TE Bvwg Beschluss 2020/5/19 W118 2231091-1

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Veröffentlicht am 19.05.2020
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Entscheidungsdatum

19.05.2020

Norm

AVG §38
B-VG Art133 Abs4
Horizontale GAP-Verordnung §9
MOG 2007 §6
VwGVG §17
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W118 2231091-1/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. ECKHARDT als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , BNr. XXXX , gegen den Bescheid der Agrarmarkt Austria (AMA) vom 10.01.2020, AZ II/4-DZ/19-14199801010, betreffend die Gewährung von Direktzahlungen für das Antragsjahr 2019:

A)

Das Verfahren wird bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs im Vorabentscheidungsverfahren Rs. C-216/19 ausgesetzt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Mit Datum vom 15.05.2019 stellte der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) über die Internet-Applikation eAMA elektronisch einen Mehrfachantrag-Flächen für das Antragsjahr 2019 und beantragte die Gewährung von Direktzahlungen für das Antragsjahr 2019.

2. Mit Schreiben vom 22.05.2019 teilte die AMA dem BF im Rahmen einer Vorabprüfung seines Antrags mit, dass es bei den Feldstücken (FS) 17, 22 und 26 zu einer Übernutzung (d.h. zu einer Beantragung durch mehrere Antragsteller) gekommen sei. Dem BF wurde die Möglichkeit eröffnet, seinen Antrag gegebenenfalls bis zum 19.06.2019 zu korrigieren.

Eine solche Korrektur ist nicht erfolgt.

3. Mit Bescheid der AMA vom 10.01.2019, AZ II/4-DZ/19-14199801010, gewährte die AMA dem BF in Summe EUR 4.052,49 an Direktzahlungen.

Dabei wurde die von der nach wie vor aufrechten Übernutzung betroffene Fläche im Ausmaß von 8,3975 ha als sanktionsrelevante Fläche in Abzug gebracht und der Auszahlungsbetrag entsprechend gekürzt.

4. Mit Beschwerde vom 07.02.2020 führte der BF im Wesentlichen aus, die betreffende Fläche sei bereits im Antragsjahr 2018 von einem anderen Betrieb übernutzt worden. Dieser habe in der Folge seinen Antrag zurückgezogen. So wie 2018 seien die betroffenen Feldstücke ausschließlich durch den BF bewirtschaftet worden. Als Nachweis werde ein aktueller Auszug vom Beitragskonto der SVB übermittelt. Ferner Fotos der Bewirtschaftung der betreffenden Feldstücke. Als Bewirtschafter sei der BF somit jedenfalls berechtigt gewesen, die Fläche zu beantragen.

5. Im Rahmen der Aktenvorlage teilte die AMA im Wesentlichen mit, eine Korrektur der Übernutzung sei nicht erfolgt. Die vom BF vorgelegte Bestätigung der SVB habe keinen Aussagewert über die tatsächliche Bewirtschaftung. Auf den mit der Beschwerde vorgelegten Fotos seien zwar Bewirtschaftungsvorgänge ersichtlich. Wann und wo diese erfolgt seien, könne die AMA aber nicht zuordnen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Beim Betrieb der BF kam es im Antragsjahr 2019 zu einer Mehrfachbeantragung einer Fläche im Ausmaß von insgesamt 8,3975 ha. Diese Fläche wurde in der Folge seitens der AMA als sanktionsrelevante Fläche in Abzug gebracht, weshalb es zu Kürzungen sowohl bei der Basis- als auch bei der Greeningprämie kam.

2. Beweiswürdigung:

Die angeführten Feststellungen ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und haben sich als unstrittig erwiesen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zur Zuständigkeit:

Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes über Beschwerden in Rechtssachen in Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden. Gemäß § 1 AMA-Gesetz 1992, BGBl. 376/1992 idgF, iVm § 6 Marktordnungsgesetz 2007 (MOG 2007), BGBl. I Nr. 55/2007 idgF, erfolgt die Abwicklung der landwirtschaftlichen Direktzahlungen durch die AMA im Rahmen der unmittelbaren Bundesverwaltung.

