Entscheidungsdatum
20.02.2020Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
I405 2226908-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Sirma KAYA als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, StA. Nigeria alias Südsudan, vertreten durch RA Edward W. DAIGNEAULT, Lerchenfelder Gürtel 45/11, 1160 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.11.2019, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 26.06.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Er gab am selben Tag in seiner polizeilichen Erstbefragung zu seinen persönlichen Daten an, XXXX zu heißen, am XXXX in Jabi im Sudan geboren und Staatsangehöriger des Sudan zu sein. Im weiteren Verlauf der Einvernahme führte er den Südsudan als sein Herkunftsland und Gabik XXXX als seine Wohnsitzadresse an. Als Fluchtgrund nannte er im Wesentlichen die Kriegssituation in seinem Land.
2. Am 17.03.2016 wurde das Asylverfahren gemäß § 24 Abs 2 AsylG vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) eingestellt, da der Aufenthaltsort des BF nicht feststellbar war. Die Wiederaufnahme des gegenständlichen Verfahrens fand am 07.07.2017 statt.
3. Im Rahmen seiner Befragung am 21.11.2017 vor dem BFA machte er folgende persönliche Angaben: Er heiße XXXX, sei am XXXX geboren und Staatsangehöriger des Südsudan. Aufgewachsen sei er in Juba, habe jedoch vor seiner Ausreise in einem Dorf namens Gabi im Bundesstaat Bura gelebt.
4. Am 28.11.2017 veranlasste das BFA die Erstellung eines linguistischen Sachverständigengutachtens zur Abklärung der tatsächlichen Herkunft des BF durch Dr. Peter GOTTSCHLIGG. Die Befundaufnahme fand am 01.02.2018 bei der belangten Behörde statt. Aus dem am 30.09.2019 fertiggestellten und am 01.10.2019 beim BFA eingelangten Sprachgutachten ergibt sich aus der Zusammenfassung (Pkt 2.), dass der BF mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in Nigeria hauptsozialisiert wurde und keinerlei Hinweise auf die behauptete Hauptsozialisierung oder einen längeren Aufenthalt des BF im Südsudan vorlagen.
5. Der BF wurde am 06.11.2019 vom BFA ergänzend niederschriftlich einvernommen und wurde ihm das Ergebnis des eingeholten Sprachgutachtens vorgehalten. Der BF gab dazu im Wesentlichen an, dem Gutachten nicht zuzustimmen. Im Südsudan sei viel geschehen, sodass es für einen Fremden unmöglich sei an Informationen zu gelangen.
6. Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid vom 08.11.2019, Zl. XXXX, wies die belangte Behörde den Antrag des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Nigeria (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich erteilte sie dem BF keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.), erließ gegen den BF eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.) und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt V.). Die Frist für die freiwillige Ausreise betrage 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.).
7. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde vom 13.12.2019, welche bei der belangten Behörde am selben Tag einlangte.
8. Mit Schriftsatz vom 20.12.2019, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 23.12.2019, legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des BF:
Der BF ist Staatsangehöriger von Nigeria und spricht nigerianisches Englisch. Seine Volksgruppenzugehörigkeit konnte nicht festgestellt werden.
Der volljährige BF ist ledig, kinderlos und bekennt sich zum christlichen Glauben.
Seine Identität steht nicht fest, ebenso steht der konkrete Reiseweg des BF von Nigeria nach Österreich nicht fest. Er hält sich seit mindestens 26.06.2015 illegal in Österreich auf.
Der BF ist gesund und arbeitsfähig.
Die Familie des BF bestehend aus seinem Vater und seiner Mutter lebt im Herkunftsstaat. In Österreich hat der BF eine Lebensgefährtin, mit der er allerdings nicht im gemeinsamen Haushalt wohnt. Er unterhält außerdem eine enge Freundschaft mit XXXX. Ansonsten verfügt der BF über keine Verwandten und über keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen in Österreich.
