TE Bvwg Erkenntnis 2020/6/19 W228 2223147-1

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Veröffentlicht am 19.06.2020
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Entscheidungsdatum

19.06.2020

Norm

AlVG §46 Abs1
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §14

Spruch

W228 2223147-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Harald WÖGERBAUER als Vorsitzenden und die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Poppenberger sowie Franz KOSKARTI als Beisitzer über die Beschwerde des XXXX , vertreten durch den Rechtsanwalt MMag. XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien Laxenburger Straße vom 17.06.2019, GZ: XXXX zu Recht erkannt:

A) Der Spruch der Beschwerdevorentscheidung vom 17.06.2019 wird mit folgender Maßgabe abgeändert:

„Ihre Beschwerde vom 23.4.2019 gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien Laxenburger Straße vom 14.1.2019 betreffend Zurückweisung Ihres Antrages auf Arbeitslosengeld (Notstandshilfe) vom 31.12.2018 gemäß § 46 Abs. 1 AlVG wird im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung gemäß § 14 VwGVG in Verbindung mit § 56 Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 in geltender Fassung betreffend den Zeitraum bis zum 13.01.2019 abgewiesen.

Ihre Beschwerde vom 23.4.2019 gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien Laxenburger Straße vom 14.1.2019 betreffend Zurückweisung Ihres Antrages auf Arbeitslosengeld (Notstandshilfe) vom 31.12.2018 gemäß § 46 Abs. 1 AlVG wird im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung gemäß § 14 VwGVG in Verbindung mit § 56 Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 in geltender Fassung dahingehend stattgegeben, dass die Beschwerdevorentscheidung für den Zeitraum ab 14.01.2019 behoben wird.“

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien Laxenburger Straße (im Folgenden: AMS) vom 14.01.2019 wurde der Antrag von XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführer) auf Arbeitslosengeld vom 31.12.2018 gemäß § 46 Abs. 1 AlVG zurückgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer am 31.12.2018 elektronisch Arbeitslosengeld beantragt, aber bislang nicht persönlich bei der zuständigen Geschäftsstelle vorgesprochen habe. Der Anspruch auf Arbeitslosengeld gelte somit nicht als geltend gemacht.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde. Begründend führte er aus, dass er sich am 31.12.2018 elektronisch arbeitslos gemeldet habe unter der Annahme, dass er ab 01.01.2019 arbeitslos wäre. Zeitgleich habe er alle erforderlichen Unterlagen mitgeschickt, inklusive einen neuen Arbeits(vor)vertrag. Sein ehemaliger Dienstgeber habe dem Beschwerdeführer in der ersten Jännerwoche dann mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer erst ab 12.01.2019 arbeitslos sei. Am 14.01.2019 habe der Beschwerdeführer auch die neue Einstellungszusage an das AMS geschickt. Auf telefonische Nachfrage, sei dem Beschwerdeführer mitgeteilt worden, dass die Einstellungszusage unterschrieben sein müsse, was der Beschwerdeführer dann ordnungsgemäß nachgereicht habe. Weiters sei dem Beschwerdeführer seitens eines Mitarbeiters des AMS mitgeteilt worden, dass eine persönliche Vorsprache nicht mehr notwendig sei. In weiterer Folge habe sich der Beschwerdeführer infolge der Aufnahme einer neuen Beschäftigung am 04.02.2019 von der Vormerkung abgemeldet.

Mit Bescheid vom 17.06.2019 hat das AMS als belangte Behörde eine Beschwerdevorentscheidung gemäß § 14 VwGVG in Verbindung mit § 56 Abs. 2 AlVG erlassen, im Zuge derer die Beschwerde abgewiesen wurde. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass der Beschwerdeführer mehrmals darüber informiert worden sei, dass er aufgrund der elektronisch erfolgten Antragstellung am 31.12.2018 binnen zehn Tagen persönlich beim AMS vorzusprechen habe. Diese Information habe er zuletzt am 09.01.2019 erhalten, jedoch nicht dementsprechend gehandelt. Der Beschwerdeführer habe sohin den Prozess der Geltendmachung zwar begonnen, aber nicht abgeschlossen, zumal er nicht persönlich vorgesprochen habe und gelte sein Anspruch daher als nicht geltend gemacht.

