TE Bvwg Erkenntnis 2020/6/22 W156 2207840-1

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Veröffentlicht am 22.06.2020
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Entscheidungsdatum

22.06.2020

Norm

ASVG §5 Abs2
B-KUVG §1
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W156 2207840-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Alexandra KREBITZ als Einzelrichterin im Beschwerdeverfahren der Mag. XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid der ehemaligen BVA, nunmehr bvaeb, vom 28.08.2018, GZ: XXXX betreffend Beitragsvorschreibung für mehrfach geringfügige Beschäftigung im Jahr 2017 zu Recht:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I.       Verfahrensgang

1. Am 28.08.2018 erließ die bvaeb (vormals: BVA, in weiterer Folge: belangte Behörde) einen Bescheid in welchem die Beschwerdeführerin verpflichtet wird, Beiträge zur Krankenversicherung aufgrund ihres Versicherungsverhältnisses als Mandatarin der Stadtgemeinde XXXX im Jahr 2017 idH von 11,55 Euro zu entrichten.

Die Beschwerdeführerin überschreite mit der Summe der Beitragsgrundlagen aus ihren Versicherungsverhältnissen die Geringfügigkeitsgrenze von monatlich 425,70 Euro. Unter Anwendung des Beitragssatzes von 4% ergebe sich von der Beitragsgrundlage von 288,84 Euro ein Krankenversicherungsbeitrag von 11,55 Euro für das Jahr 2017.

2. Am 12.09.2018 langte eine Beschwerde des Herrn KR XXXX im Namen und Auftrag seiner Tochter ein. Es gehe nicht um die 11,55 Euro, sondern um das Prinzip der Gleichbehandlung aller Staatsbürger. Bei gleicher Beitragspflicht gebe es je nach Bundesland oder Anstalt unterschiedliche Leistungen.

3. Der Beschwerdeakt wurde am 12.10.2018 dem BVwG vorgelegt. In der Stellungnahme führte die belangte Behörde aus, dass die Beschwerdeführerin im Jahr 2017 neben ihrer Kranken- und Unfallversicherung nach dem B-KUVG als Vertragsbedienstete des LSR XXXX auch Mandatarin der Stadtgemeinde XXXX war und hiefür eine unter der Geringfügigkeitsgrenze liegende Entschädigung erhielt. Die Summe der Beitragsgrundlagen aus den beiden Tätigkeiten seien über der Geringfügigkeitsgrenze gelegen, im Zusammenhang mit der Mandatarstätigkeit sei keine Ausnahme von der Krankenversicherung gegeben.

4. Mit Schreiben vom 19.10.2018 forderte das BVwG sowohl die Beschwerdeführerin als auch ihren Vater zur Mängelbehebung auf, da die Überprüfung des Verwaltungsaktes ergeben habe, dass keine Vollmacht für die Vertretung durch ihren Vater vorliege.

5. Mit Schreiben vom 07.12.2018 langte eine Vollmacht für die Vertretung durch Herrn KR XXXX , befristet bis 31.07.2019 ein.

6. Am 15.04.2020 wurde aufgrund einer Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses die Rechtssache von der Gerichtsabteilung W229 der Gerichtsabteilung W156 zugewiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin ist seit dem 13.09.2010 als Vertragsbedienstete des Landesschulrates für XXXX nach dem B-KUVG kranken- und unfallversichert und nach dem ASVG pensionsversichert.

Im Jahr 2017 betrug die Beitragsgrundlage in der Krankenversicherung 48.347,36 Euro (allgemeine Beitragsgrundlage) und 6.793,20 Euro (Sonderbeitragsgrundlage).

Die Beschwerdeführerin war im Jahr 2017 als Mandatarin einer Stadtgemeinde tätig. Die Entschädigung aus dieser Tätigkeit betrug in diesem Jahr 288,84 Euro.

Die Summe der Beitragsgrundlagen aus den beiden Tätigkeiten überschreitet die im Jahr 2017 geltende Geringfügigkeitsgrenze von monatlich 425,70 Euro.

Der Mangel der nicht durch eine bevollmächtigte Person eingebrachten Beschwerde wurde durch die nachträgliche Vorlage einer Vollmacht geheilt. Die Vollmacht ist mit Ablauf des 31.07.2019 wieder erloschen.

Die Beschwerdeführerin brachte in einer Stellungnahme vor, dass das in Rede stehende Sitzungsgeld direkt der Fraktion überwiesen werde, da die Mandatare ihrer Fraktion ehrenamtlich tätig seien.

2. Beweiswürdigung:

Die Ausführungen zum Verfahrensgang und zu den Feststellungen ergeben sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Das Beschäftigungsverhältnis der Beschwerdeführerin zum Landesschulrat für XXXX ist unbestritten. Ebenso ist die Tätigkeit als Mandatarin in einer Stadtgemeinde nicht strittig.

Die Höhe der Beitragsgrundlagen für 2017 und die Entschädigung als Mandatarin ergeben sich aus einem Versicherungsdatenauszug des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger vom 28.08.2018.

