TE OGH 2020/7/23 1Ob108/20v

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Veröffentlicht am 23.07.2020
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Univ.-Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. H***** und 2. M*****, beide *****, 3. Dr. A*****, 4. G*****, 5. D*****, sowie 6. N***** und 7. P*****, beide *****, alle vertreten durch die Kinberger-Schuberth-Fischer Rechtsanwälte-GmbH, Zell am See, gegen die beklagten Parteien 1. Bringungsgemeinschaft *****, und 2. Land Salzburg, beide vertreten durch Dr. Roland Reichl, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen 16.194,60 EUR sowie Feststellung (Streitwert 6.000 EUR), über die Revision der erst- bis fünftklagenden Parteien (Revisionsinteresse 8.835,40 EUR) sowie die Revision der beklagten Parteien (Revisionsinteresse 17.609,20 EUR) gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 30. Jänner 2020, GZ 53 R 285/18w-144, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Zell am See vom 27. September 2018, GZ 18 C 31/16a-126, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision der erst- bis fünftklagenden Parteien sowie die Revision der erstbeklagten Partei werden zurückgewiesen.

Der Revision der zweitbeklagten Partei wird Folge gegeben. Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden insoweit, als dem Klagebegehren gegenüber der zweitbeklagten Partei stattgegeben wurde, aufgehoben und dem Erstgericht wird insoweit die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Erstgericht vorbehalten.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Kläger begehren von den Beklagten (soweit in dritter Instanz relevant) den Ersatz des Schadens, der ihnen dadurch entstanden sei, dass aufgrund der Errichtung eines Güterwegs, bei der die Erstbeklagte „Bauherrin“ und das zweitbeklagte Land für die „Planung, Bauabwicklung, Auftragsvergabe und Ausschreibung“ verantwortlich gewesen sei, die Schüttung einer bisherigen Trinkwasserquelle – hinsichtlich der die Kläger als Allein- oder Miteigentümer dienstbarkeitsberechtigter Grundstücke jeweils Wasserbezugsrechte haben – verschmutzt worden sei, sodass diese Quelle nur mehr Brauchwasser liefere. Die Kläger erhoben auch ein Feststellungsbegehren hinsichtlich dadurch künftig entstehender Schäden.

Das Erstgericht gab der Klage insoweit statt. Es ging davon aus, dass das Quellwasser bisher Trinkwasserqualität aufgewiesen habe. Durch den Bau des Güterwegs sei es zu einer Beschädigung der das Oberflächenwasser an der Oberfläche haltenden „Deckschicht“ gekommen, aufgrund einer fehlerhaft ausgeführten Drainage habe das Oberflächenwasser in den Untergrund gelangen können. Den Klägern stünden gegenüber der Erstbeklagten verschuldensunabhängige nachbarrechtliche Ansprüche nach § 364a ABGB zu, weil hinsichtlich der Errichtung des Güterwegs von einer behördlich bewilligten Anlage auszugehen sei. Die zweitbeklagte Partei hafte solidarisch aufgrund eines – nicht näher dargelegten – rechtswidrigen und schuldhaften Verhaltens bei der Errichtung des Wegs.

Das Berufungsgericht änderte das erstinstanzliche Urteil insoweit ab, als es das von der Zweitklägerin erhobene Begehren auf Ersatz der Kosten des Anschlusses ihres Grundstücks an die kommunale Wasserversorgung in Höhe von 4.585,40 EUR sowie das Begehren der Erst- und Zweitkläger auf Feststellung der Haftung auch für zukünftige Kosten eines solchen Wasseranschlusses (ihrer noch unbebauten Grundstücke) abwies. Außerdem schränkte es – was in dritter Instanz nicht bekämpft wird – den Ausspruch zur Feststellung der Haftung für die laufenden (kommunalen) Wassergebühren (hinsichtlich sämtlicher von der Verschlechterung der Wasserqualität betroffenen Grundstücke) dahin ein, dass die Haftung „mit der Höhe der jährlichen Schüttung der Quelle und unter Berücksichtigung des Umstands beschränkt ist, dass alle Quellberechtigten der genannten Quelle lediglich einen Gesamtanspruch als Gesamthandgläubiger bis zur Höhe der genannten jährlichen Schüttung haben“.

