TE OGH 2020/7/15 5Ob81/20b

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Veröffentlicht am 15.07.2020
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann, die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei J*****, vertreten durch Mag. Wolfgang Dlaska, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagten Parteien 1. Mag. B*****, und 2. A***** GmbH, *****, beide vertreten durch Mag. Manfred Pollitsch, Mag. Hannes Pichler, Rechtsanwälte in Graz, wegen Räumung, infolge der außerordentlichen Revision der beklagten Parteien gegen das Teilurteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 12. Februar 2020, GZ 5 R 207/19a-14, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Graz-West vom 4. Oktober 2019, GZ 7 C 66/19x-10, teilweise bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Akten werden dem Berufungsgericht mit dem Auftrag zurückgestellt, die angefochtene Entscheidung durch einen Ausspruch gemäß § 500 Abs 2 Z 1 ZPO zu ergänzen.

Text

Begründung:

Der Kläger begehrte von den Beklagten die Räumung einer in seinem Eigentum stehenden Liegenschaft, auf der sich neben einer Wohnung auch Büroräumlichkeiten und eine Werkstatt befinden, mit der Begründung, die Beklagten benutzten diese titellos und weigerten sich, sie geräumt von ihren Fahrnissen zu übergeben. Die Beklagten erhoben einen Zwischenantrag auf Feststellung, dass die Erstbeklagte „außerbücherliche Eigentümerin aufgrund des Vorvertrags vom 4. 8. 2011“, in eventu, dass die Zweitbeklagte Hauptmieterin des gegenständlichen Objekts sei.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten teilweise Folge und änderte das die Zwischenanträge auf Feststellung abweisende und der Klage stattgebende Ersturteil dahin ab, dass es die Stattgebung des Räumungsbegehrens hinsichtlich der Zweitbeklagten bestätigte. Gegenüber der Erstbeklagten hob es die Räumungsverpflichtung auf und verwies die Rechtssache insoweit an das Erstgericht zurück. Die Abweisung der Zwischenfeststellungsanträge erachtete es als unbekämpft in Rechtskraft erwachsen. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei, traf aber keinen Bewertungsausspruch nach § 500 Abs 2 Z 1 ZPO. Den Rekurs gegen den aufhebenden Teil seiner Entscheidung hat es nicht zugelassen.

Rechtliche Beurteilung

Die Vorlage der außerordentlichen Revision der Beklagten ist verfrüht:

1. Die Revision ist jedenfalls unzulässig, wenn der Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden hat (

Entscheidungsgegenstand) an Geld oder Geldeswert insgesamt 5.000 EUR nicht übersteigt (§ 502 Abs 2 ZPO), oder – außer im Fall des § 508 Abs 3 ZPO – wenn der

Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert zwar 5.000 EUR, aber nicht 30.000 EUR übersteigt und das Berufungsgericht die ordentliche Revision – wie hier – für nicht zulässig erklärt hat (§ 502 Abs 3 ZPO).

2. Diese Bestimmungen gelten jedoch nicht für Streitigkeiten, die unter § 49 Abs 2 Z 5 JN fallen, wenn dabei über eine Kündigung, über eine Räumung oder über das Bestehen oder Nichtbestehen des Vertrags entschieden wird (§ 502 Abs 5 Z 2 ZPO). Die Ausnahme von der wertgrenzenmäßigen Beschränkung der Revisionszulässigkeit ist im Räumungsstreit aber nur dann anwendbar, wenn über ein Bestandverhältnis und seine wirksame Beendigung zu entscheiden ist (RIS-Justiz RS0043261), wenn also die Klage aus der Beendigung eines Bestandverhältnisses resultiert und dieses Verhältnis auch bereits in der Klage behauptet wurde (RS0122891). Dagegen gehören Klagen auf Räumung, wenn sie die Benützung des Objekts ohne Rechtsgrund geltend machen, nicht zu den Streitigkeiten iSd § 49 Abs 2 Z 5 JN (RS0046865).

3. Für die Frage, ob der in § 502 Abs 5 Z 2 ZPO angeführte Ausnahmefall einer streitwertunabhängigen Revisionszulässigkeit vorliegt, ist von den Behauptungen der klagenden Partei auszugehen (RS0043003). Der Kläger stützte sein Räumungsbegehren hier eindeutig auf eine rechtsgrundlose Benützung der Liegenschaft durch die Beklagten, sodass der

Entscheidungsgegenstand des Berufungsgerichts gemäß § 500 Abs 2 Z 1 ZPO zu bewerten ist. Erst nach Vornahme der aufgetragenen Bewertung kann beurteilt werden, ob die Revision des Klägers in den Kognitionsbereich des Obersten Gerichtshofs fällt.

4. Der Grundsatz, dass die Streitwerte der Klage und eines – hier von den Beklagten – gestellten Zwischenantrags auf Feststellung zusammenzurechnen sind (RS0039661), kommt nicht zum Tragen, wenn Haupt- und/oder Eventualantrag auf Feststellung nicht mehr Gegenstand des Berufungsverfahrens waren. Sollte der Wert des Entscheidungsgegenstands im Hinblick darauf zwar 5.000 EUR, aber nicht 30.000 EUR übersteigen, wird
– gegebenenfalls nach Durchführung eines Verbesserungsverfahrens – zu prüfen sein, ob die im Schriftsatz der klagenden Partei enthaltenen Ausführungen den Erfordernissen des § 508 Abs 1 ZPO entsprechen (vgl etwa 2 Ob 105/14a mwN).

Textnummer

E128984

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2020:0050OB00081.20B.0715.000

Im RIS seit

03.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

03.09.2020
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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