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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pelant und den Hofrat Dr. Sulzbacher als Richter sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Eraslan, über die Revision der B G, zuletzt in W, vertreten durch Dr. Rudolf Mayer, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Universitätsstraße 8/2, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. März 2020, G310 2218693-1/4E, betreffend Rückkehrentscheidung samt Nebenaussprüchen und Einreiseverbot (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Die Revisionswerberin, eine serbische Staatsangehörige, ist nach den Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts im angefochtenen Erkenntnis seit dem 11. Oktober 2011 durchgehend mit Wohnsitz in Österreich gemeldet, ohne über einen Aufenthaltstitel zu verfügen.
2 Am 3. September 2017 wurde sie bei der Arbeit in einer Restaurantküche ohne arbeitsmarktrechtliche Bewilligung betreten.
3 Daraufhin leitete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) ein Aufenthaltsbeendigungsverfahren ein und sprach mit Bescheid vom 29. März 2019 aus, dass der Revisionswerberin ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt werde. Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 52 Abs. 1 Z 1 FPG wurde eine Rückkehrentscheidung und gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG ein auf zwei Jahre befristetes Einreiseverbot erlassen. Unter einem wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG die Zulässigkeit der Abschiebung nach Serbien festgestellt und gemäß § 55 Abs. 4 FPG eine Frist von vierzehn Tagen für die freiwillige Ausreise gewährt. Begründet wurde die Entscheidung im Wesentlichen mit dem unrechtmäßigen Aufenthalt in Österreich, der jahrelangen illegalen Arbeit (§ 53 Abs. 2 Z 7 FPG) und den geringen Mitteln, die der Revisionswerberin zur Verfügung stünden (§ 53 Abs. 2 Z 6 FPG).
4 Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab.
5 Das Bundesverwaltungsgericht stellte fest, dass die Revisionswerberin geschieden sei und erwachsene Kinder habe, die bei deren Vater in Österreich lebten. Auch ihre Schwester und ihr Bruder lebten in Wien. Ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels vom 8. Februar 2013 sei am 20. Oktober 2014 abgewiesen worden. Eine neuerliche Antragstellung sei bisher nicht erfolgt. Die Revisionswerberin sei mehreren Beschäftigungen nachgegangen, ohne über eine arbeitsmarktrechtliche Bewilligung zu verfügen.
6 Die Revisionswerberin habe die Bedingungen für den visumfreien Aufenthalt nicht eingehalten und sich - nach zuletzt am 16. August 2017 erfolgter Einreise in den Schengenraum - unrechtmäßig in Österreich aufgehalten.
7 Im Hinblick auf die Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG führte das Bundesverwaltungsgericht aus, dass ein unverhältnismäßiger Eingriff in das Familienleben der Revisionswerberin nicht vorliege, weil ihre Kinder schon erwachsen seien und beim Vater lebten. Die Revisionswerberin werde von ihren Angehörigen finanziell unterstützt, habe aber keinen Rechtsanspruch darauf. Ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis liege nicht vor. Zu Serbien, wo sie einen großen Teil ihres Lebens verbracht habe, habe die Revisionswerberin noch Bindungen. In einer Gesamtbetrachtung ergebe sich, dass die privaten und familiären Bindungen der Revisionswerberin in Österreich das öffentliche Interesse an ihrer Aufenthaltsbeendigung nicht überwögen.
8 Das Einreiseverbot begründete das Bundesverwaltungsgericht damit, dass die Revisionswerberin nicht das Vorhandensein ausreichender Unterhaltsmittelnachgewiesen habe. Außerdem sei sie bei einer Beschäftigung ohne arbeitsmarktbehördliche Bewilligung angetroffen worden, der sie bereits seit knapp einem Jahr nachgegangen sei. Dies lasse darauf schließen, dass sie vorgehabt habe, noch länger unrechtmäßig im Bundesgebiet zu verbleiben und gegen fremden- und beschäftigungsrechtliche Vorschriften zu verstoßen.
9 Damit seien die Voraussetzungen für die Erlassung eines bis zu fünfjährigen Einreiseverbots erfüllt. Die vom BFA festgesetzte Dauer von zwei Jahren sei trotz der familiären und privaten Anknüpfungspunkte nicht zu beanstanden, da dies dem Fehlvehalten der Revisionswerberin und der von ihr ausgehenden Gefährdung entspreche.
10 Eine mündliche Verhandlung habe gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG unterbleiben können, weil es sich um einen eindeutigen Fall handle, in dem auch bei Verschaffung eines positiven persönlichen Eindrucks kein für die Revisionswerberin günstigeres Ergebnis zu erwarten gewesen wäre.
11 Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG sprach das Bundesverwaltungsgericht aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
12 Nach der genannten Verfassungsbestimmung ist gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich (u.a.) wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG „nicht zur Behandlung eignen“, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
13 An den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Zufolge § 28 Abs. 3 VwGG hat allerdings die außerordentliche Revision gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Im Rahmen dieser in der Revision vorgebrachten Gründe hat der Verwaltungsgerichtshof dann die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG).
14 Unter diesem Gesichtspunkt macht die Revisionswerberin geltend, dass das Bundesverwaltungsgericht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Verhandlungspflicht abgewichen sei. Die Verschaffung eines persönlichen Eindrucks wäre notwendig gewesen, zumal die Revisionswerberin in ihrer Beschwerde dargelegt habe, ihr sei nicht bewusst gewesen, dass sie gegen geltende aufenthaltsrechtliche Bestimmungen verstoßen habe.
15 In der bereits durch den nunmehrigen Rechtsvertreter der Revisionswerberin eingebrachten Beschwerde wurde jedoch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht beantragt. Es war auch nicht unvertretbar, wenn das Bundesverwaltungsgericht davon ausgegangen ist, dass es sich um einen eindeutigen Fall gehandelt hat, in dem die Verschaffung eines persönlichen Eindrucks von der Revisionswerberin zu keinem für sie günstigeren Ergebnis hätte führen können (vgl. dazu etwa VwGH 4.8.2016, Ra 2016/21/0232, Rn. 9; 26.4.2018, Ra 2018/21/0052, Rn. 16, jeweils mwN). Die Feststellungen betreffend die Unrechtmäßigkeit ihres Aufenthalts, die mehrfachen illegalen Beschäftigungen und die fehlenden Mittel für ihren Unterhalt blieben nämlich unbestritten. An der Zulässigkeit der auf diese Umstände gestützten Maßnahmen - Rückkehrentscheidung und zweijähriges Einreiseverbot - hätte es auch nichts geändert, wenn die Revisionswerberin in der mündlichen Verhandlung darzulegen vermocht hätte, dass ihr die begangenen Rechtsverstöße nicht bewusst gewesen seien.
16 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 6. Juli 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020210194.L00Im RIS seit
01.09.2020Zuletzt aktualisiert am
01.09.2020