TE Vwgh Beschluss 2020/7/22 Ra 2017/16/0174

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.07.2020
beobachten
merken

Index

yy41 Rechtsvorschriften die dem §2 R-ÜG StGBl 6/1945 zuzurechnen sind
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht
32/06 Verkehrsteuern

Norm

BAO §295a
KVG 1934
KVG 1934 §7 Abs1 Z2

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger, Dr. Thoma und Mag. Straßegger sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., über die Revision der G GmbH in W, vertreten durch Mag. Dr. Wolfgang Nikolaus in 1130 Wien, St. Veit-Gasse 8, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 5. September 2017, Zl. RV/7102662/2012, betreffend Rechtsgeschäftsgebühr und Gesellschaftsteuer (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Revisionswerberin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1        Mit Bescheiden vom 13. Dezember 2011 setzte das Finanzamt gegenüber der Revisionswerberin für ein ihr im Jahr 2007 gewährtes unverzinsliches Gesellschafterdarlehen eine Rechtsgeschäftsgebühr nach § 33 TP 8 Abs. 1 und 4 GebG 1957 iHv 184.792 € sowie Gesellschaftsteuer nach § 2 Z 4 lit. c iVm § 7 Abs. 1 Z 2 und § 8 KVG iHv 102.255,62 € fest.

2        In der gegen den Gebührenbescheid erhobenen Berufung brachte die Revisionswerberin zusammengefasst vor, ihre Verbindlichkeit gegenüber der Z sei nicht durch einen Darlehensvertrag zwischen ihr und der Z, sondern im Wege einer Legalzession nach § 1422 ABGB zustande gekommen. Die Z habe Forderungen der I-AG und der C-GmbH (aus nicht beurkundeten Darlehensgewährungen dieser Gläubiger an die Revisionswerberin) eingelöst. Durch die Belassung der ursprünglich seitens der I-AG und der C-GmbH gegenüber der Revisionswerberin gewährten Darlehen in den Büchern der Revisionswerberin unter gleichzeitiger Änderung des Namens des Darlehensgebers sei es jedenfalls zu keiner „Aufnahme“ einer Darlehensverbindlichkeit in die Bücher iSd § 33 TP 8 Abs. 4 GebG 1957 gekommen.

3        In der gegen den Gesellschaftsteuerbescheid erhobenen Berufung brachte die Revisionswerberin ergänzend vor, die Z habe ihr den eingelösten Betrag ab 14. Juni 2007 unverzinslich „bis auf weiteres“ zur Verfügung gestellt. Am 21. Dezember 2011 habe die Z ihr gegenüber mündlich erklärt, dass die Forderung ab 1. Jänner 2012 mit einem angemessenen Zinssatz, sohin mit dem 3-Monats-EURIBOR zuzüglich einer Marge von 0,75% verzinst werde. Diese Mitteilung habe die Revisionswerberin gleichfalls mündlich zustimmend zur Kenntnis genommen. Die unentgeltliche Zurverfügungstellung von Kapital durch den Gesellschafter „bis auf weiteres“ sei als Zurverfügungstellung von unbestimmter Dauer unter der auflösenden Bedingung des Widerrufs zu interpretieren. Dieser sei am 21. Dezember 2011 zum 31. Dezember 2011 erfolgt. Es werde daher unter Berufung auf § 5 Abs. 2 BewG die Festsetzung der Gesellschaftsteuer nach dem tatsächlichen Wert des Erwerbs, somit nach der tatsächlichen Zinsersparnis der Jahre 2007 bis 2011 beantragt.

4        Mit Berufungsvorentscheidung vom 10. Mai 2012 wies das Finanzamt die Berufung der Revisionswerberin gegen den Gesellschaftsteuerbescheid als unbegründet ab.

