Entscheidungsdatum
13.05.2020Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
I406 2166432-1/13E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard KNITEL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX alias XXXX, geb. XXXX alias XXXX, StA. Marokko alias Algerien, vertreten durch ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, Wattgasse 48/3, 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.07.2017, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Marokkos, reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt ins Bundesgebiet ein und stellte am 19.04.2015 unter Angabe der im Spruch genannten Alias-Identität in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA, belangte Behörde) vom 15.03.2017 als unbegründet abgewiesen wurde. Gleichzeitig wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem fünfjährigen Einreiseverbot erlassen. Dieser Bescheid erwuchs unangefochten am 05.04.2017 in Rechtskraft.
2. Am 21.04.2017 wies sich der Beschwerdeführer im Zuge einer fremdenpolizeilichen Kontrolle mit einem gültigen marokkanischen Reisepass und einem gültigen italienischen Aufenthaltstitel aus. Daraufhin wurde er festgenommen und ihm bei seiner Entlassung am 24.04.2017 eine "Information über die Verpflichtung zur Ausreise" gemäß § 52 Abs. 6 FPG ausgehändigt. Darin wurde er aufgefordert, sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet Italiens zu begeben und diese Ausreise dem BFA nachzuweisen. Es erging der Hinweis, dass ansonsten eine Rückkehrentscheidung erlassen werde.
3. Am 26.04.2017 wurde er neuerlich durch die Fremdenpolizei im Bundesgebiet angetroffen, festgenommen und am selben Tag durch das BFA niederschriftlich einvernommen. Im Zuge dieser Einvernahme wurde ihm ein Parteiengehör zur beabsichtigten Erlassung einer Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot ausgehändigt. Ihm wurde eine zweiwöchige Frist zur Erstattung einer Stellungnahme gewährt, welche er ungenützt verstreichen ließ.
4. Der Beschwerdeführer übermittelte dem BFA in weiterer Folge ein Zugticket für die Strecke XXXXfür den Gültigkeitszeitraum 27.04.2017 - 30.04.2017 und das "Beiblatt zum Informationsblatt Verpflichtung zur Ausreise - Nachweis über die erfolgte Ausreise". Darin war lediglich das Datum ("27.04.17") ausgefüllt und vom Beschwerdeführer selbst handschriftlich angemerkt, dass die österreichischen und auch italienischen Behörden ihm "keinen Stempel" geben wollten.
5. Am 13.07.2017 wurde der Beschwerdeführer neuerlich im Zuge von fremdenpolizeilichen Kontrollen im Bundesgebiet angetroffen und festgenommen.
6. Mit verfahrensgegenständlichem Bescheid des BFA vom 15.07.2017, Zl. XXXX, wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt I., erster Spruchteil), gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt I., zweiter Spruchteil), festgestellt, dass seine Abschiebung nach Marokko zulässig ist (Spruchpunkt II.), einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.) und bestimmt, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht (Spruchpunkt IV.).
7. Dagegen erhob der Beschwerdeführer fristgerecht mit Schriftsatz seiner Rechtsvertretung vom 29.07.2017 Beschwerde und machte darin zusammengefasst geltend, die belangte Behörde hätte aufgrund seines italienischen Aufenthaltstitels gegen ihn keine Rückkehrentscheidung erlassen dürfen, sondern ihn zuerst gemäß der in § 52 Abs. 6 FPG beschriebenen Vorgehensweise anweisen müssen, unverzüglich nach Italien auszureisen.
8. Beschwerde und Bezug habender Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 03.08.2017 vorgelegt.
9. Am 15.08.2017 erfolgte die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Marokko auf dem Luftweg.
10. Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 07.09.2017 und vom 29.04.2020 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer die Feststellungen zur aktuellen Lage in seinem Herkunftsstaat und räumte ihm die Möglichkeit zur Stellungnahme zu seinem Privat- und Familienleben binnen 14 Tagen ein, welche er jeweils ungenützt verstreichen ließ. Seine Rechtsvertretung teilte daraufhin mit Schreiben vom 30.04.2020 mit, dass seit der erfolgten Abschiebung keine Mitteilungen oder Berichte zum Beschwerdeführer mehr eingegangen seien.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Die Identität des Beschwerdeführers steht fest.
Der Beschwerdeführer ist marokkanischer Staatsangehörigkeit und Herkunft und somit Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 20b AsylG 2005. Er ist volljährig und bekennt sich zum muslimischen Glauben. Der Beschwerdeführer spricht fließend Arabisch.
