Entscheidungsdatum
08.06.2020Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
W133 2212355-1/19E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Natascha GRUBER als Vorsitzende und den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich, vom 22.11.2018, betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in dem Behindertenpass, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der Abspruch im angefochtenen Bescheid betreffend die Abweisung der Zusatzeintragung „Gesundheitsschädigung gem. § 2 Abs. 1 dritter Teilstrich VO 303/1996 liegt vor“ in den Behindertenpass ersatzlos zu entfallen hat.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
Verfahrensgang
Mit Bescheid vom 20.06.2017 stellte das Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich, in der Folge als „belangte Behörde“ bezeichnet, fest, dass der Beschwerdeführer ab 05.04.2016 mit einem Grad der Behinderung von 50 von Hundert (v.H.) dem Kreis der begünstigten Behinderten angehört. Dies erfolgte nach Einholung eines HNO-fachärztlichen Sachverständigengutachtens vom 08.05.2017 (30 v.H.), eines allgemeinmedizinischen Sachverständigengutachtens vom 14.06.2017 (40 v.H.) und einer Gesamtbeurteilung der Ärztin für Allgemeinmedizin vom 20.06.2017 (50 v.H.).
Am 30.06.2017 stellte der Beschwerdeführer bei der belangten Behörde einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses sowie auf Vornahme der Zusatzeintragungen „Gesundheitsschädigung gem. § 2 Abs. 1 dritter Teilstrich VO 303/1996“ und „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in dem Behindertenpass und auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO (Parkausweis für Menschen mit Behinderungen).
Unter Verweis auf die im Verfahren zur Feststellung der Begünstigteneigenschaft eingeholten Gutachten vom 08.05.2017, 14.06.2017 und 20.06.2017 wurde dem Beschwerdeführer mit Schreiben der belangten Behörde vom 18.07.2017 aufgrund seines Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses vom 30.06.2017 mitgeteilt, dass laut Ergebnis des medizinischen Ermittlungsverfahrens ein Grad der Behinderung von 50 v.H. festgestellt worden sei. Daher werde ihm in den nächsten Tagen ein unbefristeter Behindertenpass im Scheckkartenformat übermittelt werden.
Mit Begleitschreiben der belangten Behörde vom selben Tag wurde dem Beschwerdeführer ein Behindertenpass mit einem eingetragenen Grad der Behinderung von 50 v.H. übermittelt. Diesem Behindertenpass kommt gemäß der Bestimmung des § 45 Abs. 2 BBG Bescheidcharakter zu.
Mit Bescheid vom 19.07.2017 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Vornahme der Zusatzeintragungen „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ und „Gesundheitsschädigung gem. § 2 Abs. 1 dritter Teilstrich VO 303/1996 liegt vor“ wiederum unter Verweis auf die im BEinStG-Verfahren eingeholten Gutachten vom 08.05.2017, 14.06.2017 und 20.06.2017 gemäß §§ 42 und 45 Bundesbehindertengesetz (BBG) ab.
Gegen diesen Bescheid langte am 21.08.2017 fristgerecht eine Beschwerde bei der belangten Behörde ein, worin sich der Beschwerdeführer ausschließlich gegen die Nichtvornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ richtet.
Daraufhin holte die belangte Behörde eine Stellungnahme vom 02.10.2017 der im BEinStG-Verfahren beigezogenen Ärztin für Allgemeinmedizin betreffend die beantragte Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ ein.
Mit Bescheid vom 11.10.2017 erließ die belangte Behörde eine Beschwerdevorentscheidung betreffend die beantragten Zusatzeintragungen „Gesundheitsschädigung gem. § 2 Abs. 1 dritter Teilstrich VO 303/1996 liegt vor“ und „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“, worin sie die Beschwerde abwies und sich in der Begründung auf die im BEinStG-Verfahren eingeholten Gutachten vom 08.05.2017, 14.06.2017 und 20.06.2017 sowie auf die ergänzend eingeholte Stellungnahme vom 02.10.2017 stützte.
Am 02.11.2017 brachte der Beschwerdeführer rechtzeitig einen Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz) ein, worin er sich abermals ausschließlich gegen die Nichtvornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ wendet.
Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 29.03.2018, hg. GZ. W115 2176108-1/3E, wurde lediglich die Beschwerdevorentscheidung betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in dem Behindertenpass behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverwiesen. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass der belangten Behörde bereits bei Antragstellung des Beschwerdeführers auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ bekannt gewesen sei, dass dieser an degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule mit Bandscheibenvorfall in der Halswirbelsäule sowie an einem chronischen Schmerzsyndrom der gesamten Wirbelsäule leide. Die belangte Behörde habe vor diesem Hintergrund zur Überprüfung des Vorliegens der Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung jedoch lediglich Einsicht in die im Rahmen des Verfahrens nach dem BEinStG eingeholten ärztlichen Sachverständigengutachten genommen, in denen zur Frage der beschwerdegegenständlichen Zusatzeintragung keine ausreichend individualisierte Beurteilung erfolgt sei. Auch die der Beschwerdevorentscheidung zugrunde gelegte ergänzende medizinische Stellungnahme vom 02.10.2017 stelle keine taugliche Grundlage zur Beurteilung des Ausmaßes der vorliegenden Funktionseinschränkungen des Bewegungsapparates und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel dar, zumal die medizinische Stellungnahme lediglich auf der Aktenlage basiere und nur allgemeine Aussagen zu den Gesundheitsschädigungen tätige. Es sei nicht nachvollziehbar, warum die belangte Behörde darauf verzichtet habe, das Ermittlungsverfahren dahingehend zu erweitern, ein ärztliches Sachverständigengutachten der Fachrichtung Orthopädie einzuholen.