5        Mit Berufungsvorentscheidung vom 13. Juli 2012 gab das Finanzamt der Berufung der Revisionswerberin gegen den Gebührenbescheid teilweise Folge und setzte die Rechtsgeschäftsgebühr nach § 33 TP 8 Abs. 1 GebG 1957 ausgehend von einem (reduzierten) Wert der dargeliehenen Sache iHv 22.649.000 € mit 181.192 € fest.

6        Die Revisionswerberin beantragte die Vorlage der Berufungen an die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

7        Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht der (als Beschwerde zu behandelnden) Berufung der Revisionswerberin gegen den Gebührenbescheid insoweit Folge als es die Rechtsgeschäftsgebühr (wie zuvor das Finanzamt in seiner Berufungsvorentscheidung vom 13. Juli 2012) mit 181.192 € festsetzte. Die (als Beschwerde zu behandelnde) Berufung der Revisionswerberin gegen den Gesellschaftsteuerbescheid wies das Bundesfinanzgericht als unbegründet ab. Weiters sprach es aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.

8        In der Begründung führte das Bundesfinanzgericht aus, die Revisionswerberin sei eine inländische GmbH, die von der S-GmbH zum Erwerb zweier Liegenschaften in Wien und Linz gegründet worden sei. Die S-GmbH stehe im Eigentum der S Privatstiftung. Diese sei der Einflusssphäre des Immobilieninvestors S zuzuordnen. Die Finanzierung des Liegenschaftserwerbs in Wien sei über ein nicht beurkundetes Darlehen der I-AG erfolgt, für welches Gesellschaften bzw. Personen aus der Sphäre des Investors S Haftungen übernommen hätten. Die Finanzierung des Liegenschaftserwerbs in Linz sei über ein nicht beurkundetes Darlehen der C-GmbH, einer (damaligen) Schwestergesellschaft der Revisionswerberin, erfolgt. Für diese Darlehen sei eine variable Verzinsung mit dem 3-Monats-EURIBOR zuzüglich einer Marge von 0,75% vereinbart worden.

9        Kurz nach dem Liegenschaftserwerb sei es gelungen, eine Investorengruppe für den Erwerb der Liegenschaften zu interessieren. Dabei sei ein „indirekter“ Erwerb in Form der Übertragung der Anteilsrechte an der Revisionswerberin erfolgt. Gleichzeitig habe sich die neue Mehrheitseigentümerin Z mündlich verpflichtet, die Darlehen der I-AG und der C-GmbH einzulösen, um die „Alteigentümer“ als Haftungspflichtige bzw. Darlehensgeber zu entlassen.

10       Anlässlich der Unterfertigung des Notariatsaktes über die Anteilsabtretung sei am 14. Juni 2007 ein Betrag iHv 21.259.332,24 € auf das Konto der I-AG und ein Betrag iHv 1.328.610,22 € auf das Konto der C-GmbH unter Angabe des Verwendungszwecks „Einlösung gemäß § 1422 ABGB [Z]“ überwiesen worden, womit die ursprünglichen Darlehensforderungen der Altgläubiger zuzüglich Zinsen und Spesen erfüllt gewesen seien. Zum Darlehen der I-AG seien neben dem aushaftenden Betrag Spesen iHv 42.160 € wegen vorzeitiger Rückzahlung des erst fünf Wochen später fälligen Darlehens hinzugekommen. Zu dem bei der C-GmbH aushaftenden Betrag seien Zinsen iHv 11.110,22 € hinzugetreten. Diese Aufwendungen seien ebenso auf die Revisionswerberin überwälzt worden, wie die Bank- und Notarskosten für den Gläubigerwechsel.

11       Unstrittig sei, dass die Z die am 14. Juni 2007 an die I-AG und an die C-GmbH bezahlten Beträge der Revisionswerberin ab der Zahlung unverzinslich „bis auf weiteres“ zur Verfügung gestellt habe.

