TE Bvwg Erkenntnis 2020/6/30 L511 2128522-1

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Veröffentlicht am 30.06.2020
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Entscheidungsdatum

30.06.2020

Norm

ASVG §4 Abs1 Z1
ASVG §4 Abs2
ASVG §410
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

L511 2128522-1/8E

Im namen der Republik!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a JICHA als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX , vertreten durch FERNER HORNUNG & PARTNER Rechtsanwälte GmbH, gegen den Bescheid der Salzburger Gebietskrankenkasse vom 06.04.2016, GZ XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und der bekämpfte Bescheid der Salzburger Gebietskrankenkasse vom 06.04.2016, GZ XXXX , gemäß § 28 Abs. 2 und Abs. 5 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Verfahrensinhalt

1. Vorangegangenes Verfahren vor der Gebietskrankenkasse [SGKK]

1.1. Um Wiederholungen zu vermeiden, wird einleitend auf das dem gegenständlichen Verfahren vorangegangene Versicherungspflichtverfahren hg. GZ L511 2128520-1 verwiesen.

1.2. In Folge einer abgeschlossenen GPLA stellte die SGKK mit Versicherungspflichtbescheid [VPflB] vom 06.04.2016, Zahl: XXXX , fest, dass XXXX [MH] hinsichtlich der für die XXXX [L] in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit ausgeübten entgeltlichen Tätigkeit im Zeitraum vom 19.04.2011 bis 19.12.2011 der Pflicht(voll)versicherung in der Kranken-, Unfall-, Pensions- und Arbeitslosenversicherung gemäß § 4 Abs. 1 und 2 ASVG und § 1 Abs. 1 lit.a AlVG unterlag (ii 75-92).

1.3. Mit verfahrensgegenständlichem Beitragsnachverrechnungsbescheid vom 06.04.2016, GZ XXXX , verpflichtete die SGKK in Spruchpunkt 1. die beschwerdeführende Partei als Dienstgeberin iSd § 35 Abs. 1 ASVG die mit Beitragsabrechnung vom 21.10.2015 für den Prüfzeitraum 01.01.2010 bis 31.12.2012 nachverrechnete Sozialversicherungsbeiträge iHv EUR 13.572,82 an die SGKK zu entrichten. Mit Spruchpunkt 2. Wurde die L verpflichtet Verzugszinsen gemäß § 59 Abs. 1 ASVG für den Prüfzeitraum 01.01.2010 bis 31.12.2012 iHv EUR 4.016,71 zu entrichten (ii 68-74).

1.4. Mit Schreiben vom 28.04.2016 erhob die beschwerdeführende Partei fristgerecht gegen beide am 07.04.2016 zugestellten Bescheide Beschwerde [Bsw] (ii 1-67).

2. Die belangte Behörde legte am 22.06.2016 dem Bundesverwaltungsgericht [BVwG] die Beschwerde samt Auszügen aus dem Verwaltungsakt in elektronischer (nicht durchnummerierter) Form vor (Ordnungszahl des hg Gerichtsaktes [im Folgenden:] OZ 1 [PDF-Seiten 1-162]).

3. Das Bundesverwaltungsgericht entschied mit Erkenntnis vom heutigen Tag, GZ L511 2128520-1/23E, über die Versicherungspflicht von MH.

II. ad A) Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. entscheidungswesentliche Feststellungen

1.1. Die verfahrensgegenständliche Beitragsnachverrechnung basiert auf der mit Versicherungspflichtbescheid vom 06.04.2016, Zahl XXXX , (hg. GZ L511 2128520), erfolgten nachträglichen Einbeziehung von MH in die Pflichtversicherung für den Zeitraum von 19.04.2011 bis 19.12.2011.

1.2. Das BVwG hat mit Entscheidung vom heutigen Tag, GZ L511 2128520-1/23E, der Beschwerde gegen den zu Grunde liegenden Versicherungspflichtbescheid, Zahl XXXX , stattgegeben und festgestellt, dass MH im Zeitraum von 19.04.2011 bis 19.12.2011 auf Grund der für die beschwerdeführende Partei ausgeübten Tätigkeiten NICHT der Vollversicherungspflicht gemäß § 4 Abs. 1 und Abs. 4 ASVG sowie der Arbeitslosenversicherungspflicht § 1 Abs. 1 lit. a AlVG unterlag. Zur näheren Begründung wird auf die im RIS abrufbare Entscheidung GZ L511 2128520-1 verwiesen.

