Entscheidungsdatum
09.07.2020Index
97 Öffentliches AuftragswesenNorm
BVergG 2018 §2 Z15Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch die Richterin Dr.in Lettner als Vorsitzende, den Richter Dr. Oppel und die Richterin Mag.a Mandl über den Antrag der A. GmbH, vertreten durch Rechtsanwälte GmbH, auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung betreffend das Vergabeverfahren "Vergabeverfahren Technische Facility Service-Leistungen", der B. GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt, durch mündliche Verkündung
zu Recht e r k a n n t :
I. Dem Antrag auf Nichtigerklärung wird stattgegeben und die Zuschlagsentscheidung vom 29.5.2020 wird nichtig erklärt.
II. Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin die von dieser entrichtete Pauschalgebühr in Höhe von 3.121,50 binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Die Antragsgegnerin ist öffentliche Auftraggeberin und führt ein Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung im Oberschwellenbereich zur Vergabe eines Dienstleistungsauftrages betreffend Technische Facility Service-Leistungen. Sie hat mit 29.5.2020 eine Zuschlagsentscheidung zugunsten der C. GmbH (präsumtive Zuschlagsempfängerin) erlassen.
Die Antragsgegnerin hat gegen diese Zuschlagsentscheidung rechtzeitig einen Antrag auf Nichtigerklärung und auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung eingebracht.
Die einstweilige Verfügung wurde mit Beschluss vom 10.6.2020, VGW-124/077/6408/2020-1, erlassen.
In ihrem Antrag auf Nichtigerklärung bringt die Antragstellerin, kurz zusammengefasst, Folgendes vor:
Das Vergabeverfahren sei elektronisch über eine Vergabeplattform durchgeführt worden. In diesem habe die Antragsgegnerin - vermutlich irrtümlich - die Teilnahmeanträge aller Bewerber samt Prüfbericht veröffentlicht.
Gemäß Zuschlagsentscheidung sei das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin mit 80,96 gewichteten Punkten gewertet worden. Das Angebot der Antragstellerin läge mit 79,19 gewichteten Punkten an zweiter Stelle.
Tatsächlich sei die präsumtive Zuschlagsempfängerin jedoch zu Unrecht in der 2. Verfahrensstufe zur Angebotslegung eingeladen worden und hätte deren Angebot daher ausgeschieden werden müssen.
In den Teilnahmeunterlagen sei eine Zertifizierung gemäß ISO 10001 Qualitätsmanagement Kundenzufriedenheit verlangt. Diese Zertifizierung habe spätestens zum Zeitpunkt der Abgabe des Teilnahmeantrages vorliegen müssen. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin habe zum Zeitpunkt des Teilnahmeantrages nicht über diese Zertifizierung verfügt. Die laut (veröffentlichtem) Prüfbericht von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin selbst erstellten Unterlagen bzw. eigenen Angaben der präsumtiven Zuschlagsempfängerin würden das bestandsfeste Erfordernis einer solchen Zertifizierung nicht erfüllen. Auch der Vermerk im Teilnahmeantrag der präsumtiven Zuschlagsempfängerin, dass eine solche Zertifizierung nach Auskunft des TÜV ... nicht möglich sei, sei nicht ausreichend.
Als Mindestanforderung sei weiters festgelegt, dass die Bewerber über einen Objektleiter mit folgender Qualifikation verfügen müssten: „Nachweis der abgeschlossenen Ausbildung zum Brandschutzwart“. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin habe die im Nachprüfungsantrag angeführte Person namhaft gemacht, welche die Ausbildung zum Brandschutzwart noch nicht abgeschlossen habe. Sie habe stattdessen erklärt, dass diese Ausbildung nachgeholt und am 27.1.2020 abgeschlossen werde. Ende der Teilnahmefrist sei aber der 13.12.2019 gewesen, sodass die festgelegte Mindestanforderung zum relevanten Zeitpunkt nicht erfüllt gewesen sei.
In den Teilnahmeunterlagen sei ein Strafregisterauszug verlangt, der jeweils nicht älter als maximal 6 Monate, gerechnet ab dem letzten Tag der Abgabefrist für den Teilnahmeantrag, sein dürfe. Der von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin für den im Nachprüfungsantrag genannten Geschäftsführer vorgelegte Strafregisterauszug sei vom 6.6.2019. Das Ende der Teilnahmefrist sei der 13.12.2019 gewesen, sodass der vorgelegte Auszug entgegen den Ausschreibungsanforderungen älter als 6 Monate gewesen sei.
In den Teilnahmeunterlagen sei eine rechtsgültige Unterfertigung des Teilnahmeantrages verlangt gewesen. Für den Fall, dass der Teilnahmeantrag nicht von den im Firmenbuch als vertretungsbefugt ausgewiesenen Organen unterfertigt sein sollte, sei die Beilage einer Vollmacht zum Teilnahmeantrag verlangt gewesen, und zwar bei sonstigem Ausscheiden des Teilnahmeantrages. Der Teilnahmeantrag der präsumtiven Zuschlagsempfängerin sei von den beiden im Nachprüfungsantrag genannten Personen unterfertigt worden, welche keine im Firmenbuch ausgewiesenen Vertretungsorgane gewesen seien. Die demnach erforderlichen Vollmachten seien dem Teilnahmeantrag nicht angeschlossen gewesen.
Die Antragsgegnerin hielt dem Nachprüfungsantrag zunächst entgegen, das Vorbringen der Antragstellerin sei zur Gänze präkludiert. Aufgrund der irrtümlich erfolgten Veröffentlichung des Prüfberichtes sämtlicher Teilnahmeanträge habe die Antragstellerin bereits zu Beginn der 2. Stufe des Verhandlungsverfahrens die nunmehr relevierten Umstände gekannt. Die Antragstellerin habe jedoch das Ergebnis der 2. Stufe des Verhandlungsverfahrens abgewartet und mache erst jetzt gegen die Zuschlagsentscheidung die ihr bereits seit Beginn der 2. Stufe bekannten Umstände geltend.
