TE Lvwg Erkenntnis 2020/4/21 VGW-111/055/15552/2019, VGW-111/055/3450/2020

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.04.2020
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Entscheidungsdatum

21.04.2020

Index

L82009 Bauordnung Wien
40/01 Verwaltungsverfahren
40/02 Sonstiges Verwaltungsverfahren

Norm

BauO Wr §69
BauO Wr §133
BauO Wr §134 Abs3
BauO Wr §134a Abs1 litb
AVG §18 Abs3
AVG §18 Abs4
E-GovG §19

Text

Das Verwaltungsgericht Wien fasst durch seinen Richter Dr. Forster über die Beschwerde der Frau Mag. A. B. vom 4. November 2019 1. gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, Baupolizei – …, vom 30. September 2019, Zl. MA37/2-2019-1, mit welchem gemäß § 70 BO aufgrund des Bescheides des Bauausschusses der Bezirksvertretung … vom 4. September 2019, Zl. BV-1/19, die baubehördliche Bewilligung für das am 18. März 2019 eingebrachte Ansuchen für die Errichtung eines Zubaues und die bauliche Änderung eines Wohnhauses in Wien, C.-gasse 4, EZ 5, KG D., erteilt wurde, und 2. gegen den Bescheid des Bauausschusses der Bezirksvertretung … vom 4. September 2019, Zl. BV-1/19, mit welchem gemäß § 69 BO eine Abweichung vom Bebauungsplan („Überschreitung der zulässigen Gebäudehöhe im 1. Dachgeschoss des Straßentraktes hofseitig“) bewilligt wurde, den folgenden

BESCHLUSS

I. Gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 31 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde gegen den Bescheid der Bezirksvertretung …, Bauausschuss, vom 4. September 2019, Zl. BV-1/19, zurückgewiesen.

II. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 B-VG unzulässig.

und erkennt

IM NAMEN DER REPUBLIK

zu Recht:

I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, vom 30. September 2019, Zl. MA37/2-2019-1, Folge gegeben und der Bescheid behoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. Verfahrensgang

1. Mit Eingabe vom 18. März 2019, beim Magistrat der Stadt Wien eingelangt am 28. März 2019, ersuchte die mitbeteilige Partei E. GmbH, F.-gasse, Wien (in der Folge: Bauwerberin) um Erteilung der baubehördlichen Bewilligung gemäß § 70 BO für die Errichtung eines Zubaues und die bauliche Änderung eines Wohnhauses auf der im Alleineigentum des G. H. stehenden Liegenschaft Wien, C.-gasse 4, EZ 5, KG D.. Unter einem ist dabei eine „Ausnahme § 68“ beantragt.

2. Der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, ersuchte daraufhin die Magistratsabteilung 19 um Begutachtung im Sinne des § 85 f. BO und um Bekanntgabe, ob für die beabsichtigte Ausnahme gemäß § 69 BO die Voraussetzung des § 69 Abs. 1 Z 3 BO (beabsichtigtes örtliches Stadtbild) gegeben sei; außerdem ersuchte der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, die Magistratsabteilung 21 A um Stellungnahme hinsichtlich § 69 BO – dahingehend, ob die Voraussetzungen für die beabsichtigte Ausnahme gemäß § 69 BO gegeben seien sowie insbesondere, ob die Voraussetzungen des § 69 Abs. 1 BO (Zielrichtung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes) und des § 69 Abs. 1 Z 4 BO (beabsichtigte Flächennutzung sowie Aufschließung) vorlägen. Sowohl die Magistratsabteilung 19 (Stellungnahme vom 26. April 2019) als auch die Magistratsabteilung 21 A (Stellungnahme vom 14. Mai 2019) erachteten im Hinblick auf das beantragte Bauvorhaben die genannten Voraussetzungen als erfüllt.

3. Der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, führte daraufhin am 27. Juni 2019 eine mündliche Verhandlung zum Bauvorhaben durch. Die bei dieser Verhandlung nicht anwesende Beschwerdeführerin gab mit Schreiben vom 8. Juli 2019 bekannt, dass ihr der Anschlag über die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung, obgleich sei den Anschlägen am Schwarzen Brett in ihrem Haus täglich ihre Aufmerksamkeit schenke, zum ersten Mal am 26. Juni 2019 aufgefallen sei. Da die Beschwerdeführerin zu diesem Zeitpunkt ihre Lesebrille nicht bei sich gehabt habe, habe sie sich vorgenommen, den Anschlag am Abend genauer anzusehen – da sei er aber schon wieder vom Schwarzen Brett entfernt gewesen. Erst nach Ende der mündlichen Verhandlung sei die Beschwerdeführerin von der Behörde sodann – auf Nachfrage – über das Bauvorhaben informiert worden. Wenn die Behörde behaupte, dass die Verhandlung schon am 5. Juni 2019 ausgehängt gewesen sei, so treffe dies nicht zu; vielmehr habe der Aushang erst am 26. Juni 2019 stattgefunden. Da die Beschwerdeführerin insofern daran gehindert worden sei, an der Bauverhandlung teilzunehmen, erhebe sie mit diesem Schriftsatz folgende Einwendungen gegen das beabsichtigte Projekt:

„Ich fühle mich durch mein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht dadurch massiv verletzt, dass das Bauvorhaben entgegen den Vorschriften des Bebauungsplanes im Bereich des Erschliessungsganges im ersten Dachgeschoss des Straßentraktes die Überschreitung der zulässigen Gebäudehöhe in einer Länge von 2,3 Meter bzw. 2,4 Meter in einem Ausmaß von ca 2,05 Meter beabsichtigt.

Würde das Bauvorhaben in der beantragten Form bewilligt, würde nicht nur meine Wohnung eine empfindliche Wertminderung erleiden, sondern wären ich bzw. meine Mitbewohner den Blicken der Bewohner des aufgestockten Gebäudes ausgesetzt, was unzumutbar ist, weil ich mich in meiner Wohnung nicht mehr so bewegen kann, wie ich will (beispielsweise unverhüllt).

Die Gebäudeerhöhung stünde frontal zu meiner ausschließlich straßenseitig gelegenen Wohnung.

Die Behörde hat daher keinen Ermessensspielraum, weil meine subjektiv-öffentlichen Rechte schwerer wiegen und sie darf der beantragten Erhöhung des Gebäudes deshalb nicht zustimmen. Die Gültigkeit des Bebauungsplanes darf keinesfalls den ausschließlichen Interessen eines Bauwerbers zu Lasten der augenscheinlichen Beeinträchtigungen der betroffenen Nachbarn weichen. Ein öffentliches Interesse an der Gebäudeerhöhung besteht nicht.“

Mit E-Mail vom 24. Juli 2019 teilte der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, der Beschwerdeführerin mit, dass der Aushang am 5. Juni 2019 fristgerecht vorgenommen worden und darüber ein Aktenvermerk angelegt worden sei, um einen formalen Ladungsmangel auf jeden Fall ausschließen zu können, aber eine nachträgliche Ladung zu einer weiteren mündlichen Verhandlung ergehe. In der Folge führte der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, am 23. August 2019 eine neuerliche Verhandlung durch, bei der die Beschwerdeführerin persönlich erschienen ist und ihre mit Schriftsatz vom 8. Juli 2019 erhobenen Einwendungen aufrecht erhielt.

4. Mit dem Vermerk, dass das Bauvorhaben von den Vorschriften des Bebauungsplanes im Sinne des § 69 BO abweicht, legte der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, den Akt mit Schriftsatz vom 28. August 2019 zur Beschlussfassung an den Bauausschuss der Bezirksvertretung … (in der Folge: Bauausschuss) vor, wobei die Behörde darauf verwies, dass der von der Beschwerdeführerin in ihrem Schriftsatz vom 8. Juli 2019 und in der Verhandlung vom 23. August 2019 erhobene Einwand als unbegründet abgewiesen wird.