Über den am 30.06.2017 gestellten Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Gesundheitsschädigung gem. § 2 Abs. 1 dritter Teilstrich VO 303/1996 liegt vor“ wurde mit Bescheid vom 19.07.2017 in Verbindung mit der Beschwerdevorentscheidung vom 11.10.2017 somit bereits rechtskräftig abgesprochen.
Die belangte Behörde holte in der Folge ein medizinisches Sachverständigengutachten nach der Einschätzungsverordnung ein. In dem Sachverständigengutachten eines Facharztes für Orthopädie vom 29.08.2018 konnten auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 30.07.2018 folgende Funktionseinschränkungen objektiviert werden: 1.) Aufbraucherscheinungen der Wirbelsäule und der großen Gelenke, besonders rechte Schulter-Impingementsyndrom, 2.) Zustand nach Nabelbruch, 3.) Laktoseintoleranz, g.Z., 4.) Beugedefizit des linken Ring- und Kleinfingers, 5.) Hörstörung beidseits und 6.) Ohrgeräusche beidseits. Ein hyperreagibles Bronchialsystem werde mangels eines neuen Befundes und bei fehlender Angabe von Beschwerden diesbezüglich bei der Untersuchung nicht erfasst. Alle Leiden des Vorgutachtens seien erfasst worden, das Leiden 1 und das Schulterleiden seien im neuen Leiden 1 zusammengefasst worden. Es wurde mit Begründung festgestellt, dass dem Beschwerdeführer die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar sei.
Mit Schreiben vom 30.08.2018 räumte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer ein förmliches Parteiengehör gemäß § 45 AVG samt Möglichkeit zur Stellungnahme ein. Das orthopädische Gutachten vom 29.08.2018 wurde dem Beschwerdeführer als Beilage übermittelt.
Der Beschwerdeführer erstattete mit Schreiben vom 11.09.2018, bei der belangten Behörde eingelangt am 13.09.2018, eine Stellungnahme, worin er sich gegen das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens wendet. Darin geht er umfassend auf die Thematik betreffend sein Lungenleiden und den Zustand nach einer Nabelbruchoperation ein und moniert das diesbezügliche Vorgehen des Gutachters. In weiterer Folge spricht er dem beigezogenen Facharzt für Orthopädie die Unvoreingenommenheit ab und beantragt, einen „objektiven“ Sachverständigen zu bestellen. Der Stellungnahme wurde ein Schreiben des Beschwerdeführers vom 19.05.2017 betreffend den Zustand nach einer Nabelbruchoperation beigelegt.
Aufgrund der eingebrachten Stellungnahme holte die belangte Behörde ein weiteres medizinisches Sachverständigengutachten nach der Einschätzungsverordnung ein. In dem Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Orthopädie vom 16.11.2018 konnten auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 14.11.2018 folgende Funktionseinschränkungen objektiviert werden: 1.) Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, 2.) Hörstörung beidseits, 3.) Impingementsyndrom der rechten Schulter, 4.) Ohrgeräusche beidseits, 5.) Zustand nach Nabelbruch, 6.) Laktoseintoleranz, g.Z und 7.) Blande Narbe beide Kleinfinger mit minimalem Streckdefizit. Im Vergleich zum Vorgutachten hätten sich keine Änderungen ergeben, außer dass das ehemalige Leiden 1 nunmehr in die Leiden 1 und 3 aufgeteilt worden sei, da es unterschiedliche Körperregionen betreffe und somit getrennt erfasst werde. Es wurde abermals festgestellt, dass dem Beschwerdeführer die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar sei.
Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid vom 22.11.2018 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers vom 30.06.2017 auf Vornahme der Zusatzeintragungen „Gesundheitsschädigung gem. § 2 Abs. 1 dritter Teilstrich VO 303/1996 liegt vor“ und „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ gemäß §§ 42 und 45 Bundesbehindertengesetz (BBG) ab. Sie stützte diesen Bescheid auf die Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens.