Der Beschwerdeführer war im Besitz eines italienischen Aufenthaltstitels, gültig bis zum 10.03.2019.
Der Beschwerdeführer reiste zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich ein.
Am 19.04.2015 stellte er einen Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid des BFA vom 15.03.2017 abgewiesen wurde. Zugleich wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem fünfjährigen Einreiseverbot erlassen. Der Bescheid erwuchs am 05.04.2017 unangefochten in Rechtskraft.
Am 24.04.2017 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet Italiens zu begeben und die erfolgte Ausreise dem BFA nachzuweisen. Der Beschwerdeführer kam seiner Verpflichtung zur Ausreise nicht nach und blieb unrechtmäßig in Österreich.
Am 15.08.2017 erfolgte seine Abschiebung auf dem Luftweg nach Marokko.
Der Beschwerdeführer verwendete zur Verschleierung seiner Identität verschiedene Alias-Identitäten.
Der Beschwerdeführer verfügte während seines gesamten Aufenthaltes im Bundesgebiet abgesehen von seinen Aufenthalten in polizeilichen Anhaltezentren über keinen gemeldeten Wohnsitz in Österreich.
Es wurden keine Umstände bekannt, die der erfolgten Rückführung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat entgegenstünden. Der Beschwerdeführer ist jung, gesund und arbeitsfähig. Er ist in der Lage, seinen Lebensunterhalt in Marokko zu bestreiten. In Österreich verfügt der Beschwerdeführer über keine Verwandten und über keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen. Er ist für niemanden sorgepflichtig. Es liegen keine maßgeblichen Anhaltspunkte für eine hinreichende Integration des Beschwerdeführers in Österreich in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht vor.
Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.
1.2. Zur Lage im Herkunftsstaat:
Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid vom 15.07.2017 getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten.
Marokko ist ein "sicherer Herkunftsstaat" im Sinne des § 1 Ziffer 9 der Herkunftsstaaten-Verordnung.
Im angefochtenen Bescheid wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer keine Gründe bekanntgegeben hat, die gegen seine Rückkehr nach Marokko sprechen würden. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens ist auch keine Änderung bekannt geworden, sodass das Bundesverwaltungsgericht sich diesen Ausführungen vollinhaltlich anschließt und auch zu den seinen erhebt.
Daher liegt für den Beschwerdeführer bei Rückkehr in seinen Herkunftsstaat die reale Gefahr einer Verletzung der Artikel 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr.13 zur Konvention nicht vor, auch ist der Herkunftsstaat weder in einen internationalen noch innerstaatlichen Konflikt verwickelt und für den Beschwerdeführer als Zivilperson im Fall einer Rückkehr keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes zu erwarten oder dass er im Fall einer Rückkehr aufgrund in seiner Person gelegener Umstände in eine existenzbedrohende oder medizinische Notlage geriete.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zum Verfahrensgang und zum Sachverhalt:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR), dem zentralen Fremdenregister (IZR) und der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.
Der Beschwerdeführer hat den von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt nicht substantiiert bestritten, sodass das Bundesverwaltungsgericht den maßgeblichen Sachverhalt als ausreichend ermittelt und somit entscheidungsreif ansieht und sich der vorgenommenen und nachvollziehbaren Beweiswürdigung vollumfänglich anschließt. Auch der Beschwerde vermag das Bundesverwaltungsgericht keine neuen Sachverhaltselemente zu entnehmen, die geeignet wären, die von der belangten Behörde getroffene Entscheidung in Frage zu stellen.
2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:
Die Identität des Beschwerdeführers steht aufgrund des vorliegenden marokkanischen Reisepasses Nr. XXXX (AS 3) fest.
Die Feststellungen zu seinen persönlichen und familiären Verhältnissen, seinem Religionsbekenntnis und zu den Lebensumständen des Beschwerdeführers gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften und gleichbleibenden Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde. Es ist im Verfahren nichts hervorgekommen, das Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen aufkommen lässt.
Die Feststellungen zu seiner Einreise sowie seinem Aufenthalt in Österreich und zu seinem Asylverfahren lassen sich dem vorliegenden Verwaltungsakt und dem am 06.05.2020 eingeholten IZR- Auszug entnehmen, ebenso die Tatsache, dass der Beschwerdeführer eine Aliasidentität verwendete.
Die Feststellung, dass sich der Beschwerdeführer im Bundesgebiet behördlich nicht gemeldet war, geht aus einer eingeholten zmr- Auskunft hervor.
Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer in Besitz eines bis zum 10.03.2019 gültigen italienischen Aufenthaltstitels war, ergibt sich aus der dem Akt inneliegenden Kopie dieses Aufenthaltstitels (AS 3) sowie einer Auskunft des Polizeikooperationszentrums Thörl-Maglern vom 30.04.2017 (AS 61 ff).
Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer mittels schriftlicher Information zur Ausreise nach Italien aufgefordert wurde, ergibt sich unstrittig aus dem Verwaltungsakt.
In weiterer Folge übermittelte der Beschwerdeführer zwar das Beiblatt zum ihm ausgehändigten Informationsblatt Verpflichtung zur Ausreise, ohne dass dieses jedoch von der GreKO oder den österreichischen Behörden in Italien ausgefüllt worden wäre. Dem handschriftlichen Vermerk des Beschwerdeführers, demzufolge weder die österreichischen noch die italienischen Behörden das Formular hätten abstempeln wollen, konnte kein Glauben geschenkt werden. Auch das beigelegte Zugticket stellt keinen geeigneten Nachweis über die angeblich erfolgte Ausreise dar, weil daraus lediglich hervorgeht, dass ein Zugticket für diese Strecke gekauft wurde, aber nicht, dass der Beschwerdeführer die Reise nach Italien tatsächlich angetreten hätte (AS 57). Darüber hinaus wurde der Beschwerdeführer auch wenige Monate später, und zwar am 13.07.2017 im Zuge einer polizeilichen Kontrolle neuerlich im Bundesgebiet aufgegriffen.
Daher war festzustellen, dass der Beschwerdeführer seiner Verpflichtung zur Ausreise nach Italien nicht nachgekommen ist.
Die Feststellung zur erfolgten Abschiebung nach Marokko geht aus dem Bericht des Stadtpolizeikommandos Schwechat vom 15.08.2017 hervor.
Nachdem der Beschwerdeführer keine der in § 31 FPG genannten Voraussetzungen erfüllte, war die entsprechende Feststellung zu treffen, dass sein Aufenthalt im österreichischen Bundesgebiet nicht rechtmäßig war.
Die Feststellung zum Gesundheitszustand, zur Arbeitsfähigkeit und zur Berufserfahrung des Beschwerdeführers ergibt sich aus der Aktenlage sowie dem Umstand, dass der Beschwerdeführer weder vor der belangten Behörde noch in der Beschwerde konkrete Angaben tätigte, welche auf eine gesundheitliche Beeinträchtigung oder auf eine Einschränkung seiner Arbeitsfähigkeit schließen lassen würden.
Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer in Österreich weder Verwandte noch Familienangehörige hat, erschließt sich auch aus seinen eigenen Angaben vor der belangten Behörde.
Die Feststellungen zur fehlenden Integration des Beschwerdeführers in Österreich ergeben sich aus dem Umstand, dass weder vor der belangten Behörde, noch in der Beschwerde konkrete Angaben getätigt wurden, welche eine hinreichende Integration in Österreich in sprachlicher, gesellschaftlicher und beruflicher Hinsicht annehmen lassen würden.
Unterlagen, welche eine soziale oder integrative Verfestigung des Beschwerdeführers belegen würden, brachte er nicht in Vorlage. Auch nahm er die ihm von Seiten des Bundesverwaltungsgerichtes eingeräumte Gelegenheit zur Erstattung einer schriftlichen Stellungnahme nicht wahr.
Die strafgerichtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers leitet sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 06.05.2020 ab.
2.4. Zu den Länderfeststellungen:
Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Marokko samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen. Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie bspw. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen. Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln. Es waren keine Änderung zu den im bekämpften Bescheid getroffenen Länderfeststellungen ersichtlich. Der Beschwerdeführer trat den Quellen und deren Kernaussagen auch nicht konkret und substantiiert entgegen.
Marokko ist ein "sicherer Herkunftsstaat" im Sinne des § 1 Ziffer 9 der Herkunftsstaaten-Verordnung, BGBl II Nr. 177/2009, in der Fassung BGBl II Nr. 145/2019.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Anzuwendendes materielles Recht:
Die maßgeblichen Bestimmungen des § 10 Abs. 2, sowie § 57 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF lauten:
Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme
§ 10. (1) ...
(2) Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.
(3) ...
Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz
§ 57. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:
1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,
2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder
3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.
(2) ... ".
