kann, ob das Werk ordnungsgemäß erbracht wurde. Wird hingegen ein dauerndes Bemühen geschuldet, das bei der Erreichung des angestrebten "Zieles" kein Ende findet, spricht dies für eine Verpflichtung zur Erbringung von Dienstleistungen (vgl. VwGH 2001/08/0131 vom 17.11.2004, 2005/08/0082 vom 25.04.2007). Beim Dienstvertrag (und freien Dienstvertrag) kommt es anders als beim Werkvertrag primär auf die rechtlich begründete Verfügungsmacht des Dienstgebers über die Arbeitskraft des Dienstnehmers, also auf seine Bereitschaft zu Dienstleistungen für eine bestimmte Zeit an (vgl. VwGH 2000/08/0161 vom 3.7.02).

Die beiden Vertragsverhältnisse lassen sich daher nach dem Gegenstand der Leistung und deren Dauer abgrenzen. Ein wiederkehrendes Tätig werden kann allerdings auch im Rahmen einer "Kette" kurzfristiger Werkverträge erfolgen, wobei dann jeder einzelne dieser Verträge die Kriterien eines Werkvertrages erfüllen muss. Wird ein dauerndes Bemühen geschuldet, das bei Erreichen eines angestrebten "Ziels" kein Ende findet, so spricht dies gegen einen Werkvertrag (vgl. VwGH 2005/08/0082 vom 25.4.2007).

Erlaubt im Einzelfall die konkrete Gestaltung der organisatorischen Gebundenheit des Beschäftigten in Bezug auf Arbeitsort, Arbeitszeit und arbeitsbezogenes Verhalten keine abschließende Beurteilung des Überwiegens der Merkmale persönlicher Abhängigkeit, so können im Rahmen der vorzunehmenden Beurteilung des Gesamtbildes der Beschäftigung auch diese an sich nicht unterscheidungskräftigen Kriterien ebenso wie die Art des Entgelts und der Entgeltleistung (§ 49 ASVG), die an sich in der Regel wegen des gesonderten Tatbestandscharakters des Entgelts für die Dienstnehmereigenschaft nach § 4 Abs. 2 ASVG für das Vorliegen persönlicher Abhängigkeit nicht aussagekräftig sind, von maßgeblicher Bedeutung sein (zuletzt VwGH 2012/08/0240).

Bei (Gesellschafter-)Geschäftsführern einer GmbH ist zu beachten, dass das kraft Gesetzes bestehende organschaftliche Weisungsrecht der Generalversammlung nach § 20 Abs. 1 GmbHG nicht notwendig auch die Erteilung persönlicher Weisungen - also von Weisungen in den für die persönliche Abhängigkeit maßgebenden Belangen - umfasst, wenngleich die Möglichkeit einer vertraglichen Einordnung in die Gesellschaft in persönlicher Abhängigkeit von ihr durch schuldrechtliche Vereinbarung im Innenverhältnis nicht ausgeschlossen ist: die Bindung des Geschäftsführers an den Gesellschaftsvertrag und die Gesellschafterbeschlüsse stellt bloß eine sachliche Weisungsgebundenheit des Geschäftsführers her, die sich lediglich auf den Erfolg der Arbeitsleistung der Geschäftsführung bezieht und von einer sich in persönlicher Abhängigkeit äußernden, durch weitgehende Unterordnung gekennzeichnete Weisungsgebundenheit zu unterscheiden ist. Für die Frage des Vorliegens eines Dienstverhältnisses im Sinn des § 47 Abs. 2 EStG 1988 kommt es auf das schuldrechtliche Verhältnis zwischen dem Geschäftsführer und der Gesellschaft an. (vgl. VwGH 2010/08/0240 vom 19.12.2012).

Ein Beschäftigungsverhältnis in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG kommt dann von vornherein nicht in Betracht, wenn dem Geschäftsführer kraft Gesellschafterstellung ein maßgebender Einfluss auf die Gestion des Unternehmens zukommt; das trifft etwa zu, wenn er kraft Gesetzes (zB als Mehrheitsgesellschafter) oder kraft Gesellschaftsvertrages (kraft Minderheitsrechtes in diesen Belangen) bestimmte Weisungen an die Geschäftsführung herbeiführen oder zumindest persönliche Weisungen der Generalversammlung an ihn verhindern kann. (vgl. VwGH 2013/08/0185 vom 19.10.2015).