Der Beschwerdeführer erhob mit Schreiben vom 11.12.2018, bei der belangten Behörde eingelangt am 21.12.2018, ohne Vorlage neuer Beweismittel fristgerecht eine Beschwerde gegen den Bescheid vom 22.11.2018. Darin bringt er zusammengefasst vor, dass ihm betreffend das eingeholte Gutachten der Fachärztin für Orthopädie vom 16.11.2018 kein Parteiengehör gewährt worden sei. Außerdem würde ein Widerspruch zwischen den beiden Gutachten vom 29.08.2018 und 16.11.2018 zur Beeinträchtigung der linken Hand bzw. indirekt auch zum rechten Arm bestehen. In weiterer Folge geht der Beschwerdeführer abermals auf die seiner Meinung nach fehlende Objektivität des beigezogenen Facharztes für Orthopädie ein. Weiters moniert er den Mangel an Dokumentation seines Vorbringens während der durchgeführten Untersuchungen und bringt vor, dass von beiden Gutachtern die Fakten falsch dargestellt worden seien. Schließlich habe die beigezogene Fachärztin für Orthopädie das von ihm bei der Untersuchung vorgelegte Gutachten eines näher genannten Arztes nicht in die Ergebnisse ihres Gutachtens eingearbeitet.
Die belangte Behörde legte dem Bundesverwaltungsgericht am 08.01.2019 den Verwaltungsakt und die Beschwerde zur Entscheidung vor. Das Verfahren wurde der hg. Gerichtsabteilung W141 zugeteilt.
Der Leiter der Gerichtsabteilung W141 meldete am 10.01.2019 die Unzuständigkeit seiner Gerichtsabteilung, da die Zurückverweisung vom 29.03.2018 durch die Gerichtsabteilung W115 erfolgt war. Da es sich bei dem Verfahren um ein solches der Zuweisungsgruppe BHR-W/BBG handle, liege Annexität vor und wäre daher eine Neuzuteilung an die Gerichtsabteilung W115 vorzunehmen. Der Unzuständigkeitsanzeige folgend wurde der Akt der Gerichtsabteilung W115 neu zugeteilt.
Aufgrund der erhobenen Einwendungen veranlasste das Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 02.09.2019 eine neuerliche medizinische Begutachtung des Beschwerdeführers durch eine Ärztin für Allgemeinmedizin und Fachärztin für Unfallchirurgie mit der Zusatzqualifikation Orthopädie.
Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21.01.2020 wurde das gegenständliche Beschwerdeverfahren mit Wirksamkeit vom 07.02.2020 der Gerichtsabteilung W115 abgenommen und der Gerichtsabteilung W133 neu zugeteilt.
Von der vom Bundesverwaltungsgericht beigezogenen Ärztin für Allgemeinmedizin und Fachärztin für Unfallchirurgie mit der Zusatzqualifikation Orthopädie konnten in ihrem Gutachten vom 14.02.2020 auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 17.10.2019 aktuell folgende Funktionseinschränkungen objektiviert werden: 1.) Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, 2.) Hörstörung beidseits, 3.) Abnützungserscheinungen rechte Schulter, 4.) Ohrgeräusche beidseits, 5.) Zustand nach Nabelbruch, 6.) Lactoseintoieranz, 7.) Narbe bei Zustand nach Dupuytren’scher Kontraktur mit Funktionseinschränkung Kleinfinger und Ringfinger links und 8.) Bronchiale Hyperreagibilität. In ihrem Gutachten vom 14.02.2020 kam auch die Ärztin für Allgemeinmedizin und Fachärztin für Unfallchirurgie mit der Zusatzqualifikation Orthopädie zum Ergebnis, dass aus medizinischer Sicht die Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung nicht vorliegen. In ihrem Gutachten begründet sie ihre Beurteilung ausführlich.
Mit Schreiben vom 02.03.2020 informierte das Bundesverwaltungsgericht die Parteien des Verfahrens über das Ergebnis der Beweisaufnahme und räumte ihnen in Wahrung des Parteiengehörs die Gelegenheit ein, dazu binnen zwei Wochen eine Stellungnahme abzugeben.
Die belangte Behörde erstatte keine Stellungnahme.
Der Beschwerdeführer erstattete mit Schreiben vom 19.03.2020, eingelangt am 26.03.2020, ohne Vorlage neuer Beweismittel eine Stellungnahme zum vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Gutachten vom 14.02.2020. Darin moniert er die Feststellungen zu seiner rechten Schulter sowie zu seiner Narbe am linken Kleinfinger durch die vom Bundesverwaltungsgericht beigezogene Ärztin und beantragt die Bestellung eines „objektiven“ Gutachters. Der Stellungnahme wurde ein Aufenthaltsnachweis einer näher genannten Kuranstalt vom 18.03.2020 beigelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer ist Inhaber eines unbefristeten Behindertenpasses mit einem Grad der Behinderung von 50 v.H.
Er hat seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.
Der Beschwerdeführer stellte am 30.06.2017 einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in dem Behindertenpass.
Über den ebenfalls am 30.06.2017 gestellten Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Gesundheitsschädigung gem. § 2 Abs. 1 dritter Teilstrich VO 303/1996 liegt vor“ wurde mit Bescheid vom 19.07.2017 in Verbindung mit der Beschwerdevorentscheidung vom 11.10.2017 rechtskräftig abgesprochen; diesbezüglich wird auf die Ausführungen in der rechtlichen Beurteilung verwiesen.
