TE Vwgh Erkenntnis 1997/12/18 96/11/0151

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Veröffentlicht am 18.12.1997
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
82/05 Lebensmittelrecht;
86/01 Veterinärrecht allgemein;

Norm

FleischUG 1982 §4 Abs7 idF 1994/118;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des Dr. M in G, vertreten durch Dr. Reinhard Kohlhofer, Rechtsanwalt in Wien XIII, Fasangartengasse 35, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 13. September 1994, Zl. VI/4-Vet-64/8 zu VI/2-FUG-51/11-1994, betreffend Arbeitsverteilung gemäß § 4 Abs. 7 Fleischuntersuchungsgesetz, (mitbeteiligte Partei: Dr. O in S) zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 13.040,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer und der Mitbeteiligte sind Fleischuntersuchungstierärzte im Sinne des Fleischuntersuchungsgesetzes, BGBl. Nr. 522/1982, (FlUG) für die Katastralgemeinde Großglobnitz der Stadtgemeinde Zwettl. Der Mitbeteiligte erlangte diese Funktion durch seine im Jahre 1979 erfolgte Bestellung zum Fleischbeschautierarzt durch den Bürgermeister der Stadtgemeinde Zwettl in Verbindung mit der Übergangsbestimmung des § 54 Abs. 1 (nunmehr § 55 Abs. 1) FlUG. Der Beschwerdeführer wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 20. Februar 1984 zum Fleischuntersuchungstierarzt für die KG Großglobnitz bestellt und unter einem mit der Vornahme der Schlachttier- und Fleischuntersuchung in dieser KG in den ungeraden Jahren betraut. Mit einem weiteren Bescheid der belangten Behörde vom 20. Februar 1984 wurde der Mitbeteiligte mit der Vornahme der Schlachttier- und Fleischuntersuchung in den geraden Jahren betraut. Nach Aufhebung dieser beiden Bescheide (mit Bescheiden vom 7. November 1984) verfügte die belangte Behörde mit zwei getrennten Bescheiden vom 17. Dezember 1984 eine Aufgabenverteilung zwischen dem Beschwerdeführer und dem Mitbeteiligten für die KG Großglobnitz dahin, daß der Mitbeteiligte mit der Vornahme der Schlachttier- und Fleischuntersuchung in den geraden, der Beschwerdeführer hingegen in den ungeraden Monaten betraut wurde. Der Beschwerdeführer ließ den an ihn ergangenen Bescheid unbekämpft. Der Mitbeteiligte erhob gegen den an ihn ergangenen Bescheid Berufung beim (damals noch zuständigen) Bundesminister für Gesundheit und öffentlicher Dienst, der mit Bescheid vom 15. Mai 1987 die Entscheidung der belangten Behörde bestätigte. Dieser Bescheid wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. März 1991, Zl. 88/18/0041, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben, weil damit in gesetzwidriger Weise in subjektiv-öffentliche Rechte des Mitbeteiligten eingegriffen worden sei. Der Mitbeteiligte habe aufgrund seiner Beauftragung mit den in § 4 FlUG genannten behördlichen Aufgaben ein subjektives Recht auf diese Rechtsstellung erlangt. In diese Rechtsstellung sei durch die Beauftragung als Fleischuntersuchungsorgan nur noch in den geraden Monaten insofern eingegriffen worden, als damit die früher unbeschränkte Beauftragung teilweise zurückgenommen worden sei, ohne daß einer der im Gesetz taxativ aufgezählten Tatbestände für eine Zurücknahme erfüllt gewesen sei. Daraufhin hob der Bundesminister für Gesundheit und öffentlicher Dienst mit Ersatzbescheid vom 1. Oktober 1991 den Bescheid der belangten Behörde vom 17. Dezember 1984, mit dem der Mitbeteiligte mit der Vornahme der Schlachttier- und Fleischuntersuchung in der KG Großglobnitz in den geraden Monaten betraut worden war, auf.

