Entscheidungsdatum
02.06.2020Norm
BFA-VG §18 Abs3Spruch
I403 2231180-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Birgit ERTL als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Slowenien und Serbien, vertreten durch die "Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH" und "Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH" in 1170 Wien, Wattgasse 48/3. Stock, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.04.2020, Zl. XXXX, zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer, ein slowenisch-serbischer Doppelstaatsbürger, wurde am 16.01.2020 durch Beamte der LPD XXXX aufgrund eines Suchtgiftdeliktes festgenommen und in eine Justizanstalt verbracht. Am 19.01.2020 wurde über ihn seitens des Landesgerichts XXXXzur Zl. XXXX wegen des Verdachts der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs. 1 SMG die Untersuchungshaft verhängt.
Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 21.04.2020, Zl. XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs. 1 erster und zweiter Fall, Abs. 2 SMG sowie wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs. 2 SMG rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 15 Monaten, davon 12 Monate unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen, verurteilt.
Am 21.04.2020 wurde der Beschwerdeführer hinsichtlich der beabsichtigten Erlassung eines gegen ihn gerichteten Aufenthaltsverbotes niederschriftlich vor der belangten Behörde einvernommen. Hierbei gab er an, ledig zu sein und keine Sorgepflichten zu haben. Er sei am 12.01.2020 nach Österreich eingereist, um einen Cousin zu besuchen. Er habe in Österreich insgesamt zwei Cousins, eine Cousine und einen Onkel, ansonsten keine weiteren familiären Anknüpfungspunkte. Der Beschwerdeführer verfüge über keine Geldmittel. Eine politische oder strafrechtliche Verfolgung in Slowenien habe er nicht zu befürchten.
Mit Mandatsbescheid der belangten Behörde vom 21.04.2020 wurde über den Beschwerdeführer die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme sowie der Sicherung seiner Abschiebung angeordnet.
Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 22.04.2020 wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 67 Abs. 1 und Abs. 2 FPG ein für die Dauer von fünf Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I). Es wurde ihm gemäß § 70 Abs. 3 FPG kein Durchsetzungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II). Einer Beschwerde gegen dieses Aufenthaltsverbot wurde gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III).
Am 23.04.2020 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf unterstützte freiwillige Rückkehrhilfe, welcher seitens der belangten Behörde mit Schreiben vom 24.04.2020 abgelehnt wurde, da bereits alle Schritte für seine Außerlandesbringung getroffen worden waren.
Am 28.04.2020 wurde der Beschwerdeführer auf dem Landweg nach Slowenien abgeschoben.
Gegen den gegenständlich angefochtenen Bescheid wurde fristgerecht mit Schriftsatz vom 12.05.2020 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der volljährige Beschwerdeführer ist slowenisch-serbischer Doppelstaatsbürger. Seine Identität steht fest.
Er ist ledig und kinderlos sowie gesund und erwerbsfähig.
Der Beschwerdeführer behauptet, am 12.01.2020 in das Bundesgebiet eingereist zu sein. Er war in Österreich - abgesehen von seiner Meldung in einem Polizeianhaltezentrum während seiner Anhaltung in Schubhaft - zu keinem Zeitpunkt aufrecht gemeldet.
Er verfügt in Österreich über keine Angehörigen, zu welchen ein finanzielles oder anderweitig geartetes Abhängigkeitsverhältnis oder ein Naheverhältnis von maßgeblicher Intensität besteht.
Der Beschwerdeführer ging in Österreich zu keinem Zeitpunkt einer legalen Erwerbstätigkeit nach und weist keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher oder gesellschaftlicher Hinsicht auf.
Ab dem 16.01.2020 befand er sich bis zu seiner Abschiebung nach Slowenien am 28.04.2020 durchgehend in Untersuchungs-, Straf- sowie Schubhaft.
Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 21.04.2020, Zl. XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs. 1 erster und zweiter Fall, Abs. 2 SMG sowie wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs. 2 SMG rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 15 Monaten, davon 12 Monate unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen, verurteilt. Der Verurteilung lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer vorschriftswidrig Suchtgift, nämlich Heroin in einer das Fünfzehnfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge - mit dem Vorsatz, dass es in Verkehr gesetzt werde - sowie Kokain zum ausschließlich persönlichen Gebrauch, erworben und besessen hat, indem er dieses vor dem oder am 16.01.2020 von einem unbekannten Täter übernahm. Als erschwerend wurde im Rahmen der Strafbemessungsgründe das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen, als mildernd hingegen der bisher ordentliche Lebenswandel, das reumütige Geständnis sowie die Sicherstellung des Suchtgiftes gewertet.