Beim Beschwerdeführer bestehen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
1. Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule;
2. Hörstörung beidseits;
3. Abnützungserscheinungen rechte Schulter;
4. Ohrgeräusche beidseits;
5. Zustand nach Nabelbruch;
6. Lactoseintoleranz;
7. Narbe bei Zustand nach Dupuytren’scher Kontraktur mit Funktionseinschränkung Kleinfinger und Ringfinger links;
8. Bronchiale Hyperreagibilität.
Es liegen beim Beschwerdeführer keine erheblichen Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten bzw. des sonstigen Stütz- und Bewegungsapparates vor. Sämtliche Gelenke, insbesondere im Bereich der Hüft- und Kniegelenke, sind frei beweglich. Es liegt weiters kein motorisches Defizit vor, auch Sensibilitätsstörungen waren nicht objektivierbar. Der rechte Arm wurde vom Beschwerdeführer bei seiner persönlichen Untersuchung am 17.10.2019 unter Angabe von Beschwerden im Bereich der Schulter bis etwa zur Horizontalen aktiv angehoben. Objektive Befunde (aktuelle Befunde der bildgebenden Diagnostik, über fachärztliche Behandlungen oder physikalische Behandlungen oder Heilgymnastik) liegen jedoch nicht vor. Nicht in Einklang zu bringen mit der demonstrierten Einschränkung der Beweglichkeit sind die seitengleiche Bemuskelung im Bereich der Schulter bzw. beider oberer Extremitäten und der aktuelle klinische Status ohne Hinweis für Ruptur der Rotatorenmanschette und ohne Zeichen für Schulterhochstand. Dauerschmerzen sind nicht durch aktuelle Behandlungsdokumentationen untermauert. Die geringgradige Funktionseinschränkung im Bereich des linken Ring-und Kleinfingers mit geringgradigem Streck- und geringgradigem Beugedefizit führt zu keiner relevanten Beeinträchtigung, das Festhalten an Haltegriffen ist nicht erheblich erschwert. Dass durch die Narbe bei Zustand nach Dupuytren’scher Kontraktur mit geringgradiger Funktionseinschränkung von Kleinfinger und Ringfinger links ein Nerv in einem Ausmaß irritiert werden könnte, dass ein extrem stechender Schmerz auftrete, wie dies vom Beschwerdeführer vorgebracht wurde, kann nicht nachvollzogen werden. Auch im Bereich der Wirbelsäule konnte keine relevante funktionelle Einschränkung festgestellt werden. Die degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule gehen mit Funktionseinschränkungen geringen Grades einher. Weder konnte eine maßgebliche Einschränkung des Bewegungsumfangs sämtlicher Etagen der Wirbelsäule festgestellt werden noch konnten erhebliche Verspannungen festgestellt werden. Hinweise auf Wurzelkompression oder ein neurologisches Defizit konnten nicht objektiviert werden. Die medikamentöse Behandlung wird mit Ibuprofen bzw. Parkemed täglich angegeben. Aktuelle ärztliche Befunde und Behandlungsdokumentationen eines Wirbelsäulenleidens liegen nicht vor.
Beim Beschwerdeführer liegen auch keine erheblichen Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit vor. Es konnten weder kardiale noch pulmonale Funktionseinschränkungen oder eine Einschränkung des Allgemein- und Ernährungszustands festgestellt werden. Bronchiale Hyperreagibilität mit rezidivierenden Beschwerden ohne erforderliche Dauermedikation und ohne aktuelle Befunde über eine Verschlimmerung führen zu keiner erheblichen Erschwernis beim Erreichen und Benützen öffentlicher Verkehrsmittel.
Auch bestehen beim Beschwerdeführer keine erheblichen Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten oder Funktionen. Es bestehen auch keine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems und auch keine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit. Die Hörstörung beidseits und Ohrgeräusche führen zu keiner Erschwernis beim Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke und Benützen öffentlicher Verkehrsmittel.
Ein Zustand nach Nabelbruch ohne Nachweis eines Rezidivs beeinträchtigt das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke von 300-400 m und Benützen öffentlicher Verkehrsmittel nicht, insbesondere konnte kein Hinweis auf Probleme mit dem Bauchfell objektiviert werden.
Auch eine Lactoseintoleranz bewirkt keine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel, zumal durch diese Unverträglichkeit bedingte Einschränkungen durch eine Laktose vermeidende Ernährung einfach vermieden werden können.
Zum Ausmaß und den Auswirkungen der festgestellten Leidenszustände nach ihrer Art und Schwere auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wird festgestellt:
Anhand des beobachteten Gangbildes - unauffällig - und der sicheren Gesamtmobilität, des aktuellen Untersuchungsergebnisses mit ausreichender Beweglichkeit sämtlicher Gelenke der unteren Extremitäten und dem derzeitigen Therapieerfordernis (Nichtsteroidale Antirheumatika - NSAR) ergibt sich kein Hinweis auf höhergradige Schmerzzustände, welche das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke von 300-400m, das Überwinden von Niveauunterschieden und das Benützen öffentlicher Verkehrsmittel erheblich erschwerten. Anhalten ist zumutbar und möglich, damit einhergehende Schmerzen, die nicht durch NSAR zu beherrschen wären, sind nicht objektivierbar.