Zur Frage der ISO-Zertifizierung sei fristgerecht eine Bieteranfrage gestellt worden, die wie folgt beantwortet worden sei: „Wenn in der Zertifizierung nach ISO 9001 die Teilbereiche zur Kundenzufriedenheit im Scope der Zertifizierung sind, daher im Sinne der ISO 10001 ausreichend abgebildet sind und dies durch die Bewerber auch im Rahmen des Teilnahmeantrags anhand von entsprechenden Handbüchern/Prozessbeschreibungen, Arbeitsanweisungen, etc. nachgewiesen werden kann, ist dies für die Antragsgegnerin ausreichend. Die Beurteilung, ob die vorgelegten Nachweise ausreichend sind, liegt - bei Nichtvorliegen des eigentlich gewünschten aufrechten Zertifikates nach ISO 10001 allein im Ermessen der Auftraggeberin“. Durch die verbindliche Fragebeantwortung vom 6.12.2019 sei daher für sämtliche Bewerber einheitlich bekannt gegeben und festgelegt worden, dass „wenn in der Zertifizierung nach ISO 9001 die Teilbereiche zur Kundenzufriedenheit im Scope der Zertifizierung sind, daher im Sinne der ISO 10001 ausreichend abgebildet sind und dies durch den Bewerber auch im Rahmen des Teilnahmeantrags anhand von entsprechenden Handbüchern/Prozessbeschreibungen, Arbeitsanweisungen, etc. nachgewiesen werden kann, dies für den Auftraggeber ausreichend ist.“ In diesem Fall bestünde somit ein Fall der Gleichwertigkeit zur ansonsten geforderten Zertifizierung nach ISO 10001.
Zur Ausbildung der Objektleiter zum Brandschutzwart sei in den Teilnahmeunterlagen nicht festgelegt, zu welchem Zeitpunkt die Ausbildung vorliegen müsse. Es bleibe sohin offen, ob diese Ausbildung bereits mit Abgabe des Teilnahmeantrags abgeschlossen sein müsse oder aber erst vor der Abgabe des LBO, damit eine informierte Zuschlagsentscheidung (eine Zuschlagsentscheidung in Kenntnis des Abschlusses der Ausbildung zum Brandschutzwart) getroffen werden könne. Da diese Formulierung im Bereich der Auftraggeberin gewesen sei, sei diese im Zweifel zugunsten sämtlicher Bewerber auszulegen, was nicht nur die präsumtive Zuschlagsempfängerin umfasse, sondern auch die nunmehrige Antragstellerin. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin habe glaubhaft zusichern können, dass der von ihr angebotene Objektleiter zum damaligen Zeitpunkt bereits die Ausbildung zum Brandschutzwart absolviere und diese mit 27.1.2020 - also auch noch vor der Einladung zur 2. Stufe am 29.1.2020 - abgeschlossen haben werde. Das diesbezügliche Zeugnis sei von der präsumtiven Zustandsempfängerin nachgereicht worden.
Zur Strafregisterauskunft sei ein mit 9.1.2020 datierter Strafregisterauszug nachgereicht worden. Darüber hinaus würde die Antragstellerin geflissentlich übersehen, dass auch ihr selbst die Möglichkeit einer derartigen Nacheichung zu Gute gekommen sei, zumal sie in ihrem Teilnahmeantrag keinen Nachweis über das geforderte Sprachlevel C1 ihres Objektleiters angeschlossen habe. Es sei daher auch von der Antragstellerin ein Nachweis (betreffend Deutschkenntnisse des Objektleiters mit dem Sprachlevel C1) nachgefordert worden. Beim gegenständlichen Strafregisterauszug des Geschäftsführers der präsumtiven Zuschlagsempfängerin handle es sich ebenso um einen nachreichbaren Nachweis wie bei jenem zum Sprachlevel des von der Antragstellerin gebotenen Objektleiters. Hätte man der präsumtiven Zuschlagsempfängerin nicht die Möglichkeit zur Nacheichung des Strafregisterauszugs eingeräumt, hätte dies im Sinne des Gleichbehandlungsprinzips auch nicht zugunsten der nunmehrigen Antragstellerin erfolgen dürfen und wäre damit auch die Antragstellerin hinsichtlich ihres Teilnahmeantrags mangels nachgewiesener Eignung auszuscheiden gewesen.
Zur Frage der Unterfertigung des Teilnahmeantrages habe die Antragstellerin die Textierung des Punktes 2.2 der Erläuterungen der Verfahrensbedingungen aus dem Zusammenhang genommen wiedergegeben. Punkt 3.2 der Erläuterungen der Verfahrensbedingungen sehe die Möglichkeit der Nacheichung von Nachweisen vor. Auf Aufforderung der Auftraggeberin seien die Nachweise binnen 3 Werktagen (bei sonstigem Ausscheiden des Teilnahmeantrages) vorzulegen. Es sei daher die Möglichkeit einer Nachreichung der Vollmacht auf Aufforderung gegeben. Sollte in der Textierung der Ausschreibungsunterlagen ein Widerspruch zu sehen sein, so sei dieser aufgrund der Textierung durch die Auftraggeberin gemäß § 915 ABGB im Zweifel zugunsten der jeweiligen Bewerber bzw. Bieter auszulegen, was auch erfolgt sei. Hinsichtlich der Nachforderung gegenüber der Antragstellerin sei dieser Grundsatz ebenso zur Anwendung gekommen und sei daher im Sinne der Gleichbehandlung auch bei der präsumtiven Zuschlagsempfängerin so vorzugehen gewesen.
Der weitere Schriftverkehr ist im Vergabeakt dokumentiert.
Es wurde am 09.07.2020 eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Im Anschluss an die mündliche Verhandlung wurde das Erkenntnis mündlich verkündet. Nach erfolgter mündlicher Verkündung wurde von der Antragsgegnerin und von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin eine Langausfertigung des Erkenntnisses verlangt.
Folgender entscheidungswesentliche Sachverhalt wurde festgestellt:
Die Antragsgegnerin ist klassische öffentliche Auftraggeberin und führt ein Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung im Oberschwellenbereich zur Vergabe eines Dienstleistungsauftrages betreffend Technische Facility Service-Leistungen.
In der 1. Stufe des Vergabeverfahrens waren bis längstens 13.12.2019, 12 Uhr, Teilnahmeanträge einzubringen. Insgesamt wurden von drei Bewerbern Teilnahmeanträge eingebracht, darunter von der Antragstellerin und von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin. Die Antragsgegnerin hat alle drei Teilnahmeanträge eingehend geprüft und alle drei Bewerber zur 2. Stufe des Verhandlungsverfahrens zugelassen. Durch ein Versehen wurde der Prüfbericht mit den Prüfergebnissen aller drei Bewerber allen Teilnehmern des Vergabeverfahrens zugänglich gemacht.