Die nunmehrige Rechtsvertretung des Beschwerdeführers stellte fristgerecht mit Schreiben vom 27.06.2019 einen Vorlageantrag. Darin wurde ausgeführt, dass es richtig sei, dass sich der Beschwerdeführer am 31.12.2018 beim AMS arbeitslos gemeldet habe. Subjektiv sei der Beschwerdeführer jedoch (irrigerweise) davon ausgegangen, erst beginnend mit 12.01.2019 arbeitslos zu sein, weil er bis dahin noch eine Urlaubsersatzleistung bezogen habe. Die Information des AMS, wonach er innerhalb von 10 Tagen ab Beginn der Arbeitslosigkeit persönlich vorsprechen müsse, es sei denn er könne eine Wiedereinstellungszusage vorweisen, habe der Beschwerdeführer so verstanden, dass er entweder bis 22.01.2019 beim AMS vorsprechen müsse oder bis 22.01.2019 eine Wiedereinstellungszusage vorlegen müsse. Es liege sohin ein Missverständnis vor. Er habe dem AMS am 14.01.2019 die Einstellungszusage übermittelt, was dem Verständnis des Beschwerdeführers zufolge fristgerecht gewesen sei. Inwieweit der Beschwerdeführer beim Telefonat mit dem AMS vom 09.01.2019 dazu aufgefordert worden sei, eine Einstellungszusage bis konkret 10.01.2019 vorzulegen oder bis zu diesem Tag persönlich vorzusprechen, sei dem Beschwerdeführer in keiner Weise nachvollziehbar. Da gerade dieses Datum eben nicht zur Sprache gekommen sei, habe der Beschwerdeführer die 10-Tages-Frist weiterhin beginnend mit 12.01.2019 berechnet und habe er daher - seiner Ansicht nach fristgerecht - am 14.01.2019 die Einstellungszusage übermittelt. Es wäre dem AMS ein Leichtes gewesen, die beim AMS mit 14.01.2019 eingelangte Einstellungszusage zu berücksichtigen. Selbst wenn das AMS am 14.01.2019 den Bescheid bereits ausgefertigt hat, ändert dies nichts daran, dass das Verwaltungsverfahren zu diesem Zeitpunkt jedenfalls noch offen war und hätte daher die Einstellungszusage berücksichtigt werden können. Die Voraussetzungen um von einer persönlichen Vorsprache absehen zu können, seien daher erfüllt gewesen. Selbst für den Fall, dass der Beschwerdeführer mit der am 14.01.2019 erfolgten Vorlage der Einstellungszusage eine Frist versäumt haben sollte, wäre für das AMS ein Vorgehen nach § 46 Abs. 1 letzter Satz AlVG geboten gewesen, wonach die objektiv verspätete Beibringung der Einstellungszusage als Sanktion bloß dazu führen würde, dass der Anspruch auf Arbeitslosengeld als erst mit 14.01.2019 geltend gemacht anzusehen sei. Keinesfalls aber wäre der Anspruch auf Arbeitslosengeld abzulehnen gewesen.

Der Vorlageantrag und die Beschwerde wurden gemäß § 15 Abs. 2 letzter Satz VwGVG unter Anschluss der Akten des Verfahrens am 05.09.2019 dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer war von 01.09.2010 bis 31.12.2018 bei der XXXX AG vollversicherungspflichtig beschäftigt. Aus Anlass der Beendigung dieses Dienstverhältnisses hat er von 01.01.2019 bis 11.01.2019 eine Urlaubsersatzleistung erhalten.

Am 31.12.2018 hat der Beschwerdeführer per eAMS-Konto dem AMS seine Arbeitslosmeldung sowie einen Antrag auf Arbeitslosengeld (Tag der Geltendmachung: 01.01.2019) übermittelt. Auf der letzten Seite dieses Antrags findet sich folgende Information zur Antragstellung: „Ich nehme zur Kenntnis, dass ich bis spätestens 11.01.2019 bei der regionalen Geschäftsstelle persönlich vorsprechen muss, andernfalls gilt dieser Antrag nicht als geltend gemacht. (…).

Mit Schreiben des AMS vom 03.01.2019 wurde der Beschwerdeführer darüber informiert, dass die Arbeitslosmeldung beim AMS eingelangt ist. In diesem Scheiben wurde weiters ausgeführt, dass, wenn bereits eine online-Antragstellung durchgeführt wurde, eine persönliche Vorsprache innerhalb von zehn Tagen erforderlich sei.