Bezogen auf den vorliegenden Fall ergibt sich daraus:

1) Zeitraum von 01.07.2009 bis 04.08.2016:

Der BF2, der bereits vor der verfahrensgegenständlichen Zeit selbständig erwerbstätig war, und über entsprechende Gewerbeberechtigungen verfügte, hat sich ab Juli 2009 gegenüber der BF1 immer wieder verpflichtet, Sonderausfertigungen für die Kunden der BF1, einem Unternehmen, das Bars für diverse Events vermietete, zu entwerfen, zu zeichnen und auszuarbeiten. Hinsichtlich des Entgelts wurde ein Stundensatz von ? 22,-- vereinbart. Beide Vertragspartner betrachteten diesen Stundensatz als branchenüblich. Der BF2 nahm, wann immer er herangezogen werden sollte, auch bereits am jeweiligen Kundengespräch teil. Sein voraussichtlicher Stundensatz wurde seitens der BF1 in den Kostenvoranschlag eingepreist.

Der BF2 erstellte für die BF1 Entwürfe von Sonderanfertigungen, somit konkrete gewährleistungstaugliche Werkstücke. Darüber hinaus hat der BF2 für die BF1 auch Dienstleistungen verrichtet, etwa indem er nach Absprache mit dem Geschäftsführer der BF1 seine Entwürfe zwecks Einschulung der Monteure der BF1 einmal gemeinsam mit diesen auf dem Firmengelände der BF1 zusammenbaute, sei es, indem er von Zeit zu Zeit selbst zum Aufbau seiner Entwürfe zum Endkunden mitfuhr und diese mit aufbaute. Dieser letztgenannte Tätigkeitsbereich bildete den qualitativ und zeitlich untergeordneten Teil der Tätigkeit und stand mit der Erfüllung der erstgenannten Werkleistungen in unmittelbarem Zusammenhang.

Wie sich die in Aussicht genommene Vertragsbeziehung zwischen der BF1 und dem BF2 gestalten würde, war zu Beginn vertraglich offengelassen worden. Der BF2 hatte seine bis dahin ausgeübte selbständige Erwerbstätigkeit im beiderseitigen Einverständnis zunächst beibehalten. Davon, dass er Aufträge der BF1 ablehnen konnte, wurde beiderseits ausgegangen. Der BF2 hat davon auch tatsächlich Gebrauch gemacht: Wann immer er etwa im Rahmen seiner Tätigkeit als Regalbetreuer Österreichweit unterwegs war, stand er für Aufträge der BF1 nicht zur Verfügung.

Wenn der BF2 für die BF1 tätig wurde, wurde von ihm unbestritten die persönliche Ausführung seiner Arbeiten erwartet. Der BF2 hat seine Tätigkeit für die BF1 tatsächlich stets selbst ausgeführt. Er beschäftigte keine Dienstnehmer.

Mit der Zeit entwickelte sich die Vertragsbeziehung des BF2 zur BF1 so, dass der BF2 regelmäßig und primär für die BF1 tätig wurde. Der BF2 war jedoch nicht in die Betriebsorganisation dieses Unternehmens eingebunden. Er behielt seine eigene Werkstatt, plante bzw. zeichnete die gewünschten Sonderausfertigungen in seiner Werkstatt und fertigte ebendort Prototypen an, somit gewährleistungstaugliche Werkstücke. Der BF2 verrechnete wie vereinbart einen Stundensatz.

Der BF2, hat qualifizierte Arbeiten geleistet. In der Gestaltung seiner Arbeitszeit war er grundsätzlich frei. Kundentermine und Besprechungstermine hatte er einzuhalten. Eine regelmäßige, etwa wöchentliche Berichtspflicht bestand nicht. Die gegenüber der BF1 eingegangene Verpflichtung des BF2 bestand nicht in einem andauernden Bemühen. Wenn der BF2 gegenüber den Kunden der BF1 auftrat, wurde allerdings von ihm erwartet, dass er sich als der BF1 zugehörig präsentierte. Der BF2 trug dann ein T-Shirt der BF1. Der Kunde bezahlte an die BF1. Auf der Website der BF1 - diese hatte ein Kunde der BF1 hergestellt - schien der BF2 im Jahr 2015 zeitweise als Produktionsleiter der BF2 auf.