In der 2. Stufe des Verhandlungsverfahrens wurden aufgrund der Erstangebote Verhandlungen geführt und aufgrund der abgegebenen Letztangebote das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin als bestes Angebot ermittelt. Das Angebot der Antragstellerin wurde an zweiter Stelle gereiht. Es wurde eine Zuschlagsentscheidung zugunsten der präsumtiven Zuschlagsempfängerin erlassen.
Die Antragstellerin beantragte rechtzeitig die Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung mit der Begründung, die präsumtive Zuschlagsempfängerin hätte aus den geltend gemachten Gründen nicht in die 2. Stufe des Verhandlungsverfahrens zugelassen werden dürfen.
1. In den Teilnahmeunterlagen war unter Punkt 3.1 gefordert, dass der Bewerber zum Zeitpunkt der Abgabe des Teilnahmeantrags zumindest über folgende aufrechte Zertifizierungen verfügt:
- DIN EN ISO 9001 ff - Qualitätsmanagementsystem
- DIN ISO 10001 ff – QM Kundenzufriedenheit
Die genannten Zertifizierungen sind im Auftragsfall während der gesamten Dauer des Vertragsverhältnisses vom Auftragnehmer auf eigene Kosten aufrecht zu erhalten.
Diese Anforderung wurde aufgrund einer Bieteranfrage wie folgt ergänzt:
Frage: „Ist eine Zertifizierung laut ISO 10001 zwingend notwendig, wenn die laut Norm geforderten Qualitätsstandards zur Erfassung der Kundenzufriedenheit im Integrierten Managementsystem des Unternehmens, welches laut ISO 9001 zertifiziert ist, abbildet?“
Antwort: „Wenn in der Zertifizierung nach ISO 9001 die Teilbereiche zur Kundenzufriedenheit im Scope der Zertifizierung sind, daher im Sinne der ISO 10001 ausreichend abgebildet sind, und dies durch den Bewerber auch im Rahmen des Teilnahmeantrags anhand von entsprechenden Handbüchern/Prozessbeschreibungen, Arbeitsanweisungen, etc. nachgewiesen werden kann, ist dies für die AG ausreichend. Die Beurteilung, ob die vorgelegten Nachweise ausreichend sind, liegt - bei Nichtvorliegen des eigentlich gewünschten aufrechten Zertifikates nach ISO 10001 allein im Ermessen der Auftraggeberin!“
Die präsumtive Zuschlagsempfängerin hat zum Ende der Teilnahmefrist nicht über eine Zertifizierung gemäß ISO 10001 verfügt. Stattdessen hat sie über eine Zertifizierung nach ISO 9001 verfügt, die laut Integriertem Managementhandbuch den Bereich Kundenorientierung, Kundenzufriedenheit umfasst, und dem Teilnahmeantrag eine Prozessbeschreibung Kundenzufriedenheit angeschlossen. Die Antragsgegnerin hat dies als gleichwertige Alternative zu einer Zertifizierung gemäß ISO 10001 im Sinne der obigen Fragebeantwortung gewertet.
Die Anforderungen an die Sicherstellung der Kundenzufriedenheit sind in der ISO 10001 wesentlich detaillierter und strenger geregelt als in der ISO 9001. Nach der erstgenannten ISO-Norm ist insbesondere die Erstellung von Verhaltenskodizes erforderlich.
Die präsumtive Zuschlagsempfängerin hat hinsichtlich der Frage der Kundenzufriedenheit mehr erfüllt, als den Mindestvoraussetzungen nach der ISO 9001 entsprechen würde, und dies auch nachgewiesen.
Die Antragsgegnerin hat die Frage der Gleichwertigkeit der von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin vorgelegten Nachweise geprüft, ist dabei zu dem Ergebnis gekommen, dass die Gleichwertigkeit gegeben ist, und hat dies im Vergabeakt dokumentiert.
Wie die Erörterung in der mündlichen Verhandlung ergeben hat, bestand dabei der Prüfmaßstab der Antragsgegnerin darin, dass die Besonderheiten des Auftragsgegenstandes spezifische Anforderungen an die Sicherstellung der Kundenzufriedenheit stellen, was darin begründet ist, dass es sich auftragsgegenständlichen um Mietobjekte mit spezifischen Anforderungen und um spezifische Erfordernisse der insgesamt nur etwa 10 Mieter handelt. Im Falle einer Zertifizierung gemäß ISO 10001 wären demnach die Anforderungen an die Kundenzufriedenheit jedenfalls erfüllt. In dem von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin nachgewiesenen Fall, dass die ISO 9001 erfüllt wird und zusätzliche Maßnahmen zur Sicherstellung der Kundenzufriedenheit getroffen sind, sind nur einzelne Anforderungen der ISO 10001 für den Auftragsgegenstand von Bedeutung, andere Anforderungen hingegen nicht. Die Gleichwertigkeit wurde von einem Techniker der Antragsgegnerin dahingehend geprüft, ob für die von diesem Techniker als relevant erachteten Festlegungen der ISO 10001 durch gleichwertige Maßnahmen abgedeckt sind.
Es ist aus dem Vergabeakt nicht nachvollziehbar und konnte auch in der mündlichen Verhandlung nicht in Erfahrung gebracht werden, wie der Maßstab der Prüfung der Gleichwertigkeit konkret ausgesehen hat. Insbesondere wurde im Vergabeakt nicht dokumentiert, welche konkreten Punkte der ISO 10001 für den Auftragsgegenstand von Bedeutung sind, und auf welche konkreten Punkte der ISO 10001 das nicht zutrifft. Auch wurde nicht dokumentiert, warum einzelne Punkte der ISO 10001 als für die Prüfung der Gleichwertigkeit maßgeblich erachtet wurden und warum das auf andere Punkte der ISO 10001 nicht zutrifft. Auch eine konkrete Gegenüberstellung der als maßgeblich erachteten konkreten Punkte der ISO 10001 mit den auf eine etwaige Gleichwertigkeit zu prüfenden Vorkehrungen der präsumtiven Zuschlagsempfängerin ist nicht erfolgt. Die Festlegung, nach welchem Maßstab die Antragsgegnerin diese Gleichwertigkeit prüfen werde, beschränkt sich weitgehend darauf, dass die Antragsgegnerin diesbezüglich „Ermessen“ habe.