Der BF verfügt über keine Schulbildung, arbeitete jedoch in der Landwirtschaft im Holzgewerbe. Aufgrund seiner Arbeitserfahrung in Nigeria hat er eine Chance auch hinkünftig am nigerianischen Arbeitsmarkt unterzukommen.
Der BF ist in Österreich nicht vorbestraft.
Er geht in Österreich keiner Beschäftigung nach und bezieht keine Leistungen von der staatlichen Grundversorgung.
Der BF weist in Österreich keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht auf.
1.2. Zum Fluchtvorbringen:
Glaubhafte - auf seinen Herkunftsstaat Nigeria bezogene - Fluchtgründe wurden vom BF nicht vorgebracht.
Die Behauptung des BF, er sei aus dem Südsudan geflüchtet, da in seinem Land Krieg herrsche und er angeschossen worden sei, ist dem gegenständlichen Verfahren - wie von der belangten Behörde bereits zutreffend erwogen - aufgrund der Feststellung, dass der BF tatsächlich aus Nigeria stammt, nicht zugrunde zu legen.
Der BF vermochte keine Gründe glaubhaft zu machen, die seiner Rückkehr in seinen Herkunftsstaat Nigeria entgegenstünden. Der BF wird im Fall seiner Rückkehr nach Nigeria mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner asylrelevanten Verfolgung und keiner wie auch immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein.
Es kann sohin nicht festgestellt werden, dass der BF in Nigeria aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung verfolgt werden würde. Solche Umstände wurden vom BF bezogen auf Nigeria auch nicht behauptet.
1.3. Zu den Feststellungen zur Lage in Nigeria:
Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des BF sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid vom 08.11.2019 getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten. Dem BF wurde in seiner Einvernahme am 06.11.2019 die Möglichkeit geboten, das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation des BFA zu Nigeria vom 12.04.2019 einzusehen und eine Stellungnahme abzugeben, worauf der BF jedoch verzichtete.
Da die von der belangten Behörde herangezogenen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht eingedenk des vorliegenden Falles und unter Bedachtnahme auf das Beschwerdevorbringen für die erkennende Richterin (auch angesichts der gerichtsbekannten gegenwärtigen Situation in Nigeria) kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen der belangten Behörde zu zweifeln.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zum Sachverhalt:
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des BF vor dieser und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, in den bekämpften Bescheid, in den Beschwerdeschriftsatz sowie in das "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Nigeria mit Stand 12.04.2019.
Der BF bestreitet den von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt nicht substantiiert und erstattete in der Beschwerde auch kein konkretes sachverhaltsbezogenes Vorbringen, sodass das Bundesverwaltungsgericht den maßgeblichen Sachverhalt als ausreichend ermittelt ansieht und sich der von der belangten Behörde vorgenommenen, nachvollziehbaren Beweiswürdigung vollumfänglich anschließt.
Die belangte Behörde hat ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Das Bundesverwaltungsgericht verweist daher zunächst auf diese schlüssigen und nachvollziehbaren beweiswürdigenden Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid. Auch der Beschwerde vermag das Bundesverwaltungsgericht keine neuen Sachverhaltselemente zu entnehmen, welche geeignet wären, die von der erstinstanzlichen Behörde getroffenen Entscheidungen in Frage zu stellen.
2.2. Zur Person des BF:
Die Feststellungen zu seinen Lebensumständen, seiner Glaubenszugehörigkeit, seinem Gesundheitszustand, seiner Arbeitsfähigkeit und seiner derzeitigen privaten und familiären Situation in Österreich gründen sich auf die diesbezüglich glaubhaften Angaben des BF vor dem BFA (Protokoll vom 21.11.2017 und 06.11.2019).
In Hinblick auf seine behauptete südsudanesische Staatszugehörigkeit ist den Ausführungen des BFA im bekämpften Bescheid beizutreten, wonach diese Behauptung durch das vom BFA eingeholte Sprachgutachten vom 30.09.2019 als widerlegt anzusehen ist, und festzustellen war, dass der BF tatsächlich aus Nigeria stammt.