5. Mit beschwerdegegenständlichem Bescheid vom 4. September 2019, Zl. BV-1/19, der Beschwerdeführerin (durch persönliche Übernahme) zugestellt am 8. Oktober 2019, bewilligte der Bauausschuss für das von der mitbeteiligten Partei beantragte und beim Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, zZ MA37/2-2019-1 anhängige Bauvorhaben gemäß § 69 BO folgende Abweichung von den Vorschriften des Bebauungsplanes:

„Überschreitung der zulässigen Gebäudehöhe im 1. Dachgeschoss des Straßentraktes hofseitig, links des Treppenhauses auf einer Länge von ca. 2,30 m und rechts des Aufzugsschachtes samt Haltestellenanbindung auf einer Länge von ca. 0,4 m im Ausmaß von ca. 2,40 m zur Herstellung eines Erschließungsganges für TOP ….“

Nach den begründenden Ausführungen des Bauausschusses in diesem Bescheid werde die Zielrichtung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes durch die Abweichung nicht unterlaufen und sei gemäß § 69 Abs. 1 BO zu berücksichtigen gewesen, dass die Bebaubarkeit der Nachbargrundflächen nicht vermindert werde, an Emissionen nicht mehr zu erwarten sei, als bei einer der Flächenwidmung entsprechenden Nutzung typischerweise entstehe, das vom Flächenwidmungs- und Bebauungsplan beabsichtigte örtliche Stadtbild nicht störend beeinflusst werde und sich die beabsichtigte Flächennutzung sowie Aufschließung nicht grundlegend anders gestalte. Die Abweichung erweise sich auch im Hinblick auf § 69 Abs. 2 BO als zulässig, da sie nachvollziehbar eine zweckmäßigere oder zeitgemäße Nutzung von Bauwerken, insbesondere des konsensgemäßen Baubestandes bewirke. Überdies sei bei der Entscheidung maßgeblich gewesen, dass der konsensgemäße Baubestand der betroffenen Liegenschaft und der Nachbarliegenschaften nicht beeinträchtigt und eine zeitgemäße Ausstattung des konsensgemäßen Baubestandes und des geplanten Dachgeschossaus- bzw. –zubaus erreicht werde. Hinsichtlich der Einwendungen der Beschwerdeführerin sei zu bemerken, dass die Überschreitungen der zulässigen Gebäudehöhe ausschließlich hofseitig auf der Liegenschaft C.-gasse 4, liegen werden und die straßenseitig gegenüberliegende, im Miteigentum der Beschwerdeführerin stehende Nachbarliegenschaft C.-straße 3 davon nicht beeinträchtigt werde. Zudem lägen schlüssige Stellungnahmen der Magistratsabteilungen 19 und 21 A zu den gesetzlichen Ausnahmevoraussetzungen vor, denen aus baurechtlicher Sicht gefolgt werden könne.

6. Mit (ebenfalls) beschwerdegegenständlichem Bescheid vom 30. September 2019, Zl. MA37/2-2019-1, der Beschwerdeführerin (durch persönliche Übernahme) zugestellt am 8. Oktober 2019, erteilte der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, Baupolizei – …, aufgrund des Bescheides des Bauausschusses der Bezirksvertretung …, vom 4. September 2019, Zl. BV-1/19, nach Maßgabe der mit dem amtlichen Sichtvermerk versehenen Pläne und Beschreibungen gemäß § 70 iVm § 68 Abs. 1 BO die baubehördliche Bewilligung für folgende Bauführungen auf der Liegenschaft C.-gasse 4, EZ 5, KG D.:

„Zunächst werden beim bestehenden Gebäude alle statisch erforderlichen Ertüchtigungsmaßnahmen (z.B. Einbau von Fundamentplatten, Mauerwerksverpressungen M10, Herstellung von Verbunddecken, etc.) vorgenommen.

Danach wird im Rahmen des Artikel V Abs. 5 und 6 BO ein zweigeschossiger Dachgeschosszu- und ausbau im Straßenstrakt, sowie ein eingeschossiger Dachgeschosszu- und ausbau in den Hoftrakten ausgeführt. Entsprechend diesen Bestimmungen darf zur Anbringung einer Wärmedämmung und zur Herstellung einer Hinterlüftungsebene die bestehende Gebäudehöhe um 30 cm überschritten werden und die Dachneigung auf 45 Grad erhöht werden.

Weiter wird hofseitig ein Personenaufzug mit Schachtausbildung in Stahlbeton und Haltestellen im KG, EG, 1., 2., 3. Stock sowie 1. DG errichtet.

In den Hoftrakten werden Balkone, zugeordnet den Wohnungen … ausgebildet.

Zur Herstellung eines barrierefreien Zuganges (mittels Treppenlift) wird das derzeit bestehende Podest zwischen Gehsteig und Durchgang zum Treppenlauf im Ausmaß von ca. 0,18 m abgesenkt wodurch nur ein Höhenunterschied zwischen dem Eingang und dem Gang-, Aufzugshaltestellenbereich entsteht.“

Weiters wurden in diesem Bescheid mehrere Maßnahmen vorgeschrieben. Zur Begründung verwies der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, hierbei auf die eingereichten Pläne und das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens. Hinsichtlich der von der Beschwerdeführerin erhobenen Einwendungen führte die Behörde aus, dass die Überschreitung der zulässigen Gebäudehöhe im 1. Dachgeschoß hofseitig mit Bescheid des Bauausschusses vom 4. September 2019 bewilligt worden sei, wobei der Bauausschuss auch über die diesbezüglichen Einwendungen abgesprochen habe. Die mit diesem Bescheid bewilligte Ausnahme sei von der Nachbarliegenschaft C.-straße 3 nicht einsichtig und berühre insofern keine subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte der Beschwerdeführerin iSd § 134a BO. Da das zugehörige Plandokument … keine Bestimmungen zur Firsthöhe enthalte, käme § 81 Abs. 1 BO zur Anwendung, wonach der oberste Abschluss des Daches keinesfalls höher als 7,5 m über der zulässigen Gebäudehöhe liegen dürfe. Diese zulässige Firsthöhe werde durch den projektierten, straßenseitigen Dachgeschosszubau deutlich unterschritten. Weiters unterschreite auch die Ausbildung des raumbildenden Aufbaus gemäß § 81 Abs. 6 BO die zulässige Länge von insgesamt einem Drittel der betreffenden Gebäudefront; eine Überschreitung des obersten Abschlusses des Daches liege nicht vor. Soweit sich die Beschwerdeführerin gegen die Einsichtigkeit ihrer Wohnung durch das Bauvorhaben wende, sei auf § 134a Abs. 1 lit. e BO hinzuweisen, wonach Beeinträchtigungen durch Immissionen die sich aus der Benützung eines Bauwerkes zu Wohnzwecken ergäben, nicht geltend gemacht werden könnten. Eine Einsichtigkeit, die sich aus der Bebauung gemäß dem Flächenwidmungsplan und den Bebauungsbestimmungen sowie der widmungsgemäßen Benützung der neu zu schaffenden Dachgeschosswohnungen im straßenseitigen Trakt C.-straße 4 ergebe, berühre insofern keine subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte. Vor diesem Hintergrund seien die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Einwendungen als unbegründet abzuweisen gewesen.