In einem Schreiben vom 06.01.2019 teilte der Beschwerdeführer dem AMS mit, dass er ab 04.02.2019 eine neue Anstellung beginnen werde. Im Anhang übermittelte der Beschwerdeführer den neuen – noch nicht unterschriebenen – Arbeitsvertrag.

Mit Nachricht vom 07.01.2019 teilte das AMS dem Beschwerdeführer mit, dass sich auf dem von ihm übermittelten Vertrag weder ein Datum noch ein Firmenstempel bzw. eine Unterschrift befinde und daher eine Vorsprache innerhalb von zehn Tagen ab Beginn der Arbeitslosigkeit erforderlich sei.

In einem Telefonat vom 09.01.2019 wurde der Beschwerdeführer erneut darauf hingewiesen, dass eine persönliche Vorsprache beim AMS erforderlich sei, wenn die unterschriebene Einstellungszusage nicht bis 10.01.2019 vorgelegt bzw. per eAMS geschickt wird.

Am 14.01.2019 hat der Beschwerdeführer eine unterfertigte Einstellungszusage des Dienstgebers XXXX für den 04.02.2019 an das AMS übermittelt.

Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien Laxenburger Straße (im Folgenden: AMS) vom gleichen Tag, also auch 14.01.2019, wurde der Antrag von XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführer) auf Arbeitslosengeld vom 31.12.2018 gemäß § 46 Abs. 1 AlVG zurückgewiesen.

Dieser Bescheid wurde am 29.03.2019 durch Übernahme seitens des Beschwerdeführers laut Rückschein zugestellt. Das AMS erachtete die Beschwerde als fristgerecht.

Am 11.02.2019 nahm der Beschwerdeführer eine vollversicherte Beschäftigung beim Dienstgeber XXXX auf.

2. Beweiswürdigung:

Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergibt sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt der vorgelegten Verfahrensakten des AMS.

Die Feststellung zum Dienstverhältnis des Beschwerdeführers sowie zum Erhalt der Urlaubsersatzleistung ergibt sich aus dem Sozialversicherungsauszug.

Der Umstand, dass der Beschwerdeführer am 31.12.2018 per eAMS-Konto dem AMS seine Arbeitslosmeldung sowie einen Antrag auf Arbeitslosengeld übermittelt hat, ist unstrittig.

Die Feststellungen zur Kommunikation des Beschwerdeführers mit dem AMS im Zeitraum 03.01.2019 bis 09.01.2019 ergeben sich aus den im Akt befindlichen Ausdrucken aus dem eAMS-Konto des Beschwerdeführers sowie aus den diesbezüglichen Vermerken des AMS.

Es ist unstrittig, dass der Beschwerdeführer am 14.01.2019 eine unterfertigte Einstellungszusage an das AMS übermittelt hat.

Die Feststellungen zum Bescheid und zur Zustellung ergeben sich ebenfalls aus dem Akt und sind unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 9 Abs. 2 Z 1 VwGVG ist belangte Behörde in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat – vorliegend sohin das AMS Wien Laxenburger Straße.

§ 56 Abs. 2 AlVG normiert die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Entscheidung über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle des AMS.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmung des § 56 Abs. 2 AlVG normiert ist, dass über Beschwerden gegen Bescheide der Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservices das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und einer aus dem Kreis der Arbeitnehmer angehören, zu entscheiden ist, liegt im vorliegenden Fall Senatszuständigkeit mit Laienrichterbeteiligung vor.

Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht:

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Zu A) Teilstattgabe der Beschwerde:

Für Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung gilt das Antragsprinzip. Zum materiell-rechtlichen Leistungsanspruch muss der Formalakt der Geltendmachung iSd § 46 Abs. 1 AlVG hinzutreten. (vgl. Krapf/Keul, Praxiskommentar Arbeitslosenversicherungsgesetz, § 46, Rz. 791).