Die von der Antragsgegnerin durchgeführte Prüfung der Gleichmäßigkeit entzieht sich damit einer Nachprüfbarkeit durch das Verwaltungsgericht auf seine Schlüssigkeit und auf seine Nachvollziehbarkeit. Im Wesentlichen sind der bei der gleichwertigen Prüfung von der Antragsgegnerin zugrunde gelegte Maßstab und dessen konkrete Anwendung nicht auf eine so konkrete Weise nachvollziehbar, dass daraus nachprüfbar ein bestimmtes Ergebnis abgeleitet und das gegenteilige Ergebnis ausgeschlossen werden könnte. Dies entspricht auch weitgehend dem Wortlaut der Festlegung durch die Antragsgegnerin und ihrer im Nachprüfungsverfahren vertretenen Argumentation, wonach sie „Ermessen“ habe.
2. In den Teilnahmeunterlagen war unter Punkt 3.1 gefordert, dass der Bewerber zum Zeitpunkt der Abgabe des Teilnahmeantrags einen Objektleiter namhaft machen muss, der unter anderem über einen Nachweis der abgeschlossenen Ausbildung zum Brandschutzwart verfügt.
Die präsumtive Zuschlagsempfängerin hat einen Objektleiter namhaft gemacht, der zum Zeitpunkt des Ablaufs der Frist für die Abgabe der Teilnahmeanträge in Ausbildung zum Brandschutzwart war. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin hat nach Ende der Teilnahmefrist ein Zeugnis nachgereicht, wonach der namhaft gemachte Objektleiter am 27.01.2020 einen Lehrgang zum Brandschutzwort besucht und die Erfolgskontrolle bestanden hat. Dieses Zeugnis wurde am 27.01.2020 ausgestellt. Das Ende der Teilnahmefrist lag vor dem genannten Zeitpunkt, nämlich am 13.12.2019, 12:00 Uhr.
3. In den Teilnahmeunterlagen war unter Punkt 3.2.3 gefordert, dass die Teilnahmewerber zum Nachweis ihrer Zuverlässigkeit unter anderem von allen Geschäftsführern und Prokuristen Strafregisterauszüge vorzulegen hatten, die jeweils nicht älter als maximal 6 Monate, gerechnet ab dem letzten Tag der Abgabefrist des Teilnahmeantrages, sein durften.
Die präsumtive Zuschlagsempfängerin hat für einen ihrer Geschäftsführer eine mit 6.6.2019 datierte Strafregisterauskunft vorgelegt. Diese war rund eine Woche älter als die maximal zulässigen 6 Monate. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin hat daraufhin nach Ablauf der Teilnahmefrist eine mit 09.01.2020 datierte Strafregisterauskunft desselben Geschäftsführers eingeholt und nachgereicht. Die Antragsgegnerin hat dies als ausreichend gewertet.
4. In den Teilnahmeunterlagen war unter Punkt 2.2 gefordert, dass die Teilnahmeanträge entweder durch die gemäß Firmenbuch zur Vertretung befugten Organe oder durch deren Bevollmächtigte zu unterfertigen sind. Wird der Teilnahmeantrag nicht durch die gemäß Firmenbuch zur Vertretung befugten Organe unterfertigt, ist eine durch die im Firmenbuch ausgewiesenen, zur Vertretung befugten Organe ausgestellte Vollmacht mit dem Teilnahmeantrag einzureichen. Die Vollmacht muss dem Teilnahmeantrag beigelegt werden; dies bei sonstigem Ausscheiden des Teilnahmeantrages. Sowohl für die Unterfertigung der Teilnahmeunterlagen als auch für die Unterfertigung der Vollmacht war ausdrücklich festgelegt, dass eine qualifizierte elektronische Signatur jeweils zwingend erforderlich ist. Im Fall der verlangten qualifizierten elektronischen Signatur geht aus dieser mittels Zeitstempel das Datum der Unterfertigung hervor, wobei eine qualifizierte elektronische Signatur etwaige Manipulationsmöglichkeiten wie etwa die Möglichkeit einer Rückdatierung ausschließt.
Der Teilnahmeantrag der präsumtiven Zuschlagsempfängerin wurde nicht von den gemäß Firmenbuch zur Vertretung befugten Organen gefertigt. Eine entsprechende Vollmacht war dem Teilnahmeantrag nicht angeschlossen. Dies wurde im Prüfbericht festgehalten. Auf Nachforderung durch die Antragsgegnerin hat die präsumtive Zuschlagsempfängerin eine mit 13.12.2019 datierte Vollmacht (Einverständniserklärungen) nachgereicht, was von der Antragsgegnerin als erfolgte Verbesserung eines verbesserungsfähigen Mangels des Teilnahmeantrags gewertet wurde. Diese Vollmacht weist keine qualifizierte elektronische Signatur auf. Sie besteht vielmehr in einem eingescannten PDF-Dokument mit zwei händischen Unterschriften. Die Vollmacht ist mit 13.12.2019 datiert und lässt damit offen, ob sie vor dem am 13.12.2019 um 12:00 Uhr liegenden Ende der Teilnahmefrist oder erst nach 12:00 Uhr erteilt worden ist. Die anwesenden Vertreter der präsumtiven Zuschlagsempfängerin haben in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass die Erteilung der Vollmacht am Morgen des 13.12.2019 und damit vor Ende der Teilnahmefrist erfolgt sei. Die Sicherstellung dieses Umstandes, die durch eine qualifizierte elektronische Signatur gewährleistet wäre, besteht bei der genannten Vorgangsweise nicht.
5. Die Antragstellerin hat mit Schreiben vom 02.01.2020 eine eidesstattliche Erklärung des von ihr namhaft gemachten Objektleiters nachgereicht, wonach dieser über die geforderten Kenntnisse der deutschen Sprache auf dem Sprachlevel C1 verfüge. Dieser Nachreichung waren drei Zeugnisse angeschlossen, denen zu Folge der namhaft gemachte Objektleiter in den Jahren 2014 und 2015 insgesamt drei Ausbildungen, die in deutscher Sprache erfolgt sind, mit Erfolg abgeschlossen hat. Auch die präsumtive Zuschlagsempfängerin hat nach Ende der Teilnahmefrist einen Nachweis über die geforderten Kenntnisse der deutschen Sprache nachgereicht, und zwar für ihren Objektleiter-Stellvertreter in Form einer eidesstattlichen Erklärung, dass die deutsche Sprache seine Muttersprache ist.
