TE Vwgh Erkenntnis 1997/12/18 95/18/1300

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Veröffentlicht am 18.12.1997
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1993 §18 Abs2 Z2;
FrG 1993 §19;
FrPolG 1954;
VStG §31 Abs3;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 96/18/0088

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Rigler, Dr. Handstanger und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerden des M, vertreten durch Dr. Michael Vallender, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rotenturmstraße 5-9, gegen die Bescheide der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 14. August 1995, Zl. SD 1057/95, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes (hg. Zl. 96/18/0088) bzw. betreffend Feststellung gemäß § 54 Abs. 1 des Fremdengesetzes (hg. Zl. 95/18/1300), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1.1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 14. August 1995 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 2 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.

Der Beschwerdeführer sei im Dezember 1989 nach Österreich eingereist. Der ihm zuletzt erteilte Sichtvermerk habe am 24. November 1991 seine Gültigkeit verloren. Der "Verlängerungsantrag" sei mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien am 31. Jänner 1994, rechtskräftig seit 8. Februar 1994, abgewiesen worden. Seit "diesem Zeitpunkt" befinde sich der Beschwerdeführer illegal im Bundesgebiet. Mit Strafverfügung vom 2. Jänner 1992 sei der Beschwerdeführer wegen Aufenthaltes ohne Sichtvermerk rechtskräftig bestraft worden, jedoch "sei das Verfahren wegen Vollstreckungsverjährung eingestellt" worden. Mit Straferkenntnis vom 10. Mai 1995 sei der Beschwerdeführer neuerlich wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet rechtskräftig bestraft worden. Mit Bescheid vom 17. Mai 1995 sei gegen den Beschwerdeführer gemäß § 17 Abs. 1 FrG die Ausweisung verfügt worden.

Mit Straferkenntnis des "Bezirkspolizeikommissariates Innere Stadt" vom 27. Juli 1993 sei der Beschwerdeführer wegen § 64 Abs. 5 KFG und vom "Bezirkspolizeikommissariat Hernals" (abgesehen von einer Bestrafung wegen Art. IX Abs. 1 und Abs. 5 EGVG und wegen § 24 Abs. 1 StVO 1960) insgesamt neun Mal wegen Übertretung des § 103 Abs. 2 KFG rechtskräftig bestraft worden. Die zahlreichen Übertretungen des § 103 Abs. 2 KFG, mit denen der Beschwerdeführer immer wieder seine Verpflichtung als Zulassungsbesitzer verletzt habe, der Behörde auf Verlangen Auskunft zu erteilen, wer sein Kraftfahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt gelenkt habe, stellten ebenso wie das vorsätzliche Lenken eines Fahrzeuges mit einer unzulässigen Lenkerberechtigung schwerwiegende Verwaltungsübertretungen dar. Die in der Berufung vertretene Auffassung, daß es sich bei den neun Übertretungen des § 103 Abs. 2 KFG ohnehin nur um geringfügige Verwaltungsübertretungen handle, könne von der belangten Behörde nicht geteilt werden. Darüber hinaus sei der Beschwerdeführer vom "Magistratischen Bezirksamt für den

16. Bezirk" am 21. Februar 1995 wegen unbefugter Gewerbeausübung rechtskräftig bestraft worden. Auch diese Gesetzesverletzung stelle eine schwerwiegende Verwaltungsübertretung dar.

Die Erstbehörde sei daher zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, daß die Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG gegeben seien. Das den Bestrafungen zugrundeliegende Gesamtfehlverhalten des Beschwerdeführers und die dadurch bewirkte Beeinträchtigung der "öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Kraftfahrwesens und der Verkehrssicherheit" rechtfertigten auch die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme. In einem solchen Fall sei gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot zur erlassen, wenn dem nicht die Bestimmungen der §§ 19 und 20 FrG entgegenstünden.

