Index
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bayjones und die Hofrätinnen Mag. Rehak und Dr. Leonhartsberger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Wölfl, über die Revision der Niederösterreichischen Landesregierung, vertreten durch Mag. Thomas Reisch, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Dominikanerbastei 17/7, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 14. März 2020, LVwG-AV-1388/001-2019, betreffend eine Angelegenheit nach dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (mitbeteiligte Partei: „d“ Wohnungs- und Siedlungsgesellschaft m.b.H. in V, vertreten durch Dr. Adalbert Laimer, Rechtsanwalt in 1210 Wien, Brünner Straße 37/5), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 In den gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorzubringenden Gründen ist konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch nicht beantwortet hat (vgl. VwGH 25.1.2018, Ra 2018/06/0004, mwN).
5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich (im Folgenden: Verwaltungsgericht) wurde der Beschwerde der mitbeteiligten Partei gegen den Bescheid der revisionswerbenden Partei vom 25. Oktober 2019, mit welchem gemäß § 30 Abs. 1 Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz - WGG für die mitbeteiligte Partei ein Regierungskommissär bestellt worden war, Folge gegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
6 Das Verwaltungsgericht führte insbesondere unter Verweis auf die vereinbarungsgemäße ratenweise Begleichung der vorläufigen Geldleistung durch die mitbeteiligte Partei mit näherer Begründung aus, dass von einer akuten erheblichen Gefahr im Sinn des § 30 Abs. 1 WGG nicht auszugehen sei, sodass die Voraussetzungen für die Bestellung eines Regierungskommissärs nicht vorlägen.
7 Von den insgesamt 42 Fragen, die in der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision aufgeworfen werden, handelt es sich bei den ersten drei Fragen (lit. a - c) um abstrakte Fragen zur Auslegung des § 30 Abs. 1 WGG, in denen keinerlei Bezug zum konkreten Revisionsfall hergestellt und damit nicht aufgezeigt wird, inwiefern das Schicksal der Revision von der Entscheidung dieser Fragen abhängen soll. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung wird damit nicht dargetan.
8 In den folgenden 32 Fragen (lit. d - ii) möchte die revisionswerbende Partei wissen, ob bestimmte, näher genannte Umstände das Vorliegen bzw. Nichtvorliegen einer erheblichen Gefahr im Sinn des § 30 Abs. 1 WGG indizierten bzw. die Voraussetzungen für die Bestellung eines Regierungskommissärs erfüllten.
9 Abgesehen davon, dass auch diese Fragen abstrakt formuliert sind und in diesen kein konkreter Bezug zum vorliegenden Revisionsfall hergestellt wird, unterliegt die Frage, ob im Revisionsfall eine erhebliche Gefahr im Sinn des § 30 Abs. 1 WGG gegeben ist oder nicht, grundsätzlich der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichtes. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung läge nur dann vor, wenn diese Beurteilung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre (vgl. etwa VwGH 30.1.2019, Ra 2018/06/0258, mwN).
10 Dass bzw. inwiefern die seitens des Verwaltungsgerichtes angestellte Beurteilung unvertretbar sei, wird mit den abstrakt gehaltenen Fragen in der Zulässigkeitsbegründung nicht aufgezeigt, zumal darin der Beurteilung des Verwaltungsgerichtes nicht konkret entgegengetreten, sondern lediglich der Verwaltungsgerichtshof im Einzelnen gefragt wird, ob aus jeweils näher genannten Umständen auf das Vorliegen bzw. Nichtvorliegen einer erheblichen Gefahr geschlossen werden könne oder nicht.
11 In den folgenden fünf Fragen (lit. jj - nn) möchte die revisionswerbende Partei wissen, ob verschiedene Verfahrensmängel, wie Feststellungs- und Begründungsmängel, gegen tragende Verfahrensgrundsätze verstoßen würden. Auch in diesen Fragen wird kein konkreter Bezug zum Revisionsfall dargestellt, sodass die Anforderungen des § 28 Abs. 3 VwGG nicht erfüllt sind; zudem fehlt es auch an der erforderlichen Relevanzdarstellung.
12 Darüber hinaus hängt das Schicksal der Revision von der Entscheidung der letzten beiden Fragen (lit. oo und pp) nicht ab, weil das Verwaltungsgericht das Vorliegen einer erheblichen Gefahr im Sinn des § 30 Abs. 1 WGG selbst unter der Annahme, dass die betreffende Ratenvereinbarung, deren Vorliegen die revisionswerbende Partei in Zweifel zieht, nicht rechtswirksam und damit nicht bindend zustande gekommen sei, und daher der sofortigen Exekution des gesamten aushaftenden Betrages nicht entgegenstünde, verneint hat.
13 In der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision wird somit keine Rechtsfrage dargetan, der grundsätzliche Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG zukäme.
Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 3. August 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020050075.L00Im RIS seit
17.09.2020Zuletzt aktualisiert am
18.09.2020