12       Das Darlehen der I-AG sei in der laufenden Buchführung der Revisionswerberin des Jahres 2007 passivseitig am Konto „3120 [I Kredit]“ mit 21.080.000 € und das Darlehen der C-GmbH auf dem Konto „3410 bzw 3210 [C-GmbH]“ mit 1.317.500 € ausgewiesen worden. Infolge der Zahlungen der Z an die Altgläubiger sei zum 31. Dezember 2007 ein neues Konto unter der Bezeichnung „3220 Darlehen [Z]“ eröffnet und die Zahlungen der Z vom 14. Juni 2007 an die Altgläubiger (unter gleichzeitiger Saldierung der Konten 3120 und 3210 sowie offensichtlich von Zinsen und Spesen in Höhe der Differenz zwischen den Darlehensforderungen der Altgläubiger lt. den Konten 3120 und 3410 bzw. 3210 und den Zahlungen an die Altgläubiger) auf dem Darlehenskonto 3220 als Verbindlichkeiten gegenüber der Z verbucht worden. Weiters seien zum 31. Dezember 2007 auf diesem Konto ein (unbestrittenes) Gesellschafterdarlehen der Z iHv 60.000 € sowie offensichtlich auf die Revisionswerberin überwälzte Bank- und Notarskosten im Zusammenhang mit den Rückzahlungen an die Altgläubiger als Darlehensverbindlichkeit der Revisionswerberin gegenüber der Z iHv 667,76 € und von 389,78 € verbucht worden.

13       Am 21. Dezember 2011 habe die Z die Unverzinslichkeit widerrufen und ab 1. Jänner 2012 eine Verzinsung mit dem 3-Monats-EURIBOR zuzüglich einer Marge von 0,75% verlangt.

14       Damit stehe fest, dass die Z der Revisionswerberin infolge des Erwerbs von Gesellschaftsanteilen neben dem durch Banküberweisung gewährten Gesellschafterdarlehen im Jahr 2007 iHv 60.000 € ein weiteres Gesellschafterdarlehen iHv insgesamt 22.589.000 € gewährt habe.

15       Ein Darlehensvertrag komme nicht nur durch Zahlung der Darlehensvaluta an den Darlehensnehmer zustande. Der Darlehensvertrag setze neben der Hingabe des Darlehensbetrags auch die Willensübereinstimmung der Vertragspartner voraus, dass der Betrag als Darlehen gegeben und genommen werde. Ein Darlehen könne auch durch die Bezahlung einer Schuld des Darlehensnehmers an seinen Gläubiger gewährt werden. Werde der Darlehensbetrag vereinbarungsgemäß an einen Dritten gezahlt, habe der Darlehensgeber den Vertrag mit dem Einlangen der Valuta beim Dritten erfüllt.

16       Auch durch Novation könne eine Darlehensschuld begründet werden. Ein solches „Vereinbarungsdarlehen“ liege im revisionsgegenständlichen Fall vor, habe die Z der Revisionswerberin doch die eingelösten verzinslichen Forderungen unverzinslich „bis auf weiteres“ zur Verfügung gestellt, wobei jene gegenüber der I-AG ansonsten bereits fünf Wochen nach der Einlösung fällig gewesen wäre.

17       Dass eine Vereinbarung zwischen der Z und der Revisionswerberin vorliege, zeige sich schon daran, dass sowohl der Aufwand der „Breakage Costs“ für die Einlösung vor Fälligkeit, als auch die Bank- und Notarskosten betreffend die Einlösung von der Revisionswerberin übernommen worden seien. Bei einer bloßen Forderungseinlösung zwischen der Z und den Altgläubigern hätte kein Grund für die Revisionswerberin bestanden, die sich daraus ergebenden Spesen zu tragen. Auf dem Konto „3220 Darlehen [Z]“ seien eindeutig Darlehensverhältnisse zwischen der Z als Darlehensgeberin und der Revisionswerberin als Darlehensnehmerin ausgewiesen worden.

18       Darüber hinaus seien die dort ausgewiesenen Darlehensbeträge von insgesamt 22.649.000 € auch in den vom Geschäftsführer der Revisionswerberin unterfertigten und dem Firmenbuch vorgelegten Jahresabschlüssen für 2007 und 2008 als Gesellschafterdarlehen (mit einer Laufzeit von über fünf Jahren) ausgewiesen worden.