Wie oben unter Pkt. I.4 ausgeführt ergibt sich aus dem Gutachten vom 30.09.2019, dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine Hauptsozialisation des BF in Nigeria stattgefunden haben muss. Zudem ergibt sich aus dem Gutachten, dass beim BF keine positiven Hinweise auf eine Hauptsozialisierung oder einen längeren Aufenthalt im Südsudan vorhanden sind.
Der BF trat weder dem Erst- noch dem Zweitgutachten substantiiert entgegen und konnte auch keine Erklärung dazu präsentieren, die eine Hauptsozialisierung in Nigeria trotz südsudanesischer Staatsangehörigkeit plausibel erscheinen ließe. Anhaltspunkte dafür, dass der BF tatsächlich aus dem Südsudan stammen könnte, liegen nicht vor. Weder spricht der BF eine im Südsudan gängige Sprache noch war er beispielsweise in der Lage, im Rahmen des Befundgesprächs mit dem Gutachter vom 01.02.2018 südsudanesische Landeskenntnisse hinsichtlich Sprachen, Speisen, prominenter Persönlichkeiten, Banknoten oder der Geografie zu präsentieren. Demgegenüber demonstrierte der BF in der Befundaufnahme vom 01.02.2018 Sprachkenntnisse in einer nigerianischen Varietät des Englischen, wobei diese Sprache nicht seine Erst- oder Muttersprache darstellt (vgl. Gutachten vom 30.10.2019). Der BF bewies auch in seiner Einvernahme vor dem BFA über unzureichende Informationen hinsichtlich seines behaupteten Herkunftsstaates zu verfügen. Beispielsweise konnte er weder generelle Beschreibungen zu seinem Heimatort Juba geben noch weitere im Südsudan liegende Städte nennen (Protokoll vom 21.11.2019). Zudem konnte der BF sich bei der Erstbefragung nicht festlegen, ob er nun Staatsangehöriger vom Sudan oder Südsudan ist, was jedoch nicht nachvollziehbar ist, zumal eine eindeutige Zuordnung zu erwarten gewesen wäre. Darüber hinaus sind die vom BF genannten Orte auch nicht existent, so etwa der Bundesstaat Bura oder das Dorf Gabi.
Auf dem Boden des Gesagten ist sohin den Feststellungen der belangten Behörde vorbehaltlos beizutreten, wonach der BF nigerianischer Staatsangehöriger ist und Nigeria seinen Herkunftsstaat widerspiegelt. Diesbezügliche Angaben des BF erachtet das Bundesverwaltungsgericht daher als vollkommen unglaubwürdig und reine Schutzbehauptungen.
Die Feststellung, dass die Eltern des BF in seinem Herkunftsstaat leben, ergibt sich aus den Angaben des BF vor dem BFA (Protokoll vom 21.11.2017 und 06.11.2019). Der BF bezog seine dahingehenden Aussagen auf den Südsudan, jedoch gilt im Lichte der getroffenen Feststellungen als Herkunftsstaat des BF Nigeria, sodass sich nachvollziehbarerweise seine familiären Anknüpfungspunkte in Nigeria befinden.
Die Negativfeststellung zu seiner Volksgruppenzugehörigkeit gründet sich auf die unglaubwürdigen Angaben des BF. Der BF führte in seiner Erstbefragung vom 26.06.2015 an, er gehöre der Volksgruppe Sudan an. In einer späteren Einvernahme (Protokoll vom 21.11.2017) gehöre er der ethnischen Gruppe Südsudan und Christentum an. Derartige Zuordnungen zu einer Volksgruppe sind weder möglich noch zutreffend, sodass die vorliegende Negativfeststellung zu treffen war.