Die maßgeblichen Bestimmungen des § 50, § 52 Abs. 1 Ziffer 1, Abs. 6 und Abs. 9, sowie § 55 Abs. 1a Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF lauten:
"Verbot der Abschiebung
§ 50. (1) Die Abschiebung Fremder in einen Staat ist unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.
(2) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).
(3) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.
Rückkehrentscheidung
§ 52. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich
1. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder
2. ...
(6) Ist ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehöriger im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates, hat er sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben. Dies hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen. Kommt er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach oder ist seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, ist eine Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 zu erlassen.
(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.
(10) ...
Frist für die freiwillige Ausreise
§ 55. (1) ...
(1a) Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird.
(3) ..."
Die maßgebliche Bestimmung des § 18 Abs. 2 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 idgF lautet:
"Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde
§ 18. (1) ...
(2) Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist vom Bundesamt abzuerkennen, wenn
1. die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist,
2. der Drittstaatsangehörige einem Einreiseverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt ist oder
3. Fluchtgefahr besteht.
3.1.2. Prüfungsumfang:
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Absatz 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Absatz 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
3.1.3. Zum Unterbleiben der mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-Verfahrensgesetz kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.
Angesichts der Tatsache, dass der maßgebende Sachverhalt von der belangten Behörde abschließend ermittelt wurde und der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war, Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen sowie eine initiative Darlegung für die Entscheidungsfindung relevanten Umstände, die durch die weitere Hinterfragung zu klären gewesen wären, nicht erforderlich war, ist der Sachverhalt iSd § 21 Abs. 7 erster Fall BFA-Verfahrensgesetz aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt.
Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte somit gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben.
Zu Spruchpunkt A)
3.2. Zur Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides:
3.2.1. Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG (Spruchpunkt I., erster Spruchteil des angefochtenen Bescheides):
Gemäß § 58 Abs. 1 Z 5 AsylG hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) von Amts wegen zu prüfen, wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt. Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG (Aufenthaltstitel aus Gründen des Art 8 EMRK) von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird. Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen (§ 58 Abs. 3 AsylG).
Indizien dafür, dass der Beschwerdeführer einen Sachverhalt verwirklicht, bei dem ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) zu erteilen wäre, sind weder vorgebracht worden, noch hervorgekommen: Weder war der Aufenthalt des Beschwerdeführers seit mindestens einem Jahr im Sinne des § 46 Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG geduldet, noch ist dieser zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig, noch ist der Beschwerdeführer Opfer von Gewalt im Sinne des § 57 Abs. 1 Z 3 AsylG. Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG war daher nicht zu erteilen.
Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 AsylG wurde vom Beschwerdeführer nicht behauptet und auch aus dem Verwaltungsakt ergeben sich keinerlei Hinweise, die nahe legen würden, dass die Erteilung einer solchen Aufenthaltsberechtigung in Betracht kommt.
Da somit die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG nicht gegeben sind, war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I., erster Spruchteil des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen.
3.2.2. Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt I., zweiter Spruchteil des angefochtenen Bescheides):
Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt, so ist diese Entscheidung gemäß § 10 Abs. 2 AsylG mit einer Rückkehrentscheidung zu verbinden.
Gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.
Ist ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehöriger im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates, hat er sich gemäß § 52 Abs. 6 FPG unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben. Dies hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen. Kommt er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach oder ist seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, ist eine Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 zu erlassen.
Gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere die in § 9 Abs. 2 Z 1 bis 9 BFA-VG aufgezählten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist).
Der Beschwerdeführer war zum Zeitpunkt der Erlassung des verfahrensgegenständlichen Bescheides in Besitz eines gültigen italienischen Aufenthaltstitels. Er war jedoch aufgrund des gegen ihn erlassenen und rechtskräftigen fünfjährigen Einreiseverbotes gemäß Art. 5 Abs. 1 lit. d SDÜ nicht zum Aufenthalt im österreichischen Bundesgebiet berechtigt.
Auch kam er der Aufforderung des BFA vom 24.04.2017, sich unverzüglich nach Italien zu begeben nicht nach. Das BFA ist seiner Verpflichtung gemäß § 52 Abs. 6 FPG ausreichend nachgekommen und hat die verhängte Rückkehrentscheidung somit zurecht auf die Bestimmung des § 52 Abs. 1 Z 1 gestützt.