In diesem Zusammenhang sei im Hinblick darauf, daß sich der Beschwerdeführer seit Dezember 1989 in Österreich aufhalte (wobei sein legaler Aufenthalt bereits am 24. November 1991 geendet habe), und auch seine Tochter, für die er sorgepflichtig sei, hier lebe (eine Lebensgemeinschaft (nach dem Akteninhalt mit einer Österreicherin) falle jedoch nicht in den Schutzbereich des § 19 FrG) und der Beschwerdeführer in Österreich eine Firma gegründet habe, von einem mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen relevanten Eingriff in sein Privat- und Familienleben auszugehen gewesen. Dessen ungeachtet sei aber die gegen ihn gerichtete fremdenpolizeiliche Maßnahme zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele - hier:

"zur Verhinderung strafbarer Handlungen sowie im Interesse der Verkehrssicherheit sowie zur Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens" - dringend geboten und daher zulässig.

Dem Beschwerdeführer lägen nicht nur zahlreiche Verstöße gegen kraftfahrrechtliche Bestimmungen zur Last, sondern er befinde sich darüber hinaus seit 25. November 1991 illegal in Österreich, was insofern schwer wiege, als durch dieses Verhalten sehr deutlich zum Ausdruck komme, daß der Beschwerdeführer keinerlei Bedenken habe, sich (auch) über die für ihn maßgebenden fremdenrechtlichen Bestimmungen in geradezu beharrlicher Weise hinwegzusetzen. Den für den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und der Befolgung durch die Normadressaten komme aber aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (auf dem Gebiet des Fremdenwesens) ein besonders hoher Stellenwert zu. Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes gegen den Beschwerdeführer sei daher als zulässig im Grunde des § 19 FrG zu erachten.

Im Lichte dieser Beurteilung habe auch die gemäß § 20 Abs. 1 FrG vorzunehmende Interessenabwägung zu Ungunsten des Beschwerdeführers ausfallen müssen, zumal das Ausmaß der Integration des Beschwerdeführers aufgrund seines nur zwei Jahre dauernden legalen Aufenthaltes nicht so groß sei, daß es die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes unzulässig erscheinen ließe. Demnach sei den öffentlichen Interessen, die an der Erlassung des Aufenthaltsverbotes bestünden, das maßgeblichere Gewicht beizumessen als den damit verbundenen Auswirkungen auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner (minderjährigen) Tochter, zumal der Beschwerdeführer einer Unterhaltsverpflichtung auch aus dem Ausland nachzukommen vermöge. Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes gegen den Beschwerdeführer erweise sich demnach auch im Grunde des § 20 Abs. 1 FrG als zulässig.

Was die Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes betreffe, so sei das Aufenthaltsverbot unter Bedachtnahme auf die Bestimmung des § 21 Abs. 1 FrG mit fünf Jahren zu befristen gewesen. Dieser Zeitraum erscheine notwendig, um dem Beschwerdeführer dahin zu bringen, daß er die in Österreich geltenden Rechtsvorschriften beachtet.

1.2. Gegen diesen Bescheid richtete der Beschwerdeführer zunächst eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser Gerichtshof trat die Beschwerde nach Ablehnung ihrer Behandlung dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab (Beschluß vom 27. November 1995, B 3001/95). In den an den Verwaltungsgerichtshof (zur Zl. 96/18/0088) gerichteten Beschwerdeausführungen begehrte der Beschwerdeführer die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

2.1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 14. August 1995 wurde aufgrund des Antrags des Beschwerdeführers gemäß § 54 Abs. 1 FrG festgestellt, daß keine stichhältigen Gründe für die Annahme bestünden, daß er in der Türkei gemäß § 37 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG bedroht sei. Gemäß § 54 FrG habe die Behörde auf Antrag eines Fremden mit Bescheid festzustellen, ob stichhältige Gründe für die Annahme bestünden, daß dieser Fremde in einem von ihm bezeichneten Staat gemäß § 37 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG bedroht sei. Diesen Gesetzesstellen zufolge sei die Abschiebung eines Fremden in einen Staat unzulässig, wenn stichhältige Gründe für die Annahme bestünden, daß er Gefahr liefe, dort einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe unterworfen zu werden (Abs. 1) bzw. daß dort sein Leben oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Ansichten bedroht wären (Abs. 2).