Nach erfolglos gebliebenen Versuchen, eine Einigung zwischen dem Beschwerdeführer und dem Mitbeteiligten über die Arbeitsaufteilung zwischen ihnen zustande zu bringen, ordnete die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid folgende Aufgabenverteilung an:

"1. Herr Dr. O hat, beginnend mit 1. Dezember 1994 für die geraden Monate Februar, April, Juni, August, Oktober, Dezember zur Gänze und für die ungeraden Monate Jänner, März, Mai, Juli, September, November jeweils zur Hälfte beginnend mit 1. Dezember bis einschließlich 15. Dezember 1994,

2. Herr Dr. M für die übrige Hälfte der ungeraden Monate die Schlachttier- und Fleischuntersuchung in der KG Großglobnitz durchzuführen."

Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluß vom 26. Februar 1996, B 106/95, die Behandlung der Beschwerde ab und trat diese mit Beschluß vom 21. Mai 1996, selbe Zahl, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

In seiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend; er beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in welcher sie beantragt, den zuständigen Bundesminister zum Eintritt in das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof aufzufordern und die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen. Die (damalige) Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz hat mit Schreiben vom 13. Februar 1997 den Eintritt in das verwaltungsgerichtliche Verfahren anstelle der belangten Behörde abgelehnt. Die mitbeteiligte Partei hat keine Stellungnahme abgegeben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 4 Abs. 7 FlUG (idF der Novelle BGBl. Nr. 118/1994) hat der Landeshauptmann, wenn für den Bereich einer Gemeinde zwei oder mehrere Fleischuntersuchungsorgane bestellt sind, die Aufteilung der Arbeit dieser Organe untereinander in jenen Fällen mit Bescheid nachträglich festzulegen, in denen weder die Beauftragungsbescheide gemäß Abs. 6 eine geeignete Arbeitsverteilung enthalten noch eine Einigung der betroffenen Organe hierüber zustande kommt. Hiebei hat der Landeshauptmann die betroffenen Fleischuntersuchungsorgane anzuhören und nach den Grundsätzen der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis zu entscheiden. Gegen diesen Bescheid ist eine Berufung nicht zulässig. Die im Bescheid vorgeschriebene Arbeitsverteilung ist vom Bürgermeister in geeigneter Weise kundzumachen.

Mit dieser durch die besagte Novelle in das Fleischuntersuchungsgesetz eingefügten Bestimmung eröffnete der Gesetzgeber die bis dahin fehlende Möglichkeit (siehe das oben erwähnte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. März 1991, Zl. 88/18/0041), bei Vorhandensein zweier oder mehrerer Fleischuntersuchungstierärzte in einer Gemeinde in die Befugnisse der früher bestellten durch bescheidmäßige Aufteilung der Tätigkeit zwischen ihnen (in zeitlicher, räumlicher oder sachlicher Hinsicht) einzugreifen. Das subjektive Recht aus der Bestellung zum Fleischuntersuchungstierarzt umfaßt somit im gegebenen Zusammenhang zum einen das Recht, daß ein gänzlicher Widerruf der Bestellung zum Fleischuntersuchungstierarzt nur bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen (§ 6 Abs. 4 und 5 FlUG) erfolgen darf, und zum anderen - bei Vorhandensein zweier oder mehrerer Fleischuntersuchungstierärzte in der Gemeinde - das Recht auf eine Tätigkeitsaufteilung zwischen ihnen nach sachlichen Kriterien (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Februar 1997, Zl. 95/11/0076).

Der Beschwerdeführer räumt ausdrücklich ein, daß für die Katastralgemeinde Großglobnitz der Stadtgemeinde Zwettl zwei Fleischuntersuchungstierärzte bestellt sind (der Beschwerdeführer und der Mitbeteiligte), daß eine Einigung zwischen ihnen über die Arbeitsaufteilung nicht zustandegekommen ist und daher diese zwei Voraussetzungen für eine Entscheidung nach § 4 Abs. 7 FlUG erfüllt sind. Er bestreitet aber das Vorliegen der nach dieser Gesetzesstelle notwendigen weiteren Voraussetzung des Fehlens einer geeigneten Arbeitsaufteilung in den Beauftragungsbescheiden und vertritt dazu die Ansicht, daß aufgrund des Bescheides der belangten Behörde vom 17. Dezember 1984 eine "eindeutige einander ausschließende Arbeitsverteilung" zwischen ihm und dem Mitbeteiligten gegeben sei. Im übrigen rügt der Beschwerdeführer das Fehlen von Ermittlungen und entsprechender Ausführungen in der Begründung des angefochtenen Bescheides in bezug auf die für eine Entscheidung nach § 4 Abs. 7 FlUG maßgebenden Kriterien.