Eine Therapierefraktion hinsichtlich der angegebenen Beschwerden ist nicht gegeben, da durch multimodale Behandlungen und/oder einen stationären Rehabilitationsaufenthalt eine Beschwerdeerleichterung zu erwarten wäre.
Eine kurze Wegtrecke von 300-400m kann vom Beschwerdeführer zurückgelegt werden, Hilfsmittel sind hierfür nicht erforderlich. Auch das Ein- und Aussteigen ist nicht eingeschränkt. Der sichere gefährdungsfreie Transport ist nicht erheblich erschwert, insbesondere liegt eine unauffällige Stand- und Gangsicherheit vor und das Anhalten ist mit beiden Armen möglich. Weder links noch rechts liegen objektive Befunde und Untersuchungsergebnisse über eine relevante Funktionseinschränkung vor. Es liegt des Weiteren keine erhöhte Sturzneigung vor.
Hinsichtlich der beim Beschwerdeführer bestehenden einzelnen Funktionseinschränkungen, deren Ausmaß, wechselseitiger Leidensbeeinflussung, medizinischer Diagnose und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel werden die diesbezüglichen medizinischen Beurteilungen im Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin und Fachärztin für Unfallchirurgie mit der Zusatzqualifikation Orthopädie vom 14.02.2020 der nunmehrigen Entscheidung zu Grunde gelegt. Lediglich der Vollständigkeit halber ist festzuhalten, dass sich das aktuelle Gutachten in Bezug auf die Beurteilung der beantragten Zusatzeintragung mit sämtlichen Vorgutachten deckt.
Im Rahmen der Stellungnahme vom 19.03.2020 zum aktuellen Gutachten erstattete der Beschwerdeführer ein unsubstantiiertes Vorbringen, welches nicht geeignet ist, das vorliegende aktuelle Sachverständigengutachten zu entkräften oder in Frage zu stellen; diesbezüglich wird auf die nachfolgende Beweiswürdigung und rechtliche Beurteilung verwiesen. Eine vom Gutachten abweichende Beurteilung erweist sich als nicht möglich.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen über die Ausstellung eines Behindertenpasses, den aktuellen Grad der Behinderung und über das Datum der Einbringung des gegenständlichen Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ im Behindertenpass basieren auf dem Akteninhalt.
Die Feststellung betreffend die Zusatzeintragung „Gesundheitsschädigung gem. § 2 Abs. 1 dritter Teilstrich VO 303/1996 liegt vor“ ergibt sich aus dem Inhalt des Aktes der Verwaltungsbehörde.
Die Feststellung zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt des Beschwerdeführers im Inland ergibt sich aus einem vom Bundesverwaltungsgericht aktuell eingeholten Auszug aus dem Zentralen Melderegister; konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt nicht im Inland hätte, sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Auch die belangte Behörde ging vom Vorliegen dieser Voraussetzung aus.
Die Feststellungen zu den bestehenden Leidenszuständen und zur aktuellen Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel gründen sich auf das durch das Bundesverwaltungsgericht eingeholte Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin und Fachärztin für Unfallchirurgie mit der Zusatzqualifikation Orthopädie vom 14.02.2020, welches die Beurteilung der dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten Gutachten bestätigt. Darin wird nachvollziehbar ausgeführt, dass die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel für den Beschwerdeführer aktuell zumutbar ist. In dem Gutachten wird auf die Art der Leiden des Beschwerdeführers und deren Ausmaß vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei eingegangen. Die Gutachterin setzt sich auch umfassend und nachvollziehbar mit den im Zuge des Verfahrens vorgelegten Befunden auseinander. Die getroffene Beurteilung basiert auf den im Rahmen persönlicher Untersuchungen erhobenen Befunden und entspricht auch den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen (zur Art und zum Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen und deren Auswirkungen wird auf die detaillierten, oben nur auszugsweise wiedergegebenen Ausführungen in dem Gutachten verwiesen).
Die getroffene medizinische Beurteilung deckt sich auch mit den Ergebnissen der Untersuchung im Rahmen der Statuserhebung. Im Klinischen Fachstatus hielt die vom Bundesverwaltungsgericht beigezogene Gutachterin Folgendes fest:
„STATUS:
Allgemeinzustand gut, Ernährungszustand gut.
Größe 178 cm, Gewicht 88 kg, Alter: 57a
Caput/Collum: klinisch unauffälliges Hör- und Sehvermögen
Thorax: symmetrisch, elastisch
Atemexkursion seitengleich, sonorer Klopfschall, VA. HAT rein, rhythmisch.
Abdomen: klinisch unauffällig, keine pathologischen Resistenzen tastbar, kein Druckschmerz, kleine Narbe im Bereich des Nabels, keine Hernie.