Der Mangel der nicht vorliegenden Bevollmächtigung des Vaters der Beschwerdeführerin im Beschwerdeverfahren wurde durch die Übermittlung der zeitlich befristeten Vollmacht geheilt.

Das Vorbringen, dass das Sitzungsgeld an die Fraktion überwiesen wird, ergibt sich aus einer Stellungnahme der Beschwerdeführerin vom 23.08.2018.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu A) Abweisung der Beschwerde

Gesetzliche Bestimmungen (B-KUVG):

§ 1. (1) In der Kranken- und Unfallversicherung sind, sofern nicht eine Ausnahme nach den §§ 2 oder 3 gegeben ist, versichert: (…..)

10. (…..)

b) die Bürgermeister/Bürgermeisterinnen und die übrigen Mitglieder der Gemeindevertretungen sowie die Ortsvorsteher/-vorsteherinnen (Ortsvertreter/-vertreterinnen), sofern sie nicht Mitglieder der Gemeindevertretung sind sowie die Bezirksvorsteher/-vorsteherinnen und die Bezirksräte und Bezirksrätinnen;

§ 2. (1) Von der Krankenversicherung sind – unbeschadet Abs. 2 – jeweils nur hinsichtlich der, von den folgenden Ausnahmetatbeständen umfassten Tätigkeiten ausgenommen:

(…..)

5. die in § 1 Abs. 1 Z 1 bis 5, 8 bis 11, 14 lit. a, 16, 17, 21, 22, 25 bis 28, 31 bis 33, 34 lit. a und b, 35 und 37 bezeichneten Personen, wenn ihre Beitragsgrundlage oder die Summe ihrer Beitragsgrundlagen nach § 19 den im § 5 Abs. 2 ASVG genannten Betrag nicht übersteigen würden;

§ 19. (1) Grundlage für die Bemessung der allgemeinen Beiträge ist

(…..)

3.für die in § 1 Abs. 1 Z 8 bis 11 und 16 genannten Versicherten der auf den Kalendermonat entfallende Teil der Entschädigung, die auf Grund der in Betracht kommenden gesetzlichen Vorschrift gebührt; außer Betracht bleiben Beiträge, die der Dienstgeber für die Versicherten im Sinne des § 15 Bundesbezügegesetz, BGBl. I Nr. 64/1997, oder gleichartiger landesgesetzlicher Regelungen an eine Pensionskasse leistet, soweit sie nach § 26 Z 7 Einkommensteuergesetz 1988 nicht der Einkommen(Lohn) steuerpflicht unterliegen;

§ 19a. (1) Übt ein Versicherter/eine Versicherte in einem Kalenderjahr auch eine nach § 2 Abs. 1 Z 5 geringfügige Tätigkeit aus, so ist für diese eine Jahresbeitragsgrundlage zu bilden. Jahresbeitragsgrundlage ist das im jeweiligen Kalenderjahr aus der geringfügigen Tätigkeit gebührende Gesamtentgelt mit Ausnahme der Sonderzahlungen.

(2) Zur Ermittlung der allgemeinen monatlichen Beitragsgrundlage ist die Jahresbeitragsgrundlage gemäß Abs. 1 durch die Anzahl der Monate, in denen die geringfügige Tätigkeit ausgeübt wurde, zu teilen. Der auf Grund dieser Teilung auf einen Kalendermonat entfallende Teil der Jahresbeitragsgrundlage gilt als allgemeine monatliche Beitragsgrundlage.

(3) Weist der Versicherte/die Versicherte für die geringfügige Tätigkeit bis zum 30. Juni des Kalenderjahres, das dem Jahr der Beitragsgrundlagenbildung gemäß den Abs. 1 und 2 folgt, die tatsächlichen allgemeinen monatlichen Beitragsgrundlagen für die einzelnen Kalendermonate nach, so sind diese für die Feststellung der Vollversicherungspflicht und für die Bemessung der Beiträge maßgeblich.

§ 20d. (1) Versicherte, die auch eine oder mehrere geringfügige Tätigkeiten nach § 1 ausüben, haben hinsichtlich dieser Tätigkeiten einen Pauschalbeitrag zu leisten. Für jeden Kalendermonat beträgt dieser Pauschalbeitrag 4,00% der allgemeinen Beitragsgrundlage nach § 19a.

ASVG:

§ 5 Abs 2 lautet in der zeitraumbezogenen Fassung (2017):

Ein Beschäftigungsverhältnis gilt als geringfügig, wenn daraus im Kalendermonat kein höheres Entgelt als 425,70 € (Anm. 1) gebührt. An die Stelle dieses Betrages tritt ab Beginn jedes Beitragsjahres (§ 242 Abs. 10) der unter Bedachtnahme auf § 108 Abs. 6 mit der jeweiligen Aufwertungszahl (§ 108a Abs. 1) vervielfachte Betrag.