Zu prüfen ist daher, ob die von der belangten Behörde verfügte Rückkehrentscheidung mit Art 8 EMRK vereinbar ist, weil sie nur dann zulässig wäre und nur im verneinenden Fall ein Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG überhaupt in Betracht käme. Die Vereinbarkeit mit Art 8 EMRK ist aus folgenden Gründen gegeben:
Der Beschwerdeführer verfügt über kein schützenswertes Familienleben in Österreich und hat ein solches auch nicht behauptet.
Zu prüfen wäre daher ein etwaiger Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers. Unter "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg Lettland, EuGRZ 2006, 554).
Im Hinblick auf die Zeitspanne, seit der sich der spätestens im April 2015 eingereiste Beschwerdeführer insgesamt in Österreich aufhielt, kann eine von Art. 8 EMRK geschützte Aufenthaltsverfestigung noch nicht angenommen werden (vgl. VwGH 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479, wonach ein dreijähriger Aufenthalt "jedenfalls" nicht ausreichte, um daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abzuleiten; vgl. auch VwGH 20.12.2007, Zl. 2007/21/0437, zu § 66 Abs. 1 FPG, wonach der 6-jährigen Aufenthaltsdauer eines Fremden im Bundesgebiet, der Unbescholtenheit, eine feste soziale Integration, gute Deutschkenntnisse sowie einen großen Freundes- und Bekanntenkreis, jedoch keine Familienangehörige geltend machen konnte, in einer Interessensabwägung keine derartige "verdichtete Integration" zugestanden wurde, da der Aufenthalt "letztlich nur auf einem unbegründeten Asylantrag fußte"; ähnlich auch VwGH 25.02.2010, Zl. 2010/18/0026; VwGH 30.04.2009, Zl. 2009/21/0086; VwGH 08.07.2009, Zkl. 2008/21/0533; VwGH 8.3.2005, 2004/18/0354).
Angesichts des Umstandes, dass der Beschwerdeführer den bei weitem größten Teil seines Inlandsaufenthaltes entweder sich dem Zugriff der Behörden durch Untertauchen entzogen hat, sowie angesichts der Tatsache, dass sein Aufenthalt im österreichischen Bundesgebiet seit Rechtskraft der negativen Erledigung seines Antrages auf internationalen Schutz mit 05.04.2017 nicht rechtmäßig war, ist unter Berücksichtigung der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthaltes des Beschwerdeführers stark ausgeprägt und das Interesse an der Achtung des Privatlebens der Beschwerdeführer überaus schwach:
Hinweise, dass der Beschwerdeführer in Österreich einen maßgeblichen Grad an Integration erlangt hätte, der seinen persönlichen Interessen ein entscheidendes Gewicht verleihen würde, liegen nicht vor. Der Beschwerdeführer hat keinen Deutschkurs besucht, in Österreich an keinen Aus- oder Weiterbildungen teilgenommen, keine nachgewiesene legale Erwerbstätigkeit ausgeübt und aktuell keine engen Bezüge zu ÖsterreicherInnen. Er hat weder gemeinnützige Tätigkeiten ausgeübt, noch konnte er andere außergewöhnliche Umstände ins Treffen führen. Unterlagen, die für eine verfestigte Integration sprechen würden, wurden nicht vorgelegt. Dementgegen kann auch nach wie vor von einem Bestehen von starken Bindungen des Beschwerdeführers zu seinem Herkunftsstaat Marokko ausgegangen werden, zumal er dort einen Großteil seines Lebens verbracht hat und dort hauptsozialisiert wurde, er nach wie vor seine Muttersprache spricht und durchaus mit den regionalen Sitten und Gebräuchen der Kultur seines Herkunftsstaates vertraut ist. Es kann im gegenständlichen Fall nicht von einer Entwurzelung des Beschwerdeführers gesprochen werden.
Dem allenfalls bestehenden Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich (bzw. Europa) stehen öffentliche Interessen gegenüber; das öffentliche Interesse daran, dass das geltende Migrationsrecht auch vollzogen wird, indem Personen, die ohne Aufenthaltstitel aufhältig sind - gegebenenfalls nach Abschluss eines allfälligen Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz - auch zur tatsächlichen Ausreise verhalten werden.
Bei einer Gesamtbetrachtung wiegt unter diesen Umständen das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der Durchsetzung der geltenden Bedingungen des Einwanderungsrechts und an der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, denen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechthaltung der öffentlichen Ordnung - und damit eines von Art 8 Abs. 2 EMRK erfassten Interesses - ein hoher Stellenwert zukommt (vgl zB VwGH 30.04.2009, 2009/21/0086), bei weitem schwerer als die überaus schwach ausgebildeten privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib in Österreich.
Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung ist daher nicht im Sinne von § 9 Abs. 2 BFA-VG unzulässig, weshalb auch die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG nicht in Betracht kommt.
Die sonstigen Voraussetzungen einer Rückkehrentscheidung nach § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG und § 52 Abs. 2 Z 2 FPG sind erfüllt. Sie ist auch sonst nicht (zB vorübergehend nach Art 8 EMRK, vgl § 9 Abs. 3 BFA-VG und VwGH 28.04.2015, Ra 2014/18/0146) unzulässig. Der Beschwerdeführer verfügt auch über kein sonstiges Aufenthaltsrecht.
Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes I. zweiter Spruchteil des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG und § 52 Abs. 1 Z 1 FPG abzuweisen war.
3.2.3. Zur Zulässigkeit der Abschiebung (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):
Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.
Dafür, dass dem Beschwerdeführer nach seiner Rückkehr nach Marokko die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre, gibt es im vorliegenden Beschwerdefall keinen Anhaltspunkt: Der Beschwerdeführer ist volljährig, jung, gesund und somit arbeitsfähig. Durch die Aufnahme einer entsprechenden Tätigkeit - wenn auch zu Beginn nur in Form von Gelegenheitsjobs oder Hilfstätigkeiten - sollte er in seinem Herkunftsstaat zum Verdienst seines Lebensunterhaltes imstande sein. Damit ist der Beschwerdeführer nicht durch die Außerlandesschaffung nach Marokko in seinem Recht gemäß Art. 3 EMRK verletzt, weil die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz im konkreten Fall gedeckt werden können. Dass der Beschwerdeführer allenfalls in Österreich wirtschaftlich gegenüber seiner Situation in Marokko besser gestellt ist, genügt für die Annahme, er würde in Marokko keine Lebensgrundlage vorfinden und somit seine Existenz nicht decken können, nicht. Hierfür fehlen im vorliegenden Fall alle Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände. Außerdem besteht ganz allgemein in Marokko derzeit keine derartige Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne des Artikel 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK ausgesetzt wäre. Marokko ist ein sicheres Herkunftsland. Im Verfahren sind auch keine Umstände bekannt geworden, die nahelegen würden, dass bezogen auf den Beschwerdeführer ein reales Risiko einer gegen Art 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw. der Todesstrafe besteht, und ergeben sich solche auch nicht aus dem Länderinformationsblatt für Marokko.
Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, sodass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen war.
3.2.4. Zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides):
Die belangte Behörde kann einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich ist (Z 1), der Drittstaatsangehörige einem Einreiseverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt ist (Z 2) oder Fluchtgefahr besteht (Z 3).
Wie von der belangten Behörde treffend ausgeführt, sind all diese Voraussetzungen im Falle des Beschwerdeführers, gegen den aufgrund der von ihm ausgehenden Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit im Jahr 2017 ein fünfjähriges Einreiseverbot erlassen worden war, der trotz bestehenden Einreiseverbotes in das Österreichische Bundesgebiet zurückgekehrt ist und der sich dem Zugriff der österreichischen Behörden wiederholt durch Untertauchen entzogen hat, erfüllt. Anhaltspunkte dahingehend, dass im gegenständlichen Fall konkret zu berücksichtigende private Interessen vorliegen würden, die das öffentliche Interesse an der raschen Aufenthaltsbeendigung allenfalls überwiegen würden, sind nicht hervorgekommen.
Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung durch die belangte Behörde gemäß § 18 Abs. 2 Z 1, 2 und 3 BFA-VG ist daher zu Recht erfolgt.
Daher war die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.
3.2.5. Zum Nichtbestehen einer Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides):
Im angefochtenen Bescheid wurde gemäß § 55 Abs. 1a FPG festgelegt, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht. Gemäß § 55 Abs. 1a FPG besteht eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht, wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird.
Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind somit weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen und konnte sich das Bundesverwaltungsgericht bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu Spruchteil A unter Punkt 3.2. wiedergegeben.
Schlagworte
Abschiebung Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz Aufenthaltstitel aufschiebende Wirkung - Entfall berücksichtigungswürdige Gründe freiwillige Ausreise Frist Interessenabwägung öffentliche Interessen öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit Privat- und Familienleben private Interessen RückkehrentscheidungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:I406.2166432.1.00Im RIS seit
03.09.2020Zuletzt aktualisiert am
03.09.2020