Integument: unauffällig
Schultergürtel und beide oberen Extremitäten:
Rechtshänder. Der Schultergürtel steht horizontal, symmetrische Muskelverhältnisse: Bandmaß Oberarm beidseits 32,2 cm, Unterarm rechts 28,5 cm, links 28,2 cm.
Die Durchblutung ist ungestört, die Sensibilität wird im Bereich der Kuppe des linken Kleinfingers geringgradig als gestört, sonst ungestört angegeben.
Schulter rechts: Bemuskelung seitengleich, diffus geringgradig Druckschmerz, kein Hinweis für Ruptur der Rotatorenmanschette, nicht verkürzt.
Zarte Narbe Hohlhand links 5. Strahl und proximale Phalanx des Kleinfingers bei Zustand nach Operation einer Dupuytren’schen Kontraktur
Fingerkuppenhohlhandabstand Ringfinger links 1 cm, Kleinfinger links 1,5 cm, Streckdefizit des PIP-Gelenkes des Kleinfingers von 10°, geringgradige Schwellung DIP Gelenks des Kleinfingers.
Sämtliche weiteren Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.
Aktive Beweglichkeit: Schultern F und S aktiv rechts 0/80, Rotation endlagig eingeschränkt, links frei, Ellbogengelenke, Unterarmdrehung, Handgelenke, Daumen und Langfinger
seitengleich frei beweglich bis auf Ring- und Kleinfinger links. Grob- und Spitzgriff sind uneingeschränkt durchführbar. Der Faustschluss ist komplett außer Ring- und Kleinfinger links, Fingerspreizen beidseits unauffällig, die grobe Kraft in etwa seitengleich proximal und distal KG 5/5, Tonus und Trophik unauffällig.
Nacken- und Schürzengriff sind rechts bis hinter das rechte Ohr und bis zum rechten ISG, links uneingeschränkt durchführbar.
Becken und beide unteren Extremitäten:
Freies Stehen sicher möglich, Zehenballengang und Fersengang beidseits ohne Anhalten und ohne Einsinken durchführbar.
Der Einbeinstand ist ohne Anhalten möglich. Die tiefe Hocke ist zu 2/3 möglich.
Die Beinachse ist im Lot. Symmetrische Muskelverhältnisse.
Beinlänge ident.
Die Durchblutung ist ungestört, keine Ödeme, keine Varizen, die Sensibilität wird als ungestört angegeben.
Sämtliche Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.
Aktive Beweglichkeit: Hüften, Knie, Sprunggelenke und Zehen sind seitengleich frei beweglich.
Das Abheben der gestreckten unteren Extremität ist beidseits bis 60° bei KG 5 möglich.
Wirbelsäule:
Schultergürtel und Becken stehen horizontal, in etwa im Lot, regelrechte Krümmungsverhältnisse. Die Rückenmuskulatur ist symmetrisch ausgebildet, mäßig Hartspann im Bereich der Schulter- und Nackenmuskulatur und paralumbal, Klopfschmerz über der Hals- und Lendenwirbelsäule.
Aktive Beweglichkeit:
HWS: in allen Ebenen endlagig eingeschränkt beweglich
BWS/LWS: FBA: 20 cm, in allen Ebenen endlagig eingeschränkt beweglich
Lasegue bds. negativ, Muskeleigenreflexe seitengleich mittellebhaft auslösbar.
Gesamtmobilität - Gangbild:
Kommt selbständig gehend mit Halbschuhen, das Gangbild hinkfrei und unauffällig.
Das Aus- und Ankleiden wird selbständig im Sitzen durchgeführt.
Status psychicus: Allseits orientiert; Merkfähigkeit, Konzentration und Antrieb unauffällig; Stimmungslage ausgeglichen.“
Der von der Sachverständigen erhobene klinische Status deckt sich auch mit den vorgelegten Befunden.
Es ist anzumerken, dass sich dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten keine ausreichend konkreten Anhaltspunkte für die Annahme entnehmen lassen, dass beim Beschwerdeführer von der beigezogenen Sachverständigen, bei der es sich um eine vom Bundesverwaltungsgericht aufgrund ihrer Objektivität und Unbefangenheit sehr häufig herangezogene und erfahrene Sachverständige handelt, an deren Qualifikation kein Zweifel besteht, keine fachgerechte Untersuchung durchgeführt worden wäre und ergibt sich eine solche Annahme auch nicht aus dem diesbezüglich nicht ausreichend substantiierten Vorbringen in der Stellungnahme; insbesondere widersprechen die Untersuchungsergebnisse im Wesentlichen auch nicht den vom Beschwerdeführer selbst vorgelegten medizinischen Unterlagen. Im Übrigen ist es – dies sei lediglich der Vollständigkeit halber angemerkt - im gegenständlichen Verfahren nicht Aufgabe des medizinischen Sachverständigen, dem Antragsteller eine medizinische Behandlung zukommen zu lassen, sondern eine Beurteilung auf Grundlage der Bestimmungen der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen vorzunehmen.