Die Haftung der Erstbeklagten stützte das Berufungsgericht – wie bereits das Erstgericht – auf eine analoge Anwendung des § 364a ABGB; jene der zweitbeklagten Partei gründete es darauf, dass diese eine für die Errichtung des Güterwegs erforderliche wasserrechtliche Bewilligung nicht eingeholt und daher „wasserrechtliche Schutzvorschriften“ verletzt habe. Die Abweisung des Anspruchs auf Ersatz bereits aufgewendeter bzw in Zukunft allenfalls anfallender Kosten des Anschlusses von Grundstücken (darauf errichteter Häuser) der erst- bzw zweitklagenden Parteien an die kommunale Wasserversorgung begründete es damit, dass es sich bei diesen Kosten um sogenannte „Sowiesokosten“ handle, die auch beim Anschluss an die „private“ Quelle angefallen wären bzw anfallen würden.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Streitwert hinsichtlich jedes Klägers jeweils 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteige, und erklärte die ordentliche Revision zu den Rechtsfragen „der analogen Anwendbarkeit des § 364a ABGB betreffend anlässlich des Güterwegebaus übergangener Quellleistungsberechtigter“, „ob angesichts der Querung des Quellgebietes eine wasserrechtliche Bewilligung einzuholen gewesen wäre“ sowie dazu „wie bei mehreren schadenersatzberechtigten Quellberechtigten als Rechtsgemeinschaft ein Feststellungsbegehren auf zukünftige Versorgung von Trinkwasser zu erheben ist, wenn Ersatz an die Gemeinschaft lediglich im Umfang des verlustig gegangenen Trinkwassers zu leisten ist und dabei einzelne Liegenschaften noch gar nicht bebaut sind oder erst im Laufe des Verfahrens bebaut wurden“ als zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen erhobenen Revisionen der Erst- bis Fünftkläger sowie der Erstbeklagten sind – entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts – nicht zulässig, weil darin keine erheblichen Rechtsfragen im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO aufgezeigt werden.

Die Revision der zweitbeklagten Partei ist zulässig und im Sinn des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrags auch berechtigt.

I. Zur Revision der Erst- bis Fünftkläger:

1. Die Rechtsmittelgründe werden in der Revision nicht

getrennt darstellt, allfällige Unklarheiten gehen daher zu Lasten der Rechtsmittelwerber (RIS-Justiz RS0041761).

2. Die Erst- bis Fünftkläger (nachfolgend kurz „Kläger“) behaupten, dass sie von der Rechtsansicht des Berufungsgerichts, wonach die Kosten des Anschlusses von (erst nach Errichtung des Güterwegs bzw der dadurch verursachten Quellverunreinigung) auf den bezugsberechtigten Grundstücken errichteten Häusern an die kommunale Wasserversorgung als „Sowiesokosten“ nicht ersatzfähig seien, überrascht worden wären.

Soweit diese Verfahrensrüge die Abweisung des Begehrens auf Ersatz von Anschlussgebühren für das auf dem Grundstück EZ 960, KG ***** U*****, errichtete Haus betrifft, weisen die Revisionswerber aber selbst darauf hin, dass dieses neu errichtete Objekt über keinen Anschluss an eine öffentliche Wasserleitung verfügt. Auf die Verfahrensrüge ist daher schon aufgrund fehlender rechtlicher Relevanz des behaupteten (zweitinstanzlichen) Verfahrensfehlers für die Beurteilung des insoweit – bereits mangels ersatzfähigen (Vermögens-)Schadens – zu Recht abgewiesenen Zahlungsbegehrens nicht weiter einzugehen.

Soweit auch hinsichtlich der Abweisung des Feststellungsbegehrens im Umfang der allenfalls künftig anfallenden Wasseranschlusskosten betreffend die Grundstücke EZ 701 und EZ 800, jeweils KG ***** U***** eine überraschende Rechtsansicht kritisiert wird, ist die Verfahrensrüge schon deshalb nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil die Revision dazu keine substanziierten Darlegungen enthält. Insbesondere wurde nicht ausgeführt, welches Vorbringen die Kläger bei Erörterung der Rechtsansicht des Berufungsgerichts zur Stützung ihres Rechtsstandpunkts hinsichtlich dieser beiden Liegenschaften konkret erstattet hätten.

3. Eine

 Aktenwidrigkeit liegt nur bei einem Widerspruch zwischen den Prozessakten und den tatsächlichen Urteilsvoraussetzungen vor, wobei dieser Widerspruch wesentlich sein muss (RS0043421). Dass dem Berufungsgericht ein solcher Fehler unterlaufen sei, legen die Revisionswerber nicht konkret dar.