3.2. In der Sache:

a) Maßgebliche Rechtsgrundlagen in der für das betroffene Antragsjahr maßgeblichen Fassung:

Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013, ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 608, im Folgenden VO (EU) 1307/2013:

"Artikel 4

Begriffsbestimmungen und damit zusammenhängende Bestimmungen

(1) Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Begriff

a) "Betriebsinhaber" eine natürliche oder juristische Person oder eine Vereinigung natürlicher oder juristischer Personen, unabhängig davon, welchen rechtlichen Status diese Vereinigung und ihre Mitglieder aufgrund nationalen Rechts haben, deren Betrieb sich im räumlichen Geltungsbereich der Verträge im Sinne des Artikels 52 EUV in Verbindung mit den Artikeln 349 und 355 AEUV befindet und die eine landwirtschaftliche Tätigkeit ausübt;

b) "Betrieb" die Gesamtheit der für landwirtschaftliche Tätigkeiten genutzten und vom Betriebsinhaber verwalteten Einheiten, die sich im Gebiet desselben Mitgliedstaats befinden;

c) "landwirtschaftliche Tätigkeit"

i) die Erzeugung, die Zucht oder den Anbau landwirtschaftlicher Erzeugnisse, einschließlich Ernten, Melken, Zucht von Tieren sowie Haltung von Tieren für landwirtschaftliche Zwecke,

ii) die Erhaltung einer landwirtschaftlichen Fläche in einem Zustand, der sie ohne über die in der Landwirtschaft üblichen Methoden und Maschinen hinausgehende Vorbereitungsmaßnahmen für die Beweidung oder den Anbau geeignet macht, auf der Grundlage von Kriterien, die von den Mitgliedstaaten anhand eines von der Kommission vorgegebenen Rahmens festgelegt werden, oder

iii) die Ausübung einer von den Mitgliedstaaten festgelegten Mindesttätigkeit auf landwirtschaftlichen Flächen, die auf natürliche Weise in einem für die Beweidung oder den Anbau geeigneten Zustand erhalten werden;

d) "landwirtschaftliche Erzeugnisse" die in Anhang I der Verträge aufgeführten Erzeugnisse, ausgenommen Fischereierzeugnisse, sowie Baumwolle;

e) "landwirtschaftliche Fläche" jede Fläche, die als Ackerland, Dauergrünland und Dauerweideland oder mit Dauerkulturen genutzt wird;

[...]."

"Artikel 21

Zahlungsansprüche

(1) Die Basisprämienregelung kann von Betriebsinhabern in Anspruch genommen werden, die

a) Zahlungsansprüche im Rahmen der vorliegenden Verordnung durch Zuweisung gemäß Artikel 20 Absatz 4, durch Erstzuweisung nach Maßgabe der Artikel 24 oder Artikel 39, durch Zuweisung aus der nationalen Reserve oder den regionalen Reserven gemäß Artikel 30 oder durch Übertragung gemäß Artikel 34 erhalten [...].

(2) Die Gültigkeit der im Rahmen der Betriebsprämienregelung gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 und der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 erhaltenen Zahlungsansprüche läuft am 31. Dezember 2014 ab.

[...]."

"Artikel 32

Aktivierung von Zahlungsansprüchen

(1) Eine Stützung im Rahmen der Basisprämienregelung wird den Betriebsinhabern bei Aktivierung eines Zahlungsanspruchs je beihilfefähige Hektarfläche mittels Anmeldung gemäß Artikel 33 Absatz 1 in dem Mitgliedstaat, in dem der Zahlungsanspruch zugewiesen wurde, gewährt. Bei aktivierten Zahlungsansprüchen besteht Anspruch auf die jährliche Zahlung der darin festgesetzten Beträge, unbeschadet der Anwendung von Haushaltsdisziplin, Kürzung von Zahlungen gemäß Artikel 11 sowie linearen Kürzungen gemäß Artikel 7, Artikel 51 Absatz 2 und Artikel 65 Absatz 2 Buchstabe c der vorliegenden Verordnung sowie der Anwendung von Artikel 63 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013.

(2) Im Sinne dieses Titels bezeichnet der Begriff "beihilfefähige Hektarfläche"

a) jede landwirtschaftliche Fläche des Betriebs, [...].

Artikel 33

Anmeldung der beihilfefähigen Hektarflächen

(1) Für die Zwecke der Aktivierung von Zahlungsansprüchen nach Artikel 32 Absatz 1 meldet der Betriebsinhaber die Parzellen an, die der beihilfefähigen Hektarfläche für jeden Zahlungsanspruch entsprechen. Außer im Falle höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Umstände müssen die angemeldeten Parzellen dem Betriebsinhaber zu einem vom Mitgliedstaat festzusetzenden Zeitpunkt zur Verfügung stehen, der jedoch nicht nach dem in demselben Mitgliedstaat festgesetzten Zeitpunkt für die Änderung des Beihilfeantrags gemäß Artikel 72 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 liegen darf.