Da der BF den österreichischen Behörden keine identitätsbezeugenden Dokumente vorlegen konnte, steht seine Identität nicht zweifelsfrei fest. Hinsichtlich der Fluchtroute des BF war eine Negativfeststellung zu treffen, da der BF in seinen Befragungen als Ausgangspunkt stets den Südsudan nannte. Sein diesbezügliches Vorbringen ist jedoch aufgrund der zuvor getroffenen Feststellungen zu seiner nigerianischen Staatsangehörigkeit sowie der Unbestimmtheit seiner Angaben nicht glaubwürdig und konnte diesem nicht gefolgt werden.
Die Feststellung zu seinem Aufenthalt in Österreich lassen sich aus dem vorliegenden Verwaltungsakt und der Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister entnehmen.
Seine strafgerichtliche Unbescholtenheit ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 03.01.2020.
Die Feststellung zu seinem Bezug der Grundversorgung ergibt sich aus dem dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden, am 03.01.2020 abgefragten Speicherauszug aus dem Betreuungsinformationssystem.
2.3. Zum Fluchtvorbringen:
Die negativen Feststellungen zu potentieller Verfolgungsgefahr und drohender menschenrechtswidriger Behandlung des BF in seinem Herkunftsstaat Nigeria beruhen im Wesentlichen auf folgenden Erwägungen:
Wie die belangte Behörde im bekämpften Bescheid zutreffend konstatierte, hat der BF im Hinblick auf seinen tatsächlichen Herkunftsstaat Nigeria keine Fluchtgründe vorgebracht, sondern bezogen sich seine Fluchtbehauptungen ausschließlich auf den Südsudan, sodass diese dem gegenständlichen Verfahren nicht zugrunde gelegt werden konnten.
Fluchtgründe, die sich auf seinen tatsächlichen Herkunftsstaat Nigeria bezogen hätten, hat der BF zu keinem Zeitpunkt vorgebracht. Raum für die Annahme, dass sich diese in Bezug auf den Südsudan vorgebrachten Fluchtgründe des BF auch auf den tatsächlichen Herkunftsstaat Nigeria beziehen könnten, besteht nicht.
Insofern ist auch die Ansicht der belangten Behörde zu teilen, dass das Fluchtvorbringen sowohl aufgrund der Tatsache, dass es sich nicht auf den tatsächlichen Herkunftsstaat bezieht als auch aufgrund der vagen und detaillosen Angaben in Bezug auf den behaupteten Herkunftsstaat Südsudan auch die Glaubhaftigkeit zu versagen war.
In der Zusammenschau der Ausführungen zeigt sich, dass der BF - wie bereits vor der Administrativbehörde schon - auch im Beschwerdeverfahren nicht imstande war, ein glaubhaftes Fluchtvorbringen in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Nigeria zu erstatten, welches dem Verfahren zugrunde gelegt hätte werden können.
Eine wie immer geartete, gegen den BF gerichtete polizeiliche oder staatliche Verfolgung des in Nigeria wurde nicht behauptet und ergibt sich auch nicht aus dem vorliegenden Sachverhalt. Da der BF in seiner Beschwerde dem bekämpften Bescheid nicht substantiiert entgegentrat und sich seine Beschwerdebegründung dahin erschöpfte, seine Fluchtgründe nach wie vor aufrecht zu halten, das Sprachgutachten anzuzweifeln sowie potentielle Existenzprobleme in Nigeria aufzuzeigen, ergeben sich auch keine Zweifel am Zutreffen der von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen und ihrer Beweiswürdigung.
2.4. Zum Herkunftsstaat:
Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Nigeria vom 12.04.2019 samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von Nichtregierungsorganisationen, wie bspw. Open Doors, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.
Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.
Der BF trat diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsland nicht substantiiert entgegen. Im Beschwerdeschriftsatz führte er lediglich Bedenken hinsichtlich der Sicherheit und Arbeitsmarktsituation aus.