4. Soweit die Zweitklägerin die Abweisung ihres Begehrens auf Ersatz der Kosten für den Anschluss ihres Grundstücks (des darauf errichteten Hauses) an die kommunale Wasserversorgung auch mit Rechtsrüge bekämpft, setzt sich die Revision mit der Begründung des Berufungsgerichts nicht näher auseinander. Im Übrigen ist auch auf die Behandlung der Verfahrensrüge (die nicht klar von der Rechtsrüge getrennt wurde) zu verweisen, wonach die Kläger in dritter Instanz selbst behaupten, dass dieses (auf dem Grundstück EZ 960, KG ***** U*****, errichtete) Haus gar nicht an die öffentliche Trinkwasserversorgung angeschlossen wurde. Es liegt daher gar kein ersatzfähiger Schaden vor. Da die Revisionswerber in ihrem Rechtsmittel klarstellen, dass sie den Ersatz bereits tatsächlich angefallener („mittlerweile aufgelaufener“) Anschlusskosten begehrt haben, muss auf die Frage eines allfälligen Vorschusses auf solche Kosten nicht weiter eingegangen werden. Auch zur Abweisung des Feststellungsbegehrens (hinsichtlich der Haftung der Beklagten für die zukünftigen Kosten des Wasseranschlusses eines den erst- und zweitklagenden Parteien gemeinsam sowie eines der Zweitklägerin allein gehörenden Grundstücks) gehen die Rechtsmittelwerber nicht näher auf die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts ein.

5. Wenn in der Revision moniert wird, dass das Berufungsgericht den Ausspruch des Erstgerichts, die Beklagten haften für die Kosten der (künftigen) laufenden (!) Wassergebühr „laut Abrechnung der Wassergenossenschaft Q***** für diese [jeweils] neu zu errichtende Trinkwasserversorgung“, dahin geändert hat, als im Spruch des Berufungsurteils nur mehr auf die Wassergebühr „laut Abrechnung der Wassergenossenschaft Q*****“ abgestellt wird und die Bezugnahme auf die „neu zu errichtende Trinkwasserversorgung“ entfiel, so ist damit kein „Minus“ im Sinn einer inhaltlichen Einschränkung des Feststellungsanspruchs verbunden, vielmehr entfiel nur eine entbehrliche (weitere) „Spezifikation“ jener Wassergebühren, für die auch das Berufungsgericht die grundsätzliche Haftung der Beklagten feststellte.

II. Zur Revision der Beklagten:

1. Die Revision ist zwar formal nach den angezogenen Revisionsgründen gegliedert, inhaltlich werden diese aber vermengt dargestellt. Sie ist generell unübersichtlich und lässt streckenweise nicht klar erkennen, auf welche beklagte Partei sich die betreffenden Ausführungen beziehen. Eine Auseinandersetzung mit dem Rechtsmittel ist daher nur insoweit möglich, als es ausreichend nachvollziehbar ist. Nachfolgend wird zunächst (in den Punkten 2 bis 7) auf jene Argumente eingegangen, die – soweit erkennbar – beide beklagte Parteien betreffen. Im Anschluss werden jene Revisionsausführungen behandelt, die nur die Haftung der Erstbeklagten (Punkte 8 und 9) bzw des zweitbeklagten Landes (Punkte 10 bis 14) betreffen.