2. Beweisaufnahme und Beweiswürdigung

2.1. Die Beweisaufnahme erfolgte durch Einsicht in die im Folgenden gelisteten von den Verfahrensparteien vorgelegten oder vom BVwG erhobenen Dokumenten und Unterlagen. Zur Entscheidungsfindung wurden vom BVwG folgende Unterlagen herangezogen:

* Verfahrensakt L511 2128520-1

2.2. Die Feststellungen ergeben sich unmittelbar ohne weitere Interpretation aus den vorliegenden Verwaltungsverfahrensakten.

3. Entfall der mündlichen Verhandlung

3.1. Der Anspruch einer Partei auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist kein absoluter (§ 24 VwGVG unter Hinweis auf Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, [EMRK] noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 [GRC]). Nach der Rechtsprechung des EGMR und ihm folgend des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt unumstritten und nur eine Rechtsfrage zu entscheiden ist oder wenn die Sache keine besondere Komplexität aufweist (vgl. dazu für viele EGMR 12.11.2002, Döry / S, Rn37; VfGH 20.02.2015, B1534; sowie jüngst VwGH 18.12.2018, Ra 2018/03/0132, jeweils mwN).

3.2. Im gegenständlichen Fall ergab sich klar aus der Aktenlage, dass von einer mündlichen Erörterung keine weitere Klärung der Rechtssache zu erwarten war. Der sich aus dem Akteninhalt ergebende Sachverhalt ist in den entscheidungswesentlichen Punkten weder ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig.

4. Rechtliche Beurteilung

4.1.1. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch Einzelrichterin ergeben sich aus § 6 Bundesgesetz über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes [BVwGG] iVm § 414 Abs. 1 und Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz [ASVG]. Das Verfahren des Bundesverwaltungsgerichts ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) geregelt. Verfahrensgegenständlich sind demnach neben dem VwGVG auch die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, sowie jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen sinngemäß anzuwenden, die die SGKK im erstinstanzlichen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte (§ 17 VwGVG).

4.1.2. Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig.

4.2. Zur Behebung des Bescheides

4.2.1. Da das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde gegen den diesem Verfahren zu Grunde liegenden Versicherungspflichtbescheid vom 06.04.2016, Zahl XXXX , stattgegeben hat, und eine Versicherungspflicht von MH verneint hat, kann auch der darauf basierende Bescheid über die Nachverrechnung von den sich aus dem Versicherungspflichtbescheid ergebenden Beiträgen keinen Bestand haben (vgl. VwGH 29.01.2014, Ro2014/08/0004; 11.07.2012, 2010/08/0124; 27.07.2001, 98/08/0263 jeweils mwN).

4.2.2. Um Wiederholungen zu vermeiden, wird zur detaillierten Begründung, welche auch für das gegenständliche Verfahren gilt, auf die im RIS abrufbare Entscheidung GZ L511 2128520-1 verwiesen.

4.2.3. Da somit die Grundlage für die Nachverrechnung nicht gegeben ist, ist der Beschwerde stattzugeben und der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 5 VwGVG ersatzlos zu beheben.

III. ad B) Unzulässigkeit der Revision

Die sich aus dem festgestellten Sachverhalt ergebende rechtliche Subsumtion stützt sich auf die umfangreiche jeweils zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die Versicherungspflicht eine Vorfrage zur Beitragsnachzahlung darstellt VwGH 29.01.2014, Ro2014/08/0004; 11.07.2012, 2010/08/0124; 27.07.2001, 98/08/0263.

Der Entfall der mündlichen Verhandlung steht weder mit der Judikatur der Höchstgerichte noch mit der Judikatur des EGMR in Widerspruch, siehe dazu insbesondere VwGH 26.01.2017, Ra2016/07/0061 mwN, und es ergeben sich auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage, so dass insgesamt die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht vorliegen.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung Beitragsnachverrechnung Versicherungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:L511.2128522.1.00

Im RIS seit

03.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

03.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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