19       Weiters sei der Ansicht der Revisionswerberin nicht zu folgen, wonach die unentgeltliche Zurverfügungstellung von Kapital „bis auf weiteres“ als Zurverfügungstellung von unbestimmter Dauer unter der auflösenden Bedingung des jederzeitigen Widerrufs zu interpretieren sei. Dem stehe entgegen, dass die Gesellschafterdarlehen in den Jahresabschlüssen mit einer Laufzeit von über fünf Jahren ausgewiesen seien. Zudem spreche auch der Zweck der Darlehensgewährung gegen eine jederzeitige Fälligstellung, bestehe dieser doch darin, der Revisionswerberin das Halten zweier Liegenschaften in einem den Darlehen entsprechenden Wert zu finanzieren und seien diese Darlehen für die Revisionswerberin essentiell. Auch eine solche Parteienabsicht könne nicht unterstellt werden.

20       Im revisionsgegenständlichen Fall handle es sich daher um langfristige, von vornherein auf die Dauer der Darlehensgewährung unverzinslich gewährte Darlehen.

21       Gegen eine einseitige jederzeitige Widerrufbarkeit spreche auch, dass die Revisionswerberin in ihren Stellungnahmen vom 10. März 2010 und vom 16. November 2011 zur Gesellschaftsteuer selbst ausgeführt habe, dass „keine Zinsenverrechnung stattfindet und eine Fälligstellung bis auf weiteres unterbleibt“ sowie dass „dadurch, dass diese Verzinsung ab dem Einlösungszeitpunkt weggefallen ist, [der Revisionswerberin] folgender Vermögensvorteil durch die unentgeltliche Bereitstellung von Kapital durch den Gesellschafter zuteil geworden“ ist. Im Übrigen gehe aus dem Schreiben der Z an die Revisionswerberin vom 27. Dezember 2011 hervor, dass die Verzinsung in Folge der „zustimmenden Kenntnisnahme“, der Revisionswerberin, somit aufgrund einer einvernehmlichen Änderung der Konditionen erfolgt sei.

22       Da die Z der Revisionswerberin im Zuge des Erwerbs von Gesellschaftsanteilen im Jahr 2007 Gesellschafterdarlehen iHv insgesamt 22.649.000 € gewährt habe, die mit Belegdatum 31. Dezember 2007 in die Bücher der Revisionswerberin aufgenommen worden seien, sei die Rechtsgeschäftsgebühr mangels erfolgter Selbstberechnung gemäß § 33 TP 8 Abs. 1 iVm Abs. 4 GebG 1957 spruchgemäß festzusetzen gewesen.

23       Weiters habe die Z der Revisionswerberin durch die Gewährung des unverzinslichen Darlehens einen Vermögensvorteil eingeräumt, der als freiwillige Leistung eines Gesellschafters an eine inländische Kapitalgesellschaft der Gesellschaftsteuer nach § 2 Z 4 lit. c iVm § 7 Abs. 1 Z 2 KVG unterliege und nach § 15 Abs. 2 BewG mit dem Neunfachen des Jahreswerts des ersparten Zinsaufwands zu bewerten sei. Die Z habe der Revisionswerberin das Darlehen für die (gesamte) Dauer der Darlehensgewährung unverzinslich zur Verfügung gestellt, sodass keine auflösende Bedingung gegeben sei und damit die Voraussetzung für die (von der Revisionswerberin begehrte) Berichtigung nach § 5 Abs. 2 BewG nicht vorliege.

