TE Vwgh Erkenntnis 2012/2/24 2011/02/0353

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Veröffentlicht am 24.02.2012
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren
90/01 Straßenverkehrsordnung

Norm

AVG §52
StVO 1960 §5 Abs2
StVO 1960 §99 Abs1 litb

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gall und die Hofräte Dr. Beck und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Becker, über die Beschwerde des Christian Dengg in Dornbirn, vertreten durch die Winkler Heinzle Nagel Rechtsanwaltspartnerschaft in 6900 Bregenz, Gerberstraße 4, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 6. Oktober 2011, Zl. UVS 1 678/E5 2011, betreffend Übertretung der StVO 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von € 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Beschwerdeführer schuldig erachtet, er habe sich am 4. Mai 2011 um 17.15 Uhr in S nach Aufforderung eines besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organs der Straßenaufsicht geweigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl er im Verdacht gestanden sei, dass sein Verhalten als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Fahrzeuges am angeführten Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei. Er habe dadurch § 99 Abs. 1 lit. b iVm § 5 Abs. 2 StVO 1960 übertreten, weshalb über ihn eine von der belangten Behörde auf € 1.800,herab gesetzte Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe auf 340 Stunden herab gesetzt) verhängt wurde.

In der Begründung gab die belangte Behörde den Verfahrensgang wieder und stellte auf Grund der Ergebnisse der bei ihr durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung fest, von Revierinspektor C sei beim Beschwerdeführer am 4. Mai 2011 um 17.15 Uhr ein Geruch der Atemluft nach Alkohol wahrgenommen worden, weshalb er ihm zur Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt aufgefordert habe, weil der Beschwerdeführer im Verdacht gestanden habe, zuvor als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Fahrzeuges mit einem um 17.00 Uhr stattgefundenen Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang gestanden zu sein. Der Beschwerdeführer habe die Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt dadurch verweigert, dass er sich nach der Aufforderung zur Atemluftuntersuchung trotz ausdrücklicher Belehrung darüber, dass er bis zur Ablegung des Alkotestes nichts zu sich nehmen dürfe, insbesondere weder Speisen noch Getränke, zur Fahrerkabine des von ihm zuvor gelenkten Fahrzeuges begeben und einen Kaugummi in den Mund genommen habe. Als Erklärung für dieses Verhalten habe der Beschwerdeführer angegeben, dies deshalb getan zu haben, weil er nicht habe wollen, dass der Alkoholgeruch wahrnehmbar sei.

Die Feststellungen stützte die belangte Behörde in ihrer Beweiswürdigung auf die Aussage des die Amtshandlung leitenden Revierinspektors C, der von der Bezirksleitstelle B darüber informiert worden sei, dass ein Fahrzeuglenker (der Beschwerdeführer) einen Verkehrsunfall gehabt habe, bei dem er ohne anzuhalten weitergefahren sei. Es sei ihm auch mitgeteilt worden, dass der Lenker dieses Fahrzeuges in Schlangenlinien fahre und es immer wieder zu gefährlichen Situationen komme. Auf Grund der überzeugenden und sicheren Angaben des Revierinspektors C stehe für die belangte Behörde entgegen der diesbezüglichen Verantwortung des Beschwerdeführers fest, dass der Beschwerdeführer von Revierinspektor C nach der Aufforderung zur Atemluftuntersuchung belehrt worden sei, vor Beginn der Atemluftuntersuchung nichts zu sich nehmen zu dürfen, insbesondere keine Getränke und Speisen; außerdem sei ihm das Rauchen untersagt worden.

Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung trug die belangte Behörde als Feststellung nach, die Verwendungsbestimmungen des für die Atemluftuntersuchung vorgesehenen Alkomaten der Marke Dräger würden als Vorbedingung für die Atemalkoholmessung unter anderem vorsehen, dass die Testperson in einer Zeitspanne von mindestens 15 Minuten vor Beginn der Atemluftuntersuchung keine Flüssigkeiten, Nahrungs- und/oder Genussmittel, Medikamente oder dergleichen (zB Mundsprays) zu sich nehmen dürfe. Durch das Kauen des Fruchtgummisso die belangte Behörde in ihrer rechtlichen Beurteilung weiterhabe der Beschwerdeführer ein Verhalten gesetzt, dass ihm untersagt worden sei und das zu einer Verfälschung des Messergebnisses hätte führen können. Das Verhalten des Beschwerdeführers sei daher als Verweigerung zu werten. Nach weiteren rechtlichen Überlegungen begründete die belangte Behörde die Höhe der von ihr verhängten Geldstrafe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Dazu hat sich der Beschwerdeführer geäußert.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Soweit für den Beschwerdefall maßgebend lauten § 5 Abs. 2 und § 99 Abs. 1 lit. b StVO 1960 auszugsweise:

"§ 5. Besondere Sicherungsmaßnahmen gegen Beeinträchtigung durch Alkohol.

...

(2) Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht sind berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Sie sind außerdem berechtigt, die Atemluft von Personen,

2. bei denen der Verdacht besteht, dass ihr Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen."

"§ 99 Strafbestimmungen.

(1) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe ... zu bestrafen,

...

b) wer sich bei Vorliegen der in § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen oder sich vorführen zu lassen, oder sich bei Vorliegen der bezeichneten Voraussetzungen nicht der ärztlichen Untersuchung unterzieht, ..."

