Index
10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AsylG 1991 §1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Neumeister, über die Beschwerde des Fatos Zhugolli in Ebreichsdorf, geboren am 10. Mai 1977, vertreten durch Dr. Silvia Franek, Rechtsanwalt in Baden, Am Fischertor 5/1, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 19. Juni 1997, Zl. 4.347.302/2-III/13/97, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der "Jugosl. Föderation", der am 4. Februar 1997 in das Bundesgebiet eingereist ist, beantragte am 5. Februar 1997 die Gewährung von Asyl.
Die Behörde erster Instanz wies den Antrag ab. Sie begründete ihre Entscheidung damit, daß die Angaben des Beschwerdeführers anläßlich seiner niederschriftlichen Einvernahme vom 5. Februar 1997 nicht glaubwürdig (wenngleich die Behörde erster Instanz hiebei des öfteren den Ausdruck "glaubhaft" verwendet, ist aus ihren Ausführungen in eindeutiger Weise zu erkennen, daß sie dem Beschwerdeführer die Glaubwürdigkeit abgesprochen hat) seien. Die Behörde erster Instanz listete im einzelnen ausführlich wiedergegebene Widersprüche des Beschwerdeführers sowohl innerhalb der niederschriftlichen Angaben vom 5. Februar 1997 auf, als auch Widersprüche zu seinen eigenen Angaben anläßlich des ersten Asylantrages des Beschwerdeführers im Jahr 1995 und Widersprüche zu den Angaben des jüngeren Bruders Arsim in dessen nunmehrigem Asylverfahren (vgl. die im Bescheid des Bundesasylamtes vom 2. April 1997, angeführten Widersprüche in den Punkten 1 bis 12 auf den Seiten 9 bis 14). Aufgrund der Unglaubwürdigkeit sei auf die weiteren Teile des Vorbringens nicht mehr einzugehen. Der Beschwerdeführer sei nicht Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention, weshalb ihm Asyl zu versagen sei. Darüber hinaus führte die Behörde erster Instanz auch den Ausschließungsgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 an, weil der Beschwerdeführer während seines Aufenthaltes in Ungarn Sicherheit vor Verfolgung erlangt habe.
In der dagegen erhobenen Berufung wendete der Beschwerdeführer zu den aufgezeigten Widersprüchen zwischen seinen Aussagen und denen seines Bruders ein, daß sein Bruder erst 16 Jahre alt sei und es aufgrund seiner bisherigen Erfahrung anläßlich behördlicher Maßnahmen (er sei in der Heimat von der Polizei bereits so mißhandelt worden, daß die Spuren der Schläge durch die serbische Polizei noch heute sichtbar seien) verständlich sei, daß er aus Angst unkonzentriert und eingeschüchtert gewesen sei und widersprüchliche Angaben gemacht habe. Gegen die ihm vorgehaltenen Widersprüche in seinen eigenen Angaben wendete der Beschwerdeführer ein, daß er sich durch seinen "häufigen Aufenthaltswechsel unmöglich in allen Einzelheiten merken konnte, wann ich wo und wie lange aufhältig gewesen bin" und es "wohl auch kaum verwunderlich" sei, daß er "bei der Befragung durch das Bundesasylamt Daten verwechselte". Weiters habe auch "die sprunghafte Befragung durch die Beamten Bundesasylamtes dazu" geführt, daß er "einzelne Ereignisse nicht mehr korrekt datieren konnte".
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers ab. Sie erhob die richtige und vollständige Widergabe der anläßlich der niederschriftlichen Vernehmung des Beschwerdeführers getätigten Aussagen im Bescheid des Bundesasylamtes zum Inhalt des angefochtenen Bescheides. Daran anschließend gab die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers wortgetreu wieder. Nach allgemeinen rechtlichen Ausführungen begründete die belangte Behörde weiter, daß keiner der Gründe des § 20 Abs. 2 Asylgesetz 1991 für die Anordnung einer Ergänzung bzw. Wiederholung des Ermittlungsverfahrens vorlägen, weshalb gemäß § 20 Abs. 1 das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens erster Instanz zugrundezulegen sei. Der Behörde erster Instanz könne nicht entgegengetreten werden, daß dem Beschwerdeführer Glaubwürdigkeit nicht zukomme und er überdies bereits in einem Drittstaat vor Verfolgung sicher gewesen sei. Die belangte Behörde schloß sich den Ausführungen des Bundesasylamtes vollinhaltlich an, erhob diese zum Inhalt des gegenständlichen Bescheides und wies eigenständig auf den Widerspruch zwischen den Angaben des Beschwerdeführers im nunmehrigen Asylverfahren (Verdacht des Waffenhandels) zu seinen Angaben anläßlich seines ersten Asylantrages (eigentlicher Fluchtgrund sei eine Aufforderung zur Stellungskommission gewesen) hin (im übrigen ist dieser Punkt im erstinstanzlichen Bescheid als Widerspruch Nr. 1 enthalten).