Überdies hat er gegen die Bestimmungen des Meldegesetzes verstoßen, indem er es unterlassen hat, sich innerhalb von drei Tagen nach dem Bezug seiner Unterkunft in Österreich bei der Meldebehörde anzumelden.
2. Beweiswürdigung:
Der unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
Die Identität des Beschwerdeführers steht aufgrund seines im Original vorgelegten slowenischen Personalausweises mit der Nr. XXXX - welcher sich in Kopie im Akt befindet - fest.
Die Feststellungen zu seinen Familienverhältnissen, seinem Gesundheitszustand und seiner Erwerbsfähigkeit ergeben sich aus seinen diesbezüglich glaubhaften Angaben im Verfahren, sein Gesundheitszustand überdies aus seiner Haftfähigkeit.
Der Umstand, dass der Beschwerdeführer in Österreich - abgesehen von seiner Meldung in einem Polizeianhaltezentrum während seiner Anhaltung in Schubhaft - zu keinem Zeitpunkt aufrecht gemeldet war, ergibt sich aus einer Abfrage im zentralen Melderegister der Republik.
Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer in Österreich über keine nahen Angehörigen verfügt, ergibt sich aus seinen Angaben im Verfahren. So behauptete er vor der belangten Behörde am 21.04.2020 zwei Cousins, eine Cousine und einen Onkel in Österreich zu haben, wobei er seit seiner Einreise am 12.01.2020 bei seinem Cousin "I.N., 1983 geb.", wohnhaft in "Wien 17., Adresse unbekannt" genächtigt habe. Diesbezüglich ist festzuhalten, dass keine Person mit den seitens des Beschwerdeführers genannten Daten im zentralen Melderegister der Republik Österreich aufscheint (es konnte lediglich eine im Jahr 1981 geborene Person mit dem Namen I.N., wohnhaft in 1160 Wien, gefunden werden). Ungeachtet dessen wurde weder im Administrativ- noch im Beschwerdeverfahren seitens des Beschwerdeführers ein finanzielles oder anderweitig geartetes Abhängigkeitsverhältnis oder ein Naheverhältnis von maßgeblicher Intensität zu etwaigen Angehörigen in Österreich vorgebracht und vermag daran auch die unsubstantiierte und nicht zu verifizierende Behauptung im Beschwerdeschriftsatz, wonach der Beschwerdeführer seine Angehörigen in Österreich "regelmäßig" "im Zuge seiner dienstlich bedingten Reisen in die Niederlande" besuchen würde, selbst bei hypothetischer Wahrunterstellung nichts zu ändern. Aufgrund des erhobenen Sachverhaltes kann ausgeschlossen werden, dass der Beschwerdeführer in Österreich ein iSd Art. 8 EMRK geschütztes Familienleben führt.
Der Umstand, dass der Beschwerdeführer in Österreich zu keinem Zeitpunkt einer legalen Erwerbstätigkeit nachging, ergibt sich aus einer Abfrage im Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger.
Die rechtskräftige, strafgerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers entspricht dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes durch Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich. Die Umstände hinsichtlich der seiner Verurteilung zugrundeliegenden strafbaren Handlungen sowie die Strafbemessungsgründe ergeben sich aus der im Akt enthaltenen Urteilsausfertigung des Landesgerichts XXXXzur Zl. XXXX.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Zum Aufenthaltsverbot (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):
Gegen den Beschwerdeführer wurde gemäß § 67 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) ein Aufenthaltsverbot erlassen.
§ 67 FPG lautet:
"(1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.
(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.
(3) Ein Aufenthaltsverbot kann unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere
1. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;
2. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);
3. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder
4. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.
(4) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist des Aufenthaltsverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise."
Aufenthaltsverbote nach § 67 FPG knüpfen tatbestandsmäßig nicht an einen (aktuellen) Inlandsaufenthalt an und sind somit auch dann möglich, wenn sich der betreffende Fremde - wie im vorliegenden Fall der Beschwerdeführer - (schon) im Ausland befindet (vgl. VwGH 25.01.2018, Ra 2017/21/0237).
