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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
LiebhabereiV Abschn1 Art1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Mizner und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde des C in D, vertreten durch Dr. Josef Faulend-Klauser, Rechtsanwalt in Deutschlandsberg, Kirchengasse 7, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark (Berufungssenat) vom 5. Dezember 1990, Zl. B 147-3/89, betreffend Umsatz- und Einkommensteuer 1985 bis 1987, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 13.070,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren (für Stempelgebühren) wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde beurteilte diese eine vom Beschwerdeführer betriebene Obstbauanlage (umsatz- und einkommensteuerrechtlich) als Liebhaberei. Die belangte Behörde stützte sich dabei ausschließlich auf die
(sog.) Liebhabereiverordnung des Bundesministers für Finanzen vom 18. Mai 1990, BGBl. Nr. 322. Sie ging von einer "Betätigung mit Einkunftsquellenvermutung" (§ 1 Abs. 1 der genannten Verordnung) aus, wobei sie anhand einer Kriterienprüfung im Sinne des § 2 Abs. 1 der Liebhabereiverordnung zu einer Widerlegung der Einkunftsquellenvermutung gelangte.
Auch aus Anlaß dieses Beschwerdefalles stellte der Verwaltungsgerichtshof beim Verfassungsgerichtshof den Antrag, die Liebhabereiverordnung hinsichtlich ihres Abschnittes I als gesetzwidrig aufzuheben (V 303/91).
Mit Erkenntnis vom 12. Dezember 1991, V 53/91-15 u.a., hob der Verfassungsgerichtshof im Abschnitt I der Liebhabereiverordnung Art. I § 1 Abs. 3 Z. 1 und Art. II als gesetzwidrig auf. Die aufgehobenen Bestimmungen sind nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes auch auf jene Sachverhalte nicht mehr anzuwenden, die dem vom Verwaltungsgerichtshof zu V 303/91 - das ist der Beschwerdefall - gestellten Antrag zugrundeliegen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Vom Verwaltungsgerichtshof ist im Beschwerdefall, auf den der Verfassungsgerichtshof die Anlaßfallwirkung ausdrücklich erstreckt hat, gemäß Art. 139 Abs. 6 B-VG die durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes bereinigte Rechtslage anzuwenden. Da mit diesem Erkenntnis die Übergangsbestimmung der Liebhabereiverordnung (Abschnitt I Art. II) als gesetzwidrig aufgehoben wurde, wonach Art. I auf alle (im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung mit dem ihrer Kundmachung im Bundesgesetzblatt folgenden Tag, das ist der 23. Juni 1990) noch nicht endgültig rechtskräftig veranlagten Fälle anzuwenden ist, sind für den zeitlichen Anwendungsbereich der Verordnung nun die allgemeinen Grundsätze entscheidend. Nach diesen richtet sich die materiell-rechtliche Beurteilung abgabenrechtlich relevanter Sachverhalte, soweit der Gesetzgeber nicht anderes bestimmt, nach dem zur Zeit der Verwirklichung dieser Sachverhalte geltenden Recht. Änderungen der materiellen Rechtslage kommt daher grundsätzlich rückwirkende Kraft nicht zu. Da im Beschwerdefall die Abgabenerhebung für die Jahre 1985 bis 1987 zu beurteilen ist, scheidet die Anwendung des gesamten Art. I der Liebhabereiverordnung aus.
Die belangte Behörde traf die im gegenständlichen Beschwerdefall strittige Liebhabereibeurteilung unter Zugrundelegung der Liebhabereiverordnung. Da im Beschwerdefall aber nach der vor dem Inkrafttreten der Liebhabereiverordnung geltenden Rechtslage zu prüfen gewesen wäre, ob steuerechtlich Liebhaberei vorlag, ist der angefochtene Bescheid, der eine abschließende Beurteilung in bezug auf die bereinigte Rechtslage noch nicht zuläßt, mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der gemäß ihrem Art. III Abs. 2 anzuwendenden Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994. Stempelgebühren für Beilagen waren nur für die in einfacher Ausfertigung (§ 28 Abs. 5 VwGG) erforderliche Beilage des angefochtenen Bescheides (in Höhe von S 90,--) zuzusprechen.
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1997150188.X00Im RIS seit
11.07.2001