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83 Naturschutz UmweltschutzNorm
AWG 2002 §38Beachte
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bayjones und den Hofrat Dr. Moritz sowie die Hofrätin Mag. Liebhart-Mutzl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Wölfl, über die Revision der B GmbH in W, vertreten durch Dr. Martin Eisenberger, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Muchargasse 30, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 23. März 2020, LVwG-551666/8/Kü/KN, betreffend Feststellung nach § 6 Abs. 1 Z 1 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 - AWG 2002 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme:
5 Mit Eingabe vom 10. September 2018 stellte die Revisionswerberin bei der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis den Antrag auf Feststellung gemäß § 6 Abs. 1 Z 1 AWG 2002, dass das in den Jahren 2014 bis 2017 von ihr ausgehobene und zur Geländeanpassung im Zuge des Projekts „Geländekorrektur B.“ auf näher genannten Grundstücken verwendete Bodenaushubmaterial im Ausmaß von 43.677.208,34 kg keinen Abfall im Sinne des § 2 Abs. 1 bis 3 AWG 2002 dargestellt habe.
6 Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 9. Juli 2019 wurde der Antrag der Revisionswerberin vom 10. September 2018 „abgewiesen“ und es wurde „festgestellt“, dass es sich bei dem in den Jahren 2014 bis 2017 von der Revisionswerberin ausgehobenen und für die „Geländekorrektur B.“ auf näher genannten Grundstücken verwendeten Bodenaushubmaterial im Ausmaß von 29.118,14 m³ (43.677.208,34 kg) um Abfall im Sinne des AWG 2002 handelt. Als Rechtsgrundlage wurde § 6 Abs. 1 Z 1 AWG 2002, BGBl. I Nr. 102/2002 idF BGBl. I Nr. 70/2017, genannt.
7 Gegen diesen Bescheid erhob die Revisionswerberin Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich.
8 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 9. Juli 2019 mit der Maßgabe bestätigt, dass die Fassung der Rechtsgrundlage „BGBl. I Nr. 70/2017“ durch „BGBl. I Nr. 46/2019“ ersetzt wurde.
9 Soweit in den Revisionszulässigkeitsgründen dargelegt wird, dass die Feststellung, dass es sich um eine Bodenaushubdeponie gemäß § 37 Abs. 3 Z 1 AWG 2002 handle, vom Feststellungsbegehren nicht gedeckt sei, geht dieses Vorbringen ins Leere: Die spruchgemäße Feststellung bezieht sich lediglich auf den Antrag der Revisionswerberin. Dass in der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses ausgeführt wurde, dass es sich bei der „Geländekorrektur B.“ nicht um eine Verwertung handle, sondern vielmehr eine Beseitigung und insofern eine Bodenaushubdeponie gegeben sei, bedeutet nicht, dass über den dem Verfahren zugrundeliegenden Antrag hinausgegangen worden wäre. Im Spruch wurde insbesondere auch keine bindende Feststellung nach § 6 Abs. 6 AWG 2002 über das Vorliegen einer genehmigungspflichtigen Anlage (Deponie) getroffen.
10 Ob bestimmte Sachen Abfall sind, ist im Übrigen eine Frage des Einzelfalles (vgl. VwGH 22.1.2019, Ra 2018/05/0286, mwN). Die Zulässigkeit der Revision könnte sich daher nur ergeben, wenn in den Revisionszulässigkeitsgründen substantiiert aufgezeigt wird, dass die diesbezügliche Beurteilung des Verwaltungsgerichtes grob fehlerhaft erfolgt wäre oder zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Ergebnis führen würde (vgl. wiederum VwGH 22.1.2019, Ra 2018/05/0286, mwN). Dies ist hier nicht der Fall:
11 Das Verwaltungsgericht hat in seinem Erkenntnis eingehend begründet (S. 13 bis 16), dass im gegenständlichen Fall keine Verwertung (und damit auch kein Abfallende) vorliegt. Dabei hat das Verwaltungsgericht (entgegen der Auffassung der Revisionszulässigkeitsgründe) keine weiteren, über die gesetzliche Regelung hinausgehenden Tatbestandmerkmale in Bezug auf den zeitlichen Rahmen und die Verfüllmenge angenommen, sondern bloß - neben anderen Umständen - auch den konkret vorliegenden zeitlichen Rahmen und die konkrete Verfüllmenge einer Beweiswürdigung unterzogen. Der Begründung des Verwaltungsgerichts ist in keiner Weise zu entnehmen, dass stets der zeitliche Rahmen und die Verfüllmenge von Relevanz seien und diesbezüglich eine Prüfung an Hand eines bestimmten gesetzlichen Maßstabes vonnöten sei, was aber bei einem Tatbestandselement gefordert wäre.
12 Im gegenständlichen Verfahren geht es nicht um die Frage, ob im Zusammenhang mit einer Deponie ein rechtmäßiger Zustand vorliegt, insbesondere geht es auch nicht um einen Auftrag (vgl. dazu § 73 AWG 2002) in Bezug auf eine Deponie. Die Ausführungen in den Revisionszulässigkeitsgründen, dass der Revisionswerberin erteilte naturschutzrechtliche Bewilligungen dahingehend bindend wären, dass keine Deponie vorliege, gehen folglich ins Leere. Hinzuweisen ist darauf, dass zwar eine Aufsplitterung eines nach § 38 AWG 2002 konzentriert zu führenden Genehmigungsverfahrens in Einzelgenehmigungen nach den jeweiligen materiell-rechtlichen Vorschriften unzulässig ist (vgl. VwGH 18.1.2001, 2000/07/0090, mwN), dass ein solches Genehmigungsverfahren aber hier nicht gegenständlich ist. Die Relevanz von bereits vorgängig erteilten, rechtskräftigen Einzelbewilligungen nach den Materiengesetzen in einem allfälligen konzentrierten Genehmigungsverfahren nach § 38 AWG 2002 (vgl. dazu auch VwGH 19.3.1998, 96/07/0210) kann aus demselben Grund dahingestellt bleiben.
13 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 5. August 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020050110.L00Im RIS seit
17.09.2020Zuletzt aktualisiert am
17.09.2020