2.1. Die Beklagten kritisieren als zweitinstanzlichen Verfahrensmangel, dass sich das Berufungsgericht nicht mit „sämtlichen“ geltend gemachten Verfahrens- und Beweisrügen befasst, sondern nur „rudimentär“ ausgeführt habe, warum es die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen übernehme. Mit welchen in der Berufung der Beklagten konkret ins Treffen geführten Argumenten sich das Berufungsgericht nicht ausreichend befasst haben soll, legen die Revisionswerber aber nur insoweit (klar) dar, als sie darauf Bezug nehmen, dass das Berufungsgericht nicht auf das Argument eingegangen sei, die Kläger seien vor Errichtung des Güterwegs ihrer nach der Trinkwasserverordnung 2001 obliegenden Verpflichtung zur regelmäßigen Untersuchung der Wasserqualität der Quelle nicht nachgekommen, weshalb die seinerzeitige Trinkwasserqualität nicht festgestellt werden hätte dürfen. Mit ihrer dazu aufgestellten Behauptung, dass „dieser Verfahrensmangel wesentlich sei, zumal sich dadurch ergeben hätte, dass die begehrten Streichungen von Feststellungen bzw Ersatzfeststellungen im Ergebnis zu einer anderen rechtlichen Beurteilung geführt hätte“, kommen sie den an sie gestellten Anforderungen zur Darstellung der Relevanz des behaupteten Verfahrensfehlers aber nicht nach (RS0043049 [T6]; RS0116273 [T1]). Dass „Streichungen“ erstinstanzlicher Feststellungen mit einer Beweisrüge nicht angestrebt werden können, sei der Vollständigkeit halber erwähnt (RS0041835 [T3]). Ob eine im Rahmen der Beweiswürdigung gezogene Schlussfolgerung richtig ist, ist vom Revisionsgericht nicht zu überprüfen (vgl RS0043150 [T7]), was auch nicht dadurch umgangen werden kann, dass ein unerwünschtes Ergebnis der Behandlung der Beweisrüge als Mangel des Berufungsverfahrens releviert wird (RS0043150 [T8]).

2.2. Soweit die Revisionswerber bloß auf einen „bereits in der Berufung geltend gemachten Verfahrensmangel des Erstgerichts“ verweisen, ist anzumerken, dass ein solcher Verweis der Revision auf die Berufungsschrift unzulässig und damit unbeachtlich ist (vgl RS0043579). Ihrer Kritik, das Berufungsgericht habe sich nicht mit dem Vorwurf auseinandergesetzt, das Erstgericht habe das Verfahren „einseitig“ (zu Lasten der Beklagten) geführt, legen die Revisionswerber nur die Behauptung zugrunde, dass das Erstgericht zwar einen Schriftsatz der Kläger zugelassen, den Beklagten aber keine Möglichkeit, darauf zu replizieren, eingeräumt habe. Ausführungen zur Relevanz dieses behaupteten Verfahrensmangels enthält die Revision nicht. Dies gilt auch für jene behaupteten Mängel, welche die Revisionswerber darin erblicken, dass das Berufungsgericht sich nicht mit dem Vorwurf der mangelnden „Sachkenntnis“ des Erstrichters (betreffend die Frage, ob der Güterweg fachgerecht errichtet wurde), der unterlassenen Einholung eines Sachverständigengutachtens sowie der „unterlassenen Erörterung/Anleitung im Sinn des § 184a ZPO“ (eine solche Bestimmung existiert nicht) auseinandergesetzt habe.

3. Der Senat ging bereits in der – in der vorliegenden Rechtssache ergangenen – Entscheidung 1 Ob 180/19f davon aus, dass sich den erstinstanzlichen Feststellungen hinreichend klar entnehmen lässt, dass die im Verlust der Trinkwassereigenschaft bestehende Beeinträchtigung des Quellwassers durch die (unsorgfältige) Errichtung des Güterwegs verursacht wurde. Einen für die rechtliche Beurteilung relevanten Feststellungsmangel zeigt die Revision in diesem Zusammenhang nicht auf. Dass das Erstgericht nicht zu sämtlichen nach der Trinkwasserverordnung 2001 für die Qualifikation als Trinkwasser maßgeblichen Parametern die entsprechenden „Werte“ (für den Zeitraum vor Errichtung des Güterwegs) festgestellt hat, ändert nichts daran, dass es insgesamt davon ausging, dass die Errichtung des Güterwegs insoweit zu einer Verschlechterung der Wasserqualität führte, als die Quelle wegen einer höheren Keimbelastung nicht mehr – wie zuvor – als Trinkwasser genutzt werden kann. Soweit die Beklagten – sowohl zur Frage, ob die Quelle vor Errichtung des Güterwegs Trinkwasserqualität aufwies, als auch zur Frage, ob die Errichtung des Güterwegs (oder die von den Klägern errichtete Quellfassung) die Verschlechterung der Wasserqualität verursacht hat – die erstinstanzliche Beweiswürdigung bekämpfen, verkennen sie, dass der Oberste Gerichtshof keine Tatsacheninstanz ist (vgl RS0042903 [T5]). Soweit die Rechtsmittelwerber in ihrer Argumentation davon ausgehen, dass die Verunreinigung der Quelle auf eine mangelhafte Quellfassung zurückzuführen sei, widerspricht dies den Feststellungen, wonach die Verunreinigung durch den Wegebau verursacht wurde und nicht festgestellt werden konnte, dass die neue Quellfassung „nicht entsprechend den geltenden Normen und Richtlinien bzw nicht nach dem Stand der Technik erneuert wurde“. Die Rechtsrüge ist insoweit nicht gesetzmäßig ausgeführt (vgl RS0043603 [T2]). Wenn die Revisionswerber meinen, dass aufgrund der Negativfeststellung zur Frage, ob die Quellfassung von den Klägern dem Stand der Technik entsprechend erneuert wurde, keine (positive) Feststellung zur Ursächlichkeit der Errichtung des Güterwegs für die Wasserverunreinigung getroffen werden hätte dürfen, so betrifft auch dies eine Frage der Beweiswürdigung, die nicht an den Obersten Gerichtshof herangetragen werden kann (RS0069246).