In rechtlicher Hinsicht wurde erwogen:
Gemäß § 2 Z 15 lit. a sublit. dd) BVergG 2018 sind im Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung folgende Entscheidungen gesondert anfechtbar: Die Ausschreibung; die Nicht-Zulassung zur Teilnahme; die Aufforderung zur Angebotsabgabe; sonstige Entscheidungen während der Verhandlungsphase bzw. während der Angebotsfrist; das Ausscheiden eines Angebotes; die Widerrufsentscheidung; die Zuschlagsentscheidung.
Gemäß § 79 BVergG 2018 muss die Eignung beim Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung, unbeschadet des § 21 Abs. 1 BVergG 2018, grundsätzlich zum Zeitpunkt des Ablaufes der Teilnahmefrist gegeben sein.
Den Materialien zu dieser Bestimmung zufolge bedeutet „grundsätzlich“, dass die Eignung bezogen auf jenen Leistungsgegenstand vorliegen muss, soweit er zum Zeitpunkt des Endes der Teilnahmefrist bekannt war; damit wird den im Verhandlungsverfahren typischen Änderungen des Leistungsgegenstandes bei der Verpflichtung zum Nachweis Rechnung getragen.
Zu der irrtümlich erfolgten Bekanntgabe des Prüfergebnisses aller drei Teilnahmewerber genügt es, festzuhalten, dass die Bekanntgabe des Prüfergebnisses der Mitbewerber keine gesondert anfechtbare Entscheidung gemäß § 2 Z 15 lit. a sublit. dd) BVergG 2018 darstellt und die Antragstellerin die ihrer Ansicht nach zu Unrecht erfolgte Zulassung der präsumtiven Zuschlagsempfängerin in die 2. Verfahrensstufe erst mit dem Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung geltend machen konnte. Das BVergG 2018 sieht für das Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung keine Möglichkeit vor, den Teilnahmewerbern die Namen und die Ergebnisse ihrer Mitbewerber mit gesondert anfechtbarer Entscheidung bekannt zu geben. Eine trotzdem erfolgte Bekanntgabe stellt daher keine gesondert anfechtbare Entscheidung dar.
Dem Vorbringen der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung, die Antragstellerin habe aufgrund des verfügbar gemachten Prüfergebnisses der Teilnahmeanträge davon ausgehen müssen, dass auch die präsumtive Zuschlagsempfängerin zur Angebotslegung eingeladen werde, und daher die Aufforderung der präsumtiven Zuschlagsempfängerin zur Angebotsabgabe anfechten müsse, ist festzuhalten, dass die Entscheidung, die präsumtive Zuschlagsempfängerin zur Angebotslegung einzuladen, der Antragstellerin nicht zugestellt worden ist und bereits aus diesem Grund von ihr nicht gesondert angefochten werden konnte. Darüber hinaus stellt die Aufforderung zur Angebotsabgabe an die präsumtive Zuschlagsempfängerin gegenüber der Antragstellerin keine gesondert anfechtbare Entscheidung, welche der Aufforderung der Antragstellerin zur Angebotsabgabe vorausgegangen wäre, dar. Die in der 2. Stufe des Vergabeverfahrens erfolgte Berichtigung des Umfanges der Beilage ./F stand in keinem inhaltlichen Zusammenhang mit der Zulassung der präsumtiven Zuschlagsempfängerin in die 2. Verfahrensstufe, zumal es in der Beilage ./F um eine Anlagenliste betreffend den Leistungsgegenstand geht und es daher bei der genannten Berichtigung um eine Berichtigung des Leistungsgegenstandes auf der Detailebene gegangen ist. Ein Anlass oder auch nur die Möglichkeit, die Berichtigung der Anlagenliste mit dem Vorbringen anzufechten, es sei ein Mitbewerber zu Unrecht in die 2. Stufe des Vergabeverfahrens zugelassen worden, bestand mangels sachlichen Zusammenhanges nicht. Nicht zuletzt konnte die Antragstellerin erst mit Erlassung der Zuschlagsentscheidung gesichert davon ausgehen, dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin als Mitbewerberin zur Angebotsabgabe aufgefordert und damit zugelassen wurde. Es war daher die Zuschlagsentscheidung der Zeitpunkt, zu dem die Antragstellerin erstmals geltend machen konnte, dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin ihrer Ansicht nach zu Unrecht zur Angebotsabgabe aufgefordert worden sei. Ausdrücklich festzuhalten ist auch, dass alle Bieter denselben Informationsstand hatten, da allen Bietern dieselben Unterlagen zur Verfügung gestellt wurden.
Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes ist auch nicht ersichtlich, dass das Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung anlässlich der irrtümlich erfolgten Bekanntgabe der Namen und der Mitbewerber zwingend hätte widerrufen werden müssen. Es ist zwar vergaberechtlich nicht vorgesehen, dass den Teilnehmern der 2. Stufe eines Verhandlungsverfahrens am Beginn der 2. Stufe ihre Mitbewerber und deren Abschneiden (Prüfergebnisse) bekannt gegeben werden. Ein fairer Wettbewerb ist jedoch durch eine solche irrtümliche Bekanntgabe nicht ausgeschlossen. Dies ergibt sich insbesondere daraus, dass das BVergG 2018 auch andere Verfahrensarten kennt, in denen den Teilnehmern des Verfahrens ihre Mitbewerber und deren laufende Angebote bekannt sind, wie dies beispielsweise für die elektronische Auktion vorgesehen ist.
1. Zur geforderten Zertifizierung gemäß ISO-10001 ist zunächst auszuführen, dass die Festlegung der Antragsgegnerin, wonach bei Nichtvorliegen des eigentlich gewünschten aufrechten Zertifikates nach ISO 10001 die Beurteilung, ob die vorgelegten Nachweise ausreichend sind, allein im Ermessen der Auftraggeberin liegt, bestandsfest geworden ist. Diese Bestandsfestigkeit entbindet die Antragsgegnerin aber nicht von ihrer Verpflichtung, im Rahmen der durchgeführten Prüfung der Teilnahmeanträge bzw. im Rahmen der Eignungsprüfung der präsumtiven Empfängerin in für das Verwaltungsgericht nachvollziehbarer Weise darzulegen, warum die Prüfung zwingend zum Vorliegen der Gleichwertigkeit der vorgelegten Nachweise geführt hat und nicht auch ein gegenteiliges Prüfergebnis möglich gewesen wäre. Aufgrund der übergeordneten Vergabegrundsätze der Bietergleichbehandlung und der Transparenz kann der Eintritt der Bestandsfestigkeit nicht bewirken, dass sich die Antragsgegnerin - gleichsam nach Belieben - aussuchen könne, ob sie den diesbezüglich von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin vorgelegten Nachweis als gleichwertig akzeptiert oder nicht.
