Entscheidungsdatum
29.05.2020Norm
BBG §42Spruch
I414 2228022-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christian EGGER als Vorsitzender und der Richter Dr. Harald NEUSCHMID sowie die fachkundige Laienrichterin Dr. Elisabeth RIEDER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Tirol (SMS) vom 13.12.2019, Zl. XXXX , in nichtöffentlicher Sitzung
A) zu Recht erkannt:
In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.
und
B) beschlossen:
Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.
C) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer beantragte am 15.10.2019 bei der belangten Behörde die Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass. Dazu verwendete er das bundeseinheitliche Antragsformular.
Nach Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens wurde dem Beschwerdeführer am 13.12.2019 ein neuer Behindertenpass mit einem höheren Gesamtgrad der Behinderung als vor Antragstellung im Scheckkartenformat übermittelt.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde zusätzlich der "Antrag vom 15.10.2019 auf Vornahme der Zusatzeintragung 'Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung' in den Behindertenpass" abgewiesen. Das Ermittlungsverfahren habe ergeben, dass die Voraussetzungen nicht vorliegen.
Gegen den abweisenden Bescheid wurde Beschwerde erhoben und weitere ärztliche Befunde vorgelegt, die die Unzumutbarkeit der Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels belegen würden.
Die belangte Behörde legte die Beschwerde und den Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht am 27.01.2020 zur Entscheidung vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer beantragte die Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass.
Es liegt kein Antrag auf Vornahme einer Zusatzeintragung in den Behindertenpass vor.
2. Beweiswürdigung:
Aus dem Verwaltungsakt der belangten Behörde ist das Antragsformular des Sozialministeriumservice ersichtliche. Angekreuzt wurde "Ich beantrage die Neufestsetzung des Grades meiner Behinderung im Behindertenpass".
Pkt. 3. des Formulars ließ der Beschwerdeführer unausgefüllt (Sollte die Aktenlage die Vornahme von Zusatzeintragungen rechtfertigen, beantrage ich die Aufnahme der entsprechenden Zusatzeintragung in den Behindertenpass. Insbesondere: _______) und wurde auch kein Kreuzchen oder ein anderes Zeichen an dieser Stelle angebracht, dass auf eine Antragstellung hindeuten könnte.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Behebung des Bescheides:
3.1. Die Vornahme einer Zusatzeintragung in den Behindertenpass ist gemäß § 42 zweiter Satz BBG, BGBl. Nr. 283/1990, in der geltenden Fassung BGBl. I Nr. 66/2014, antragsbedürftig.
Dazu führt auch § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/20013 in der geltenden Fassung BGBl. II Nr. 263/2016, aus:
"Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist jedenfalls einzutragen:
[...]
3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; [...]"
Der Antrag ist gemäß § 45 Abs. 1 zweiter Fall BBG unter Anschluss der erforderlichen Nachweise beim Sozialministeriumservice einzubringen.
3.2. Der Antrag legt den Gegenstand des Verfahrens fest. Der Beschwerdeführer hat die Vornahme einer Zusatzeintragung nicht beantragt, sondern die Neufestsetzung des Grades der Behinderung. Im gegenständlichen Verfahren wurde der verfahrensleitende Antrag von der belangten Behörde überschritten, wodurch sich das Verfahren im Hinblick auf die in Rede stehende Zusatzeintragung als unzulässig erweist.
Eine Behörde, welche einen antragsbedürftigen Bescheid erlässt, obwohl kein diesbezüglicher Antrag der Partei vorliegt, verletzt auf einfachgesetzlicher Ebene das Recht auf Einhaltung der Zuständigkeitsordnung (VwGH v. 25.02.2005, 2003/12/0105). Anhaltspunkte für ein amtswegiges Einschreiten sind nach den obigen Ausführungen nicht gegeben.
Der angefochtene Bescheid war daher mangels Antrag ersatzlos zu beheben.
B) Zurückweisung der Beschwerde:
Die Entscheidung über die Beschwerde setzt im gegenständlichen Fall einen anfechtbaren Bescheid voraus (Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG). Durch dessen Behebung liegt ein solcher nicht mehr vor. Das ho. Gericht hat daher seine sachliche Unzuständigkeit amtswegig wahrzunehmen und die Beschwerde mit Beschluss gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 31 Abs. 1 VwGVG zurückzuweisen gehabt.
4. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
Im gegenständlichen Fall stand bereits aufgrund der Aktenlage fest, dass der angefochtene Bescheid ersatzlos zu beheben war und war in weiterer Folge die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen. Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte daher entfallen.
Zu C) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Das ho. Gericht orientiert sich in einer Entscheidung an der einheitlichen Judikatur hinsichtlich der gebotenen Vorgangsweise im Falle einer Überschreitung des verfahrensleitenden Antrages bzw. hinsichtlich der gebotenen Vorgangsweise im Falle der sachlichen Unzuständigkeit bzw. des Fehlens einer Prozessvoraussetzung zur Einbringung eines Anbringens.
Schlagworte
antragsbedürftiger Verwaltungsakt Behebung der Entscheidung Unzuständigkeit Verfahrensgegenstand ZurückweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:I414.2228022.1.00Im RIS seit
03.09.2020Zuletzt aktualisiert am
03.09.2020