24       Im Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld sei von einer gleichbleibenden Verzinsung auszugehen gewesen, sodass das Finanzamt der Berechnung der Gesellschaftssteuer zu Recht den für das Jahr 2007 maßgebenden Zinssatz von 5,03% zugrunde gelegt habe. Für die von der Revisionswerberin begehrte Berücksichtigung des späteren Einbruchs der Zinsen verbleibe kein Raum, behaupte die Revisionswerberin doch gar nicht, dass diese Zinsentwicklung bereits am 14. Juni 2007 vorhersehbar gewesen sei. Die Beschwerde sei daher in diesem Punkt als unbegründet abzuweisen gewesen.

25       Die dagegen erhobene außerordentliche Revision legte das Bundesfinanzgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens dem Verwaltungsgerichtshof vor.

26       Der Verwaltungsgerichtshof leitete gemäß § 36 VwGG über diese Revision das Vorverfahren ein. Das vor dem Verwaltungsgericht belangte Finanzamt erstattete eine Revisionsbeantwortung, auf welche die Revisionswerberin replizierte.

27       Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

28       Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

29       Nach der ständigen Rechtsprechung ist der Verwaltungsgerichtshof als Rechtsinstanz tätig und im Allgemeinen nicht zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Einzelfall berufen. Einer Rechtsfrage des Verfahrensrechts kann nur dann grundsätzliche Bedeutung zukommen, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung entfaltet, und setzt einen schwerwiegenden Verstoß gegen tragende Verfahrensgrundsätze voraus (vgl. VwGH 30.1.2020, Ra 2019/16/0178, mwN).

30       Dass das Bundesfinanzgericht seine Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte (vgl. etwa VwGH 28.2.2019, Ra 2018/16/0181, mwN), zeigt die Revision mit ihrem diesbezüglichen, gänzlich allgemein gehaltenen Zulässigkeitsvorbringen nicht auf.

31       Die Revisionswerberin rügt weiters eine Verletzung des Parteiengehörs, weil ihr das Bundesfinanzgericht das Beweisergebnis, wonach eine Einsichtnahme in die Urkundensammlung des Firmenbuchs ergeben habe, dass in ihren Jahresabschlüssen 2007 und 2008 Gesellschafterdarlehen mit einer Laufzeit von über fünf Jahren ausgewiesen seien, nicht vorgehalten habe.

32       Die Revisionswerberin unterlässt es allerdings, im Zulässigkeitsvorbringen auch die Relevanz des solcherart gerügten Verfahrensmangels aufzuzeigen und darzulegen, was sie konkret vorgebracht hätte, wäre ihr dieses Beweisergebnis vorgehalten worden (vgl. VwGH 28.9.2016, Ra 2016/16/0084, mwN). Dass im Falle der Durchführung eines mängelfreien Verfahrens abstrakt die Möglichkeit bestanden hätte, zu einer anderen - für die Revisionswerberin günstigeren - Sachverhaltsgrundlage zu gelangen, zeigt die Revisionswerberin nicht auf (vgl. VwGH 26.3.2019, Ra 2019/16/0020).

33       Wenn weiters ein Abweichen von der hg. Rechtsprechung (VwGH 2.4.1990, 88/15/0007) gerügt wird, weil auch die Ersatzbeurkundung eines Darlehens nur dann zur Gebührenpflicht führe, wenn ein rechtsgültig zustande gekommener Darlehensvertrag vorliege, entfernt sich die Revision vom festgestellten Sachverhalt, wonach die Z der Revisionswerberin im Jahr 2007 Gesellschafterdarlehen iHv insgesamt 22.649.000 € gewährt und die Revisionswerberin diese zum 31. Dezember 2007 in die Bücher aufgenommen hat.

34       Ausgehend von dieser Sachverhaltsfeststellung ist die Revision aber auch nicht von der Lösung der Rechtsfrage abhängig, ob eine, die Gebührenschuld auslösende „Aufnahme“ eines Darlehens in die Bücher iSd § 33 TP 8 Abs. 4 iVm § 16 Abs. 6 GebG (idF vor BGBl. I Nr. 111/2010) überhaupt vorliegt, wenn bei einem bestehenden, bereits in den Büchern ausgewiesenen Darlehen ein bloßer Gläubigerwechsel (von einem Nichtgesellschafter auf einen Gesellschafter) stattfindet.