Dabei stelle zweifellos das Vorbringen des Beschwerdeführers die zentrale Entscheidungsgrundlage dar, wobei es ihm obliege, alles Zweckdienliche vorzubringen, um das Vorliegen der Voraussetzungen des § 37 FrG prüfbar und nachvollziehbar zu machen. Dieses Vorbringen habe die Behörde auf ihre Stichhältigkeit hin zu überprüfen. Als stichhältig könnten Angaben im allgemeinen dann nicht angesehen werden, wenn diese so allgemein und abstrakt seien, daß sie einer Überprüfung nicht zugänglich seien, sodaß sie auch nicht als glaubwürdig angesehen werden könnten, oder wenn die Ausführungen mit den der Erfahrung entsprechenden Geschehnisabläufen nicht vereinbar und daher unwahrscheinlich seien oder wenn die Ausführungen sonst das Vorliegen der Voraussetzungen des § 37 FrG nicht erkennen ließen.

Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme am 26. April 1995 habe der Beschwerdeführer angegeben, daß er in seiner Heimat weder strafrechtlich noch politisch noch im Sinne des § 37 FrG verfolgt würde. Im Gegensatz zu diesen Ausführungen behaupte der Beschwerdeführer im vorliegenden Antrag, "offensichtlich unter dem Eindruck des drohenden Aufenthaltsverbotes", daß in seinem Heimatland sein Leben und seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse und seiner Religion bedroht wären sowie daß er Gefahr liefe, dort einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe unterworfen zu werden, da er Kurde wäre und seinen Wehrdienst noch nicht abgeleistet hätte (da er damit vor einem unlösbaren Gewissenskonflikt stünde, wenn er gegen kurdische Widerstandskämpfer und auch gegen die Zivilbevölkerung vorgehen müßte) und daher im Falle seiner Rückkehr mit einer mehrjährigen Freiheitsstrafe zu rechnen hätte. Weiters weise der Beschwerdeführer auf die inhumanen Haftbedingungen in türkischen Gefängnissen hin, da dort - laut einem Bericht von amnesty international - Folter angewendet würde und die Zahl der in Haft verstorbenen Gefangenen noch weiter gestiegen wäre. In der Berufung vom 1. August 1995 behaupte der Beschwerdeführer, daß gerade dann ein Verfolgungsgrund bestehe, wenn sich Kurden dem Militärdienst entzögen und daß ihm deshalb eine Haftstrafe von drei Jahren drohte. Weiters würden vom türkischen Innenministerium "special teams" gebildet, die aus kurdisch sprechenden Mitgliedern bestünden und die dann als "Spione" in kurdische Dörfer "eingeschleust" würden, um sich als "Guerillaanhänger der PKK" auszugeben. Der Beschwerdeführer berichte von Exekutionen an Kurden und daß sich die Aggressionshandlungen mittlerweile nicht mehr ausschließlich gegen "PKK-Mitglieder", sondern auch gegen "einfache Kurden" richteten.