Schließlich ist festzuhalten, dass eine Therapierefraktion hinsichtlich der angegebenen Beschwerden nicht gegeben ist, da durch multimodale Behandlungen und/oder einen stationären Rehabilitationsaufenthalt eine Beschwerdeerleichterung zu erwarten wäre.
Der Beschwerdeführer ist dem Sachverständigengutachten auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.06.2000, Zl. 2000/11/0093).
Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen folglich keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des vorliegenden aktuellen Sachverständigengutachtens vom 14.02.2020. Dieses wird daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A)
Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten auszugsweise:
„§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
…
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.
§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.
…
§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
…
§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.
…
§ 46. Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.
§ 47. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpaß und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen.“
§ 1 Abs. 4 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 in der Fassung des BGBl. II Nr. 263/2016, lautet auszugsweise:
„§ 1 ...
(4) Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist jedenfalls einzutragen:
1. die Art der Behinderung, etwa dass der Inhaber/die Inhaberin des Passes
a)…
b)…
…
2. …
3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
- erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
- erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
- erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
- eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
- eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach Abs. 4 Z 1 lit. b oder d vorliegen.
(5) Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, bildet ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.
(6)..."
Gemäß § 1 Abs. 5 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen bildet die Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in § 1 Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.
Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH 23.02.2011, 2007/11/0142, und die dort zitierten Erkenntnisse vom 18.12.2006, 2006/11/0211, und vom 17.11.2009, 2006/11/0178, jeweils mwN.).
In den auf der Homepage des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz veröffentlichten Erläuterungen zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen zur Stammfassung BGBl. II 495/2013 wird - soweit im Beschwerdefall relevant - Folgendes ausgeführt:
Zu § 1 Abs. 2 Z 3 (auszugsweise) – (nunmehr seit der Novelle BGBl. II Nr. 263/2016 unter § 1 Abs. 4 Z. 3 geregelt):
„Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt.
…
Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapierefraktion – das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen – ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.
Durch die Verwendung des Begriffes „dauerhafte Mobilitätseinschränkung“ hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.
Nachfolgende Beispiele und medizinische Erläuterungen sollen besonders häufige, typische Fälle veranschaulichen und richtungsgebend für die ärztlichen Sachverständigen bei der einheitlichen Beurteilung seltener, untypischer ähnlich gelagerter Sachverhalte sein. Davon abweichende Einzelfälle sind denkbar und werden von den Sachverständigen bei der Beurteilung entsprechend zu begründen sein.
Die Begriffe „erheblich“ und „schwer“ werden bereits jetzt in der Einschätzungsverordnung je nach Funktionseinschränkung oder Erkrankungsbild verwendet und sind inhaltlich gleichbedeutend.
…
Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:
- arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option
- Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen
- hochgradige Rechtsherzinsuffizienz
- Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie
- COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie
- Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie
- mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss benützt werden.
…
Erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen umfassen im Hinblick auf eine Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel folgende Krankheitsbilder:
- Klaustrophobie, Soziophobie und phobische Angststörungen als Hauptdiagnose nach ICD 10 und nach Ausschöpfung des therapeutischen Angebotes und einer nachgewiesenen Behandlung von mindestens 1 Jahr,
- hochgradige Entwicklungsstörungen mit gravierenden Verhaltensauffälligkeiten,
- schwere kognitive Einschränkungen, die mit einer eingeschränkten Gefahreneinschätzung des öffentlichen Raumes einhergehen,
- nachweislich therapierefraktäres, schweres, cerebrales Anfallsleiden – Begleitperson ist erforderlich.
Eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems, die eine Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel wegen signifikanter Infektanfälligkeit einschränkt, liegt vor bei:
- anlagebedingten, schweren Erkrankungen des Immunsystems (SCID – sever combined immundeficiency),
- schweren, hämatologischen Erkrankungen mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit (z.B: akute Leukämie bei Kindern im 2. Halbjahr der Behandlungsphase, Nachuntersuchung nach Ende der Therapie),
- fortgeschrittenen Infektionskrankheiten mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit,
- selten auftretenden chronischen Abstoßungsreaktion nach Nierentransplantationen, die zu zusätzlichem Immunglobulinverlust führen.
…“
Wie oben unter Punkt II.2. eingehend ausgeführt wurde, wird der gegenständlichen Entscheidung das vom Bundesverwaltungsgericht eingeholte Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin und Fachärztin für Unfallchirurgie mit der Zusatzqualifikation Orthopädie vom 14.02.2020 zu Grunde gelegt, wonach dem Beschwerdeführer die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aktuell zumutbar ist. Weder bestehen entscheidungserhebliche Einschränkungen der oberen oder unteren Extremitäten, noch erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit, noch ausreichend erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten oder Funktionen. Auch liegen keine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubheit und auch keine anhaltende Erkrankung des Immunsystems vor. Ein psychiatrisches Leiden in einem Ausmaß, welches die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in unzumutbarem Ausmaß behindert, wurde ebenfalls nicht belegt.