Der BF2 wurde, da sich die vertragliche Beziehung zur BF1 gut gestaltete, und der BF2 auch privat praktisch schon zur Familie gehörte, vom ehemaligen Geschäftsführer der BF1 gleichsam zum Nachfolger für den Tischlereibereich des Familienbetriebes aufgebaut.

Zusammenfassend ergibt das festgestellte Gesamtbild der Beschäftigung, dass der BF2 für die BF1 nicht in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit iSd § 4 Abs 1 und Abs 2 ASVG tätig war: Zwar wies die Tätigkeit einzelne Merkmale einer persönlichen Abhängigkeit auf, denn der BF verrichtete seine Arbeiten vereinbarungsgemäß stets persönlich und trat gegenüber den Kunden der BF1 als der BF1 zugehörig auf. Diese Merkmale der persönlichen Abhängigkeit überwogen jedoch nicht die deutlich ausgeprägten Merkmale einer selbständigen Erwerbstätigkeit. Denn der BF2 konnte Aufträge sanktionslos ablehnen, hatte grundsätzlich weitere Auftraggeber, seine Tätigkeit bestand im Kern in der Herstellung gewährleistungstauglicher Werkstücke; der BF leistete qualifizierte Arbeit, er unterlag keiner regelmäßigen Berichtspflicht und war frei in der Gestaltung seiner Arbeitszeit; der BF nutzte die eigene Werkstatt mit eigenem Werkzeug; seinen PKW nahm er steuerrechtlich in sein Betriebsvermögen auf. Der Umstand, dass der BF2 an die BF1 einen Stundensatz verrechnete, wäre nur dann als entscheidend heranzuziehen, wenn die weiteren festgestellten Beschäftigungsmerkmale in ihrer Gesamtheit keine eindeutige Beurteilung zulassen würden (vgl. etwa VwGH 2001/08/0027, 26.05.2004). Im vorliegende Fall kommt der Form des Entgelts daher nur untergeordnete Bedeutung zu.

2) Zeitraum ab 04.08.2016:

Seit 04.08.2016 ist der BF2 als Mitgesellschafter und weiterer Geschäftsführer für die BF1 tätig und im Wesentlichen für den Bereich der firmeneigenen Tischlerei verantwortlich. Ein eigener Anstellungsvertrag wurde mit dem BF2 als Geschäftsführer nicht geschlossen. Seit 2020 führt der BF2 das genannte Unternehmen gemeinsam mit dem Sohn des ehemaligen Geschäftsführers der BF1.

Als Geschäftsführer übt der BF2 kraft seiner Beteiligung keinen maßgebenden Einfluss auf die Gestion des Unternehmens der BF1 aus - dies allein bewirkt aber noch nicht zwingend seine Beschäftigung in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit. Der BF2 hat mit der BF1 keinen Anstellungsvertrag geschlossen. Die tatsächliche Ausgestaltung seiner Tätigkeit hat sich seit 04.08.2016 im Wesentlichen nur in der Weise geändert, als der BF2zu seiner bisherigen Tätigkeit zusätzliche Verantwortungsbereiche für das Unternehmen übernommen hat. Anhaltspunkte für eine seit 04.08.2016 in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit ausgeübte Tätigkeit liegen nicht vor.

Rechtliche Wirkung der Gewerbeberechtigung

Der BF2 verfügte ab 2006 über eine die Pflichtversicherung nach § 2 Abs 1 Z 1 GSVG begründende Gewerbeberechtigung. Ab 2016 war er Gesellschaftergeschäftsführer einer GmbH iSd § 2 Abs 1 Z 3 GSVG. Daraus ist für den vorliegenden Fall zu schließen, dass der BF weder nach § 4 Abs 1 Z 1 und Abs 2 ASVG noch nach § 4 Abs 4 ASVG pflichtversichert war (§ 4 Abs 4 lit a ASVG, VwGH Ra2016/08/0144 vom 23.12.2016). Das Vorliegen einer Beschäftigung als freier Dienstnehmer muss nicht geprüft werden.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Ablehnungsrecht Arbeitszeit Betriebsmittel Einflussnahme Geschäftsführer Gesellschaft Gewerbeberechtigung Pflichtversicherung selbstständig Erwerbstätiger

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W164.2225568.1.00

Im RIS seit

04.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

04.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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