Index
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Beachte
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Mag. Eder und Mag. Cede als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kieslich, in den Rechtssachen der Revisionen 1. der G M, und 2. des I A, beide in G, beide vertreten durch Dr. Erich Pfanzelt, Rechtsanwalt in 6410 Telfs, Griesgasse 5/3. Stock, gegen die am 21. Februar 2020 mündlich verkündeten und am 17. März 2020 schriftlich ausgefertigten Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichts, 1. G305 2204428-2/12E und 2. G305 2204427-2/8E, jeweils betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revisionen werden zurückgewiesen.
Begründung
1 Die revisionswerbenden Parteien sind Staatsangehörige des Irak und stellten am 14. November 2015 Anträge auf internationalen Schutz.
2 Mit den Bescheiden je vom 1. August 2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Anträge der revisionswerbenden Parteien ab, erteilte ihnen keine Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen und erließ gegen sie Rückkehrentscheidungen samt rechtlich davon abhängenden Aussprüchen.
3 Die dagegen erhobenen Beschwerden wies das Bundesverwaltungsgericht mit den angefochtenen Erkenntnissen nach Durchführung einer Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Erhebung von Revisionen an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 Da der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG (nur) im Rahmen der dafür in der Revision (gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert) vorgebrachten Gründe zu überprüfen hat, ist er weder verpflichtet, solche anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen. Dementsprechend erfolgt nach der Rechtsprechung die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung (vgl. VwGH 9.6.2020, Ra 2019/20/0609, mwN).
8 Die vorliegenden außerordentlichen Revisionen bringen zu ihrer Zulässigkeit lediglich vor, das Bundesverwaltungsgericht sei von (nicht näher genannter) Rechtsprechung zur Frage der innerstaatlichen Fluchtalternative abgewichen und es bestehe „keine oder keine einheitliche“ Rechtsprechung zur Frage, inwieweit eine persönliche Verfolgung aus religiösen Gründen asylrelevant sei, wenn die Verfolgung nicht direkt aufgrund staatlicher Anordnung erfolge, sondern von einem Staatsbediensteten und Angehörigen der Miliz (im vorliegenden Fall: dem geschiedenen Ehemann der Erstrevisionswerberin) mit entsprechenden Staatsvollmachten ausgehe und der Staat dies zulasse.
9 Ausgangspunkt der Prüfung, ob eine grundsätzliche Rechtsfrage vorliegt, ist der festgestellte Sachverhalt. Entfernt sich der Revisionswerber in der Zulässigkeitsbegründung vom festgestellten Sachverhalt, wird schon deshalb keine fallbezogene Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt (vgl. VwGH 27.5.2020, Ra 2019/14/0394, mwN).
10 Das Bundesverwaltungsgericht setzte sich - nach Durchführung einer Verhandlung - mit den Fluchtgründen der revisionswerbenden Parteien auseinander und gelangte zum Ergebnis, dass ihr Vorbringen, wonach sie vom Islamischen Staat (IS) oder vom geschiedenen Ehemann der Erstrevisionswerberin bedroht worden seien, nicht glaubhaft gemacht worden sei. Ausgehend davon traf es die Feststellung, die aus Mossul stammenden revisionswerbenden Parteien seien bei einer Rückkehr in das Herkunftsland keiner Verfolgung oder Bedrohung aus in ihrer Person gelegenen Gründen oder aufgrund der allgemeinen Lage vor Ort ausgesetzt. Auf die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative hat sich das Bundesverwaltungsgericht nicht gestützt.
11 Da der Verwaltungsgerichtshof zur Lösung abstrakter Rechtsfragen nicht berufen ist, kann das somit nicht entscheidungsrelevante Vorbringen der Revisionen nicht zu ihrer Zulässigkeit führen (vgl. VwGH 27.4.2020, Ra 2019/19/0455, mwN).
12 In den Revisionen werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revisionen waren daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 6. August 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020200162.L00Im RIS seit
28.09.2020Zuletzt aktualisiert am
28.09.2020