Entscheidungsdatum
13.03.2020Norm
AsylG 2005 §9 Abs1Spruch
W234 2223209-1/6E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Dr. Thomas HORVATH über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch den Diakonie-Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 18.07.2019, Zl. XXXX :
A)
Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) vom 23.02.2018, Zl. XXXX , hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen und dem Beschwerdeführer zugleich der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt; unter einem erteilte ihm das Bundesamt eine befristete Aufenthaltsberechtigung.
2. Anlässlich eines Antrags des Beschwerdeführers auf Verlängerung dieser Aufenthaltsberechtigung vom 11.01.2019 nahm das Bundesamt die Prüfung auf, ob die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten infolge der mittlerweile erreichten Volljährigkeit des Beschwerdeführers noch vorliegen. Dazu wurde der Beschwerdeführer am 26.04.2019 niederschriftlich einvernommen.
3. Mit einer als Bescheid bezeichneten Erledigung des Bundesamtes, am 18.07.2019 durch das vermerkte Organ unterzeichnet, versuchte das Bundesamt, dem Beschwerdeführer den Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 AsylG 2005 von Amts wegen abzuerkennen (Spruchpunkt I.), ihm die damit zusammenhängende befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 9 Abs. 4 AsylG 2005 zu entziehen (Spruchpunkt II.), keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 zu erteilen (Spruchpunkt III.), eine Rückkehrentscheidung im Sinne des § 52 Abs. 2 Z 4 FPG iVm § 9 BFA-VG zu erlassen (Spruchpunkt IV.), gemäß § 52 Abs. 9 iVm § 46 FPG die Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan festzustellen (Spruchpunkt V.) und festzulegen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).
3. Gegen sämtliche Spruchpunkte dieser Entscheidung erhob der Beschwerdeführer am 08.08.2019 durch seinen zur Vertretung im weiteren Verfahren bevollmächtigten Rechtsberater Beschwerde. Diese wurde dem Bundesverwaltungsgericht am 05.09.2019 samt dem gegenständlichen Verwaltungsakt zur Entscheidung vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Die im Akt befindliche, an den Beschwerdeführer gerichtete Erledigung des Bundesamts vom 18.07.2019, Zl XXXX , mit der dieses versuchte, dem Beschwerdeführer den Status des subsidiär Schutzberechtigen abzuerkennen, ihm die befristete Aufenthaltsberechtigung zu entziehen, keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen zu erteilen, eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, die Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan festzustellen und auszusprechen aus, dass die Frist für seine freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage, wurde dem Beschwerdeführer am 22.07.2019 zugestellt (AS 695).
Die im Verwaltungsakt befindliche Urschrift dieser Erledigung, die keinen Hinweis auf den Gebrauch einer elektronischen Signatur enthält, dokumentiert die Approbation dieser Erledigung wie abgebildet (AS 693):
"Bild kann nicht dargestellt werden
".
Gegen diese Erledigung richtet sich die hier zu erledigende Beschwerde.
2. Beweiswürdigung:
Die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, insb der darin enthaltenen Urschrift der genannten Erledigung und aus dem Zustellnachweis dazu sowie aus den Angaben des Beschwerdeschriftsatzes, gegen welchen behördlichen Akt sich die Beschwerde richtet.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
1. Im Anwendungsbereich des § 18 AVG wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes der Grundsatz aufgestellt, dass jede Erledigung zu genehmigen ist, und zwar durch die Unterschrift eines (hiezu befugten) Organwalters (oder durch hier nicht gebrauchte elektronische Signatur). Damit wird der Grundsatz zum Ausdruck gebracht, dass die Identität des Menschen, der eine Erledigung getroffen und daher zu verantworten hat, für den Betroffenen erkennbar sein muss. Die "Urschrift" einer Erledigung muss also das genehmigende Organ erkennen lassen (vgl. VwGH 10.09.2015, Ra 2015/09/0043).
Unabhängig von der Frage, welchen Voraussetzungen die schriftliche Ausfertigung einer Erledigung zu genügen hat (externe Erledigung), muss daher die - interne - Erledigung selbst von jenem Organwalter, der die Behördenfunktion innehat, oder von einem approbationsbefugten Organwalter genehmigt worden sein. Fehlt es an einer solchen Genehmigung, liegt kein Bescheid vor (VwGH 11.11.2014, Ra 2014/08/0018).