Die gesamten Ausführungen seien derart allgemein gehalten, daß eine konkrete persönliche Verfolgung des Beschwerdeführers nicht ersichtlich sei. Die Verpflichtung zum Militärdienst stelle keine Verfolgung dar, da die erforderliche Verfolgungsmotivation nicht gegeben sei, wenn staatliche Maßnahmen der Durchsetzung staatsbürgerlicher Pflichten dienten. In diesem Sinne stelle die Militärdienstpflicht und deren Sicherstellung durch Strafandrohung eine auf "einem originären und souveränen staatlichen Recht beruhende legitime Maßnahme" dar, weshalb eine unter Umständen auch strenge Bestrafung wegen Wehrdienstverweigerung als solche keine Verfolgung im Sinne des § 37 FrG darstelle. Tatsache sei, daß Desertion in den meisten Staaten (auch in Österreich) strafgerichtlich verfolgt werde. Daraus lasse sich - zumal dafür auch in der Türkei eine unmenschliche Strafe oder die Todesstrafe nicht vorgesehen sei (was auch in der Berufung nicht behauptet werde) - eine Bedrohung im Sinne des § 37 FrG nicht ableiten. Daran vermöge der Umstand allein, daß der Beschwerdeführer Kurde sei, nichts zu ändern. Abgesehen davon habe der Beschwerdeführer bislang auch keinen Beweis dafür erbracht, daß er zum Militärdienst einberufen worden sei. Ebenso könne nicht von vornherein davon ausgegangen werden, daß dem Beschwerdeführer sonst eine unmenschliche Behandlung allein aufgrund der Haftbedingungen, die in türkischen Gefängnissen üblich seien, drohe. Bezüglich der vom Beschwerdeführer behaupteten "Folterpraxis" sei zu sagen, daß Übergriffe von Einzelpersonen nicht als vom Staat initiierte Verfolgungshandlungen anzusehen seien. "Die theoretisch bestehende Gefahr, als Spion in ein kurdisches Dorf eingeschleust zu werden", reiche nicht aus, eine Bedrohung des Beschwerdeführers im Sinn des § 37 FrG darzustellen. Dem Beschwerdeführer sei es sohin nicht gelungen, eine konkrete persönliche Verfolgung glaubhaft darzulegen. Angesichts des gegebenen Sachverhaltes sei die Erstbehörde zu Recht davon ausgegangen, daß keine stichhältigen Gründe für die Annahme objektiviert werden könnten, daß der Beschwerdeführer derzeit in der Türkei gemäß § 37 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG bedroht sei.

2.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die zu

Zl. 95/18/1300 eingebrachte Beschwerde mit dem Begehren, diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde.

II.

Über diese Beschwerden hat der Verwaltungsgerichtshof nach Verbindung zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung wegen des sachlichen und persönlichen Zusammenhanges erwogen:

1. Zur Beschwerde gegen den Bescheid betreffend die Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes:

1.1. Unbestritten bleiben die Feststellungen im angefochtenen Bescheid, daß der Beschwerdeführer im Jahr 1992 nach dem Fremdenpolizeigesetz sowie im Jahr 1995 nach dem Fremdengesetz wegen unberechtigten Aufenthaltes rechtskräftig bestraft worden ist. Damit hat der Beschwerdeführer den Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 2 zweiter Fall FrG - die Übertretung des Fremdenpolizeigesetzes ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes einer Übertretung des Fremdengesetzes gleichzuhalten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Oktober 1993, Zl. 93/18/0473, mwH) - erfüllt. Daß - nach Ausweis des Verwaltungsaktes - die Vollstreckung der rechtskräftigen Bestrafung wegen Übertretung des Fremdenpolizeigesetzes wegen Vollstreckungsverjährung eingestellt wurde, ändert nichts daran, daß im Sinn des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG eine rechtskräftige Bestrafung vorliegt. Daher braucht - wenn auch der Beschwerde einzuräumen ist, daß entgegen der Rechtsauffassung der belangten Behörde eine Bestrafung nach § 103 Abs. 2 KFG nicht als schwerwiegende Verwaltungsübertretung im Sinn des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG einzustufen ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 1995, Zl. 94/18/1021) - der Frage, ob die - ebenfalls nicht bestrittenen - rechtskräftigen Bestrafungen wegen Übertretung des § 64 Abs. 5 KFG bzw. des § 366 Abs. 1 Z. 1 der Gewerbeordnung 1994 den Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG erfüllen, nicht weiter nachgegangen zu werden.

Die Beschwerde läßt unbekämpft, daß die belangte Behörde im Beschwerdefall die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme für gerechtfertigt erachtet hat; dies ist - wie die belangte Behörde zutreffend erkannt hat - mit Rücksicht auf das den zahlreichen Bestrafungen, zu denen auch die vorher genannten, jedenfalls unbestritten gebliebenen Verstöße gegen das KFG (§ 64, § 103) und gegen die Gewerbeordnung zählen, zugrunde liegende Gesamtfehlverhalten nicht als rechtswidrig zu erkennen.