4. Dass die Beklagten den Klägern nur Wasser in jener Qualität zu ersetzen hätten, wie sie die Quelle vor Beeinträchtigung ihrer Wasserqualität geliefert habe, ist zwar im Grunde zutreffend. Auf Basis der Feststellung, dass die Quelle Trinkwasser geliefert hatte, ist es aber nicht zu beanstanden, dass die Beklagten die Kosten der ebenfalls Trinkwasser liefernden kommunalen Wasserversorgung zu ersetzen haben. Wäre das ersatzweise bezogene Wasser – wie die Revisionswerber behaupten – hinsichtlich einzelner (chemischer und/oder physikalischer) Parameter „qualitativ besser“ als das ursprüngliche Quellwasser, wäre dies zwar ein ohne schädigendes Ereignis (mangelhafte Errichtung des Güterwegs) nicht bestehender Vorteil für die Kläger nach Schaffung der begehrten Ersatzlage. Dieser wäre aber schon deshalb nicht „auszugleichen“ (was von den Beklagten auch gar nicht angestrebt wird; vgl RS0036710), weil er sich nicht in ihrem Vermögen niederschlägt bzw niederschlagen wird (vgl RS0022824 [T3]).

5. Dass sich das Berufungsgericht nicht mit dem Mitverschuldenseinwand befasst habe, ist unzutreffend, die Revision enthält dazu auch keine näheren Darlegungen.

6. Soweit die Revisionswerber dem Feststellungsausspruch (betreffend ihre Haftung für die Kosten der laufenden Trinkwasserversorgung) entgegenhalten, dass dieser insoweit zu weit gefasst sei, als die Beklagten die Kosten der kommunalen Wasserversorgung auch in dem Fall zu tragen hätten, dass die Quelle in Zukunft wieder Trinkwasser liefere, ist ihnen zu entgegnen, dass sie in erster Instanz gar nicht behauptet haben, dass die Wasserqualität nicht dauerhaft beeinträchtigt wurde.

7. Einen für die rechtliche Beurteilung ihrer Haftung relevanten Feststellungsmangel vermögen die Revisionswerber auch im Zusammenhang mit dem Inhalt der von den Klägern (mit dem Eigentümer des Grundstücks, auf dem sich die Quelle befindet) abgeschlossenen Dienstbarkeitsverträge nicht aufzuzeigen. Warum sich daraus, dass in diesen Verträgen keine bestimmte Wassermenge und keine bestimmte Wasserqualität zugesagt worden sei, „keinerlei Ansprüche“ der Kläger gegenüber den Beklagten ergeben sollten, ist nicht nachvollziehbar. Dass die Haftung der Beklagten vom Berufungsgericht gegenüber sämtlichen Klägern (insgesamt) mit der Höhe der jährlichen Schüttung der Quelle beschränkt wurde, wurde von diesen nicht bekämpft.

8. Der vom Berufungsgericht bestätigten Haftung der Erstbeklagten nach § 364a ABGB hält diese in ihrer Revision entgegen, dass es sich bei der Beeinträchtigung der Wasserqualität der Quelle um keinen durch die Errichtung des Güterwegs adäquat verursachten Schaden handle, sondern dieser auf eine „Verkettung unglücklicher Umstände“ zurückzuführen sei. Die Beurteilung, dass ein Ermöglichen des Eindringens von verschmutztem Oberflächenwasser in quellwasserführende Bodenschichten eine adäquate Folge der Errichtung des Güterwegs und nicht bloß eine solche aufgrund einer „Verkettung unglücklicher Umstände“ ist, begegnet keinen Bedenken, verwirklichte sich damit doch gerade jenes kalkulierbare (Bau-)Risiko, das die Erstbeklagte zu ihrem Nutzen eingegangen ist (vgl RS0106324 [T4]; RS0010668 [T16]; RS0126817); außergewöhnliche Umstände wurden nicht festgestellt.