Aufgrund der Kürze der verstrichenen Zeit zwischen der Erlassung des bekämpften Bescheides und der vorliegenden Entscheidung ergeben sich keine Änderungen zu den im bekämpften Bescheid getroffenen Länderfeststellungen. Die letzte Kurzinformation, welche am 18.12.2019 in die Gesamtaktualisierung vom 12.04.2019 eingefügt wurde, betrifft die Situation von Mitgliedern der Gruppe IPOB und ist damit im gegenständlichen Fall nicht entscheidungswesentlich. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich daher den Feststellungen des BFA vollinhaltlich an.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde
3.1. Zur Nichtgewährung von Asyl (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):
3.1.1. Rechtslage
Gemäß § 3 Abs 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 leg. cit. zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Absch A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht.
Im Sinne des Art 1 Absch A Z 2 GFK ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Zentraler Aspekt der in Art 1 Absch A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 06.10.1999, 99/01/0279).
Selbst in einem Staat herrschende allgemein schlechte Verhältnisse oder bürgerkriegsähnliche Zustände begründen für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention. Um eine Verfolgung im Sinne des AsylG erfolgreich geltend zu machen, bedarf es einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Herkunftsstaates treffenden Unbilligkeiten hinausgeht (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).
3.1.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall
Im gegenständlichen Fall sind nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts die dargestellten Voraussetzungen, nämlich eine "begründete Furcht vor Verfolgung" im Sinne von Art 1 Abschnitt A Z 2 der GFK nicht gegeben. Dies im Hinblick darauf, dass der BF im gesamten Asylverfahren keine Fluchtgründe glaubhaft machen konnte. Eine sonstige aktuelle zu berücksichtigende Verfolgungsgefahr wird vom BF nicht dargelegt und ergibt sich auch nicht aus Umständen, die von Amts wegen zu berücksichtigen wären.
Die Voraussetzungen für die Erteilung von Asyl sind daher nicht gegeben. Aus diesem Grund war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 3 Abs 1 AsylG als unbegründet abzuweisen.
3.2. Zur Nichtgewährung von subsidiärem Schutz (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):
3.2.1. Rechtslage
Gemäß § 8 Abs 1 Z 1 AsylG ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur EMRK (ZPERMRK) bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Im Rahmen der Prüfung des Einzelfalls ist die Frage zu beantworten, ob einem Fremden im Falle der Abschiebung in seinen Herkunftsstaat ein - über eine bloße Möglichkeit hinausgehendes - "real risk" einer gegen Art 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht (vgl VwGH 28.06.2011, 2008/01/0102). Die dabei aufgrund konkreter vom Fremden aufgezeigter oder von Amts wegen bekannter Anhaltspunkte anzustellende Gefahrenprognose erfordert eine ganzheitliche Bewertung der Gefahren und hat sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen (VwGH 15.12.2010, 2006/19/1354; 31.05.2005, 2005/20/0095, 31.03.2005, 2002/20/0582).
Die Abschiebung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann eine Verletzung von Art 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also bezogen auf den Einzelfall die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art 3 EMRK ist nicht ausreichend (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174). Zu berücksichtigen ist auch, dass nur bei Vorliegen exzeptioneller Umstände, die dazu führen, dass der Betroffene im Zielstaat keine Lebensgrundlage vorfindet, die Gefahr einer Verletzung von Art 3 EMRK angenommen werden kann (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174; 19.11.2015, Ra 2015/20/0174 ua). Das Vorliegen solcher exzeptionellen Umstände erfordert detaillierte und konkrete Darlegungen (vgl VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443; 07.09.2016, Ra 2015/19/0303 ua).