7. In ihrer gegen diese Bescheide (des Bauausschusses und des Magistrates der Stadt Wien) gerichteten Beschwerde vom 4. November 2019, zur Post gegeben am 4. November 2019, führt die Beschwerdeführerin – zusammengefasst – aus, dass die Einsichtigkeit ihrer Wohnung durch das vorliegende Bauvorhaben im konkreten Fall nicht hingenommen werden könne. Zwar sei der Bauordnung nach der bisherigen Judikatur zu den Nachbarrechten kein Anspruch auf Nichteinsehbarkeit von vis-a-vis zu entnehmen, weshalb die Abwehr verschiedener Immissionen, wenn überhaupt, nur im Zivilverfahren geltend gemacht werden könne. Diese Rechtslage erweise sich allerdings dort als unerträglich, wo jemand – wie die Beschwerdeführerin in der vorliegenden Konstellation – das Wohnungseigentum vor neun Jahren in erster Linie aufgrund der mangelnden Einsehbarkeit von vis-a-vis gekauft und sich beim zur Preisermittlung beigezogenen Immobiliensachverständigen noch vergewissert habe, dass beim gegenüberliegenden Wohnhaus nur die zulässige Bauklasse ausgenützt werde. Die Einsehbarkeit der Wohnung der Beschwerdeführerin trete hierbei erst durch die Ausnahmebewilligung für die Gebäudehöhe ein. Bleibe ein solches Vorgehen weiterhin rechtens, könne sich kein Liegenschafts- bzw. Wohnungseigentümer auf die restriktive Einhaltung des Bebauungsplanes verlassen, denn mit geschickten Architekten, die mit der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes an die Grenzen des Erlaubten gingen, werde sich kaum ein auf Gebäudeerhöhung fußender Dachgeschossausbau verhindern lassen, der die frontal gegenüber situierten Nachbarn der vollen Einsehbarkeit ihrer Wohnungen aussetze. Die Ausnahmebewilligung nach § 69 BO nehme selbstredend keine Rücksicht auf die Vorlieben der in ihrer Eigentumsübung betroffenen Nachbarn. Wer sich bislang in seiner Wohnung mangels Einsehbarkeit unbekleidet aufhalten durfte, muss dies nun wegen der Einsehbarkeit abstellen, weil es ansonsten zur Verwirklichung eines Verwaltungsstraftatbestandes, wie der Erregung öffentlichen Ärgernisses, führen könnte. Der Umstand, dass die bekämpften Bescheide den Bauwerber ungebührlich bevorzugten, erschließe sich auch nicht zuletzt aus der Tatsache, dass sich ein „Otto Normalverbraucher“ die durch den Dachgeschoss Um- und Zubau zu schaffenden Wohnungen nie im Leben leisten könne, was aber unter Beachtung von Art. VII 1. Teil § 1 Abs. 2 Z 1 BO der Zielsetzung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes klar zuwiderlaufe. Die mangelnde Rücksicht des Gesetzgebers auf die Eigentumsübung direkt betroffener Nachbarn sei nicht mehr zeitgemäß und behandle die Interessen klar ungleich, weil es den Bauwerber bevorzuge und den Nachbar benachteilige; in diesem Zusammenhang bewirkten die Ausnahmebestimmungen nach § 69 BO auch einen Verstoß gegen die Unverletzlichkeit des Eigentums. Im Gegensatz zu Zeiten des Wiederaufbaus sei die Uneinsehbarkeit von vis-a-vis heute ein wichtiges Kaufkriterium, mit dem Makler ihre Objekte bewerben würden. Da § 69 BO für das aus dem Eigentumsrecht entspringende Bedürfnis des Nachbarn auf „Nichteinsehbarkeit in die Nachbarwohnung“ keine Regelung getroffenen habe, liege gemessen am Maßstab der gesamten geltenden Rechtsordnung eine planwidrige Unvollständigkeit innerhalb des positiven Rechts vor. Damit einher gehe die korrekturbedürftige Regelung des § 134a Abs. 1 lit. e BO betreffend durch Gebäudeerhöhung und Ausnahmebewilligung geschaffenen Wohnraumes.

8. Die belangte Behörde traf keine Beschwerdevorentscheidung und legte dem Verwaltungsgericht Wien die Beschwerde sowie den Akt des Verwaltungsverfahrens vor, wo der Verwaltungsakt samt Beschwerde am 4. Dezember 2019 einlangte. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde von der belangten Behörde hierbei nicht beantragt. Die belangte Behörde erklärte allerdings unter einem mit der Beschwerdevorlage, auf die Teilnahme an einer allenfalls stattfindenden mündlichen Verhandlung nicht zu verzichten.

9. Mit Schriftsatz vom 27. Februar 2020 forderte das Verwaltungsgericht Wien die Beschwerdeführerin auf, dem Verwaltungsgericht Wien binnen einer Woche ab Zustellung dieses Schreibens die der Beschwerdeführerin zugestellten Bescheide des Magistrats der Stadt Wien sowie der Bezirksvertretung …, Bauausschuss, im Original zur Einsicht vorzulegen.

10. Mit Schriftsatz vom 9. März 2020, eingelangt beim Verwaltungsgericht Wien am 12. März 2020, kam die Beschwerdeführerin dieser Aufforderung nach und legte dem Verwaltungsgericht Wien die angeforderten Bescheide im Original vor.

11. Mit Schriftsatz vom 13. März 2020 forderte das Verwaltungsgericht Wien 1. den Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, Baupolizei – …, und 2. die Bezirksvertretung …, Bauausschuss, auf, binnen einer Woche ab Erhalt dieses Schreibens bekannt zu geben, ob der Bescheid der Bezirksvertretung …, Bauausschuss, vom 4. September 2019, Zl. BV-1/19, der Beschwerdeführerin im Original, in Kopie oder als Ausdruck einer elektronischen Datei (des eingescannten Bescheides) übermittelt wurde.

12. Mit E-Mail vom 26. März 2020 gab der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, unter Anschluss der darauf bezogenen Rückscheine bekannt, dass der Bauausschussbescheid und der Bewilligungsbescheid postalisch an die Beschwerdeführerin übermittelt und jeweils am 8. Oktober 2019 von dieser übernommen worden seien. Mit einer weiteren E-Mail vom 26. März 2020 führte der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, aus, dass beide Schriftstücke (Baubewilligungsbescheid und Bauausschussbescheid) als elektronisches Original aus dem ELAK ausgedruckt und versandt worden seien. Der Baubewilligungsbescheid sei elektronisch an die Magistratsabteilung 01 übermittelt worden, welche den postalischen Versand vorgenommen habe. Der Bauausschussbescheid sei von der Teamassistenz direkt postalisch versandt worden.

13. Mit E-Mail vom 31. März 2020 teilte der Bauausschuss mit, dass die Bescheide des Bauausschusses grundsätzlich unterfertigt und zusammen mit dem Bauakt an die Baupolizei retourniert würden. Der Versand an etwaige Beteiligte erfolge seit jeher seitens der Magistratsabteilung 37. Insofern habe keine Übermittlung des in Beschwerde gezogenen Bescheides des Bauausschusses an die Beschwerdeführerin durch den Bauausschuss stattgefunden.

14. Mit Schriftsatz vom 6. April 2020 teilte das Verwaltungsgericht Wien den Verfahrensparteien seine vorläufige Annahme mit, dass den Verfahrensparteien im gegenständlichen Baubewilligungsverfahren jeweils eine Ausfertigung des Bescheides des Bauausschusses der Bezirksvertretung … vom 4. September 2019, Zl. BV-1/19, in Form eines Ausdruckes der im Akt inliegenden Originalerledigung zugestellt wurde, wobei lediglich die im Akt inliegende Originalerledigung mit einer (Original-)Unterschrift der Genehmigenden versehen sei; außerdem gehe das Verwaltungsgericht Wien – wie es mit diesem Schreiben weiter mitteilte – davon aus, dass den Parteien eine mit einer Amtssignatur versehene Ausfertigung des Bescheides des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, Baupolizei – …, vom 30. September 2019, Zl. MA37/2-2019-1, zugestellt worden sei. Den Parteien wurde mit diesem Schriftsatz gemäß § 45 Abs. 3 AVG die Gelegenheit eröffnet, zu diesem Ergebnis der Beweisaufnahme, das das Verwaltungsgericht Wien seiner Entscheidung zugrunde legen wird, ehestmöglich Stellung zu nehmen. Im Übrigen wurden mit diesem Schreiben die von der Beschwerdeführerin zur Einsichtnahme übermittelten Ausfertigungen der ihr zugestellten Bescheide zurückgestellt.

15. Bis zum heutigen Tag ist keine Stellungnahme der Verfahrensparteien zum Schreiben vom 6. April 2020 beim Verwaltungsgericht Wien eingelangt.

II. Sachverhalt

Aufgrund der von den Parteien vorgelegten Schriftsätze, Beilagen und Unterlagen und insbesondere nach Einsichtnahme in den vorgelegten unbedenklichen und unbestritten gebliebenen Behördenakt sowie nach Einsicht in das offene Grundbuch und einer Einschau in das baubehördliche Geografische Informationssystem der Stadt Wien nimmt das Verwaltungsgericht Wien in der Beschwerdesache folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt als erwiesen an:

1. Mit Eingabe vom 18. März 2019 ersuchte die E. GmbH, F.-gasse, Wien um Erteilung der baubehördlichen Bewilligung gemäß § 70 BO für die Errichtung eines Zubaues und die bauliche Änderung eines Wohnhauses auf der Liegenschaft Wien, C.-gasse 4, EZ 5, KG D.. Unter einem ist dabei eine „Ausnahme § 68“ beantragt. Die projektgegenständliche Liegenschaft steht im Alleineigentum des G. H. und ist als Bauland – Wohngebiet, Bauklasse III, mit geschlossener Bauweise gewidmet, wobei die bebaubare Fläche 50 Prozent der Bauplatzfläche beträgt und für einen Teilbereich des Hofes die gärtnerische Ausgestaltung vorgeschrieben ist.

2. Die Beschwerdeführerin ist grundbücherliche Miteigentümerin der Liegenschaft EZ 7, KG D., mit der Liegenschaftsadresse C.-gasse 3, Wien, welche der projektgegenständlichen Liegenschaft auf der westlichen Seite der C.-straße gegenüberliegt. Ebenso wie die Bauliegenschaft ist auch jene, die im Miteigentum der Beschwerdeführerin steht, als Bauland gewidmet, wobei die Liegenschaften durch die dazwischenliegende öffentliche Verkehrsfläche um weniger als 20 m voneinander getrennt sind. Die Beschwerdeführerin hat – als Wohnungseigentümerin … – des Gebäudes mit der Liegenschaftsadresse C.-gasse 3 gegen das projektgegenständliche Bauvorhaben rechtzeitig Einwendungen gegen die projektierte Gebäudehöhe erhoben.

3. In der Sitzung der Bezirksvertretung …, Bauausschuss, vom 4. September 2019 wurden zZ BV-1/19 die für die Durchführung des geplanten Bauvorhabens erforderlichen Ausnahmen bzw. Abweichungen beschlossen und der mit demselben Tag datierte Bescheid von der Vorsitzenden des Bauausschusses, Frau J. K., unter Beisetzung ihres Namens in Blockschrift gefertigt. Neben dieser Urschrift finden sich noch weitere Konzepte des Bescheides im Akt, die mit keiner Unterschritt versehen sind und zum Teil handschriftliche Ergänzungen aufweisen.

Das (unterfertigte) Original dieses Bescheides vom 4. September 2019 wurde an den Magistrat der Stadt Wien übermittelt, dort in den Elektronischen Akt eingespielt und sodann an die Beschwerdeführerin – wie auch an die übrigen Verfahrensparteien – als Ausdruck aus dem Elektronischen Akt mitsamt einer Anwesenheitsliste der Mitglieder des Bauausschusses zugestellt. Weder auf der der Beschwerdeführerin zugestellten (ausgedruckten) Ausfertigung des Bauausschussbescheides noch auf einem der sonstigen im Akt befindlichen Konzepte des Bauausschussbescheides ist eine Amtssignatur vorhanden. Das Original des Bescheides vom 4. September 2019 verblieb im Akt des Magistrates der Stadt Wien.

4. Der Akt des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, enthält mehrere Konzepte des gegenständlichen Bewilligungsbescheides zZ MA37/2-2019-1 (vom 28. Juni 2019, 23. August 2019 und 30. September 2019), die jeweils mittels Textverarbeitung erstellt wurden und (teilweise) handschriftliche Ergänzungen aufweisen. An einem Ausdruck des Konzepts vom 30. September 2019 ist bei der Fertigungsklausel „Für den Abteilungsleiter“ über den Namen „DI L.“ ein handschriftlicher Unterschriftszug beigesetzt.

Dieser Bescheid wurde am 8. Oktober 2019 (unter anderem) an die Beschwerdeführerin zugestellt, wobei das Dokument auf der letzten Seite nach der Zustellverfügung folgenden Vermerk enthält: „Dieses Dokument wurde amtssigniert. Information zur Prüfung des elektronischen Siegels bzw. der elektronischen Signatur finden Sie unter: https://www.wien.gv.at/amtssignatur“. Das neben dieser Textpassage dargestellte Wappen mit Hinweis auf die Amtssignierung korrespondiert mit der auf der genannten Internetadresse (gesicherte Veröffentlichung der Bildmarke gemäß § 19 Abs. 3 E-GovG) dargestellten Bildmarke bzw. dem Aussehen der Amtssignatur der Stadt Wien.

III. Beweiswürdigung

Das Verwaltungsgericht Wien hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der belangten Behörden (sowohl in elektronischer Form als auch in Papierform), Würdigung des Beschwerdevorbringens und Einholung von Stellungnahmen der Beschwerdeführerin, des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, der Bezirksvertretung …, Bauausschuss, und der übrigen Verfahrensparteien.

1. Die Feststellungen zum Verfahrensgang, zu den Eigentumsverhältnissen und zur Situierung der Liegenschaften zueinander stützen sich auf den Verwaltungsakt, insbesondere die darin einliegenden Grundbuchsauszüge und Einreichunterlagen, die vom Verwaltungsgericht Wien im gerichtlichen Verfahren durchgeführten Grundbuchsabfragen (vom 2. und vom 21. April 2020) und eine Einschau in das baubehördliche Geografische Informationssystem der Stadt Wien. Die zum gegenständlichen Bauvorhaben getroffenen Feststellungen gründen sich auf den mit amtlichem Sichtvermerk versehenen Einreichplänen.

2. Die Feststellungen zu den von der Beschwerdeführerin erhobenen Einwendungen folgen aus den im Behördenakt inliegenden Schriftsätzen der Beschwerdeführerin und der Niederschrift über die mündlichen Bauverhandlungen, an deren Richtigkeit und Vollständigkeit kein Zweifel aufgekommen ist.

3. Die Feststellungen zu den Fertigungen und Zustellungen der bekämpften Bescheide fußen auf dem Verwaltungsakt, den von der Beschwerdeführerin am 12. März 2020 vorgelegten Bescheidausfertigungen und den vom Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, und dem Bauausschuss erstatteten Stellungnahmen vom 26. März 2020 sowie vom 31. März 2020. An der Vollständigkeit der von der Beschwerdeführerin vorgelegten Erledigungsausfertigung sind keinerlei Bedenken erwachsen. Die Annahme zur Zustellung des Bauausschussbescheides an die übrigen Verfahrensparteien ergibt sich aus den im Verfahren eingeholten Stellungnahmen, aus denen eine allgemeine Behördenpraxis hervorgeht. Von der den Verfahrensparteien gebotenen Gelegenheit, sich zu dieser Annahme zu äußern, wurde kein Gebrauch gemacht.

In diesem Zusammenhang ist zu bemerken, dass der Beschwerdeführerin ein Ausdruck bzw. eine Kopie in Farbe, nicht jedoch eine Ausfertigung mit Originalunterschrift der Genehmigenden zugestellt wurde. Dies ergibt sich nicht zuletzt auch bei einem Vergleich dieser Ausfertigung mit der im Behördenakt inliegenden Originalerledigung: Der Unterschied zwischen einer auf Papier (im vorliegenden Fall mit Kugelschreiber) angebrachten Unterschrift und einer bloßen Farbkopie einer solchen Unterschrift ist schon anhand der Oberfläche des Papiers, in dessen Struktur im Fall einer Kopie im Unterschied zu einer mit einem Schreibgerät angebrachten Unterschrift in keiner Weise eingegriffen wird, offensichtlich.

IV. Rechtsgrundlagen

1. Die im Beschwerdeverfahren anzuwendenden Bestimmungen des Wiener Stadtentwicklungs-, Stadtplanungs- und Baugesetzbuches (Bauordnung für Wien – BO für Wien), LGBl. 11/1930 idF LGBl. 69/2018, lauten:

„7. Teil

Formelle Erfordernisse bei Bauvorhaben

Ansuchen um Baubewilligung

§ 60. (1) Bei folgenden Bauvorhaben ist, soweit nicht die §§ 62, 62a, 70a oder 70b zur Anwendung kommen, vor Beginn die Bewilligung der Behörde zu erwirken:

a) Neu-, Zu- und Umbauten. Unter Neubau ist die Errichtung neuer Gebäude zu verstehen; ein solcher liegt auch vor, wenn nach Abtragung bestehender Bauwerke die Fundamente oder Kellermauern ganz oder teilweise wieder benützt werden. Ein einzelnes Gebäude ist ein raumbildendes Bauwerk, die in ihrer Bausubstanz eine körperliche Einheit bildet und nicht durch Grenzen eines Bauplatzes oder Bauloses oder durch Eigentumsgrenzen geteilt ist, ausgenommen die zulässige Bebauung von Teilen des öffentlichen Gutes. Der Bezeichnung als ein einzelnes Gebäude steht nicht entgegen, dass in ihm Brandmauern enthalten sind oder es auf Grundflächen von verschiedener Widmung, verschiedener Bauklasse oder verschiedener Bauweise errichtet ist. Ein Raum liegt vor, wenn eine Fläche zumindest zur Hälfte ihres Umfanges von Wänden umschlossen und von einer Deckfläche abgeschlossen ist; ein Aufenthaltsraum muss allseits umschlossen sein. Flugdächer mit einer bebauten Fläche von mehr als 25 m2 oder einer lotrecht zur bebauten Fläche gemessenen Höhe von mehr als 2,50 m gelten als Gebäude. Zubauten sind alle Vergrößerungen eines Gebäudes in waagrechter oder lotrechter Richtung, ausgenommen die Errichtung von zulässigen Aufbauten (§ 81 Abs. 6). Unter Umbau sind jene Änderungen des Gebäudes zu verstehen, durch welche die Raumeinteilung oder die Raumwidmungen so geändert werden, dass nach Durchführung der Änderungen das Gebäude als ein anderes anzusehen ist. Ein Umbau liegt auch dann vor, wenn solche Änderungen selbst nur ein einzelnes Geschoß betreffen. Der Einbau von Wohnungen oder Teilen davon in das Dachgeschoß gilt nicht als Umbau.

b) […]

(2) […]

[…]

Abweichungen von Vorschriften des Bebauungsplanes

§ 69. (1) Für einzelne Bauvorhaben hat die Behörde über die Zulässigkeit von Abweichungen von den Vorschriften des Bebauungsplanes zu entscheiden. Diese Abweichungen dürfen die Zielrichtung des Flächenwidmungsplanes und des Bebauungsplanes nicht unterlaufen. Darüber hinaus darf

1. die Bebaubarkeit der Nachbargrundflächen ohne nachgewiesene Zustimmung des betroffenen Nachbarn nicht vermindert werden,

2. an Emissionen nicht mehr zu erwarten sein, als bei einer der Flächenwidmung entsprechenden Nutzung typischerweise entsteht,

3. das vom Flächenwidmungsplan und Bebauungsplan beabsichtigte örtliche Stadtbild nicht störend beeinflusst werden und

4. die beabsichtigte Flächennutzung sowie Aufschließung nicht grundlegend anders werden.

(2) Abweichungen, die die Voraussetzungen des Abs. 1 erfüllen, sind weiters nur zulässig, wenn sie nachvollziehbar

1. eine zweckmäßigere Flächennutzung bewirken,

2. eine zweckmäßigere oder zeitgemäße Nutzung von Bauwerken, insbesondere des konsensgemäßen Baubestandes, bewirken,

3. der Herbeiführung eines den zeitgemäßen Vorstellungen entsprechenden örtlichen Stadtbildes dienen oder

4. der Erhaltung schützenswerten Baumbestandes dienen.

(3) Für Bauvorhaben in Schutzzonen dürfen Abweichungen nach Abs. 1 nur bewilligt werden, wenn das öffentliche Interesse an einer besonderen Situierung und Ausbildung des Baukörpers zur Gestaltung des örtlichen Stadtbildes überwiegt und die zulässige Ausnützbarkeit des Bauplatzes nicht überschritten wird.

(4) Die Gründe, die für die Abweichung sprechen, sind mit den Gründen, die dagegen sprechen, abzuwägen. Insbesondere ist auf den konsensgemäßen Baubestand der betroffenen Liegenschaft und der Nachbarliegenschaften sowie auf den Umstand, dass die Ausnahmebewilligung nur für die Bestanddauer des Baues gilt, Bedacht zu nehmen. Vom Bauwerber geltend gemachte Verpflichtungen aus Bundes- oder anderen Landesgesetzen sind zu berücksichtigen, desgleichen, ob die Abweichung der besseren barrierefreien Benützbarkeit des konsensgemäßen Baubestandes oder des geplanten Baues dienlich ist.

(5) Die Bestimmungen über Abweichungen von Vorschriften des Bebauungsplanes finden auch in Gebieten Anwendung, über die gemäß § 8 Abs. 2 eine zeitlich begrenzte Bausperre verhängt ist.

[…]

12. Teil

Behörden; Parteien und Beteiligte

Wirkungskreis des Magistrates

§ 132. (1) Dem Magistrat obliegt, sofern das Gesetz nicht anderes bestimmt, die Handhabung dieses Gesetzes als Behörde.

(2) In allen Fällen, in denen innerhalb einer bestimmten Frist bei sonstiger Verwirkung ein Anspruch geltend gemacht werden kann, sind die Parteien im Bescheid darauf hinzuweisen.

Wirkungsbereich der Bauausschüsse der Bezirksvertretungen

§ 133. (1) Dem Bauausschuss der örtlich zuständigen Bezirksvertretung obliegt als Behörde die Entscheidung über Anträge

1. auf Bewilligung von Abweichungen nach §§ 69, 76 Abs. 13 und 119 Abs. 6;

2. auf Erteilung von Sonderbaubewilligungen nach § 71b.

(2) Das Ermittlungsverfahren führt der Magistrat, bei dem auch der Antrag einzubringen ist. Nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens hat der Magistrat den Antrag an den zuständigen Bauausschuss weiterzuleiten.

(3) Der Vorsitzende des Bauausschusses hat die Bescheide zu unterfertigen.

(4) Die Bewilligung von Abweichungen nach Abs. 1 Z 1 ist nur auf Antrag zulässig; das Ansuchen um Baubewilligung gilt zugleich als Antrag auf Bewilligung der für das Bauvorhaben erforderlichen Abweichungen nach Abs. 1 Z 1.

(5) Der Antrag auf Bewilligung von Abweichungen nach Abs. 1 Z 1 ist nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens über das Ansuchen um Baubewilligung an den Bauausschuss weiterzuleiten, der über den Antrag schriftlich durch Bescheid zu erkennen hat; der Bauausschuss darf nur Anträge, die sich auf ein bestimmtes Bauansuchen beziehen und mit Bauplänen gemäß § 63 Abs. 1 lit. a belegt sind, nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens über das Ansuchen um Baubewilligung in Behandlung nehmen. Durch den Bescheid werden der Flächenwidmungsplan und der Bebauungsplan weder abgeändert noch ergänzt. Wird die Bewilligung erteilt, ist damit über Einwendungen abgesprochen.

(6) Widerspricht ein Ansuchen um Baubewilligung den Voraussetzungen der §§ 69 Abs. 1 und 2, 76 Abs. 13 oder 119 Abs. 6, ist es abzuweisen; ein mit dem Ansuchen um Baubewilligung verbundener ausdrücklicher Antrag auf Bewilligung von Abweichungen nach Abs. 1 Z 1 gilt in diesem Falle als dem Ansuchen um Baubewilligung nicht beigesetzt. Dies gilt auch, wenn der Bauwerber mit dem Ansuchen um Baubewilligung ausdrücklich einen Antrag auf Bewilligung von Abweichungen nach Abs. 1 Z 1 stellt, ohne dass sein Bauvorhaben einer solchen Bewilligung bedarf, bzw. wenn das Ermittlungsverfahren über das Ansuchen um Baubewilligung ergibt, dass die Baubewilligung ohne Änderung des Bauvorhabens oder der Baupläne versagt werden muss.

(7) Vor der erstinstanzlichen Bewilligung von Abweichungen nach Abs. 1 Z 1 darf die Baubewilligung nicht erteilt werden. Gegen einen Bescheid, mit dem über den Antrag auf Bewilligung von Abweichungen nach Abs. 1 Z 1 entschieden wird, ist eine abgesonderte Beschwerde (§ 136 Abs. 1) nicht zulässig. Die Beschwerde kann nur mit der Beschwerde gegen die Entscheidung über das Ansuchen um Baubewilligung verbunden werden, die sich auf die Entscheidung über Abweichungen nach Abs. 1 Z 1 stützt. Die Bewilligung von Abweichungen nach Abs. 1 Z 1 steht nachträglichen Änderungen des Bauvorhabens nicht entgegen, sofern die Abweichung nicht berührt wird.

Parteien

§ 134. (1) Partei im Sinne des § 8 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes ist in allen Fällen, in denen dieses Gesetz ein Ansuchen oder eine Einreichung vorsieht, der Antragsteller oder Einreicher.

(2) Im Grundabteilungsverfahren sind neben dem Antragsteller (Abteilungswerber) die Eigentümer (Miteigentümer) aller von der Grundabteilung erfassten Grundflächen Parteien. Parteien sind überdies die Eigentümer jener Grundstücke, zu deren Baureifgestaltung Flächen der abzuteilenden Grundstücke für die Einbeziehung vorbehalten werden müssen.