Der erste Einwand ist nicht begründet.

Vor Erlassung des angefochtenen Bescheides war mit der Vornahme der Schlachttier- und Fleischuntersuchung in der KG Großglobnitz der Stadtgemeinde Zwettl der Mitbeteiligte (aufgrund seiner seinerzeitigen uneingeschränkten Bestellung und der Aufhebung der nachträglich eine Beschränkung seiner Tätigkeit als Fleischuntersuchungsorgan in zeitlicher Hinsicht anordnenden Bescheide der belangten Behörde vom 20. Februar 1984 und vom 17. Dezember 1984) zeitlich unbeschränkt und der Beschwerdeführer (aufgrund des unbekämpft gebliebenen und damit in Rechtskraft erwachsenen Bescheides der belangten Behörde vom 17. Dezember 1984) beschränkt auf die ungeraden Monate beauftragt. Bei seinem gegenteiligen Standpunkt läßt der Beschwerdeführer offensichtlich außer acht, daß der an den Mitbeteiligten ergangene Bescheid der belangten Behörde vom 17. Dezember 1984 mit seinem eine zeitliche Beschränkung der Tätigkeit des Mitbeteiligten als Fleischuntersuchungsorgan verfügenden Inhalt in der Folge ersatzlos behoben worden ist. Damit war der ursprüngliche Zustand der zeitlich uneingeschränkten Beauftragung des Mitbeteiligten als Fleischuntersuchungsorgan in der KG Großglobnitz wiederhergestellt, mit der Folge einer teilweisen zeitlichen Überlappung der Aufgabenbereiche des Beschwerdeführers und des Mitbeteiligten als Fleischuntersuchungsorgane. Damit fehlte es an einer geeigneten, eine derartige Überlappung ausschließenden Arbeitsaufteilung.

Hingegen ist der Beschwerdeführer mit seiner Verfahrensrüge (der entgegen der in der Gegenschrift geäußerten Meinung der belangten Behörde nicht etwa das Neuerungsverbot entgegensteht) im Recht:

Die belangte Behörde hat zwar versucht, eine Einigung zwischen dem Beschwerdeführer und dem Mitbeteiligten über eine Aufgabenverteilung zwischen ihnen zustande zu bringen. Sie hat es aber unterlassen, den für die rechtliche Beurteilung anhand der Kriterien des § 4 Abs. 7 FlUG maßgebenden Sachverhalt zu ermitteln und auf dieser Basis die mit dem angefochtenen Bescheid vorgeschriebene Arbeitsaufteilung entsprechend zu begründen. Sie hat dazu lediglich ausgeführt, das Ermittlungsverfahren habe nicht ergeben, daß die vorgeschriebene Arbeitsaufteilung den Grundsätzen der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis widerspreche. Damit wurde in Ansehung der hier maßgebenden Kriterien Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis dem Gebot des § 60 AVG, in der Begründung die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen, auch nicht ansatzweise entsprochen. Die belangte Behörde hat somit Verfahrensvorschriften verletzt, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.

Aus diesem Grund war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Im Hinblick auf Ausführungen in der Gegenschrift der belangten Behörde ist festzuhalten, daß bei der Entscheidung im fortgesetzten Verfahren ausschließlich die Kriterien des § 4 Abs. 7 FlUG maßgeblich sind und die Rechtskraft früherer Bestellungs- (Beauftragungs-)bescheide bzw. des hg. Erkenntnisses vom 22. März 1991, Zl. 88/18/0041, der zu treffenden Entscheidung nicht entgegensteht. Dies ist die Folge der nachträglichen Änderung der Rechtslage durch Einfügen des § 4 Abs. 7 in das Fleischuntersuchungsgesetz. Festzuhalten ist weiters, daß bei der Entscheidung über eine Arbeitsverteilung nach den Grundsätzen des § 4 Abs. 7 FlUG auf das gesamte Gebiet der Stadtgemeinde Zwettl und nicht nur auf das Gebiet der KG Großglobnitz Bedacht zu nehmen ist und dabei allenfalls auch die Beauftragung nur einer der beteiligten Parteien als Fleischuntersuchungsorgan für die KG Großglobnitz in Betracht kommt.

Von der von der belangten Behörde beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996110151.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

11.07.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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