3.2.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall
Dem BF droht in Nigeria keine Gefahr einer asylrelevanten Verfolgung. Es droht ihm auch keine reale Gefahr, im Falle seiner Rückkehr entgegen Art 3 EMRK behandelt zu werden. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzungen des Art 3 EMRK - was in Nigeria aufgrund der Sicherheitslage grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden kann - ist hingegen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht ausreichend. Diese Lebensumstände betreffen sämtliche Personen, die in Nigeria leben und können daher nicht als Grund für die Zuerkennung eines Status eines subsidiär Schutzberechtigten herangezogen werden. So liegt hinsichtlich des BF kein stichhaltiger Grund dafür dar anzunehmen, dass der BF bei seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat tatsächlich in Gefahr liefe, die Todesstrafe oder Hinrichtung, die Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung des BF in Nigeria und auch nicht eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit des BF in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes in Nigeria erleiden würde. Nachdem der BF selbst angibt, nie ernstliche Probleme mit den Behörden von Nigeria gehabt zu haben und auch keine Gründe ersichtlich sind, die auf den Vorwurf einer Straftat, welcher zu der Verhängung der Todesstrafe, der Folter oder Bestrafung des Antragstellers im Herkunftsstaat hindeuten könnten, ist ein "ernsthafter Schaden" im Sinne des Art 15 der Statusrichtlinie auszuschließen. Ein bewaffneter Konflikt besteht in Nigeria ebenfalls nicht. Zwar ist es so, dass in Nigeria die Sicherheitslage nicht mit der österreichischen vergleichbar ist, jedoch erreichen die nach dem Länderinformationsblatt für Nigeria möglichen Gewaltakte nicht ein so hohes Niveau, dass stichhaltige Gründe dafür bestehen, dass der BF bei einer Rückkehr nach Nigeria alleine durch seine Anwesenheit im Gebiet von Nigeria tatsächlich in Gefahr liefe, einer solchen Bedrohung ausgesetzt zu sein. Der BF konnte nicht glaubhaft machen, dass er aufgrund seiner persönlichen Situation in Nigeria und den hiermit verbundenen Umständen spezifisch von willkürlicher Gewalt in Nigeria betroffen wäre. Daher ist auch diese Voraussetzung für die Gewährung subsidiären Schutzes nicht erfüllt. Eine Gefahr eines ernsthaften Schadens durch unmenschliche oder erniedrigende Behandlung des BF in Nigeria liegt ebenfalls nicht vor. Der BF gehört weder einer Bevölkerungsgruppe an, die in Nigeria allgemein einer besonderen Gefahr ausgesetzt worden wäre, noch liegen individuelle Bedrohungen, die dazu führen könnten, dass der BF bei Rückkehr nach Nigeria einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt worden wäre.
Ganz allgemein besteht in Nigeria derzeit keine solche Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne des Art 2 oder Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur EMRK ausgesetzt wäre. Im Verfahren sind auch keine diesbezüglichen Umstände bekannt geworden. Es ergeben sich auch aus dem Länderinformationsblatt für Nigeria keine Gründe, die es naheliegen würde, dass bezogen auf den BF, ein reales Risiko gegen Art 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung oder Strafe bzw der Todesstrafe besteht.
Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, sodass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 8 Abs 1 Z 1 AsylG abzuweisen war.
3.3. Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides)
3.3.1. Rechtslage
Gemäß § 58 Abs 1 AsylG hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird (Z 2) oder wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt (Z 5). Gemäß § 58 Abs 2 AsylG hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG (Aufenthaltstitel aus Gründen des Art 8 EMRK) von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird. Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen (§ 58 Abs 3 AsylG). Auch wenn der Gesetzgeber das Bundesamt im Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung zur Prüfung und spruchmäßigen Erledigung der Voraussetzungen der §§ 55 und 57 AsylG von Amts wegen, dh auch ohne dahingehenden Antrag des BF, verpflichtet, ist die Frage der Erteilung eines solchen Titels auch ohne vorhergehenden Antrag im Beschwerdeverfahren gegen den negativen Bescheid durchsetzbar und daher Gegenstand der Sachentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl VwGH 28.01.2015, Ra 2014/20/0121).
