TE Vwgh Beschluss 2020/7/31 Ra 2020/19/0260

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Veröffentlicht am 31.07.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens sowie die Hofräte Mag. Stickler und Dr. Faber als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Schara, über die Revision des L N, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Mai 2020, W260 2200330-1/12E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Afghanistans, stellte am 26. Oktober 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2        Mit Bescheid vom 5. Juni 2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Revisionswerbers zur Gänze ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei, und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.

3        Mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

4        Begründend führte das BVwG - soweit hier wesentlich - aus, dem Revisionswerber drohe in seinem Herkunftsstaat keine asylrelevante Verfolgung. Der Revisionswerber sei in Afghanistan insbesondere auch nicht - wie von ihm im Beschwerdeverfahren behauptet - aufgrund von Aufritten als Hip-Hop-Musiker in Österreich bedroht. In der Herkunftsprovinz des Revisionswerbers komme es zu Akten willkürlicher Gewalt, sodass mit einer Rückkehr dorthin eine ernsthafte Bedrohung für sein Leben bzw. seine körperliche Unversehrtheit verbunden wäre. Dem gesunden und arbeitsfähigen Revisionswerber stehe jedoch in Mazar-e Sharif - vor dem Hintergrund näher getroffener Feststellungen zur Lage in dieser Stadt - eine zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative offen. Auch unter Berücksichtigung der Covid-19-Pandemie, hinsichtlich der in Afghanistan bisher 6.664 Fälle und 169 Tote bestätigt seien, ergebe sich keine andere Beurteilung. Diese Erkrankung sei, wie sich aus Informationen des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz ergebe, vor allem für ältere Menschen und Personen mit Vorerkrankungen gefährlich. Der im Jahr 2000 geborene Revisionswerber gehöre keiner Risikogruppe an, sodass aus der Möglichkeit einer Ansteckung in Afghanistan kein reales Risiko einer Verletzung seiner Rechte nach Art. 3 EMRK abzuleiten sei. Es lägen auch keine Hinweise darauf vor, dass es durch die Covid-19-Pandemie zu einer maßgeblichen Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage gekommen wäre, die Auswirkungen auf die Möglichkeit einer Ansiedlung des Revisionswerbers in Mazar-e Sharif hätte.

5        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

7        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8        Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, das BVwG habe hinsichtlich der Covid-19-Pandemie in Afghanistan nicht die zum Entscheidungszeitpunkt aktuellen Länderberichte berücksichtigt. Auch habe es, obwohl dies beantragt worden sei, eine Einholung ergänzender Länderberichte hinsichtlich der Situation von Hip-Hop-Musikern in Afghanistan unterlassen. Hinsichtlich Covid-19-Infektionen habe das BVwG sich auf Informationen des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz gestützt, die es dem Revisionswerber vor Erlassung seines Erkenntnisses jedoch nicht zur Kenntnis übermittelt habe, wodurch das Recht auf Parteiengehör verletzt worden sei.

9        Werden - wie hier - Verfahrensmängel als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, so muss in der gesonderten Zulässigkeitsbegründung auch deren Relevanz dargetan werden, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können. Dies setzt voraus, dass - auch in der gesonderten Begründung für die Zulässigkeit der Revision zumindest auf das Wesentliche zusammengefasst - jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl. etwa VwGH 22.5.2020, Ra 2020/18/0153, mwN).

10       Diesen Anforderungen wird die Zulassungsbegründung der vorliegenden Revision, in der nicht darlegt wird, welche Tatsachen sich hinsichtlich der Lage in Afghanistan durch die Heranziehung weiterer Länderberichte ergeben hätten bzw. welches Vorbringen der Revisionswerber zu den vom BVwG herangezogenen Informationen über Covid-19 hätte erstatten können, nicht gerecht. Die Revision zeigt somit keine Relevanz der behaupteten Verfahrensmängel auf, sodass es ihr nicht gelingt, Rechtsfragen aufzuwerfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

11       Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 31. Juli 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020190260.L00

Im RIS seit

17.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

17.09.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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