(3) Im Baubewilligungsverfahren und im Verfahren zur Bewilligung von Abweichungen von Vorschriften des Bebauungsplanes sind außer dem Antragsteller (Bauwerber) die Eigentümer (Miteigentümer) der Liegenschaften Parteien. Personen, denen ein Baurecht zusteht, sind wie Eigentümer der Liegenschaften zu behandeln. Die Eigentümer (Miteigentümer) benachbarter Liegenschaften sind dann Parteien, wenn der geplante Bau und dessen Widmung ihre im § 134a erschöpfend festgelegten subjektiv-öffentlichen Rechte berührt und sie, unbeschadet Abs. 4, gemäß § 70 Abs. 2 bzw. spätestens bei der mündlichen Verhandlung Einwendungen im Sinne des § 134a gegen die geplante Bauführung erheben. Nachbarn erlangen keine Parteistellung, wenn sie der geplanten Bauführung auf den Bauplänen oder unter Bezugnahme auf diese ausdrücklich zugestimmt haben. Das Recht auf Akteneinsicht (§ 17 AVG) steht Nachbarn bereits ab Einreichung des Bauvorhabens bei der Behörde zu. Alle sonstigen Personen, die in ihren Privatrechten oder in ihren Interessen betroffen werden, sind Beteiligte (§ 8 AVG). Benachbarte Liegenschaften sind im Bauland jene, die mit der vom Bauvorhaben betroffenen Liegenschaft eine gemeinsame Grenze haben oder bis zu einer Breite von 6 m durch Fahnen oder diesen gleichzuhaltende Grundstreifen oder eine höchstens 20 m breite öffentliche Verkehrsfläche von dieser Liegenschaft getrennt sind und im Falle einer Trennung durch eine öffentliche Verkehrsfläche der zu bebauenden Liegenschaft gegenüberliegen. In allen übrigen Widmungsgebieten sowie bei Flächen des öffentlichen Gutes sind jene Liegenschaften benachbart, die in einer Entfernung von höchstens 20 m vom geplanten Bauwerk liegen.

(4) Weist ein Nachbar der Behörde nach, dass er ohne sein Verschulden daran gehindert war, die Parteistellung nach § 134 Abs. 3 zu erlangen, kann er seine Einwendungen im Sinne des § 134a gegen die Bauführung auch nach dem Abschluss der mündlichen Bauverhandlung bzw. nach Ablauf der gemäß § 70 Abs. 2 gesetzten Frist bis längstens drei Monate nach dem Baubeginn vorbringen und ist vom Zeitpunkt des Vorbringens dieser Einwendungen an Partei; eine spätere Erlangung der Parteistellung (§ 134 Abs. 3) ist ausgeschlossen. Solche Einwendungen sind vom Nachbarn binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses für ihre Erhebung bei der Behörde einzubringen, die die Bauverhandlung anberaumt bzw. die Frist gemäß § 70 Abs. 2 gesetzt hat.

(5) […]

Subjektiv-öffentliche Nachbarrechte

§ 134 a. (1) Subjektiv-öffentliche Nachbarrechte, deren Verletzung die Eigentümer (Miteigentümer) benachbarter Liegenschaften (§ 134 Abs. 3) im Baubewilligungsverfahren geltend machen können, werden ausschließlich durch folgende Bestimmungen, sofern sie ihrem Schutze dienen, begründet:

a) Bestimmungen über den Abstand eines Bauwerkes zu den Nachbargrundgrenzen, jedoch nicht bei Bauführungen unterhalb der Erdoberfläche;

b) Bestimmungen über die Gebäudehöhe;

c) Bestimmungen über die flächenmäßige Ausnützbarkeit von Bauplätzen, Baulosen und Kleingärten;

d) Bestimmungen des Bebauungsplanes hinsichtlich der Fluchtlinien;

e) Bestimmungen, die den Schutz vor Immissionen, die sich aus der widmungsgemäßen Benützung eines Bauwerkes ergeben können, zum Inhalt haben. Die Beeinträchtigung durch Immissionen, die sich aus der Benützung eines Bauwerkes zu Wohnzwecken, für Schulen oder Kinderbetreuungseinrichtungen oder für Stellplätze im gesetzlich vorgeschriebenen Ausmaß ergibt, kann jedoch nicht geltend gemacht werden;

f) Bestimmungen, die den Nachbarn zu Emissionen berechtigen.

(2) Bestimmungen gemäß Abs. 1 lit. e dienen dem Schutz der Nachbarn nur insoweit, als nicht ein gleichwertiger Schutz bereits durch andere Bestimmungen gegeben ist. Ein solcher gleichwertiger Schutz ist jedenfalls gegeben bei Emissionen aus Bauwerken und Bauwerksteilen mit gewerblicher Nutzung im Industriegebiet, im Gebiet für Lager- und Ländeflächen, in Sondergebieten, im Betriebsbaugebiet sowie im sonstigen gemischten Baugebiet, sofern auf sie das gewerberechtliche Betriebsanlagenrecht zur Anwendung kommt.

(3) Emissionen gemäß Abs. 1 lit. f sind nur solche, die auf der Grundlage eines behördlichen Bescheides zulässig sind. Durch solche Emissionen darf auf der zu bebauenden Liegenschaft keine Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit der Benützer oder Bewohner entstehen. Diesen Emissionen kann durch entsprechende Baumaßnahmen auf der zu bebauenden Liegenschaft oder mit Zustimmung des Eigentümers (aller Miteigentümer) auf der Nachbarliegenschaft entgegengetreten werden.

2. Die im Beschwerdeverfahren anzuwendenden Bestimmungen des Allgemein Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. 51/1991 idF BGBl. I 5/2008, lauten:

Erledigungen

§ 18. (1) Die Behörde hat die Sache möglichst zweckmäßig, rasch, einfach und kostensparend zu erledigen und den wesentlichen Inhalt der Amtshandlung erforderlichenfalls in einer Niederschrift oder einem Aktenvermerk festzuhalten.

(2) Erledigungen haben jedenfalls schriftlich zu ergehen, wenn dies in den Verwaltungsvorschriften ausdrücklich angeordnet ist oder von der Partei verlangt wird.

(3) Schriftliche Erledigungen sind vom Genehmigungsberechtigten mit seiner Unterschrift zu genehmigen; wurde die Erledigung elektronisch erstellt, kann an die Stelle dieser Unterschrift ein Verfahren zum Nachweis der Identität (§ 2 Z 1 E-GovG) des Genehmigenden und der Authentizität (§ 2 Z 5 E-GovG) der Erledigung treten.

(4) Jede schriftliche Ausfertigung hat die Bezeichnung der Behörde, das Datum der Genehmigung und den Namen des Genehmigenden zu enthalten. Ausfertigungen in Form von elektronischen Dokumenten müssen mit einer Amtssignatur (§ 19 E-GovG) versehen sein; Ausfertigungen in Form von Ausdrucken von mit einer Amtssignatur versehenen elektronischen Dokumenten oder von Kopien solcher Ausdrucke brauchen keine weiteren Voraussetzungen zu erfüllen. Sonstige Ausfertigungen haben die Unterschrift des Genehmigenden zu enthalten; an die Stelle dieser Unterschrift kann die Beglaubigung der Kanzlei treten, dass die Ausfertigung mit der Erledigung übereinstimmt und die Erledigung gemäß Abs. 3 genehmigt worden ist. Das Nähere über die Beglaubigung wird durch Verordnung geregelt.

(5) Für Bescheide gilt der III. Teil, für Ladungsbescheide überdies § 19.

3. Die im Beschwerdeverfahren maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über Regelungen zur Erleichterung des elektronischen Verkehrs mit öffentlichen Stellen (E-Government-Gesetz – E-GovG), BGBl. I 10/2004 idF BGBl. I 104/2018, lauten:

„5. Abschnitt

Besonderheiten elektronischer Aktenführung

Amtssignatur

§ 19. (1) Die Amtssignatur ist eine fortgeschrittene elektronische Signatur oder ein fortgeschrittenes elektronisches Siegel, deren Besonderheit durch ein entsprechendes Attribut im Signaturzertifikat oder Zertifikat für elektronische Siegel ausgewiesen wird.

(2) Die Amtssignatur dient der erleichterten Erkennbarkeit der Herkunft eines Dokuments von einem Verantwortlichen des öffentlichen Bereichs. Sie darf daher ausschließlich von diesem Verantwortlichen des öffentlichen Bereichs unter den näheren Bedingungen des Abs. 3 bei der elektronischen Unterzeichnung und bei der Ausfertigung der von ihm erzeugten Dokumente verwendet werden.

(3) Die Amtssignatur ist im Dokument durch eine Bildmarke, die der Verantwortliche des öffentlichen Bereichs im Internet als die seine gesichert veröffentlicht hat, sowie durch einen Hinweis im Dokument, dass dieses amtssigniert wurde, darzustellen. Die Informationen zur Prüfung der elektronischen Signatur oder des elektronischen Siegels sind vom Verantwortlichen des öffentlichen Bereichs bereitzustellen.