3.3.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall
Indizien dafür, dass der BF einen Sachverhalt verwirklicht, bei dem ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) zu erteilen wäre, sind weder vorgebracht worden, noch hervorgekommen: Weder war der Aufenthalt des BF seit mindestens einem Jahr im Sinne des § 46 Abs 1 Z 1 oder Z 3 FPG geduldet, noch ist dieser zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig, noch ist der BF Opfer von Gewalt im Sinne des § 57 Abs 1 Z 3 AsylG. Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG war daher nicht zu erteilen.
Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 57 AsylG, abzuweisen war.
3.4. Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides):
3.4.1. Rechtslage
Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz (dem AsylG) mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.
Gemäß § 52 Abs 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt.
Gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere die in § 9 Abs 2 Z 1 bis 9 BFA-VG aufgezählten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist).
3.4.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall
Zu prüfen ist daher, ob die von der belangten Behörde verfügte Rückkehrentscheidung mit Art 8 EMRK vereinbar ist, weil sie nur dann zulässig wäre und nur im verneinenden Fall ein Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG überhaupt in Betracht käme. Die Vereinbarkeit mit Art 8 EMRK ist aus folgenden Gründen gegeben:
Das vorliegende Asylverfahren erreichte, gerechnet von der Antragstellung am 26.05.2015 bis zum Datum der vorliegenden Entscheidung am 08.11.2019 zwar eine gewisse, auch auf - dem BF teils nicht zuzurechnende - Verzögerungen zurückgehende Dauer. Der Aufenthalt des BF in Österreich beruhte dessen ungeachtet auf einer vorläufigen, nicht endgültig gesicherten rechtlichen Grundlage, weshalb dieser während der gesamten Dauer des Aufenthaltes in Österreich nicht darauf vertrauen durfte, dass er sich in Österreich auf rechtlich gesicherte Weise bleibend verfestigen kann.
Das Gewicht seiner privaten Interessen wird daher dadurch gemindert, dass sie in einem Zeitpunkt entstanden, in dem er sich seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst war (vgl VwGH 19.02.2009, 2008/18/0721; 30.04.2009, 2009/21/0086; VfSlg. 18.382/2008 mHa EGMR 24.11.1998, 40.447/98, Mitchell; EGMR 11.04.2006, 61.292/00, Useinov). Der BF führt nach eigenen Angaben eine Beziehung in Österreich, lebt mit seiner Lebensgefährtin jedoch nicht in einer Lebensgemeinschaft. Des Weiteren besteht eine tiefere Freundschaft mit XXXX, welche ihn auch zu Vernehmungen vor dem BFA als Vertrauensperson begleitete. Über weitere nennenswerten privaten Anknüpfungspunkte in Österreich verfügt der BF nicht. Der BF geht auch keiner regelmäßigen Beschäftigung in Österreich nach und ist daher am Arbeitsmarkt nicht integriert. Überdies wies der BF keine Kenntnisse der deutschen Sprache vor. Es ist in der Gesamtschau davon auszugehen, dass im Falle des BF ein nur geringer Grad an Integration erreicht worden ist.
Gleichzeitig hat der BF in seinem Herkunftsstaat, in dem er aufgewachsen ist, sprachliche und kulturelle Verbindungen und auch familiäre Anknüpfungspunkte.
Dem allenfalls bestehenden Interesse des BF an einem Verbleib in Österreich (bzw Europa) stehen öffentliche Interessen gegenüber.
Ihm steht das öffentliche Interesse daran gegenüber, dass das geltende Migrationsrecht auch vollzogen wird, indem Personen, die ohne Aufenthaltstitel aufhältig sind - gegebenenfalls nach Abschluss eines allfälligen Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz - auch zur tatsächlichen Ausreise verhalten werden. Bei einer Gesamtbetrachtung wiegt unter diesen Umständen das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der Durchsetzung der geltenden Bedingungen des Einwanderungsrechts und an der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, denen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechthaltung der öffentlichen Ordnung - und damit eines von Art 8 Abs 2 EMRK erfassten Interesses - ein hoher Stellenwert zukommt (vgl zB VwGH 30.04.2009, 2009/21/0086), schwerer als die schwach ausgebildeten privaten Interessen des BF am Verbleib in Österreich.