1.2.1. Die Beschwerde bekämpft die von der Behörde vorgenommene Interessenabwägung nach § 20 Abs. 1 FrG. Die belangte Behörde sei ausgehend von der Annahme, daß die Integration des Beschwerdeführers nicht so groß sein könne, weil sich dieser nur zwei Jahre lang legal in Österreich aufgehalten habe, zu dem unrichtigen Ergebnis gelangt, daß im Beschwerdefall die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zulässig wäre. Der Beschwerdeführer habe mit einer österreichischen Staatsbürgerin, "mit der auch eine spätere Eheschließung geplant" gewesen sei, eine gemeinsame minderjährige Tochter, weiters habe der Beschwerdeführer in Österreich eine Firma gegründet. Auch dürfe die Beziehung zwischen Vater und Kind nicht - wie dies die belangte Behörde getan hätte - "bloß auf die Unterhaltsverpflichtung reduziert" werden, sondern es gäbe "zumindest gleichrangige Pflichten", deren Erfüllung vom Ausland aus gerade nicht möglich wäre. Der Beschwerdeführer verfüge daher über ganz "intensive Bindungen" zu Österreich, er sei hier wirtschaftlich und sozial vollständig integriert, woran der Umstand, daß sich ein Teil seines Aufenthaltes in Österreich als illegal darstelle, nichts zu ändern vermöge.

1.2.2. Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides im Grunde der §§ 19 und 20 FrG auf. Wenn auch die Auffassung der belangten Behörde, daß eine Lebensgemeinschaft schlechthin nicht unter den Schutzbereich des § 19 FrG falle, verfehlt ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 30. April 1996, Zl. 95/18/0667), ist es nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die Behörde die Erlassung des Aufenthaltsverbotes nach § 19 FrG für dringend geboten erachtete, weil der Beschwerdeführer durch das seinen besagten rechtskräftigen Bestrafungen zugrunde liegende Gesamtfehlverhalten gravierend gegen öffentliche Interessen verstoßen hat, die vom Art. 8 Abs. 2 MRK erfaßt sind (öffentliche Ordnung im Bereich des Fremdenwesens und des Verkehrswesens). Die Ansicht der belangten Behörde, daß auch § 20 Abs. 1 FrG der Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht entgegenstehe, ist ebenfalls nicht rechtswidrig. Der Beschwerdeführer hat nämlich durch seinen etwa dreidreivierteljährigen unberechtigten Aufenthalt (bei einer Aufenthaltsdauer von insgesamt etwa fünf Jahren und neun Monaten) gegen das nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) einen hohen Stellenwert aufweisende öffentliche Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden durch die Normadressaten (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung etwa das Erkenntnis vom 4. September 1997, Zl. 97/18/0373, mwH) gravierend verstoßen, wobei er sich an der Weiterführung seines unberechtigten Aufenthaltes weder durch die Abweisung seines Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung noch durch seine (zweimalige) rechtskräftige Bestrafung wegen unberechtigten Aufenthaltes in Österreich abhalten ließ. Angesichts dessen kommt einer aus der Dauer seines Aufenthaltes sowie seiner beruflichen Tätigkeit (allenfalls) abzuleitenden Integration kein entscheidendes Gewicht zu, zumal auch die für die Integration wesentliche soziale Komponente mit Rücksicht auf die zahlreichen strafbaren Handlungen des Beschwerdeführers gemindert ist. Dem Einwand, dem Beschwerdeführer oblägen als Vater gegenüber seiner Tochter Verpflichtungen, deren Erfüllung vom Ausland aus gerade nicht möglich sei, ist entgegenzuhalten, daß dies zum einen angesichts des Aufenthaltsverbotes in Kauf genommen werden muß und zum anderen von der Beschwerde nicht dargetan wird, weshalb der Beschwerdeführer von seiner Tochter nicht im Ausland besucht bzw. auch dorthin begleitet werden könnte.

1.3. Wenn die Beschwerde kritisiert, daß die Erstbehörde gegen den Beschwerdeführer zunächst (etwa eineinhalb Monate vor Erlassung des Aufenthaltsverbotsbescheides) eine Ausweisung erlassen habe, ist ihr entgegenzuhalten, daß die belangte Behörde nach dem Wortlaut des § 18 FrG ein Aufenthaltsverbot zu erlassen hatte, wenn - wie im Beschwerdefall - die von dieser Bestimmung verlangten Voraussetzungen vorlagen und die §§ 19 und 20 FrG dem Aufenthaltsverbot nicht entgegengestanden.