Beweiskraft von Ausdrucken

§ 20. Ein auf Papier ausgedrucktes elektronisches Dokument einer Behörde hat die Beweiskraft einer öffentlichen Urkunde (§ 292 der Zivilprozessordnung – ZPO, RGBl. Nr. 113/1895), wenn das elektronische Dokument mit einer Amtssignatur versehen wurde. Die Amtssignatur muss durch Rückführung des Dokuments aus der ausgedruckten in die elektronische Form prüfbar oder das Dokument muss durch andere Vorkehrungen der Behörde verifizierbar sein. Das Dokument hat einen Hinweis auf die Fundstelle im Internet, wo das Verfahren der Rückführung des Ausdrucks in das elektronische Dokument und die anwendbaren Prüfmechanismen enthalten sind, oder einen Hinweis auf das Verfahren der Verifizierung zu enthalten.“

V. Rechtliche Beurteilung

1. Mit der vorliegenden Beschwerde wendet sich die Einschreiterin unzweifelhaft sowohl gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien als auch gegen jenen der Bezirksvertretung …, Bauausschuss (vgl. VwGH 23.11.2009, 2008/05/0094).

1.1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht zum Einen nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen, und zum Anderen nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (ua. VwSlg 17.711 A/2009; VwGH 21.9.2007, 2006/05/0042; 28.4.2015, 2012/05/0108).

Die in § 134a BO – taxativ – aufgezählten Nachbarrechte werden durch die darin enthaltene Tatbestandsvoraussetzung „sofern sie ihrem“ (gemeint: der Nachbarn) „Schutze dienen“ eingeschränkt. Dies bedeutet, dass trotz objektiven Verstoßes gegen eine unter § 134a BO subsumierbare baurechtliche Vorschrift die Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Rechtes eines Nachbarn dann nicht vorliegt, wenn nach der Situierung des bewilligten Bauvorhabens schon der Lage nach in subjektive Rechte des Nachbarn nicht eingegriffen werden kann (vgl. etwa VwGH 25.9.2012, 2010/05/0142; 28.4.2015, 2012/05/0108). Unter anderem können Nachbarn iSd § 134 Abs. 3 BO eine Beeinträchtigung ihres durch § 134a Abs. 1 lit. b BO gewährten Nachbarrechtes betreffend die Gebäudehöhe nur bezüglich deren Einhaltung an der ihren Liegenschaften jeweils zugekehrten Front geltend machen (VwGH 21.9.2007, 2006/05/0042; 17.12.2015, 2013/05/0142; dies gilt auch bei einer „Fassadenabwicklung“ nach § 81 Abs. 2 BO: VwGH 25.6.2019, Ra 2019/05/0002).

Diese Beschränkungen sind auch vom Verwaltungsgericht zu beachten, denn: Im Rahmen einer Beschwerde von Parteien mit eingeschränkten Mitspracherechten – wie durch Nachbarn in Bauverfahren – ist das Verwaltungsgericht nur legitimiert, eine Rechtswidrigkeit innerhalb der den Beschwerdeführern zustehenden subjektiv-öffentlichen Rechten aufzugreifen (ua. VwGH 27.3.2019, Ra 2018/06/0264).

1.2. Sofern eine Abweichung von Bebauungsvorschriften gemäß § 69 BO bewilligt wurde, widerspricht die Abweichung nicht mehr dem Gesetz, weshalb der Nachbar nicht mehr in einem ihm allenfalls zustehenden subjektiven Recht verletzt sein kann. Es liegt allerdings dann eine Verletzung der Nachbarrechte vor, wenn die Ausnahme gemäß § 69 BO gewährt wird, ohne dass die gesetzlichen Voraussetzungen dafür gegeben sind. Dies bedingt freilich, dass der Nachbar jenes subjektiv-öffentliche Nachbarrecht, in das durch die Abweichung gemäß § 69 BO eingegriffen wird, rechtzeitig und wirksam schon im Bauverfahren geltend gemacht hat (VwGH 27.5.1997, 96/05/0162; 28.4.2015, 2012/05/0108; 17.12.2015, 2013/05/0142). Hat ein Nachbar in diesem Sinn rechtzeitig entsprechende Einwendungen iSd § 134a BO erhoben, kommt ihm insofern Parteistellung sowohl im Verfahren zur Bewilligung von (unwesentlichen) Abweichungen von den Bebauungsvorschriften nach § 69 BO als auch im Baubewilligungsverfahren zu (VwSlg 17.711 A/2009; VwGH 28.4.2015, 2012/05/0108; 23.5.2018, Ra 2016/05/0094). Da der Nachbar in diesem Fall einen Rechtsanspruch auf die Einhaltung der gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausnahmebewilligung hat, verfügt er – unter der Voraussetzung, dass sein Schutzbereich betroffen sein kann – über ein Mitspracherecht in Bezug auf die für eine Ausnahmebewilligung nach § 69 Abs. 2 BO zu erfüllenden Tatbestandsvoraussetzungen (VwGH 27.8.2014, 2013/05/0009).

Macht ein Nachbar rechtzeitig zulässige Einwendungen gegen die Gebäudehöhe geltend und betrifft die auf § 69 BO gestützte Höhenüberschreitung bloß eine dem Nachbarn nicht zugekehrte Gebäudefront, könnte der – als Partei des Verfahrens anzusehende – Nachbar zwar eine (iSd § 133 Abs. 7 BO mit einer Beschwerde gegen die Baubewilligung verbundene) Beschwerde erheben. Mangels Verletzung seiner subjektiv-öffentlichen Rechte wäre das vom Nachbar eingewandte Recht aber nicht „verletzt“, womit die Beschwerde letztlich abzuweisen ist (vgl. VwGH 18.5.1993, 93/05/0064; 21.9.2007, 2006/05/0042; 17.12.2015, 2013/05/0142; implizit wohl auch VwGH 10.12.2013, 2010/05/0207, VwGH 27.8.2014, 2013/05/0009 und VwGH 25.6.2019, Ra 2019/05/0002). Da die Behörde bzw. das Verwaltungsgericht in einer solchen Situation nicht zu prüfen hat, ob überhaupt die Voraussetzungen für eine Anwendung der Ausnahmebestimmung des § 69 BO vorlagen, erübrigt sich eine Auseinandersetzung mit einem darauf bezogenen Vorbringen des Beschwerdeführers (vgl. VwGH 18.5.1993, 93/05/0064).

1.3. In der vorliegenden Beschwerdesache ist unstrittig, dass die Beschwerdeführerin als Miteigentümerin einer Liegenschaft, die der Bauliegenschaft gegenüberliegt und von dieser durch eine weniger als 20 m breite öffentliche Verkehrsfläche getrennt ist, – wobei sich beide Liegenschaften im Bauland befinden – als Nachbarin der projektgegenständlichen Liegenschaft anzusehen ist (vgl. § 134 Abs. 3 BO). Überdies hat die Beschwerdeführerin rechtzeitig Einwendungen gegen das Bauvorhaben erhoben – und zwar im Hinblick auf den ihrer Liegenschaft gegenüber in Erscheinung tretenden, ihrer Meinung nach zu hoch ausgeführten Dachgeschossausbau und die darauf bezogenen mit Bescheid des Bauausschusses bewilligten Abweichungen von den Bestimmungen des Bebauungsplanes (vgl. § 134a Abs. 1 lit. b BO iVm § 133 Abs. 7 BO; vgl. hierzu auch VwSlg 17.305 A/2007, wonach eine neuerliche mündliche Verhandlung eine neue Gelegenheit zur Erhebung von Einwendungen darstellt, und VwGH 25.6.2019, Ra 2019/05/0002 zu Einwendungen über die Gebäudehöhe bei Dachgeschoßausbauten). Dabei ist der Beschwerdeführerin nach Auffassung des Verwaltungsgerichtes Wien nicht zu unterstellen, dass sich ihr Vorbringen nur gegen die Gebäudehöhe auf der ihr nicht zugewandten Front des projektierten Bauwerkes (vgl. dazu ua. VwGH 18.11.2014, 2011/05/0179; 30.7.2019, Ra 2018/05/0273) oder bloß gegen die Einsehbarkeit ihrer Wohnung (vgl. hierzu VwGH 21.12.2010, 2007/05/0041) richtet; vielmehr wendet sie sich mit ihren Einwendungen im Kern (auch) gegen die Höhe des ihrer Wohnung zugekehrten Aufbaus („Die Gebäudeerhöhung stünde frontal zu meiner ausschließlich straßenseitig gelegenen Wohnung“). Hierbei kann auch auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen werden, wonach Einwendungen im Zweifel nicht so zu verstehen sind, dass sie ins Leere gehen, wenn eine aus der Sicht des Nachbarn zielführende Auslegung nahe liegt (VwGH 28.3.2006, 2005/06/0295), und es für die Parteistellung nur auf die Möglichkeit einer Rechtsverletzung ankommt, nicht aber darauf, ob diese durch das Bauvorhaben tatsächlich erfolgt und ob sich eine Beeinträchtigung gegebenenfalls als zulässig erweist (VwGH 13.12.2016, Ra 2016/05/0058).

