TE Vwgh Beschluss 1997/12/17 97/01/0722

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Veröffentlicht am 17.12.1997
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

VwGG §46 Abs1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 97/01/0732

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Neumeister, über den Antrag der Arbene Humaj in Wien, geboren am 3. Jänner 1975, vertreten durch Dr. Johann Fontanesi, Rechtsanwalt in Wien I, Graben 28, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung einer Verwaltungsgerichtshofbeschwerde gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 23. Mai 1996, Zl. 4.349.137/1-III/13/96, betreffend Asylgewährung, sowie in dieser Beschwerdesache, den Beschluß gefaßt:

Spruch

1. Dem Antrag auf Wiedereinsetzung wird n i c h t

stattgegeben.

2. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Nach der Aktenlage und der im gegenständlichen Wiedereinsetzungsantrag sowie in der gleichzeitig (in einem eigenen Schriftsatz) erhobenen Beschwerde enthaltenen Darstellung des Verwaltungsgeschehens wurde der im Instanzenzug ergangene Bescheid der belangten Behörde vom 23. Mai 1996, mit dem der Asylantrag der Beschwerdeführerin, einer Staatsangehörigen der "BR-Jugoslawien", abgewiesen worden war, dem - auf Grund des Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Juni 1996, Zl. VH 96/01/0421 - mit Bescheid des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Wien vom 24. September 1996 zum Verfahrenshelfer für die Beschwerdeführerin bestellten nunmehrigen Beschwerdevertreter am 23. Oktober 1996 zugestellt. Die gegen diesen Bescheid erhobene, erst am 5. Dezember 1996 zur Post gegebene Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wurde mit hg. Beschluß vom 11. Juni 1997, Zl. 96/01/1143, wegen Versäumung der Einbringungsfrist zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführerin führt zur Begründung ihres Wiedereinsetzungsantrages gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung einer Verwaltungsgerichtshofbeschwerde aus, die Mitarbeiterin ihres Rechtsvertreters Mag. I. D. habe am 3. Dezember 1996 die Beschwerde abgefaßt; der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin habe die Beschwerde unterfertigt, die Beschwerde sei aber an diesem Tag nicht abgefertigt worden. Infolge von Magenkrämpfen und Erbrechen sei Mag. I. D. am

4. und 5. Dezember 1996 zwar nicht in der Kanzlei erschienen, habe aber der Kanzleileiterin A. S. die Anweisung erteilt, das Layout der Beschwerde auf bestimmte Weise zu verändern. Durch eine Telefonstörung am 4. Dezember 1996 sei der Tagesablauf in der Kanzlei stark durcheinander gebracht worden, weshalb die Kanzleileiterin vergessen habe, die Korrekturen in der Beschwerde vorzunehmen und anschließend die Beschwerde abzufertigen. Erst am 5. Dezember 1996 habe die Kanzleileiterin die Korrekturen angebracht und die Beschwerde abgefertigt. A. S. sei eine äußerst pflichtbewußte Mitarbeiterin, die bisher verläßlich und sorgfältig gearbeitet habe und der ein derartiges Versehen bisher noch nicht unterlaufen sei. Da der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin die Beschwerde bereits unterzeichnet gehabt habe und Mag. I. D. erkrankt gewesen sei, sei es nicht möglich gewesen, das Versehen von A. S. rechtzeitig zu bemerken. Die Krankheit von Mag. I. D. und das A. S. unterlaufene Versehen stellten sich somit als unvorhergesehenes bzw. unabwendbares Ereignis dar.

Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei, die durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, daß sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Verschulden des Rechtsvertreters einem Verschulden der Partei selbst gleichzusetzen. Das Versehen einer Kanzleiangestellten ist für einen Rechtsanwalt (und damit für die von ihm vertretene Partei) nur dann ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis, das ohne sein Verschulden die Einhaltung der Frist verhindert, wenn der Rechtsanwalt der ihm zumutbaren und nach der Sachlage gebotenen Überwachungspflicht gegenüber der Kanzleiangestellten nachgekommen ist (vgl. z.B. den Beschluß eines verstärkten Senates vom 19. Jänner 1977, Slg. 9226/A). In der im Wiedereinsetzungsantrag dargestellten Situation wäre es angesichts der Erkrankung der Mag. I. D. und der ins Treffen geführten Telefonstörung Aufgabe des Rechtsvertreters der Beschwerdeführerin gewesen, mit besonderer Sorgfalt zu überprüfen, ob insbesondere die Fristen, deren Einhaltung Mag. I. D. infolge ihrer Erkrankung nicht überwachen konnte, seitens der Kanzleileiterin gewahrt wurden. Hingegen enthält der Wiedereinsetzungsantrag keinen Hinweis darauf, daß die Kanzleileiterin überhaupt angewiesen worden wäre, die Beschwerde noch am 4. Dezember 1996 zur Post zu geben. Vielmehr deutet der Umstand, daß die Beschwerde mit 5. Dezember 1996 datiert ist, darauf hin, daß diese erst mit diesem, nach Ablauf der Beschwerdefrist gelegenen Datum unterfertigt wurde bzw. daß seitens des Rechtsanwaltes eine Einbringung der Beschwerde vor diesem Termin nicht beabsichtigt war, sodaß die Postaufgabe erst mit diesem Datum auch nicht von vornherein als ein Versehen der Kanzleileiterin angesehen werden kann. Die Unkenntnis bzw. Nichtbeachtung einer gesetzlichen Frist des VwGG stellt aber bei einem Rechtsanwalt keinen bloß minderen Grad des Versehens dar (vgl. die in Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S. 663 angeführte Judikatur).

Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand konnte somit gemäß § 46 VwGG nicht stattgegeben werden.

Dies hat weiters zur Folge, daß die nachgeholte Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Versäumung der Einbringungsfrist zurückzuweisen war.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1997010722.X00

Im RIS seit

03.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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