Wie ebenfalls bereits oben im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegt wurde, wurden vom Beschwerdeführer keine Befunde vorgelegt, die das Gutachten entkräften oder diesem widersprechen würden. Das Gutachten erweist sich als vollständig, widerspruchsfrei und schlüssig.
Auch eine Ausschöpfung der zumutbaren Therapieoptionen in Bezug auf die geltend gemachten Funktionseinschränkungen ist – wie oben bereits ausgeführt wurde - nicht belegt. Durch multimodale Behandlungen und/oder einen stationären Rehabilitationsaufenthalt wäre eine Beschwerdeerleichterung zu erwarten.
Da festzustellen war, dass die dauernden Gesundheitsschädigungen kein Ausmaß erreichen, welches aktuell die Vornahme der Zusatzeintragung „Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar“ rechtfertigt, war die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid spruchgemäß abzuweisen. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist dem Beschwerdeführer zum aktuellen Entscheidungszeitpunkt zumutbar.
Da der Sachverhalt feststeht und die Sache daher entscheidungsreif ist, war dem in der Stellungnahme vom 19.03.2020 gestellten Antrag auf Bestellung eines „objektiven“ Gutachters nicht Folge zu geben, zumal im gegenständlichen Verfahren bereits – neben den von der Behörde eingeholten Gutachten – ein zusätzliches, nicht zu beanstandendes medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt und der Entscheidung zu Grunde gelegt wurde und - wie bereits ausgeführt – an der Kompetenz, Objektivität und Unbefangenheit der vom Bundesverwaltungsgericht beigezogenen Sachverständigen keinerlei Zweifel bestehen.
Der Beschwerdeführer ist darauf hinzuweisen, dass bei einer befundmäßig objektivierten offenkundigen Verschlechterung seines Leidenszustandes eine neuerliche Antragstellung und die neuerliche Prüfung der „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“ nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG in Betracht kommt.
Zum Abspruch betreffend die Zusatzeintragung „Gesundheitsschädigung gem. § 2 Abs. 1 dritter Teilstrich VO 303/1996 liegt vor“ im Bescheid vom 22.11.2018 ist in rechtlicher Hinsicht Folgendes festzuhalten:
Der Beschwerdeführer stellte am 30.06.2017 bei der belangten Behörde einen Antrag auf Eintragung der Zusatzeintragung „Gesundheitsschädigung gem. § 2 Abs. 1 dritter Teilstrich VO 303/1996 liegt vor“ in den Behindertenpass, über welchen mit Bescheid vom 19.07.2017 in Verbindung mit der Beschwerdevorentscheidung vom 11.10.2017 bereits rechtskräftig abgesprochen worden war. Weder hatte sich die damalige Beschwerde vom 21.08.2017 gegen die Abweisung der Zusatzeintragung „Gesundheitsschädigung gem. § 2 Abs. 1 dritter Teilstrich VO 303/1996“ gerichtet, noch hatte die aufhebende Entscheidung des BVwG vom 29.03.2018 diesen Abspruch umfasst. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 29.03.2018, hg. GZ. W115 2176108-1/3E, wurde die Beschwerdevorentscheidung lediglich betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in dem Behindertenpass behoben. Ein weiterer Antrag auf Vornahme der genannten Zusatzeintragung in den Behindertenpass wurde vom Beschwerdeführer nach dem vorliegenden Akt ebenfalls nicht gestellt, daher sprach die belangte Behörde mit Bescheid vom 22.11.2018 in Durchbrechung der Rechtskraft unzulässiger Weise erneut über die Zusatzeintragung „Gesundheitsschädigung gem. § 2 Abs. 1 dritter Teilstrich VO 303/1996 liegt vor“ ab. Es war somit auszusprechen, dass der Abspruch im Bescheid vom 22.11.2018 betreffend die Abweisung der genannten Zusatzeintragung „Gesundheitsschädigung gem. § 2 Abs. 1 dritter Teilstrich VO 303/1996“ ersatzlos zu entfallen hat.
Im gegenständlichen Fall wurde die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen geprüft. Die strittigen Tatsachenfragen (Schmerzen, Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen, deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel) gehören dem Bereich zu, der von Sachverständigen zu beleuchten ist. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund des vorliegenden, nicht ausreichend substantiiert bestrittenen schlüssigen Sachverständigengutachtens geklärt, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.12.2013, Zl. 2011/11/0180) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen (vgl. auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.12.2013, Zl. 2011/11/0180 mit weiterem Verweis auf die Entscheidung des EGMR vom 21.03.2002, Nr. 32.636/96). Beide Parteien haben zudem keine mündliche Verhandlung beantragt. All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird (vgl. dazu die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 09.06.2017, Zl. E 1162/2017-5).
Zu Spruchteil B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
Schlagworte
Behindertenpass Sachverständigengutachten Zumutbarkeit ZusatzeintragungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W133.2212355.1.00Im RIS seit
04.09.2020Zuletzt aktualisiert am
04.09.2020