§ 17 AlVG regelt den Beginn des Bezuges einer Leistung aus der Arbeitslosenversicherung. Dieser wird nur auf Antrag des Versicherten gewährt. Es gilt das Antragsprinzip, das bedeutet, dass der Leistungsanspruch nicht schon mit Erfüllung der materiellen Anspruchsvoraussetzungen besteht, sondern erst mit der persönlichen Geltendmachung bei der regionalen Geschäftsstelle und dem entsprechenden Antragsverfahren (vgl. Krapf/Keul Praxiskommentar Arbeitslosenversicherungsgesetz § 17 AlVG, Rz 408). Unter Geltendmachung ist idR die Abgabe des bundeseinheitlich geltenden Antragsformulars im Rahmen einer persönlichen Vorsprache zu verstehen. Hierbei handelt es sich um eine formelle Voraussetzung für die Gewährung des Bezuges von Arbeitslosengeld. Das streng formalisierte Verfahren zur Antragstellung nach § 46 AlVG soll für Klarheit sorgen und erfordert daher auch ein klares Vorgehen durch das AMS (VwGH 28.06.2006, 2005/08/0201).

Mit der Einhaltung der Bestimmungen des § 46 Abs. 1 AlVG wird den materiell-rechtlichen Voraussetzungen für den Arbeitslosengeldbezug bzw. den Beginn dieses Bezuges entsprochen (vgl. VwGH vom 23.06.1998, Zl. 95/08/0132). Die Bestimmungen des § 46 AlVG legen klar dar, dass der Anspruch auf Arbeitslosengeld bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle persönlich geltend zu machen ist und für die Geltendmachung des Anspruches das bundeseinheitliche Antragsformular zu verwenden ist. Weiters wird ausdrücklich in vorzitierter Gesetzesstelle festgehalten, dass der Anspruch erst dann als geltend gemacht gilt, wenn die arbeitslose Person bei der regionalen Geschäftsstelle zumindest einmal persönlich vorgesprochen hat und das vollständig ausgefüllte Antragsformular übermittelt hat.

Im Erkenntnis vom 10. April 2013, 2011/08/0017 hat der Verwaltungsgerichtshof festgestellt, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes § 46 AlVG eine umfassende Regelung der Rechtsfolgen fehlerhafter oder verspäteter Antragstellungen enthält. Die formalisierte Antragstellung im Sinne des § 46 AlVG schließt eine Bedachtnahme auf Fälle unverschuldet unterbliebener Antragstellung aus (vgl. das VwGH Erkenntnis vom 23. Mai 2007, Zl. 2006/08/0330). Dieselben Überlegungen wie für die Geltendmachung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld gem. § 46 Abs. 1 AlVG gelten auch für die neuerliche Geltendmachung bzw. die Wiedermeldung im Falle einer Unterbrechung oder des Ruhens des Anspruchs auf Arbeitslosengeld gem. § 46 Abs. 5 AlVG (VwGH 30. 6. 2010, 2010/08/0134).

Im gegenständlichen Fall hat der Beschwerdeführer am 31.12.2018 per eAMS-Konto dem AMS seine Arbeitslosmeldung sowie einen Antrag auf Arbeitslosengeld übermittelt.

Hat die regionale Geschäftsstelle zur Klärung der Anspruchsvoraussetzungen, etwa zur Beibringung des ausgefüllten Antragsformulars oder von sonstigen Unterlagen, eine Frist bis zu einem bestimmten Zeitpunkt gesetzt und wurde diese ohne triftigen Grund versäumt, so gilt nach § 46 Abs. 1 letzter Satz AlVG der Anspruch erst ab dem Tag als geltend gemacht, ab dem die beizubringenden Unterlagen bei der regionalen Geschäftsstelle eingelangt sind (vgl. VwGH 27.11.2014, Ro 2014/08/0002 unter Hinweis auf VwGH 14.01.2013, 2010/08/0176).

§ 46 Abs. 1 letzter Satz AlVG räumt den Anspruch auf eine Leistung aus der Arbeitslosenversicherung grundsätzlich auch bei einem nach Ablauf einer gesetzten Frist zur Wiedervorlage beigebrachten (bzw. mit sonstigen Unterlagen ergänzten) Antragformular ein. Nur wenn die Frist ohne triftigen Grund versäumt wurde, gilt der Anspruch als entsprechend später geltend gemacht.