35       Zur Zulässigkeit der Revision wird hinsichtlich der Vorschreibung von Gesellschaftsteuer vorgebracht, das Bundesfinanzgericht sei von der hg. Rechtsprechung (VwGH 30.3.1998, 97/16/0313; 27.4.1987, 85/15/0323, VwSlg 6211/F) abgewichen, wonach unter einer nachträglichen Zinsfreistellung eines ursprünglich verzinslich gewährten Darlehens „bis auf weiteres“ unter Vorbehalt der einseitigen Abänderung durch den Darlehensgeber eine auflösende Bedingung iSd § 5 BewG zu erblicken sei.

36       Mit diesem Vorbringen entfernt sich die Revision erneut vom festgestellten Sachverhalt, wonach die Z der Revisionswerberin im Jahr 2007 langfristige, „von vornherein“ auf die Dauer der Darlehensgewährung unverzinslich gewährte Darlehen iHv insgesamt 22.649.000 € eingeräumt hat.

37       Die Revisionswerberin bringt weiters vor, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob in einer einvernehmlichen Abänderung eines ursprünglich unverzinslich gewährten Darlehens ein rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 295a BAO zu erblicken sei.

38       Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist § 295a BAO eine rein verfahrensrechtliche Bestimmung, die in keiner Weise Einfluss auf den Tatbestand materieller Abgabengesetze nimmt. Einem Ereignis kann daher nur dann Rückwirkung (bezogen auf den Zeitpunkt des Entstehens des Abgabenanspruchs) zukommen, wenn sich dies aus einer materiellrechtlichen Abgabenvorschrift ergibt (vgl. die bei Ritz, BAO6, § 295a Tz 3 f zitierte hg. Judikatur).

39       Für die von der Revisionswerberin vertretene Ansicht, wonach ein einvernehmliches Abgehen von der zunächst auf unbestimmte Zeit vereinbarten Unverzinslichkeit des Darlehens ein rückwirkendes Ereignis darstelle, findet sich keine Grundlage im KVG. Der „Wert der Leistung“ iSd § 7 Abs. 1 Z 2 KVG bestimmt sich im Falle der Zinslosigkeit eines Darlehens grundsätzlich nach dem Wert der zinslosen Nutzung und damit nach dem ersparten Zins im Zeitpunkt der Darlehensgewährung. Dieser Betrag ist entsprechend den bewertungsrechtlichen Bestimmungen zu kapitalisieren (vgl. VwGH 9.8.2001, 98/16/0266; 16.12.1993, 92/16/0065, VwSlg 6848/F).

40       Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen hat, gilt für die Verkehrsteuern im Allgemeinen der Grundsatz, dass die einmal entstandene Steuerpflicht durch nachträgliche Ereignisse nicht wieder beseitigt werden soll (sog. Stichtagsprinzip). Das KVG enthält keine Bestimmungen, aus denen sich ergeben würde, dass dies im Bereich der Gesellschaftsteuer nicht gelten sollte (vgl. VwGH 20.12.2007, 2004/16/0118).

41       Soweit die Revisionswerberin abschließend rügt, die Anwendung des § 15 Abs. 2 BewG auf die Bemessung der Gesellschaftsteuer sei unionsrechtswidrig, weil sie Art. 11 Abs. 4 der Richtlinie 2008/7/EG des Rates vom 12. Februar 2008 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital widerspreche, genügt der Hinweis, dass diese Richtlinienbestimmung erst mit 1. Jänner 2009 in Kraft getreten ist, das Bundesfinanzgericht den Abgabentatbestand des § 2 Z 4 lit. c KVG aber bereits durch die Darlehensgewährung im Jahr 2007 als verwirklicht ansah.

42       In der Revision werden somit insgesamt keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

43       Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 22. Juli 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2017160174.L00

Im RIS seit

01.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

01.09.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten