Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 20. August 2020 durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger als Vorsitzende sowie die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter im Verfahren zur Unterbringung des Nico K***** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Betroffenen gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Geschworenengericht vom 15. Mai 2020, GZ 12 Hv 10/20t-52, nach Anhörung der Generalprokuratur nichtöffentlich (§ 62 Abs 1 zweiter Satz OGH-Geo 2019) den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde Nico K***** in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen, weil er am 14. November 2019 in L***** unter dem Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustands (§ 11 StGB), der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad, nämlich einer paranoiden Schizophrenie F20.0 (bei polytoxikomanischer Abhängigkeit F19.2), beruht, Barkhad D***** durch mehrfaches, zumindest dreimaliges Zustechen in den Rücken mit einem dolchartigen Combat-Messer mit einer Klingenlänge von ca 21 cm zu töten versuchte, sohin eine Tat begangen hat, die als Verbrechen des Mordes nach §§ 15, 75 StGB mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedroht ist.
Die Geschworenen bejahten die anklagekonform gestellte Hauptfrage nach versuchtem Mord ebenso wie die in Richtung Zurechnungsunfähigkeit (§ 11 StGB) gestellte Zusatzfrage. Weitere Fragen wurden nicht gestellt.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die auf § 345 Abs 1 Z 6 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Betroffenen.
Unter Hinweis auf Ausführungen der Sachverständigen, wonach sich der Betroffene mit allgemeinen, immer drängenden und über Dauer vorhandenen unspezifischen Bedrohungsgefühlen konfrontiert gesehen und sich von „praktisch allen bedroht und verfolgt“ gefühlt habe sowie deren weiteren Depositionen, dass das subjektive Empfinden von Betroffenen, jemand anderer wolle ihnen etwas antun, Zentrum des Verfolgungswahns sei, kritisiert die Fragenrüge das Unterbleiben einer Zusatzfrage nach Putativnotwehrexzess.
Sie legt jedoch nicht dar, inwiefern ein auf den Einfluss des die Zurechnungsfähigkeit des Betroffenen ausschließenden Zustands (§ 11 StGB) zurückzuführender Irrtum, der zur Einbildung einer Notwehrsituation führt (vgl US 4, 6; ON 41 S 14 ff [27]), bei der Beurteilung der Anlasstat nach § 21 Abs 1 StGB beachtlich wäre (vgl Murschetz, WK-StPO § 432 Rz 3; Ratz in WK2 StGB § 21 Rz 18; RIS-Justiz RS0089282, RS0089263).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits nach nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 344, 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§§ 344, 285i StPO).
Textnummer
E128949European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2020:0110OS00076.20S.0820.000Im RIS seit
31.08.2020Zuletzt aktualisiert am
08.03.2021