Da der Beschwerdeführer, welcher als grundsätzlich unionsrechtlich aufenthaltsberechtigter EWR-Bürger unter den persönlichen Anwendungsbereich des § 67 FPG fällt, die Voraussetzung eines durchgehenden zehnjährigen Aufenthaltes im Bundesgebiet nicht erfüllt, gelangt für ihn gegenständlich der Prüfungsmaßstab des § 67 Abs. 1 erster und zweiter Satz FPG zu Anwendung.
Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen den Beschwerdeführer ist sohin zulässig, wenn auf Grund seines persönlichen Verhaltens davon ausgegangen werden kann, dass durch seinen Verbleib im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss hierbei eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahme begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind überdies nicht zulässig.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährdungsprognose das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahingehend vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist (vgl. dazu etwa VwGH 25.04.2014, Ro 2014/21/0039).
Im vorliegenden Fall wurde der Beschwerdeführer am 16.01.2020 durch Beamte der LPD XXXX bei der Verwirklichung eines gravierenden, gewerbsmäßigen Suchtgiftdeliktes betreten und in weiterer Folge auch rechtskräftig strafgerichtlich verurteilt. Der Umstand, dass er selbst vorgebracht hat, erst am 12.01.2020 - und somit lediglich 4 Tage vor seiner Festnahme wegen des Verdachts der Vorbereitung von Suchtgifthandel - nach Österreich eingereist zu sein, legt unweigerlich den Schluss nahe, dass der Beschwerdeführer - welcher in Österreich über keinerlei berufliche oder nennenswerte integrative Verfestigung verfügt - bereits mit der vorgefassten Absicht, sich durch den Handel mit Heroin eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, in das Bundesgebiet eingereist ist. Der Verwaltungsgerichtshof hat in Bezug auf Suchtgiftdelinquenz bereits wiederholt festgehalten, dass diese ein besonders verpöntes Fehlverhalten darstellt, bei dem erfahrungsgemäß eine hohe Wiederholungsgefahr gegeben ist und an dessen Verhinderung ein besonders großes öffentliches Interesse besteht (vgl. VwGH, 10.09.2018, Ra 2018/19/0169; 23.02.2016, Ra 2015/01/0249). Auch der EGMR vertritt die Auffassung, dass "angesichts der verheerenden Auswirkungen der Suchtgiftkriminalität die Staaten berechtigt sind, insofern besonders rigoros vorzugehen" (EGMR Salem v Denmark, 01.12.2016, 77036/11).
Insgesamt ergibt sich aus dem Verhalten des Beschwerdeführers, dass er nicht bereit ist, sich den Normen der österreichischen Rechtsordnung unterzuordnen und gibt es auch keinen Hinweis darauf, dass sich sein Verhalten in Zukunft ändern sollte, zumal die Zeit seit seiner Haftentlassung am 28.04.2020 deutlich zu kurz ist, um ihm einen positiven Gesinnungswandel zu attestieren (vgl. etwa VwGH 19.12.2019, Ra 2019/21/0276).
Vielmehr besteht angesichts der Mittellosigkeit des Beschwerdeführers, auf welche er im Verfahren selbst wiederholt hingewiesen hat, die immanente Gefahr, dass er versucht sein könnte, sich die Mittel zu seinem Unterhalt abermals illegal durch einen Rückfall in die Suchtgiftkriminalität zu beschaffen.
Ergänzend ist festzuhalten, dass es der Beschwerdeführer zudem auf verwaltungsstrafrechtlicher Ebene unterlassen hat, binnen drei Tagen ab seiner Unterkunftnahme in Österreich eine verpflichtende Wohnsitzmeldung im Bundesgebiet vorzunehmen (vgl. §§ 2 Abs. 1 iVm 7 Abs. 1 MeldeG), da er behauptete, ab seiner Einreise in das Bundesgebiet am 12.01.2020 bis zu seiner Festnahme am 16.01.2020 in der Wohnung seines Cousins in Wien Unterkunft genommen zu haben.
Das persönliche Verhalten des Beschwerdeführers stellt somit eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr dar, die verschiedene Grundinteressen der Gesellschaft berührt und ist von ihm auch in Zukunft kein verantwortungsbewusstes Verhalten - der österreichischen Rechtsordnung entsprechend - zu erwarten. Der Gefährdungsmaßstab des § 67 Abs. 1 Satz 2 FPG ist damit erfüllt.
Bei der Verhängung eines Aufenthaltsverbotes kann ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden iSd Art. 8 Abs. 1 EMRK vorliegen. Daher muss überprüft werden, ob im vorliegenden Fall ein Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Privat- und/oder Familienlebens des Beschwerdeführers gegeben ist.
Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idgF BGBl. I Nr. 29/2020 lautet wie folgt:
"(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre."
Die gemäß § 9 BFA-VG vorzunehmende Abwägung der persönlichen Interessen des Beschwerdeführers mit den entgegenstehenden öffentlichen Interessen kann nicht zu einer Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes führen.
Gegenständlich verfügt der Beschwerdeführer in Österreich über kein iSd Art. 8 EMRK geschütztes Familienleben (vgl. dazu die Ausführungen unter Punkt A) 2.).
Auch war er zu keinem Zeitpunkt in Österreich - abgesehen von seiner Meldung in einem Polizeianhaltezentrum während seiner Anhaltung in Schubhaft - aufrecht gemeldet oder ging er hier je einer legalen Erwerbstätigkeit nach. Eine sprachliche, berufliche oder soziale Verfestigung des Beschwerdeführers in Österreich ist de facto nicht vorhanden und wird eine solche auch im Beschwerdeschriftsatz nicht aufgezeigt (vgl. etwa VwGH 03.12.2019, Ra 2019/18/0471; 10.04.2019 Ra 2019/18/0049, mwN).
Selbst wenn man einen Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers durch die Erlassung des Aufenthaltsverbotes annehmen möchte, so wäre dieser angesichts seines gravierenden Fehlverhaltens zulässig, ist er doch zur Erlassung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen (Verhinderung von weiteren strafbaren Handlungen durch den Beschwerdeführer) dringend geboten. Das (geringe) private Interesse des Beschwerdeführers an einem Aufenthalt im Bundesgebiet konnte somit im Lichte einer durch Art. 8 EMRK gebotenen Interessensabwägung das öffentliche Interesse nicht überwiegen. Unter den gegebenen Umständen ist die Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 9 BFA-VG als zulässig zu werten (vgl. VwGH 06.12.2019, Ra 2019/18/0437).
Zur Befristung des Aufenthaltsverbotes ist darauf hinzuweisen, dass im vorliegenden Fall ein Aufenthaltsverbot nach Maßgabe von § 67 Abs. 2 FPG höchstens für die Dauer von zehn Jahren verhängt werden kann. Wie die belangte Behörde geht auch das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass unter den Umständen des vorliegenden Falles die Höchstdauer nicht voll auszuschöpfen ist, allerdings besteht auch keine Veranlassung, die von der belangten Behörde festgesetzte Befristungsdauer des Aufenthaltsverbotes in der Dauer von fünf Jahren zu reduzieren.
Im Hinblick auf die Art seines Verhaltens und das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild des Beschwerdeführers ist eine Aufenthaltsverbotsdauer in der Höhe von fünf Jahren - bei einer grundsätzlich möglichen Höchstdauer von zehn Jahren - jedenfalls angemessen, zumal sich der mit dem Aufenthaltsverbot verbundene Eingriff in sein Privatleben in engen Grenzen hält.
Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, sodass sie hinsichtlich Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen war.
3.2. Zur Nicht-Erteilung eines Durchsetzungsaufschubs (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):
Gemäß § 70 Abs. 3 FPG ist EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.
Die belangte Behörde hatte dem Beschwerdeführer keinen Durchsetzungsaufschub gewährt und dies damit begründet, dass der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle. Angesichts der Gravität sowie der Umstände seines strafgesetzwidrigen Fehlverhaltens (vgl. dazu die Ausführungen unter Punkt A) 3.1.) muss der belangten Behörde im Ergebnis auch darin gefolgt werden, dass seine sofortige Ausreise im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich ist. Ein Aufschub könnte zu einer Gefährdung der Gesundheit anderer Personen führen.
Insofern war die Beschwerde auch hinsichtlich Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen.
3.3. Zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides):
Gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG kann bei EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.
Wie bereits in den Ausführungen unter Punkt A) 3.1. hinsichtlich der Gefährlichkeit des Beschwerdeführers und der negativen Zukunftsprognose im Hinblick auf seine Person dargelegt wurde, kann der belangten Behörde auch nicht entgegengetreten werden, wenn diese die Effektuierung des ausgesprochenen Aufenthaltsverbotes als im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit für erforderlich erachtet.
Anhaltspunkte, welche eine Beeinträchtigung der dem Beschwerdeführer durch Art. 2 oder 3 EMKR zugesicherten Rechte nahelegen würden, konnten weder von Amts wegen festgestellt werden, noch wurde dies vom Beschwerdeführer behauptet. Eine Verletzung von Art. 8 EMRK ist zudem schon aufgrund der gänzlichen Abweisung der Beschwerde nicht erkennbar.