3.1.2. Auf den Beschwerdefall bezogen:

Unbeachtlich ist der Umstand, dass die Beschwerdeführerin vorbringt, dass ihr Sitzungsgeld direkt an ihre Fraktion überwiesen wird und ihre Tätigkeit daher ehrenamtlich ist. Es ändert nichts daran, dass die Beschwerdeführerin das Sitzungsgeld dennoch im eigenen Namen erwirtschaftet hat. Eine Abtretung des Betrages an ihre Fraktion ist eine Disposition zwischen ihr und der Partei, welche nichts an einer Erwerbstätigkeit ändert.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis 2000/08/0206 vom 19.03.2003 Folgendes ausgesprochen:

"Jede versicherungspflichtige Erwerbstätigkeit führt grundsätzlich zu einer Versicherungs- und damit Beitragspflicht in jenem System, das aufgrund der einzelnen Tätigkeiten sachlich hierfür in Betracht kommt. Ob der Gesetzgeber beim Zusammentreffen zweier oder mehrerer versicherungspflichtiger Beschäftigungen eine Mehrfachversicherung vorsieht oder ob er nach dem Grundsatz der Subsidiarität bei Bestehen einer Pflichtversicherung in einem anderen Versicherungszweig die Ausnahme von der Pflichtversicherung normiert, liegt in seinem rechtspolitischem Gestaltungsspielraum (etwa VwGH vom 30.03.1993, 91/08/0174, und vom 24.03.1992, 91/08/0155, mit Hinweisen auf die Rsp. des VfGH). Die Pflichtversicherung tritt kraft Gesetzes mit der Erfüllung eines bestimmten Tatbestandes ein und begründet die Anwartschaft auf Versicherungsleistungen. Im österreichischen Sozialversicherungssystem besteht sohin über weite Gebiete der Grundsatz der Mehrfachversicherung (vgl. etwa VwGH vom 22.01.2003, 2000/08/0069). Das bedeutet: wer gleichzeitig mehrere sozialversicherungspflichtige Tätigkeiten ausübt, ist auch mehrfach versichert. Die Einrichtung einer Mehrfachversicherung ist nicht verfassungswidrig. Der VfGH hat wiederholt (etwa VwGH Slg 4714/1964, 4801/1964, 6015/1969, 6181/1970) ausgesprochen, dass die österreichische Sozialversicherung von dem Grundgedanken getragen wird, dass die Angehörigen eines Berufsstandes eine Risikengemeinschaft bilden, in der der Versorgungsgedanke im Vordergrund steht, der den Versicherungsgedanken in der Ausprägung der Vertragsversicherung zurückdrängt.

Es ist für die Pflichtversicherung ohne Belang, ob der einzelne der Sozialversicherung bedarf, sie erwünscht oder ob er sie für sinnlos erachtet. Über den individuellen Sonderinteressen stehen die gemeinsamen Interessen der in der Pflichtversicherung zusammengeschlossenen Personen. Die Riskengemeinschaft ist eine Solidaritätsgemeinschaft. Dieser Gemeinschaftsgedanke ist für die Sozialversicherung typisch und wesentlich. Gehört nun eine Person mehreren Berufsgruppen an, so entspricht es diesem Grundgedanken, sie auch sozialversicherungsrechtlich jeder dieser Berufsgruppen zuzuordnen. Eine sich hieraus ergebende Doppelversicherung ist somit verfassungsrechtlich unbedenklich."

Auch der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Beschluss 30.06.2004; VfGH B 869/03 festgehalten hat, erweckt ein System, in dem die Versicherungspflicht an eine bestimmte Erwerbstätigkeit anknüpft, sodass bei gleichzeitigem Bestehen zweier oder mehrerer Erwerbstätigkeiten eine sogenannte Doppel- bzw. Mehrfachversicherung eintritt, keine verfassungsrechtlichen Bedenken (siehe schon VfSlg 4714/1964, 4801/1964 und 6181/1970).

Unstrittig ist, dass das Einkommen der Beschwerdeführerin und das Sitzungsgeld zusammen die Geringfügigkeitsgrenze des § 5 Abs 2 ASVG überschritten haben.

Weiters steht fest, dass die Beschwerdeführerin unter keinen Ausnahmetatbestand in Bezug auf die Krankenversicherungspflicht fällt.

Die Berechnung des Beitrages in der Höhe von 4% im Sinne des § 20d B-KUVG war rechtlich und rechnerisch nicht zu beanstanden und wurde die Höhe des Beitrages von der Beschwerdeführerin ebensowenig nicht beanstandet.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4 VwGVG) zu überprüfen. Die Beschwerdeführerin hat in der Beschwerde über die genannten grundsätzlichen rechtlichen Bedenken hinaus keine weiteren ergiebigen Einwände erhoben.

Sofern die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde vorbringt, dass unterschiedliche Sozialversicherungsanstalten im Vergleich untereinander und gleiche Sozialversicherungsanstalten von Bundesland zu Bundesland unterschiedliche Leistungen gewähren, so ist an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass diese erwähnten Leistungen nicht Gegenstand des anhängigen Beschwerdeverfahrens sind.

Es war spruchgemäß zu entscheiden und die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

4. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Beitragspflicht Geringfügigkeitsgrenze Krankenversicherung Mehrfachversicherung Versicherungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W156.2207840.1.00

Im RIS seit

04.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

04.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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