TE Vwgh Erkenntnis 1997/12/18 96/06/0290

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Veröffentlicht am 18.12.1997
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Index

L37158 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Vorarlberg;
L81708 Baulärm Vorarlberg;
L82000 Bauordnung;
L82008 Bauordnung Vorarlberg;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

BauG Vlbg 1972 §2 litl;
BauG Vlbg 1972 §23 Abs1 litb;
BauG Vlbg 1972 §55 Abs1 lita;
BauG Vlbg 1972 §55 Abs2;
BauRallg;
VStG §19 Abs1;
VStG §19;
VStG §5 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Schrefler-König, über die Beschwerde des V in T, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 29. Oktober 1996, Zl. 1-0229/96/K3, betreffend Verwaltungsübertretung gemäß § 55 Abs. 1 lit. a Vbg. Baugesetz (weitere Partei gemäß § 21 VwGG: Vorarlberger Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Anläßlich eines Lokalaugenscheines am 8. Jänner 1996 in einem näher bezeichneten Gebäude in T. wurde - wie dies in einem Aktenvermerk vom 12. Jänner 1996 festgehalten ist - folgendes festgestellt:

"1.

Das Gewölbe des innenliegenden Kellerraumes, der vom Stiegenhaus aus zugänglich ist, wurde bis auf einen kurzen Rest zur Gänze abgetragen.

2.

Der darüber befindliche Estrich wurde mit vier Gerüstständern unterstellt. Der darüber befindliche Raum (Wohnküche) wird aber nach wie vor benützt.

3.

Im rückwärtigen Bereich wurden Teile einer neuen Decke in Stahlbeton errichtet.

4.

Der Fußbodenaufbau des Raumes wurde abgebrochen und entfernt."

Der bei diesem Lokalaugenschein anwesende Beschwerdeführer erklärte, daß dieser Kellerraum zu einem Aufenthaltsraum ausgebaut werden solle. Der Beschwerdeführer wurde darauf hingewiesen, daß eine bewilligungspflichtige Maßnahme vorliege.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bludenz vom 16. Februar 1996 wurde über den Beschwerdeführer folgendes Straferkenntnis erlassen:

"Sie haben im Zeitraum von 2.1.1996 bis mindestens 8.1.1996 in T... ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben ohne Baubewilligung durchgeführt bzw. durchführen lassen, indem sie zumindest am 7.1.1996 im nordseitigen Kellerraum des betreffenden Gebäudes im Erdgeschoß die Gewölbedecke entfernt haben und damit begonnen haben, eine Stahlbetondecke zu errichten und bis mindestens 8.1.1996 den Fußbodenaufbau dieses Raumes abgebrochen und entfernt haben, um dadurch aus dem betreffenden Kellerraum im Erdgeschoß einen Wohnraum zu errichten."

Gemäß §§ 55 Abs. 1 lit. a i.V.m. § 23 Abs. 1 lit. b Vbg. Baugesetz wurde über den Beschwerdeführer eine Strafe in der Höhe von S 80.000,--, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 40 Tagen verhängt.

In der Berufung führte der Beschwerdeführer aus, die Familie K. sei im Hinblick auf das Gesetz, das eine Wohnungsgröße von 13 m2 verlange, in ihrer Existenz gefährdet gewesen. Eine Wohnung in der entsprechenden Größe hätte für diese Familie Kosten in der Höhe von S 11.000,-- mit Nebenkosten bedeutet. Das derzeitige Einkommen dieser Familie sei S 18.000,--. Davon müßten fünf Personen versorgt werden. Der Bürgermeister der Gemeinde hätte die Baubewilligung nicht erteilt.

