TE Vwgh Erkenntnis 1997/12/18 97/11/0278

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Veröffentlicht am 18.12.1997
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
43/01 Wehrrecht allgemein;
44 Zivildienst;

Norm

AVG §58 Abs2;
WehrG 1990 §36 Abs2 Z2 impl;
ZDG 1986 §13 Abs1 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des S in A, vertreten durch Dr. Manfred Denkmayr und Dr. Georg Schwarzmayr-Lindinger, Rechtsanwälte in Mauerkirchen, Obermarkt 9, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 4. August 1997, Zl. 182127/4-IV/10/97, betreffend Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 13.160,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des im Jahre 1975 geborenen Beschwerdeführers vom 11. November 1996 auf Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes gemäß § 13 Abs. 1 Z. 2 des Zivildienstgesetzes 1986, BGBl. Nr. 679 (ZDG), abgewiesen.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 13 Abs. 1 Z. 2 ZDG hat der Bundesminister für Inneres Zivildienstpflichtige, wenn und solange es besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche oder familiäre Interessen erfordern, auf Antrag von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes zu befreien.

Der Beschwerdeführer hatte die Befreiung von der Pflicht zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes mit der Begründung beantragt, er müsse mit 1. Jänner 1997 das Unternehmen seines Vaters (Elektroinstallationen) wegen dessen Erwerbsunfähigkeit übernehmen. Im Hinblick auf die bereits absehbare gesundheitliche Entwicklung seines Vaters habe er schon früher um die Zuweisung zur Zivildienstleistung ersucht. Diesem Ersuchen sei aber nicht entsprochen worden.

Die belangte Behörde vertritt der Sache nach den Standpunkt, das vom Beschwerdeführer übernommene Unternehmen könne auch bei der zivildienstbedingten Abwesenheit des Beschwerdeführers vom Betrieb weitergeführt werden. Sie verweist in diesem Zusammenhang auf die eingeschränkte Möglichkeit, im Betrieb mitzuarbeiten bzw. eine kontrollierende Tätigkeit auszuüben. Die Notwendigkeit der Bestellung von Geschäftsführern für die Dauer des Zivildienstes bestehe nicht, da bei einem etablierten Unternehmen ein Kundenstock bestehe und Geschäftskontakte auch während der Freizeit gepflegt werden könnten. Die aufgenommenen Kredite stünden zu den Umsätzen in einem ausgewogenen Verhältnis. Die belangte Behörde weist ferner auf die Verpflichtung zur Harmonisierung der "privaten und wirtschaftlichen Interessen" mit der Zivildienstpflicht, auf die vermögensrechtlichen Ansprüche des Zivildieners gegen den Bund und auf die vom Beschwerdeführer erklärte Bereitschaft zur Zivildienstleistung, die nicht an Vorbehalte und Bedingungen gebunden sein dürfe, hin. Sie anerkennt damit das Vorliegen wirtschaftlicher Interessen des Beschwerdeführers an seiner Befreiung von der in Rede stehenden Verpflichtung nach dem ZDG, verneint aber deren besondere Rücksichtswürdigkeit.

Die Annahme, der Fortbetrieb des Unternehmens bei Abwesenheit des Beschwerdeführers könne erfolgen, ohne daß es zu einer Gefährdung seiner wirtschaftlichen Existenz komme, ist nicht schlüssig. Wenn das Unternehmen bei voller Mitarbeit des Beschwerdeführers wirtschaftlich konsolidiert sei, so kann daraus kein Schluß darauf gezogen werden, dies werde auch ohne den Beschwerdeführer der Fall sein. Der Beschwerdeführer hat darauf hingewiesen, daß seine Mitarbeiter Facharbeiter, aber keine Führungskräfte (gemeint ist wohl: keine zu unternehmerischer Tätigkeit fähigen Personen) seien. Daß die zur Aufrechterhaltung des Betriebes erforderliche unternehmerische Tätigkeit, welche auch bei einem "etablierten Unternehmen" zu entfalten ist, vom Beschwerdeführer auch neben seiner Zivildienstleistung ("in der Freizeit") möglich sei, ist eine durch nichts belegte Annahme. Eine solche Annahme hätte konkreter Feststellungen und einer näheren darauf gestützten Begründung bedurft.

Von einer Verletzung der Harmonisierungspflicht durch den Beschwerdeführer kann insofern keine Rede sein, als er die belangte Behörde mit Schreiben vom 4. April 1996 um frühestmögliche Zuweisung ersucht hat, um noch vor der Pensionierung seines Vaters den Zivildienst leisten zu können. Daß - wie die belangte Behörde in der Gegenschrift ausführt - eine Zuweisung zu einem früheren Zeitpunkt als Februar (Begründung des angefochtenen Bescheides) oder Juni 1998 (Gegenschrift) nicht möglich (gewesen) sei, begründet keine Pflichtverletzung auf der Seite des Beschwerdeführers.

Was der Hinweis der belangten Behörde bedeuten soll, eine Zivildiensterklärung habe ohne "Vorbehalte und Bedingungen" zu erfolgen, ist im gegenständlichen Zusammenhang nicht verständlich.

Daß der Beschwerdeführer während der Zivildienstleistung bestimmte finanzielle Ansprüche gegen den Bund hat, hat mit der Beurteilung des Vorliegens besonders rücksichtswürdiger Umstände im vorliegenden Fall nichts zu tun.

Das weitere in der Gegenschrift vorgebrachte Argument, der Beschwerdeführer könne bis zu seiner in Aussicht genommenen Zuweisung "Verträge akquirieren, Kredite zurückzahlen und der Harmonisierungsverpflichtung weiter entsprechen", sagt nichts zur Lösung der Frage aus, welche Auswirkungen für das Unternehmen die Zivildienstleistung des Beschwerdeführers hätte, abgesehen davon, daß eine befristete Befreiung nicht verfügt wurde, sodaß der Beschwerdeführer ungeachtet der ihm ohne rechtliche Verbindlichkeit mitgeteilten Zuweisungstermine jederzeit mit einer Zuweisung zu rechnen hat.

Die belangte Behörde hat den Antrag des Beschwerdeführers (gänzlich) abgewiesen, ohne die hiefür erforderlichen Feststellungen zu treffen und ohne eine ausreichende Begründung zu geben.

Der angefochtene Bescheid war gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil die Umsatzsteuer in den Pauschalsätzen nach der zitierten Verordnung bereits enthalten ist.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1997110278.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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