Im Anlassfall konnte nicht nachvollzogen werden, welche Punkte der ISO 10001 für die Antragsgegnerin relevant waren und welche nicht, warum einzelne Punkte relevant waren und andere nicht, wie die Gleichwertigkeit auf der Ebene der einzelnen Punkte konkret geprüft wurde und warum im Ergebnis die Gleichwertigkeit bejaht werden musste und nicht auch verneint werden konnte. Es kann dahingestellt bleiben, ob auf der Grundlage der in Rede stehenden bestandsfesten Festlegung ein solches eindeutiges Prüfergebnis erzielt werden kann oder nicht. Mit erfolgtem Eintritt der Bestandsfestigkeit liegt es im Bereich der Antragsgegnerin, dieses Problem zu lösen, zumal die Bestandsfestigkeit auch die Antragsgegnerin bindet und damit nachträglich nicht mehr präzisiert werden kann.
2. Zur geforderten Ausbildung des Objektleiters zum Brandschutzwart ist festzuhalten, dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin dieses Erfordernis zum Zeitpunkt des Endes der Teilnahmefrist nicht erfüllt hat. Gemäß § 79 Z 4 BVergG 2018 musste dieses Erfordernis zum Zeitpunkt des Endes der Teilnahmefrist erfüllt sein. Die Relativierung durch den Begriff „grundsätzlich“ im Gesetzestext bezieht sich lediglich auf solche Eignungsanforderungen, deren Erfordernis sich erst in der 2. Stufe des Verhandlungsverfahrens als Verhandlungsergebnis herausstellt.
Nach Arrowsmith, The Law of Public and Utilities Procurement I, 3. Auflage, Randzahl 7-156, und EuGH 22.6.1993; C-243/89, Storebaelt, können zwar auch nicht ausschreibungskonforme Angebote dann ausnahmsweise akzeptiert werden, wenn die fehlende Ausschreibungskonformität lediglich einen unwesentlichen Aspekt betrifft. Das Ausscheiden eines nicht ausschreibungskonformen Angebotes ist nach den europarechtlichen Vorgaben nur dann erforderlich, wenn der betroffene Aspekt „fundamental“ ist. Dies wäre insbesondere dann der Fall, wenn ein Akzeptieren eines solchen Angebotes den Wettbewerb beeinträchtigen würde. Der dadurch verbleibende Raum, ausnahmsweise nicht ausschreibungskonforme Angebote akzeptieren zu können, ist allerdings sehr gering. Arrowsmith führt insbesondere die Nichterfüllung von prozeduralen Anforderungen an, wie beispielsweise die Vorlage einer Beilage in einfacher Ausfertigung anstatt der geforderten doppelten Ausfertigung.
Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes ist dieser Aspekt zwar auf Teilnahmeanträge zu übertragen. Das in § 79 Z 4 BVergG 2018 festgelegte Erfordernis, dass die Eignung, soweit der Leistungsinhalt zu diesem Zeitpunkt bereits feststeht bzw. die Eignungsanforderungen festgelegt sind, bereits zum Ende der Frist zur Abgabe der Teilnahmeanträge feststehen muss, geht jedoch über die von Arrowsmith angesprochenen Formalerfordernisse, wie etwa die Vorlage von Unterlagen in weniger als der geforderten Anzahl, hinaus. Es steht zum Zeitpunkt des Endes der Teilnahmefrist gerade nicht fest, dass der namhaft gemachte Objektleiter zu diesem Zeitpunkt über eine abgeschlossene Brandschutzausbildung verfügen wird, weil dafür auch das zum Zeitpunkt des Endes der Teilnahmefrist noch ungewisse Ereignis eintreten muss, dass der Objektleiter die Brandschutzausbildung auch mit Erfolg abschließt und die Erfolgskontrolle besteht. Der Sachverhalt ist insoweit grundsätzlich anders, als wenn beispielsweise ein Objektleiter namhaft gemacht worden wäre, der über die geforderte abgeschlossene Brandschutzausbildung bereits verfügt und etwa wegen einer Eltern-Karenz mit im Vorhinein festgelegter Dauer erst zu dem genannten Zeitpunkt zur Verfügung steht.
Zum Vorbringen der Antragsgegnerin, die Möglichkeit, fehlende Nachweise nachreichen zu können, sei auch der Antragstellerin zu Gute gekommen, weil die Antragstellerin - ebenso wie die präsumtive Zuschlagsempfängerin (für den Objektleiter-Stellvertreter) - die geforderte Beherrschung der deutschen Sprache durch den namhaft gemachten Objektleiter erst nach Ende der Teilnahmefrist nachgewiesen habe, weshalb der Antragstellerin für den Fall, dass eine Nachreichung von Nachweisen der Eignungsanforderungen nach Ende der Teilnahmefrist nicht möglich sein sollte, die Antragslegitimation fehlen würde, ist Folgendes auszuführen:
Der namhaft gemachte Objektleiter hat ebenso wie der von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin namhaft gemachte Objektleiter-Stellvertreter zum Ende der Teilnahmefrist über die geforderten Sprachkenntnisse bereits verfügt. Die Eignung war insoweit zum Ende der Teilnahmefrist bereits gegeben, auch wenn die Abklärung erst nach Ende der Teilnahmefrist erfolgt ist. Ein zum Ende der Teilnahmefrist fehlender Nachweis der zu diesem Zeitpunkt bereits als gegeben feststehenden Sprachbeherrschung ist daher verbesserungsfähig. Dies unterscheidet den Nachweis der Sprachbeherrschung grundsätzlich vom Nachweis der Brandschutzausbildung des Objektleiters der präsumtiven Zuschlagsempfängerin, die zum Zeitpunkt des Endes der Teilnahmefrist noch in Gang war.