[...]."

"Artikel 43

Allgemeine Vorschriften

(1) Betriebsinhaber, die Anrecht auf eine Zahlung im Rahmen der Basisprämienregelung oder der Regelung für die einheitliche Flächenzahlung haben, müssen auf allen ihren beihilfefähigen Hektarflächen im Sinne von Artikel 32 Absätze 2 bis 5 die in Absatz 2 des vorliegenden Artikels genannten dem Klima- und Umweltschutz förderlichen Landbewirtschaftungsmethoden oder die in Absatz 3 des vorliegenden Artikels genannten gleichwertigen Methoden einhalten.

[...]."

Gemäß Art. 43 Abs. 9 VO (EU) 1307/2013 wird jenen Landwirten, die die Voraussetzungen gemäß Art. 43 Abs. 2 VO (EU) 1307/2013 erfüllen, jährlich eine "Zahlung für dem Klima- und Umweltschutz förderliche Landbewirtschaftungsmethoden" ("Greening-Zahlung") gewährt. Die angeführte Zahlung wird in Österreich gemäß Art. 43 Abs. 9 VO (EU) 1307/2013 iVm § 8d Abs. 2 MOG 2007 in Form einer jährlichen Zahlung im Ausmaß der aktivierten Zahlungsansprüche gewährt.

Delegierte Verordnung (EU) Nr. 640/2014 der Kommission vom 11. März 2014 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013, ABl. L 181 vom 20.6.2014, S. 48, im Folgenden VO (EU) 640/2014:

"Artikel 2

Begriffsbestimmungen

(1) Für die Zwecke des integrierten Systems im Sinne von Artikel 67 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 gelten die Begriffsbestimmungen in Artikel 4 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 und Artikel 67 Absatz 4 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013.

Zudem gelten folgende Begriffsbestimmungen:

[...].

23. "ermittelte Fläche":

a) im Rahmen flächenbezogener Beihilferegelungen die Fläche, die alle Förderkriterien oder anderen Auflagen im Zusammenhang mit den Voraussetzungen für die Beihilfegewährung erfüllt, ungeachtet der Zahl der Zahlungsansprüche, über die der Begünstigte verfügt, oder

[...]."

"Artikel 19

Verwaltungssanktionen bei Übererklärungen

(1) Liegt bei einer Kulturgruppe gemäß Artikel 17 Absatz 1 die für die Zwecke einer flächenbezogenen Beihilferegelung oder Stützungsmaßnahme angemeldete Fläche über der gemäß Artikel 18 ermittelten Fläche, so wird die Beihilfe oder Stützung auf der Grundlage der ermittelten Fläche, verringert um das Doppelte der festgestellten Differenz, berechnet, wenn die Differenz über 3 % oder 2 ha liegt, aber nicht mehr als 20 % der ermittelten Fläche ausmacht.

Liegt die Differenz über 20 % der ermittelten Fläche, so wird für die betreffende Kulturgruppe keine flächenbezogene Beihilfe oder Stützung gewährt.

[...]."

"Artikel 19a

Verwaltungssanktionen bei Übererklärungen von Flächen für die Basisprämienregelung, die Regelung für die einheitliche Flächenzahlung, die Umverteilungsprämie, die Regelung für Junglandwirte, die Zahlung für Gebiete mit naturbedingten Benachteiligungen, die Kleinerzeugerregelung, die Zahlungen im Rahmen der Natura-2000- und der Wasserrahmenrichtlinie und die Zahlungen für aus naturbedingten oder anderen spezifischen Gründen benachteiligte Gebiete

(1) Übersteigt bei einer Kulturgruppe gemäß Artikel 17 Absatz 1 die für die Beihilferegelungen gemäß Titel III Kapitel 1, 2, 4 und 5 und Titel V der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 und für die Stützungsmaßnahmen gemäß den Artikeln 30 und 31 der Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 gemeldete Fläche die gemäß Artikel 18 der vorliegenden Verordnung ermittelte Fläche, so wird die Beihilfe oder Stützung auf der Grundlage der ermittelten Fläche berechnet und um das 1,5fache der festgestellten Differenz gekürzt, wenn diese Differenz mehr als 3 % der ermittelten Fläche oder mehr als 2 ha beträgt.

Die Verwaltungssanktion darf sich nicht auf mehr als 100 % der auf der Grundlage der gemeldeten Fläche berechneten Beträge belaufen.

[...]."