Ebenso wenig vermag die strafgerichtliche Unbescholtenheit seine persönlichen Interessen entscheidend zu stärken (VwGH 25.02.2010, 2010/18/0029).
Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung kann daher nicht im Sinne von § 9 Abs 2 BFA-VG als unzulässig angesehen werden, weshalb auch die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG nicht in Betracht kommt.
Die sonstigen Voraussetzungen einer Rückkehrentscheidung nach § 10 Abs 1 Z 3 AsylG und § 52 Abs 2 Z 2 FPG sind erfüllt. Sie ist auch sonst nicht (zB vorübergehend nach Art 8 EMRK, vgl § 9 Abs 3 BFA-VG und VwGH 28.04.2015, Ra 2014/18/0146) unzulässig. Der BF verfügt auch über kein sonstiges Aufenthaltsrecht.
Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes IV. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 10 Abs 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG und § 52 Abs 2 Z 2 FPG abzuweisen war.
3.5. Zum Ausspruch, dass die Ausweisung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides):
3.5.1. Rechtslage
Gemäß § 52 Abs 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist. Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art 2 oder 3 EMRK oder deren 6. bzw 13. ZPEMRK verletzt würden oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre. Gemäß § 50 Abs 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative. Nach § 50 Abs 3 FPG ist die Abschiebung unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.
3.5.2. Anwendung der Rechtslage auf den vorliegenden Fall
Im vorliegenden Fall liegen keine Gründe vor, wonach die Abschiebung in den Herkunftsstaat gemäß § 50 Abs 1 FPG unzulässig wäre.
Ein inhaltliches Auseinanderfallen der Entscheidungen nach § 8 Abs 1 AsylG (zur Frage der Gewährung von subsidiärem Schutz) und nach § 52 Abs 9 FPG (zur Frage der Zulässigkeit der Abschiebung) ist ausgeschlossen. Damit ist es unmöglich, die Frage der Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat im Rahmen der von Amts wegen zu treffenden Feststellung nach § 52 Abs 9 FPG neu aufzurollen und entgegen der getroffenen Entscheidung über die Versagung von Asyl und subsidiärem Schutz anders zu beurteilen (vgl dazu etwa VwGH, 16.12.2015, Ra 2015/21/0119 und auch die Beschlüsse VwGH 19.02.2015, Ra 2015/21/0005 und 30.06.2015, Ra 2015/21/0059 - 0062).
Die Abschiebung ist auch nicht unzulässig im Sinne des § 50 Abs 2 FPG, da dem BF keine Flüchtlingseigenschaft zukommt.
Weiters steht keine Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte der Abschiebung entgegen.
Die im angefochtenen Bescheid getroffene Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung nach Nigeria erfolgte daher zu Recht.
Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes V. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 52 Abs 9 FPG abzuweisen war.
3.6. Zur Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides):
Im angefochtenen Bescheid wurde gemäß § 55 Abs 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt. Dass besondere Umstände, die der BF bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hätte, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen würden, wurde nicht vorgebracht.
Die Beschwerde war daher auch hinsichtlich des Spruchpunktes VI. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG abzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.
Schlagworte
Abschiebung Asylantragstellung asylrechtlich relevante Verfolgung Asylverfahren Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz Aufenthaltstitel begründete Furcht vor Verfolgung berücksichtigungswürdige Gründe Fluchtgründe freiwillige Ausreise Frist Glaubhaftmachung Glaubwürdigkeit Interessenabwägung öffentliche Interessen Privat- und Familienleben private Interessen real risk reale Gefahr Rückkehrentscheidung subsidiärer Schutz Verfolgungsgefahr Verfolgungshandlung wohlbegründete FurchtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:I405.2226908.1.00Im RIS seit
03.09.2020Zuletzt aktualisiert am
03.09.2020