1.4. Da bereits der Beschwerdeinhalt erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

2. Zu den Beschwerdeausführungen gegen die Abweisung des Antrages auf Feststellung gemäß § 54 Abs. 1 FrG:

2.1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Fremde im Rahmen eines Feststellungsverfahrens nach § 54 FrG das Bestehen einer aktuellen, also im Fall der Abschiebung des Fremden in den von seinem Antrag erfaßten Staat dort gegebenen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten Bedrohung im Sinn des § 37 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (vgl. etwa das Erkenntnis vom 13. November 1997, Zl. 96/18/0612).

2.2. Soweit die Beschwerde auf eine allgemein in Fällen der Haft wegen Wehrdienstverweigerung (behauptetermaßen) gegebene Situation abstellt, ist dieses Vorbringen nicht geeignet, eine Bedrohung der genannten Art glaubhaft zu machen. Es läßt nämlich mangels Darlegung konkreter, die Person des Beschwerdeführers betreffender einschlägiger Fakten keinen Schluß auf die Annahme zu, der Beschwerdeführer hätte im Fall seiner Rückkehr in sein Heimatland dort mit der Gefahr unmenschlicher Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe (§ 37 Abs. 1 FrG) oder/und mit der Bedrohung seines Lebens oder seiner Freiheit aus den im § 37 Abs. 2 leg. cit. genannten Gründen zu rechnen. Dies schon deshalb, weil es der Beschwerdeführer unterlassen hat, seine Behauptung, er habe in der Türkei den Wehrdienst noch nicht abgeleistet (nur für diesen Fall käme sein Vorbringen für eine Gefährdung oder/und Bedrohung im Sinn des § 37 Abs. 1 und 2 FrG überhaupt zum Tragen), in dem genannten Sinne glaubhaft zu machen.

2.3. Weiters macht die Beschwerde unter dem Titel der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gegen den angefochtenen Bescheid geltend, daß die Behörde - obwohl der Beschwerdeführer in seinem Antrag nach § 54 Abs. 1 FrG auf einem Bericht von amnesty international hingewiesen habe - entgegen den §§ 37 und 39 Abs. 2 AVG jedwede Ermittlung über die Behandlung, welcher Angehörige der kurdischen Volksgruppe in türkischen Gefängnissen unterzogen würden, unterlassen habe; die Behörde wäre für den Fall, daß sie nicht über die entsprechende Sachkenntnis verfüge, verpflichtet gewesen, diesbezüglich die erforderlichen Auskünfte einzuholen. Vor dem Hintergrund der Ausführungen im Punkt II.2.2. ist diese Verfahrensrüge nicht zielführend.

2.4. Mit dem Einwand, der angefochtene Bescheid stehe mit dem Akteninhalt deswegen in Widerspruch, weil der Beschwerdeführer den Antrag nach § 54 Abs. 1 FrG nicht - wie im angefochtenen Bescheid ausgeführt - offensichtlich unter dem Eindruck des drohenden Aufenthaltsverbotes gestellt haben könne, da ihm zum Zeitpunkt der Antragstellung lediglich eine Ausweisung gedroht habe, ist für die Beschwerde schließlich deshalb nichts gewonnen, weil dieses Vorbringen im Lichte des § 54 Abs. 2 FrG, wonach der Antrag nach § 54 Abs. 1 FrG sowohl während eines Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung als auch während eines Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gestellt werden kann, nicht geeignet ist, die aktenwidrige Annahme des Sachverhaltes in einem wesentlichen Punkt (§ 42 Abs. 2 Z. 3 lit. a VwGG) darzutun.

2.5. Da sich nach dem Gesagten die Beschwerde gegen den Bescheid betreffend die Feststellung nach § 54 Abs. 1 FrG als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

3. Der Spruch betreffend den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1995181300.X00

Im RIS seit

03.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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