Gemäß § 18 Abs. 3 AVG sind schriftliche Erledigungen vom Genehmigungsberechtigten mit seiner Unterschrift zu genehmigen; wurde die Erledigung elektronisch erstellt, kann an die Stelle dieser Unterschrift ein Verfahren zum Nachweis der Identität (§ 2 Z 1 E-GovG) des Genehmigenden und der Authentizität (§ 2 Z 5 E-GovG) der Erledigung treten. Im vorliegenden Fall wurde kein derartiges Verfahren nach E-GovG durchgeführt.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Unterschrift im Sinn dieser Vorschrift ein Gebilde aus Buchstaben einer üblichen Schrift, aus der ein Dritter, der den Namen des Unterzeichneten kennt, diesen Namen aus dem Schriftbild noch herauslesen kann; eine Unterschrift muss nicht lesbar, aber ein "individueller Schriftzug" sein, der entsprechend charakteristische Merkmale aufweist. Die Anzahl der Schriftzeichen muss der Anzahl der Buchstaben des Namens nicht entsprechen (vgl. für viele VwGH 07.11.2019, Ra 2019/14/0389; 20.04.2017, Ra 2017/20/0095 mwN). Der Verwaltungsgerichtshof hielt aber wiederholt fest, dass eine Paraphe keine Unterschrift ist (vgl. VwGH 07.11.2019, Ra 2019/14/0389; 04.09.2000, 98/10/0013 und 0014; s. auch Hengstschläger/Leeb, AVG § 18, Rz 23 mwH).
2. Der Schriftzug auf der im Verwaltungsakt aufliegenden Urschrift des angefochtenen Bescheids erfüllt die Merkmale einer Unterschrift nicht:
2.1. Zunächst lässt der Schriftzug der Urschrift kein einziges Schriftzeichen eindeutig erkennen. Nicht einmal der Anfangsbuchstaben des Nachnamens des genehmigenden Organs kann eindeutig als "H" identifiziert werden, was dem abgedruckten Nachnamen des Organwalters (" XXXX ") entspräche. Diese Abzeichnung lässt es nicht zu, den Namen des genehmigenden Organs - auch in Kenntnis desselben - noch in irgendeiner Form zu erkennen. Auch die quer verlaufende Linie ist so gesetzt, dass unklar ist, ob sie Teil eines Schriftzeichens ist oder eine weitere Folgebuchstaben andeutet (vgl. dazu VwGH 19.02.2018, Ra 2017/12/0051), sodass auch sie nicht wesentlich zur Klärung der Identität des Genehmigers beiträgt.
Zwar muss die Anzahl der Schriftzeichen einer Unterschrift der Anzahl der Buchstaben des Namens nicht entsprechen, doch besteht der Nachname des genehmigenden Organs im vorliegenden Fall aus zwei Wortstämmen (" XXXX " und " XXXX ") und insgesamt elf Buchstaben. Die Urschrift ist hingegen mit einem kurzen Schriftzug abgezeichnet, dem keine irgendwie geartete Buchstabenfolge zu entnehmen ist. Selbst wenn dem Zeichen - in Kenntnis des Nachnamens des genehmigenden Organs und größtmöglicher Abstrahierungstoleranz - die Ansätze des Buchstabens "H" entnommen werden könnten, liegt jedenfalls kein Buchstabengebilde vor, aus dem der Name des genehmigenden Organs auch in Kenntnis desselben noch in irgendeiner Form herauslesbar wäre.
2.2. Der Schriftzug der Zeichnung der Urschrift stellt in Anbetracht des Nachnamens des genehmigenden Organs damit eine bloße Paraphe dar, die nach der Rechtsprechung keine Unterschrift ist.
3. Der (als Bescheid bezeichneten) Erledigung des Bundesamtes fehlt es daher mangels Unterschrift des genehmigenden Organs an der Bescheidqualität, weshalb sich die Beschwerde gegen einen Nichtbescheid richtet. Dies hat den Mangel der Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zu einem meritorischen Abspruch über das Rechtsmittel zur Folge.
Die Beschwerde ist daher als unzulässig zurückzuweisen.
4. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen.
Zu B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; zudem fehlt es auch nicht an einer Rechtsprechung und die zu lösende Rechtsfrage wird in dieser auch nicht uneinheitlich beantwortet. So entspricht es ständiger, einheitlicher Rechtsprechung, dass eine Paraphe keine Unterschrift darstellt, wobei die Beurteilung, was (noch) eine Unterschrift darstellt, stets einzelfallbezogen ausfallen muss.
Schlagworte
Bescheiderlassung Bescheidqualität Nichtbescheid Nichtigkeit Unterschrift ZurückweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W234.2223209.1.00Im RIS seit
28.08.2020Zuletzt aktualisiert am
28.08.2020