Der Berufung des Beschwerdeführers wurde mit dem angefochtenen Bescheid insoweit Folge gegeben, als die verhängte Strafe auf S 20.000,--, im Falle der Uneinbringlichkeit auf acht Tage Ersatzfreiheitsstrafe herabgesetzt wurde. Im übrigen wurde der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß die Tatumschreibung zu lauten hat: der Beschwerdeführer "hat am 3.1.1996 in ... auf dem GSt-NR ... ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben ohne Baubewilligung durchgeführt, indem er im nordseitigen Kellerraum des betreffenden Gebäudes im Erdgeschoß die Gewölbedecke entfernte und eine Stahlbetondecke zu errichten begann, um diesen Kellerraum in einen Wohnraum umzubauen." Die Entscheidung ist im wesentlichen damit begründet, daß der Beschwerdeführer nicht bestritten habe, die im Spruch genannten Baumaßnahmen getätigt zu haben. Nach Auffassung der belangten Behörde bestehe kein Zweifel, daß es sich bei diesen Maßnahmen um einen Umbau im Sinne des Gesetzes gehandelt habe. Weiters diene § 55 Abs. 1 lit. a Vbg. Baugesetz insoweit dem öffentlichen Interesse, als eigenmächtige Bauführungen geeignet seien, u.a. die Interessen der Sicherheit und Gesundheit zu schädigen bzw. zu gefährden. Wie bereits die Behörde erster Instanz ausgeführt habe, sei eine solche Gefährdung dieser Interessen aufgrund der Stellungnahme des hochbautechnischen Amtssachverständigen vorgelegen. Nach dieser Stellungnahme werde die über dem Kellerraum befindliche Wohnküche nach wie vor benutzt und müßte der neu zu schaffende Raum bestimmten Anforderungen hinsichtlich der Belichtung, Fußbodenhöhe und Paraphethöhe des Fensters entsprechen. Als Verschulden werde Vorsatz angenommen, was als erschwerend zu werten sei. Ein weiterer Erschwerungsgrund sei eine einschlägige Vorstrafe. Hinsichtlich der persönlichen Verhältnisse habe der Berufungswerber keine Angaben gemacht. Aus einem anderen Verfahren ergebe sich, daß der Beschwerdeführer verheiratet sei und einen monatlichen Pensionsvorschuß in Höhe von S 7.000,-- bis S 8.000,-- erhalte. Er habe monatliche Mieteinnahmen von S 15.000,-- bis S 20.000,--. An Vermögen habe der Beschwerdeführer drei Wohnhäuser, wovon zwei dieser Wohnhäuser Mehrfamilienwohnungen umfaßten. Er sei Eigentümer mehrerer Grundstücke, die eine Gesamtfläche von fünf bis sechs Hektar ausmachten. Ein Sechstel davon sei als Bauland gewidmet. Der Beschwerdeführer sei für zwei Kinder sorgepflichtig. Die Strafe sei herabzusetzen gewesen, weil dem Beschwerdeführer zu Unrecht vorgeworfen worden sei, er habe am 8. Jänner 1996 den Fußbodenaufbau des gegenständlichen Kellerraumes abgebrochen und entfernt. Diesbezüglich sei mit Bescheid vom 3. Jänner 1996 bereits die Einstellung der Umbauarbeiten verfügt worden. Eine Bauführung trotz Baueinstellung überlagere eine solche ohne Baubewilligung. Der Tatvorwurf habe daher eingeschränkt werden müssen. Überdies sei die Schwere des Verstoßes nicht mit jener zu vergleichen, die zwei näher bezeichneten Verfahren zugrundegelegen seien. Bei den bezogenen Verfahren hätte es sich um ein Bauwerk im Ortszentrum gehandelt, das bis unmittelbar an die Nachbargrenze gereicht habe und aufgrund der Baumaßnahmen einsturzgefährdet gewesen sei.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht, nicht nach den herangezogenen Bestimmungen des Vorarlberger Baugesetzes bestraft zu werden, verletzt.

Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, die Verwaltungsakten vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach Auffassung des Beschwerdeführers liege bei den Baumaßnahmen weder ein Zu- oder Umbau noch eine wesentliche Änderung im Sinne des § 23 Abs. 1 lit. b Vbg. Baugesetz vor. Gemäß § 23 Abs. 1 lit. b Vbg. Baugesetz (BauG), LGBl. Nr. 39/1972, bedarf die Änderung von Gebäuden, sofern es sich um Zu- oder Umbauten oder sonstige wesentliche Änderungen handelt, einer Baubewilligung. Gemäß § 2 lit. l BauG ist der Umbau die wesentliche Umgestaltung des Inneren oder Äußeren eines Gebäudes oder die Niederreißung ganzer Geschoße eines Gebäudes oder eines selbständig benützbaren Gebäudeteiles und die Errichtung neuer Geschoße an deren Stelle. Gemäß § 55 Abs. 1 lit. a BauG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer Vorhaben nach § 23 ohne Baubewilligung, Vorhaben nach § 24 vor Wirksamkeit der Anzeige oder Vorhaben entgegen den Bestimmungen der §§ 7, 9, 17 und 22 Abs. 2 ausführt. Die Verwaltungsübertretungen gemäß § 55 Abs. 1 leg. cit. sind gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu S 100.000,-- oder mit Arrest bis zu drei Monaten zu bestrafen. Bei besonders erschwerenden Umständen können Geld- und Arreststrafen nebeneinander verhängt werden.