9. Wenn die Erstbeklagte eine „Feststellung“ dazu begehrt, „dass der Wegebau eine Anlage im Sinn des § 364a ABGB darstellt“, so spricht sie damit in Wahrheit eine Frage der rechtlichen Beurteilung an. Die vom Berufungsgericht erkennbar vertretene Rechtsansicht, wonach diese Bestimmung auf die Errichtung des Güterwegs, bei dessen (naturschutzrechtlicher) Bewilligung auch „an die Interessen der leitungsberechtigten Nachbarn gedacht wurde“, analog anzuwenden sei, was das Berufungsgericht – wie sich aus dessen Verweis auf seinen vorangegangenen (zweiten) Aufhebungsbeschluss vom 31. 5. 2019 ergibt – auch aus den „mehrfachen“ (naturschutz- und wasserrechtlichen) Bewilligungen ableitet, wird in der Revision nicht kritisiert. Auf die vom Berufungsgericht als im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO erheblich bezeichnete Rechtsfrage der analogen Anwendbarkeit des § 364a ABGB auf „anlässlich eines Güterwegebaus übergangene Quellleistungsberechtigte“ (also auf die Frage, ob § 364a ABGB auf die Errichtung des zur Ausübung eines land- und forstwirtschaftlichen Bringungsrechts agrarbehördlich bewilligten Güterwegs analog anzuwenden sei) muss daher nicht weiter eingegangen werden.

10. Die zweitbeklagte Partei wendet sich zunächst gegen eine verschuldensunabhängige Haftung. Von einer solchen ging das Berufungsgericht aber – soweit die angefochtene Entscheidung erkennen lässt – ohnehin nicht aus. Sie bekämpft auch die Rechtsansicht, dass sie wegen einer Schutzgesetzverletzung hafte, weil „der Bau des Güterwegs im Nahebereich der Quelle im Hinblick auf den Schutz des Quellwassers nach den Schutzgesetzen (§§ 30 WRG) wasserrechtlich zu bewilligen gewesen wäre“ bzw „weil sie fahrlässig wasserrechtliche Schutzgesetze als Planerin und Bauleiterin verletzt habe“. Wenngleich die rechtlichen Ausführungen des Berufungsgerichts zur Haftung der Zweitbeklagten – möglicherweise im Hinblick auf die in seinem (ersten) Aufhebungsbeschluss vom 28. 5. 2015 ausführlicher dargelegte Rechtsansicht – ausgesprochen kursorisch sind, kann die rechtliche Beurteilung vom Obersten Gerichtshof doch (gerade) noch überprüft werden.

11. Gemäß dem im angefochtenen Urteil aufgrund der Bezugnahme auf die „§§ 30 WRG“ (auch) angesprochenen – und von den Klägern in erster Instanz ausdrücklich als Haftungsgrundlage ins Treffen geführten – § 31 Abs 1 WRG hat jedermann, dessen Anlagen, Maßnahmen oder Unterlassungen eine Einwirkung auf Gewässer herbeiführen können, mit der im Sinn des § 1297, zutreffendenfalls mit der im Sinn des § 1299 ABGB gebotenen Sorgfalt seine Anlagen so herzustellen, instandzuhalten und zu betreiben oder sich so zu verhalten, dass eine Gewässerverunreinigung vermieden wird, die den Bestimmungen des § 30 WRG zuwiderläuft und nicht durch eine wasserrechtliche Bewilligung gedeckt ist.

12. Diese Bestimmung bezweckt auch die Reinhaltung und den Schutz des Grundwassers (RS0082475; RS0027555 [T1, T2]). Sie erfasst in erster Linie Anlagen sowie Maßnahmen und Unterlassungen, bei denen – wie im vorliegenden Fall – eine Einwirkung auf Gewässer zwar nicht vorgesehen, aber erfahrungsgemäß möglich ist (RS0027555 [T7]). Primär normiert § 31 Abs 1 WRG eine Haftung des Verursachers, die unabhängig davon besteht, ob schädliche Einwirkungen auf ein Gewässer durch organisatorische oder durch faktische Maßnahmen oder Unterlassungen verursacht wurden (vgl 1 Ob 152/10z mwN). Auch Werkunternehmer, die Maßnahmen im Sinn des § 31 Abs 1 WRG gesetzt haben, haften, wenn eine Gewässerverunreinigung bei Ausführung des Werks herbeigeführt wird (1 Ob 127/13b mwN).