Die belangte Behörde kam zum Schluß, es sei nicht glaubhaft, daß der Beschwerdeführer Flüchtling im Sinne des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 sei. Zudem sei er vor seiner Einreise in Österreich in sogenannten sicheren Drittstaaten aufhältig gewesen, sodaß § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 zur Anwendung komme. Es könne dem Beschwerdeführer kein Asyl gewährt werden.
In der dagegen erhobenen Beschwerde findet sich ein umfangreiches Vorbringen betreffend die neuerliche Sachverhaltsdarstellung zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers, zur allgemeinen Situation im Kosovo und daraus abgeleiteten rechtlichen Schlüssen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die belangte Behörde war dazu berechtigt, der Abweisung der Berufung des Beschwerdeführers und damit der Versagung von Asyl die im erstinstanzlichen Bescheid enthaltenen Erwägungen zu übernehmen, ohne diese wiederholen zu müssen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 4. Oktober 1995, Zl. 95/01/0045).
Sollten die Ausführungen des Beschwerdeführers in der Berufung, die "sprunghafte Befragung durch die Beamten Bundesasylamtes" habe dazu geführt, daß er einzelne Ereignisse nicht mehr korrekt habe datieren können, als Behauptung eines anläßlich der Aufnahme der Niederschrift unterlaufenen Verfahrensmangels gemeint sein, so ist dem Beschwerdeführer zu entgegnen, daß sich aus der Niederschrift vom 5. Februar 1997 keine Sprunghaftigkeit entnehmen läßt, sondern dem Beschwerdeführer nach zunächst ermöglichter selbständiger Darstellung seiner nunmehrigen Fluchtgründe Zusatzfragen - insbesondere auch zu den Gründen des erstmaligen Verlassens der Heimat - gestellt wurden und letztlich aufgetretene Widersprüche konkret vorgehalten wurden. Aus dieser Vorgangsweise ist weder ein Verfahrensmangel zu erkennen noch eine Erklärung dafür, warum dem Beschwerdeführer in wesentlichen Punkten (z.B. unterschiedliche Darstellung der Fluchtgründe beim erstmaligen Verlassen der Heimat, Aufenthaltsort nach seiner Rückkehr zwischen März und Oktober 1996, Beginn und Ursache der nunmehrigen "Flucht") Widersprüche unterlaufen sind. Auch sein "häufiger Aufenthaltswechsel" kann die in wesentlichen Punkten unterschiedliche Darstellung nicht erklären.
Selbst wenn man dem Vorbringen des Beschwerdeführers folgen wollte, daß die Widersprüche zu den Angaben seines Bruders nicht zur Bewertung seiner eigenen Glaubwürdigkeit herangezogen werden könnten, ist für den Beschwerdeführer nichts gewonnen, da bereits aufgrund der unterschiedlichen Darstellungen in den verschiedenen eigenen Angaben des Beschwerdeführers der Beweiswürdigung der belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegengetreten werden kann.
Die Beweiswürdigung der belangten Behörde ist ein Denkprozeß, der nur insofern einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof zugänglich ist, als es sich um die Schlüssigkeit dieses Denkvorganges handelt bzw. darum, ob der Sachverhalt, der in diesem Denkvorgang gewürdigt wurde, in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden ist. Die Schlüssigkeit der Erwägungen innerhalb der Beweiswürdigung unterliegt daher der Kontrollbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes, nicht aber deren konkrete Richtigkeit (vgl. dazu die in Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Seite 549 ff, abgedruckte hg. Rechtsprechung). Da der belangten Behörde dahingehend zu folgen ist, daß ein Mangel des erstinstanzlichen Verfahrens anläßlich der Aufnahme der Niederschrift vom 5. Februar 1997 nicht vorliegt (und auch kein sonstiger Verfahrensmangel hervorgekommen ist), durfte die belangte Behörde die Ergebnisse des erstinstanzlichen Ermittlungsverfahrens ihrer Entscheidung zugrundelegen. Abgesehen davon, daß der Beschwerdeführer in der Beschwerde keine Ausführungen gegen die Schlüssigkeit der von der Behörde erster Instanz detailliert dargelegten und von der belangten Behörde übernommenen Erwägungen zur Beweiswürdigung erstattet, zeigte die belangte Behörde zu Recht in den Angaben des Beschwerdeführers aufscheinende Widersprüche in wesentlichen Punkten auf. Damit ist kein Grund zu erkennen, der Beurteilung der Angaben des Beschwerdeführers als unglaubwürdig nicht zu folgen.
Ist aber das Vorbringen des Beschwerdeführers unglaubwürdig, so ist jedweder rechtlichen Beurteilung der Boden entzogen. Die belangte Behörde hat daher zu Recht ausgeführt, daß die Gewährung von Asyl nicht statthaft sei, woran die allgemeine Situation im Heimatland nichts zu ändern vermöge.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Damit erübrigt sich eine Befassung mit der darüber hinausgehenden Begründung des angefochtenen Bescheides (Sicherheit des Beschwerdeführers vor Verfolgung in Ungarn) sowie mit dem hiegegen erstatteten Beschwerdevorbringen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Sachverhalt BeweiswürdigungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1997010734.X00Im RIS seit
20.11.2000