Unbestritten ist im vorliegenden Fall, daß der Beschwerdeführer im nordseitigen Kellerraum des verfahrensgegenständlichen Gebäudes die Gewölbedecke entfernt und eine Stahlbetondecke zu errichten begonnen hat, um diesen Kellerraum in einen Wohnraum umzubauen. Die belangte Behörde hat dazu zutreffend die Auffassung vertreten, daß es sich dabei um einen Umbau im Sinne des § 2 lit. l BauG gehandelt habe. Die vorliegende Baumaßnahme stellt sich als eine wesentliche Umgestaltung des Inneren des Gebäudes im Sinne des § 2 lit. l leg. cit. dar. Wenn sich der Beschwerdeführer im besonderen auf die im § 2 lit. l leg. cit. betreffend den Umbau genannten Tatbestände der Niederreißung ganzer Geschoße eines Gebäudes oder eines selbständig benützbaren Gebäudeteiles und die Errichtung neuer Geschoße an deren Stelle stützt, ist ihm entgegenzuhalten, daß gemäß dieser Bestimmung ein Umbau auch vorliegt, wenn die wesentliche Umgestaltung des Inneren oder Äußeren eines Gebäudes erfolgt. Aus den Tatbeständen der Niederreißung ganzer Geschoße eines Gebäudes oder eines selbständig benützbaren Gebäudeteiles in § 2 lit. l Vbg. BauG kann für den gleichfalls in dieser Bestimmung angeführten Tatbestand der wesentlichen Umgestaltung des Inneren oder Äußeren eines Gebäudes nicht abgeleitet werden, daß eine solche wesentliche Umgestaltung immer nur dann vorliege, wenn ein ganzes Geschoß oder ein selbständig benützbarer Gebäudeteil betroffen ist. Der Tatbestand der Niederreißung von Gebäudeteilen in einem bestimmten Ausmaß und die nachfolgende Errichtung neuer Geschoße in § 2 lit. l Vbg. BauG ist offensichtlich deshalb normiert worden, um die Abgrenzung zwischen einem Neubau und einem Umbau in dieser Hinsicht deutlich festzulegen.

Wenn der Beschwerdeführer weiters im Zusammenhang mit der Strafbemessung darauf verweist, daß seine Sorgepflichten für seine Kinder hätten berücksichtigt werden müssen und nicht ohne weiteres davon ausgegangen hätte werden dürfen, daß er Mieteinnahmen in dieser Höhe nach wie vor einnehme. Schließlich hätte berücksichtigt werden müssen, daß es sich bei dem abgebrochenen Kellergewölbe um ein bereits baufälliges Gewölbe gehandelt habe und die Maßnahmen geeignet gewesen seien, Interessen der Sicherheit und Gesundheit zu dienen.

Diesen Rügen ist entgegenzuhalten, daß die Sorgepflichten des Beschwerdeführers - wie sich dies aus der Begründung des angefochtenen Bescheides ergibt - bei der Strafbemessung berücksichtigt wurden. Wenn der Beschwerdeführer nunmehr im verwaltungsgerichtlichen Verfahren die Höhe der bereits im erstinstanzlichen Straferkenntnis von der Behörde angenommenen Mietzinseinnahmen bestreitet, handelt es sich dabei um ein erstmals vor dem Verwaltungsgerichtshof erstattetes Tatsachenvorbringen, das im Hinblick auf das vom Verwaltungsgerichtshof im Falle eines mängelfreien Verfahrens aus § 41 Abs. 1 VwGG abgeleitete Neuerungsverbot keine Berücksichtigung mehr finden kann. Daß ohne Baubewilligung Baumaßnahmen in bezug auf ein Gebäude bzw. Gebäudeteile, die den Interessen der Sicherheit und Gesundheit der Menschen nicht mehr entsprechen, gesetzt werden, stellt keinen bei der Strafbemessung zu berücksichtigenden Umstand dar. Die Strafbemessung der belangten Behörde erweist sich somit als rechtsrichtig.

Die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Bewilligungspflicht Bauwerk BauRallg4

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996060290.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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