Sohin lässt sich verfahrensgegenständlich ein Grund für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht feststellen und ist im Ergebnis die Beschwerde auch hinsichtlich Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen.
4. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.
Eine mündliche Verhandlung kann unterbleiben, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungsrelevante Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Ferner muss die Verwaltungsbehörde die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt (VwGH 28.05.2014, 2014/20/0017). Eine mündliche Verhandlung ist bei konkretem sachverhaltsbezogenem Vorbringen des Revisionswerbers vor dem VwG durchzuführen (VwGH 30.06.2015, Ra 2015/06/0050, mwN). Eine mündliche Verhandlung ist ebenfalls durchzuführen zur mündlichen Erörterung von nach der Aktenlage strittigen Rechtsfragen zwischen den Parteien und dem Gericht (VwGH 30.09.2015, Ra 2015/06/0007, mwN) sowie auch vor einer ergänzenden Beweiswürdigung durch das VwG (VwGH 16.02.2017, Ra 2016/05/0038). § 21 Abs. 7 BFA-VG 2014 erlaubt andererseits das Unterbleiben einer Verhandlung, wenn - wie im vorliegenden Fall - deren Durchführung in der Beschwerde ausdrücklich beantragt wurde, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint (VwGH 23.11.2016, Ra 2016/04/0085; 22.01.2015, Ra 2014/21/0052 ua). Diese Regelung steht im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC (VwGH 25.02.2016, Ra 2016/21/0022).
Die vorgenannten Kriterien treffen in diesem Fall zu. Der Sachverhalt ist durch die belangte Behörde vollständig erhoben und weist die gebotene Aktualität auf. Der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde hat sich das Bundesverwaltungsgericht zur Gänze angeschlossen. Das Beschwerdevorbringen erwies sich als unsubstantiiert. Es lagen keine strittigen Sachverhalts- oder Rechtsfragen vor und es waren auch keine Beweise aufzunehmen.
Bei der Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen kommt der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks im Rahmen einer mündlichen Verhandlung besondere Bedeutung zu, und zwar sowohl in Bezug auf die (allenfalls erforderliche) Gefährdungsprognose als auch in Bezug auf die für die Abwägung nach Art. 8 EMRK (sonst) relevanten Umstände. In eindeutigen Fällen, in denen bei Berücksichtigung aller zugunsten des Fremden sprechenden Fakten auch dann für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das Verwaltungsgericht von ihm einen (positiven) persönlichen Eindruck verschafft, kann allerdings eine Verhandlung unterbleiben (vgl. VwGH 24.10.2019, Ra 2019/21/0275, mwN).
Von einem derartigen eindeutigen Fall musste in Bezug auf die Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG angesichts der kurzen Aufenthaltsdauer, des Fehlens intensiver familiärer Bindungen und der nicht vorhandenen beruflichen Integration ausgegangen werden (vgl. VwGH, 04.03.2020, Ra 2019/21/0192 oder auch VwGH, 24.10.2019, Ra 2019/21/0242).
Das Gleiche gilt auch im Hinblick auf die zur Verhängung des 5jährigen Einreiseverbots führende Gefährdungsprognose. Die wesentlichen Feststellungen, insbesondere zu den vom Beschwerdeführer begangenen Straftaten, sind nämlich unbestritten geblieben. Vor diesem Hintergrund hätte auch die (in der Regel freilich gebotene) Verschaffung eines persönlichen Eindrucks nicht zu einem anderen führen können. Das Bundesverwaltungsgericht durfte daher davon ausgehen, dass der entscheidungswesentliche Sachverhalt im Sinn des § 21 Abs. 7 BFA-VG geklärt war.
Daher konnte aufgrund der Aktenlage entschieden werden.
Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Schlagworte
Aufenthaltsverbot aufschiebende Wirkung - Entfall Durchsetzungsaufschub Gefährdung der Sicherheit Gefährdungsprognose Haft Haftstrafe Interessenabwägung Mittellosigkeit öffentliche Interessen öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit Privat- und Familienleben private Interessen Straffälligkeit Strafhaft strafrechtliche Verurteilung Straftat Suchtgifthandel Suchtmitteldelikt VerbrechenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:I403.2231180.1.00Im RIS seit
03.09.2020Zuletzt aktualisiert am
03.09.2020