13. Die zweitbeklagte Partei wurde von der Erstbeklagten bei der Errichtung des Güterwegs unter anderem mit der Planung und „Bauabwicklung“ beauftragt. Die Wahrnehmung dieser Aufgaben war unzweifelhaft geeignet, eine Einwirkung auf Gewässer, nämlich insbesondere auf die im Nahebereich der geplanten Wegtrasse befindliche Quelle, herbeizuführen. § 31 WRG verpflichtet dazu, alles hintanzuhalten, was zu einer Beeinträchtigung der Wassergüte führen könnte. Das verpönte Verhalten besteht nach § 31 Abs 1 WRG in einer Gewässerverunreinigung als solcher (vgl etwa VwGH 86/07/0231). Der Zweitbeklagten ist daher dann ein (objektiver) Verstoß gegen § 31 Abs 1 WRG anzulasten, wenn sie die Quellverunreinigung tatsächlich verursacht hat, wobei dafür sowohl aktive Maßnahmen als auch Unterlassungen in Betracht kommen. Die zweitbeklagte Partei bestreitet eine solche Verursachung auch in dritter Instanz. Das Erstgericht stellte dazu nur fest, dass sie von der Erstbeklagten mit der Planung, Bauabwicklung, Ausschreibung und Auftragsvergabe beauftragt wurde. Feststellungen zur konkreten Tätigkeit der Zweitbeklagten (im Zusammenhang mit der Errichtung des Güterwegs) traf das Erstgericht nicht. Es kann daher derzeit noch nicht beurteilt werden, ob sie durch eine konkrete Handlung oder Unterlassung (allenfalls auch organisatorischer Art) die Verunreinigung der Quelle herbeigeführt hat. Allein daraus, dass die Quellverunreinigung durch die Errichtung des Güterwegs verursacht wurde, kann dies noch nicht abgeleitet werden. Es ist auch zu berücksichtigen, dass – was bisher noch nicht erörtert wurde –

juristische Personen im deliktischen Bereich nur für das schädigende Verhalten ihrer Organe sowie jener Personen („Repräsentanten“) haften, die in verantwortlicher, leitender oder überwachender Funktion für sie tätig sind (RS0009113 [T33]).

14. Stünde fest, dass der zweitbeklagten Partei eine Verletzung des § 31 Abs 1 WRG (objektiv) zur Last fällt (ihre Repräsentanten also die Gewässerverunreinigung konkret verursacht haben), wäre in weiterer Folge zu prüfen, ob sie daran auch ein Verschulden trifft (vgl RS0027555 [T3]; vgl auch RS0027568 [T1]). Feststellungen, die eine solche Beurteilung ermöglichen würden, wurden noch nicht getroffen. Da sie sich von einer Haftung aufgrund der Übertretung des § 31 Abs 1 WRG dadurch befreien könnte, dass sie ihr mangelndes Verschulden nachweist (1 Ob 178/00h mwN; 1 Ob 36/92), wäre ihr (eine objektive Verletzung des § 31 Abs 1 WRG vorausgesetzt) die Möglichkeit zu geben, einen solchen Entlastungsbeweis anzutreten (vgl 1 Ob 42/83).

15. Zusammengefasst ist festzuhalten, dass die Revision der Erstbeklagten mangels Aufzeigens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO als unzulässig zurückzuweisen ist.

Der Revision der zweitbeklagten Partei ist hingegen Folge zu geben und die angefochtene Entscheidung in dem der Klage ihr gegenüber stattgebenden Umfang zur Erörterung und Ergänzung der Sachverhaltsgrundlage durch das Erstgericht aufzuheben.

III. Der

Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO, hatte doch das Berufungsgericht die Kostenentscheidung bis zur rechtskräftigen Erledigung der Streitsache

vorbehalten.

Textnummer

E128962

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2020:0010OB00108.20V.0723.000

Im RIS seit

01.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

25.06.2021
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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