In einem Telefonat vom 09.01.2019 wurde der Beschwerdeführer zuletzt darauf hingewiesen, dass eine persönliche Vorsprache beim AMS erforderlich sei, wenn er nicht bis 10.01.2019 eine unterschriebene Einstellungszusage vorlegt bzw. per eAMS übermittelt.

Der Beschwerdeführer hat die unterschriebene Einstellungszusage nicht fristgerecht am 10.01.2019, sondern erst am 14.01.2019 eingebracht.

Hierzu ist anzumerken, dass im Fall des Beschwerdeführers kein "triftiger Grund" im Sinne von § 46 Abs. 1 letzter Satz AlVG ersichtlich ist, der ihn gehindert hätte, die Einstellungszusage fristgerecht beim AMS einzubringen. Wenn der Beschwerdeführer vorbringt, dass er die Information des AMS, wonach er innerhalb von 10 Tagen ab Beginn der Arbeitslosigkeit beim AMS vorsprechen müsse, es sei denn er könne eine Wiedereinstellungszusage vorweisen, so verstanden habe, dass er entweder bis 22.01.2019 beim AMS vorsprechen müsse oder bis 22.01.2019 eine Wiedereinstellungszusage vorlegen müsse, er sohin als rechtlicher Laie die Frist falsch berechnet habe, so handelt es sich dabei um keinen zu berücksichtigenden, triftigen Hinderungsgrund. Ein Irrtum wäre leicht durch Nachfrage beim AMS zu beseitigen gewesen.

Die Frist zur Einbringung der Einstellungszusage wurde sohin ohne triftigen Grund versäumt und langte die Einstellungszusage (im Sinne der „sonstigen Unterlagen“ nach § 46 Abs. 1 letzter Satz AlVG) erst am 14.01.2020 beim AMS ein.

Aus den Ausführungen des AMS gegenüber dem Beschwerdeführer am 09.01.2019 ist jedoch zu erkennen, dass das AMS alleine aufgrund der schon vorhandenen und der noch zu bringenden Unterlagen – hier fehlte nur die zu bringende, unterschriebene Einstellzusage –in der Lage gewesen wäre, den Arbeitslosengeldanspruch zuzuerkennen.

Das AMS hatte vor Ermessen gemäß diesem Satz des § 46 Abs. 1 AlVG zu üben: „Das Arbeitsmarktservice kann vom Erfordernis der persönlichen Vorsprache absehen.“

Das AMS hätte die Vorlage der unterschriebenen Einstellzusage berücksichtigen müssen, da der Bescheid im Moment des Zugangs der unterschriebenen Einstellzusage noch nicht gegenüber irgendeiner Partei, hier dem Beschwerdeführer, erlassen war. Dies erst recht, zumal die Erlassung erst am 29.03.2019 durch Übernahme durch den Beschwerdeführer erfolgte.

Ein nachträgliches Abgehen von der Position, dass eine persönliche Vorsprache des Beschwerdeführers bei Vorlage der unterschriebenen Einstellzusage nicht notwendig sei, stellt somit eine willkürliche Ermessensüberschreitung dar, da im Sinne der letztzitierten VwGH Judikatur der Anspruch ab dem Tag als geltend gemacht ist, ab dem die beizubringenden Unterlagen bei der regionalen Geschäftsstelle eingelangt sind.

Daher ist, betreffend den Zeitraum bis zum 13.01.2019, die Beschwerde abzuweisen und die Beschwerdevorentscheidung des AMS insoweit zu bestätigen, dass die Zurückweisung zu Recht erfolgte.

Für den Zeitraum ab dem 14.01.2019 ist der Beschwerde stattzugeben und der Spruch der Beschwerdevorentscheidung des AMS dahingehend zu abzuändern, dass die Zurückweisung des Antrags auf Arbeitslosengeld für den Zeitraum ab 14.01.2019 zu Unrecht erfolgte und das AMS eine inhaltliche Entscheidung für diesen Zeitraum zu treffen hat.

Eine Entscheidung im Sinne einer Gewährung von Leistungen aus dem AlVG war mangels inhaltlichem Abspruch seitens des AMS nicht möglich und würde nach ständiger Judikatur des VwGH eine Überschreitung des Verfahrensgegenstandes darstellen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Antragstellung Arbeitslosengeld Ermessen Frist Geltendmachung Teilstattgebung Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W228.2223147.1.00

Im RIS seit

04.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

04.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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