Nach ständiger Rechtsprechung gilt als Weigerung, sich dem Atemalkoholtest zu unterziehen, ein Verhalten des Untersuchten, das das Zustandekommen des vorgesehenen Tests verhindert. Ein solches ist auch darin zu erblicken, dass der Probandtrotz vorheriger Belehrungein Verhalten setzt, dass zu einer Verfälschung des Messergebnisses führen kann (vgl. das Erkenntnis vom 25. November 2005, Zl. 2005/02/0254, mwN).

Der Betroffene hat die von den Organen der Straßenaufsicht erforderlichen Anordnungen, soweit dies nicht unzumutbar ist, zu befolgen. Wenn derartigen zumutbaren Anordnungen nicht unverzüglich Folge geleistet wird, bedeutet dies eine Verweigerung der im Gesetz normierten Pflicht, sich dem besagten Test zu unterziehen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 30. Mai 2007, Zl. 2003/03/0155, mwN).

In seiner Rechtsrüge bringt der Beschwerdeführer vor, die festgestellte Belehrungdes Polizisten habe das Kauen eines Kaugummis nicht umfasst.

Auf der Grundlage des von der belangten Behörde festgestellten Sachverhaltes besteht kein Zweifel, dass der Beschwerdeführer durch das Kauen eines (Frucht)Kaugummis gegen die Anordnung des einschreitenden Beamten, nichts bzw. keine Speisen und Getränke zu sich zu nehmen, verstoßen hat. Dem Beschwerdeführer musste nämlich auf Grund dieser Anordnung klar sein, dass unter einem "Zu sich nehmen" auch das in den Mund Stecken und Kauen eines Kaugummis fällt. Es bedurfte keiner ausdrücklichen Aufforderung, keinen Kaugummi zu kauen, zumal bei verständiger Würdigung der festgestellten Anordnung, nichts bzw. keine Speisen und Getränke zu sich zu nehmen, es selbstverständlich ist, dass darunter auch das Kauen eines Kaugummis zu verstehen ist, von dem nicht auszuschließen ist, dass das Untersuchungsergebnis verfälscht werden kann. Ausgehend von den Feststellungen im angefochtenen Bescheid durfte daher zu Recht von einer Verweigerung ausgegangen werden.

Der im Rahmen der Verfahrensrüge vom Beschwerdeführer angesprochene vermeintliche Widerspruch zwischen dem Akteninhalt und der Feststellung, der Beschwerdeführer sei darüber belehrt worden, nichts mehr zu sich nehmen zu dürfen, ist nicht zu sehen. Die Feststellung wird durch die Angaben des Zeugen Revierinspektor C vor der belangten Behörde getragen, weshalb die behauptete Aktenwidrigkeit nicht vorliegt.

Rügt der Beschwerdeführer die Beweiswürdigung der belangten Behörde dahin, dass diese einseitig der Darstellung des Revierinspektors C gefolgt sei und dies pauschal damit begründet habe, dass die Angaben des Polizisten "überzeugend" und "sicher" gewesen seien, ist er einerseits auf die detaillierte und ausgewogene Beweiswürdigung der belangten Behörde zu verweisen und auf den Umstand, dass der Verwaltungsgerichtshof nicht berechtigt ist, eine Beweiswürdigung der belangten Behörde mit der Begründung zu verwerfen, dass auch ein anderer Ablauf der Ereignisse bzw. ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. etwa das Erkenntnis vom 25. Juni 2008, Zl. 2007/02/0360).

Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs erblickt der Beschwerdeführer darin, dass die Betriebsanleitung des in Aussicht genommenen Alkomaten nicht in das Verfahren Eingang gefunden hat und er zu dieser Betriebsanleitung keine Stellung beziehen konnte.

Dieser Vorwurf trifft zu, allerdings verabsäumt der Beschwerdeführer, die Relevanz dieses allfälligen Verfahrensmangels aufzuzeigen. Allein die Behauptung, bei ausreichender Gewährung des Parteiengehörs hätte festgestellt werden können, dass auf Grund der Betriebsanleitung des Alkomaten die Einnahme von Fruchtkaugummi nicht untersagt sei, reicht für die Annahme der Wesentlichkeit eines Verfahrensfehlers nicht aus. Wie bereits ausgeführt, gehört das Kauen eines Kaugummis zu den in der Betriebsanleitung, dessen festgestellter Inhalt in der Beschwerde nicht bestritten wird, verbotenen Verhaltensweisen vor einer Atemluftuntersuchung. Eine nähere Begründung für die Feststellung einer davon abweichenden Ansicht wird in der Beschwerde nicht dargetan.

Soweit der Beschwerdeführer zur Frage der möglichen Beeinflussung des Messergebnisses durch die Einnahme des Kaugummis ausführt, es wäre ein Sachverständigengutachten einzuholen gewesen, ist er darauf zu verweisen, dass für die Beurteilung der Verweigerung des Alkotests die Feststellung ausreicht, dass ein Verhalten zu einer Verfälschung des Messergebnisses führen kann. Der Beiziehung eines Sachverständigen zur Klärung der Frage, ob allenfalls doch entgegen der Bedienungsanleitung ein verwertbares Resultat beim Atemalkoholtest zu erzielen gewesen wäre, war daher nicht erforderlich (vgl. das schon zitierte Erkenntnis vom 25. November 2005).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, 24. Februar 2012

Schlagworte

Alkotest Verweigerung Sachverständiger Entfall der Beiziehung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2012:2011020353.X00

Im RIS seit

02.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

03.09.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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