Als Partei des beschwerdegegenständlichen Baubewilligungsverfahrens hat die Beschwerdeführerin damit einen Anspruch auf wirksame Zustellung der das Verfahren bei den belangten Behörden beendenden Bescheide. Dies betrifft sowohl den Baubewilligungsbescheid des Magistrates der Stadt Wien als auch den Bescheid des Bauausschusses über die Genehmigung von Ausnahmen iSd § 69 BO.

2. Die Bewilligung von Abweichungen nach § 69 BO ist nur auf Antrag zulässig, wobei das Ansuchen um Baubewilligung allerdings zugleich als Antrag auf Bewilligung der für das Bauvorhaben erforderlichen Abweichungen nach § 69 BO gilt (§ 133 Abs. 4 BO). Das Ermittlungsverfahren wird hierbei vom Magistrat der Stadt Wien geführt, der den Antrag auf Abweichungen gemäß § 69 BO nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens an den zuständigen Bauausschuss weiterzuleiten hat (§ 133 Abs. 2 und 5 BO). Die Zuständigkeit zur Entscheidung über die Ausnahme obliegt sodann dem Bauausschuss der örtlich zuständigen Bezirksvertretung als Behörde, deren Ausschussvorsitzender den schriftlichen Bescheid zu unterfertigen hat (§ 133 Abs. 1 Z 1, Abs. 3 und 5 BO). Der im Übrigen zur Entscheidung über das Bauvorhaben zuständige Magistrat der Stadt Wien (§ 132 Abs. 1 BO) darf die Baubewilligung erst nach der (erstinstanzlichen) Bewilligung der Abweichungen durch den Bauausschuss der Bezirksvertretung erteilen (§ 133 Abs. 7 BO).

Gegen einen Bescheid, mit dem über den Antrag auf Bewilligung von Abweichungen nach § 133 Abs. 1 Z 1 BO entschieden wird, ist eine abgesonderte Beschwerde gemäß § 133 Abs. 7 BO nicht zulässig. Die Beschwerde kann nach dieser Gesetzesstelle nur mit der Beschwerde gegen die Entscheidung über das Ansuchen um Baubewilligung (des Magistrates der Stadt Wien) verbunden werden, die sich auf die Entscheidung über Abweichungen nach § 133 Abs. 1 Z 1 BO (des Bauausschusses der örtlich zuständigen Bezirksvertretung) stützt.

3. Im Zusammenhang mit der Zuständigkeit des Bauausschusses nach § 133 BO ist die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu beachten, der zufolge eine Entscheidung des Bauausschusses (erst) dann notwendig ist, wenn die beantragten Abweichungen einer Ausnahmebewilligung nach § 69 BO zugänglich sind und das Bauansuchen nicht schon deswegen abzuweisen ist (und ein Antrag auf Bewilligung von Abweichungen gemäß § 133 Abs. 6 BO als dem Ansuchen nicht beigesetzt gilt), weil die Voraussetzungen des § 69 Abs. 1 und 2 BO nicht erfüllt sind. Kommt der Magistrat der Stadt Wien bei seiner Prüfung zum Ergebnis, dass das Bauvorhaben den Voraussetzungen des § 69 Abs. 1 und 2 BO widerspricht, ist für eine Entscheidung des Bauausschusses der örtlich zuständigen Bezirksvertretung hingegen kein Raum mehr. Dies ergibt sich nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes aus dem klaren Wortlaut des § 133 Abs. 6 BO (siehe VwGH 29.9.2015, 2012/05/0155; 2.8.2018, Ra 2018/05/0050; ebenso die Materialien zur Novelle LGBl. 25/2009: Beilage Nr. 27/2008, Zu § 69 BO; vgl. zur Rechtslage vor der Novelle LGBl. 25/2009 etwa VwGH 11.12.2001, 2001/05/0751; 21.7.2005, 2004/05/0017; 10.12.2013, 2010/05/0207; ferner VwGH 15.12.1998, 97/05/0215; 20.9.2005, 2004/05/0231; schließlich auch Moritz, Bauordnung für Wien6 [2019] § 133 BO, Zu Abs. 6, dem zufolge der Bauausschuss sodann für die Abwägung nach § 69 Abs. 3 und 4 BO zuständig ist).

In Bezug auf die geplanten Abweichungen von den Vorgaben des Bebauungsplanes ergibt sich aus den im behördlichen Verfahren eingeholten Stellungnahmen der Magistratsabteilungen 19 (vom 26. April 2019) und 21 A (vom 14. Mai 2019) nachvollziehbar und plausibel, dass diese Abweichungen aufgrund der Erfüllung der Voraussetzungen des § 69 Abs. 1 Z 3 und 4 sowie Abs. 2 und 3 BO grundsätzlich der Bewilligung einer Ausnahme gemäß § 69 BO zugänglich sind.

So verweist die Magistratsabteilung 19 in ihrer Stellungnahme darauf, dass das örtliche Stadtbild durch ein gründerzeitliches Rasterviertel geprägt sei, wobei die Bauten meist kleinteilige Dachdeckungen und klare Traufkanten aufwiesen und die Dachflächen in der Regel flächig und geschlossen seien. Diese gründerzeitliche Struktur sei allerdings durch einige angepasste Nachkriegsbauten durchsetzt. Das gegenständliche Projekt scheine nach Auffassung der Magistratsabteilung 19 ausreichend an das Haus angepasst, um im örtlichen Stadtbild nicht unangemessen aufzufallen, weshalb im Ergebnis keine Störung bzw. Beeinträchtigung des örtlichen Stadtbildes iSd § 85 BO angenommen werden könne. Die von der Abweichung von den Vorschriften des Bebauungsplanes betroffenen Bereiche seien aus dem öffentlichen Raum und auch aus halböffentlichen Hofbereichen infolge der vorhandenen Hoftrakte kaum sichtbar und aufgrund dieser Tatsache hinsichtlich ihrer Wirkung auf das örtliche Stadtbild kaum relevant. Die Herbeiführung eines den zeitgemäßen Vorstellungen entsprechenden örtlichen Stadtbildes gemäß § 69 Abs. 2 Z 3 BO könne durch die Abweichung nicht schlüssig argumentiert werden; ob eine zweckmäßigere oder zeitgemäßere Nutzung des Bauwerkes bewirkt werde, sei nicht Gegenstand dieser Stellungnahme.

Die Magistratsabteilung 21 A hielt in ihrer Stellungnahme zunächst fest, dass sich die betreffende Liegenschaft im dicht bebauten Stadtgebiet in der Nähe des Zentrums D. befinde. Die geplante Überschreitung der Gebäudehöhe für den Gang beziehe sich auf einen 2,3 m bzw. 0,4 m langen Abschnitt im Bereich der Gebäudeecke und trete lediglich untergeordnet in Erscheinung. Weder der direkte Lichteinfall noch die Bebaubarkeit von angrenzenden Liegenschaften würden dadurch beeinträchtigt. Auch die beabsichtigte Flächennutzung sowie Aufschließung würden nicht grundlegend verändert, womit das Vorhaben den – näher dargelegten – Intentionen des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes entspreche.

Vor dem Hintergrund dieser Stellungnahmen wäre in Bezug auf die geplanten Abweichungen vom Bebauungsplan – vorbehaltlich eines positiven Ergebnisses einer Abwägung der dafür und dagegen sprechenden Gründe gemäß § 69 Abs. 4 BO – grundsätzlich eine Bewilligung gemäß § 69 BO denkbar und das Bauansuchen nicht schon aus dem Grund abzuweisen, weil es hinsichtlich dieser Abweichungen den Voraussetzungen des § 69 Abs. 1 und Abs. 2 BO widerspricht.

4. Bescheidmäßige schriftliche Erledigung bedürfen zum Einen einer – den Inhalt der Erledigung festlegenden – internen Willensbildung (Genehmigung) und zum Anderen einer Bekanntgabe der Erledigung nach außen an ihre Adressaten durch entsprechende Ausfertigung (Hengstschläger/Leeb, AVG I [2014] § 18, Rz 1/1, 12, 27). Ein Mangel der Urschrift kann dabei nicht durch eine fehlerfreie Ausfertigung saniert werden (

Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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