3. Hinsichtlich der geforderten Strafregisterauskunft hat die präsumtive Zuschlagsempfängerin mit ihrem Teilnahmeantrag einen um etwa eine Woche zu alten Strafregisterauszug vorgelegt und auf die erfolgte Nachforderung einen aktuellen Strafregisterauszug nachgereicht. In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen, dass es der präsumtiven Zuschlagsempfängerin alternativ offen gestanden wäre, mit ihrem Teilnahmeantrag keine Strafregisterauskunft vorzulegen, sondern sich auf eine Einheitliche Europäische Eigenerklärung zu stützen. Durch die Tatsache, dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin für den betreffenden Geschäftsführer insgesamt zwei Strafregisterauskünfte vorgelegt hat, von denen einer um eine Woche zu alt ist und der andere erst nach Ende der Teilnahmefrist abgerufen wurde, ergibt sich insgesamt sogar ein besserer Nachweis über allfällige strafrechtliche Vorbemerkungen des genannten Geschäftsführers, als dies bei der Vorlage nur eines Strafregisterauszuges, der zum Zeitpunkt des Endes der Teilnahmefrist nicht älter als 6 Monate ist, gewesen wäre. Etwaige strafrechtliche Verurteilungen neuesten Datums wären gegebenenfalls durch den neueren Strafregisterauszug abgedeckt. Ein Missbrauch etwaiger strafrechtlicher Tilgungsfristen ist dadurch ausgeschlossen, dass auch ein älterer Strafregisterauszug beigebracht worden ist. Es lag insoweit ein verbesserungsfähiger Mangel vor, der durch die Vorlage des Strafregisterauszuges neuesten Datums zusätzlich zu dem bereits vorgelegten, um eine Woche zu alten Strafregisterauszug verbessert worden ist. Materiell betrachtet würde die Vorlage ausschließlich eines zu alten oder ausschließlich eines zu neuen Strafregisterauszugs in Bezug auf den maßgeblichen Zeitpunkt des Endes der Teilnahmefrist zu einer unzulässigen Verschiebung des durch die Strafregisterauskunft abgedeckten Zeitraumes führen und wäre deshalb auch bei materieller Betrachtung unzulässig. Eine solche Verschiebung ist im gegenständlichen Fall jedoch deswegen nicht eingetreten, weil ein geringfügig zu alter Strafregisterauszug und zusätzlich ein geringfügig zu neuer Strafregisterauszug vorgelegt wurden, wodurch der durch die Strafregisterauszüge abgedeckte Zeitraum in zeitlicher Hinsicht sowohl nach vorne als auch nach hinten erweitert wurde. Dass gerade in der Zeitspanne von etwas mehr als 6 Monaten, die zwischen diesen beiden Strafregisterauskünften liegt, sowohl eine strafgerichtliche Verurteilung dieses Geschäftsführers mit Eintragung in dessen Strafregister als auch die Tilgung dieser neuen Verurteilung erfolgt sein könnten, mag zwar eine theoretische Möglichkeit sein, kann aber im Hinblick auf die gesetzlichen Tilgungsfristen als Möglichkeit vernachlässigt werden. Es lag ein verbesserungsfähiger und verbesserter Mangel vor.
4. Zu der von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin nachgereichten Vollmacht ist Folgendes auszuführen:
In den Ausschreibungsunterlagen war eine qualifizierte elektronische Signatur der Vollmacht verlangt. Die verlangte qualifizierte elektronische Signatur hat u.a. auch den Zweck, eine genaue zeitliche Nachvollziehbarkeit mittels Zeitstempels zu ermöglichen. Die lediglich als PDF-Dokument vorliegende Vollmacht lässt nicht erkennen, ob die Vollmacht vor oder nach Ende der Teilnahmefrist erteilt wurde. Der Anführung des Datums 13.12.2019 lässt darüber hinaus offen, ob die Vollmacht vor dem am 13.12.2019 um 12:00 Uhr gelegenen Ende der Teilnahmefrist oder erst nach dem Ende der Teilnahmefrist erteilt worden ist. Das Fehlen der geforderten qualifizierten elektronischen Signatur mit Zeitstempel, welcher eine Vollmachtserteilung vor dem Ende der Teilnahmefrist zu garantieren hätte, stellt damit einen wesentlichen Mangel des Teilnahmeantrages dar.
Der Vollständigkeit halber ist zu der ausführlichen Argumentation der Antragsgegnerin, die oben angeführten und bestandsfesten Festlegungen in den Teilnahmeunterlagen würden in Widerspruch zu anderen Festlegungen in den Teilnahmeunterlagen führen, die Teilnahmeunterlagen seien daher insoweit widersprüchlich und unklar und folglich müsse im Wege der Unklarheitenregelung des § 915 ABGB die für die Teilnahmebewerber günstigste Auslegung zum Zuge kommen und daher die präsumtive Zuschlagsempfängerin in die zweite Stufe des Verhandlungsverfahrens zugelassen werden, Folgendes auszuführen:
Bereits auf Grund der beiden tragenden Vergabegrundsätze der Bietergleichbehandlung und der Transparenz ist es erforderlich, dass die Ausschreibungsunterlagen und damit auch die Teilnahmeunterlagen klar, präzise und eindeutig sind und damit von allen Bietern bzw. von allen Teilnahmewerbern in der gleichen Weise ausgelegt und verstanden werden können. Sollten Teilnahmeunterlagen diesen Anforderungen nicht entsprechen und tatsächlich widersprüchlich und unklar sein, so würde dies dem Eintritt der Bestandsfestigkeit der Teilnahmeunterlagen nicht entgegenstehen. In einem solchen Fall wäre es jedoch, zumindest grundsätzlich, nicht möglich, in einer den Anforderungen der Bietergleichbehandlung und der Transparenz entsprechenden Weise einen Bestbieter zu ermitteln und das Vergabeverfahren durch Zuschlagserteilung abzuschließen. Ausnahmen davon bestehen insbesondere dann, wenn die Unklarheiten und Widersprüchlichkeiten bei der Bestbieterermittlung keine Rolle spielen sollten, beispielsweise, wenn die betreffenden Festlegungen von allen Bietern in der gleichen Weise ausgelegt verstanden worden sein sollten. Die Argumentation der Antragsgegnerin läuft daher dem Grunde nach darauf hinaus, dem Gericht das Vorliegen eines sogenannten „Wurzelmangels“ der Teilnahmeunterlagen darlegen zu wollen. Der von der Antragsgegnerin mit dieser Argumentation offenbar angestrebte Zweck, die von der Antragstellerin bekämpfte Zuschlagsentscheidung zu verteidigen, kann mit dieser Argumentation jedoch nicht erreicht werden. Vielmehr wäre die Zuschlagsentscheidung auch dann zu beheben gewesen, wenn die von der Antragsgegnerin argumentierten Unklarheiten und Widersprüchlichkeiten der Teilnahmeunterlagen tatsächlich vorliegen und bestandsfest geworden sein sollten.
Das Gericht vermag jedoch die diesbezügliche Argumentation der Antragsgegnerin, wonach die Teilnahmeunterlagen unklar und in sich widersprüchlich wären, nicht nachzuvollziehen. Die verfahrensgegenständlichen Festlegungen sind in Verbindung mit den oben angeführten Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes 2018 auszulegen und zu verstehen. Bei einem Unternehmer, der sich an einem Vergabeverfahren beteiligt, sind entsprechende Rechtskenntnisse des BVergG 2018 vorauszusetzen. Soweit die Festlegungen in den gegenständlichen Teilnahmeunterlagen für das Nachprüfungsverfahren entscheidungsrelevant sind, sind sie für entsprechend vergaberechtskundige Unternehmer klar, präzise und eindeutig und können daher von sämtlichen Teilnehmern des Vergabeverfahrens in der gleichen Weise verstanden und ausgelegt werden.
Für die von der Antragsgegnerin argumentierte Anwendbarkeit der Unklarheitenregelung des § 915 ABGB bleibt daher bereits mangels Vorliegens der von der Antragsgegnerin behaupteten Unklarheiten und Widersprüchlichkeiten kein Raum.
Zusammenfassend ist auszuführen, dass die Zuschlagsentscheidung aus drei Gründen nichtig zu erklären war, wovon jede dieser drei Gründe für sich alleine die Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung erfordert hat.
Die Brandschutzausbildung musste laut Ausschreibung zum Zeitpunkt des Endes der Teilnahmefrist am 13.12.2019 abgeschlossen sein. Eine später absolvierte Brandschutzausbildung mit abschließender Erfolgskontrolle ist nicht ausreichend. Die Brandschutzausbildung wurde von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin nicht mit dem Teilnahmeantrag nachgewiesen, sondern wurde ein am 27.1.2020 ausgestelltes Zeugnis darüber, dass der Lehrgang zum Brandschutzwart am 27.1.2020 besucht und die Erfolgskontrolle bestanden wurde, nachgereicht. Dies stand der Zuschlagsentscheidung zugunsten der präsumtiven Zuschlagsempfänger entgegen.
Betreffend die Zertifizierung nach ISO 10001 hat die Antragsgegnerin mit Fragebeantwortung zugelassen, dass ein gleichwertiger Nachweis über eine Zertifizierung nach ISO 9001 mit zusätzlichen Unterlagen betreffend die Kundenzufriedenheit zulässig ist. Die Übung des Ermessens der Antragsgegnerin bei der Prüfung der Gleichwertigkeit muss schlüssig nachvollziehbar sein. Die Antragsgegnerin hat bei der Gleichwertigkeitsprüfung die für sie nach dem Auftragsgegenstand relevant erscheinenden Aspekte der Kundenzufriedenheit aus der ISO 10001 herangezogen und auf das Vorliegen der Gleichwertigkeit geprüft. Der Vergabeakt dokumentiert jedoch nicht ausreichend, welche Aspekte aus der ISO 10001 für die Antragsgegnerin bei der Prüfung der Gleichwertigkeit relevant waren und wie sie daher zu dem Ergebnis der Gleichwertigkeit gekommen ist.
In den Ausschreibungsunterlagen war eine qualifizierte elektronische Fertigung der Vollmacht verlangt. Eine solche liegt im vorliegenden Fall nicht vor. Der Teilnahmeantrag war insoweit ausschreibungswidrig. Das Unterbleiben der ausdrücklich geforderten qualifizierten elektronischen Fertigung stellt auch keinen bloßen Formalmangel dar, wie dies etwa bei dem oben angeführten Literaturbeispiel der Vorlage einer geforderten Beilage in einer geringerer als der geforderten Anzahl der Fall sein möge. Die qualifizierte elektronische Signatur bedeutet einen qualifizierten Sicherheitsstandard, zu dem unter anderem auch ein gesicherter Stempel über den Zeitpunkt zählt, zu dem die qualifizierte elektronische Signatur erfolgt ist. Darüber hinaus bedeutet die geforderte qualifizierte elektronische Signatur für die Teilnehmer des Vergabeverfahrens auch einen Aufwand. Es würde insoweit die Grundsätze der Bietergleichbehandlung und der Transparenz verletzen, wenn sich ein Teil der Teilnahmewerber an das ausdrücklich festgelegte Erfordernis der qualifizierten elektronischen Signatur hält, und bei einem Teilnehmer, der sich an diese Festlegung nicht hält, eine bloß händische Signatur akzeptiert und dabei auch auf die gegen Manipulationsmöglichkeiten gesicherte Dokumentation des Zeitpunktes, zu dem die Vollmacht signiert worden ist, verzichtet würde.
Das Vorbringen der Antragstellerin betreffend die geltend gemachten Ausscheidensgründe war deswegen nicht verfristet, weil die Antragstellerin vor Erlassen der Zuschlagsentscheidung nicht die Gelegenheit hatte, diese Ausscheidensgründe mittels Bekämpfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung geltend zu machen. Insbesondere ist die Zulassung der präsumtiven Zuschlagsempfängerin zur zweiten Stufe des Verhandlungsverfahrens keine von der Antragstellerin gesondert anfechtbare Entscheidung.
Nicht zu beanstanden waren die erfolgte Nachreichung der Strafregisterbescheinigung durch die präsumtive Zuschlagsempfängerin und – für die Antragslegitimation der Antragstellerin relevant – die Nachreichung des Sprachnachweises durch die Antragstellerin.
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Entscheidung; Anfechtbarkeit; Nachprüfungsverfahren; Ausschreibungsunterlagen; Eignung; Erfordernis; Zeitpunkt; Ende der Teilnahmefrist; Vollmacht; Ermessen; GleichwertigkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2020:VGW.123.077.6406.2020Zuletzt aktualisiert am
31.08.2020