Durchführungsverordnung (EU) Nr. 809/2014 der Kommission vom 17. Juli 2014 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EU) Nr. 1306/2013, ABl. L 227 vom 31.7.2014, S. 69, im Folgenden VO (EU) 809/2014:

"Artikel 11

Vereinfachung der Verfahren

[...].

(4) Werden im Rahmen des integrierten Systems das vordefinierte Formular und die entsprechenden kartografischen Unterlagen gemäß Artikel 72 Absatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 über eine GIS-basierte Schnittstelle bereitgestellt, über die die geografischen und alphanumerischen Daten der gemeldeten Flächen verarbeitet werden können (im Folgenden "geografisches Beihilfeantragsformular"), können die Mitgliedstaaten beschließen, ein System von Vorab-Gegenkontrollen (im Folgenden "Vorabprüfungen") einzuführen, das mindestens die Gegenkontrollen gemäß Artikel 29 Absatz 1 Unterabsatz 1 Buchstaben a, b und c umfassen muss. Die Ergebnisse werden dem Begünstigten innerhalb von 26 Kalendertagen nach dem in Artikel 13 der vorliegenden Verordnung genannten Termin für die Einreichung des Sammelantrags, des Beihilfeantrags oder der Zahlungsanträge mitgeteilt. Endet dieser Zeitraum von 26 Kalendertagen jedoch vor dem in Artikel 15 Absatz 2 genannten Termin für die Mitteilung von Änderungen, werden dem Begünstigten die Ergebnisse spätestens an dem Kalendertag mitgeteilt, der auf den Termin für die Mitteilung von Änderungen für das betreffende Jahr folgt.

Die Mitgliedstaaten können beschließen, solche Vorabprüfungen auf regionaler Ebene vorzunehmen, sofern das System mit dem geografischen Beihilfeantragsformular auf regionaler Ebene besteht.

[...]."

"Artikel 15

Änderungen des Sammelantrags oder des Zahlungsantrags und Änderungen nach Vorabprüfungen

[...].

(1a) Wurden einem Begünstigten die Ergebnisse der Vorabprüfungen gemäß Artikel 11 Absatz 4 mitgeteilt, kann dieser Begünstigte den Sammelantrag oder den Zahlungsantrag ändern, um für einzelne Parzellen alle Korrekturen vorzunehmen, die aufgrund der Ergebnisse dieser Gegenkontrollen, falls diese potenzielle Verstöße ergeben haben, erforderlich sind.

[...].

(2a) Änderungen nach Vorabprüfungen gemäß Absatz 1a werden der zuständigen Behörde spätestens neun Kalendertage nach dem Termin für die Mitteilung der Ergebnisse der Vorabprüfungen gemäß Artikel 11 Absatz 4 an den Begünstigten mitgeteilt.

Diese Mitteilungen erfolgen schriftlich oder über das geografische Beihilfeantragsformular.

[...]."

"Artikel 29

Gegenkontrollen

[...].

(3) Stellen zwei oder mehr Begünstigte im Rahmen derselben Beihilferegelung oder derselben Stützungsmaßnahme einen Beihilfe- und/ oder Zahlungsantrag für ein und dieselbe Referenzparzelle und überschneiden sich die angemeldeten landwirtschaftlichen Parzellen oder überschreitet die angemeldete Gesamtfläche die beihilfefähige Höchstfläche gemäß Artikel 5 Absatz 2 Buchstaben a und b der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 640/2014 und liegt die Abweichung innerhalb der für diese Referenzparzelle in Artikel 38 der vorliegenden Verordnung festgelegten Messtoleranz, so kann der Mitgliedstaat eine proportionale Verringerung der betreffenden Flächen vornehmen, es sei denn, ein Begünstigter weist nach, dass einer der anderen Begünstigten seine Flächen zulasten des Erstgenannten übererklärt hat."

Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft mit horizontalen Regeln für den Bereich der Gemeinsamen Agrarpolitik (Horizontale GAP-Verordnung), BGBl. II Nr. 100/2015:

"Absehen von Verwaltungssanktionen

§ 9. [...].

(2) Beantragen zwei oder mehrere Betriebsinhaber für ein- und dieselbe Referenzparzelle flächenbezogene Zahlungen und überschneiden sich die angemeldeten Flächen oder überschreiten sie die beihilfefähige Höchstfläche der Referenzparzelle, so werden beim Betriebsinhaber, der innerhalb seiner bisher bzw. im vorangegangenen Antrag beantragten Grenzen beantragt, keine Verwaltungssanktionen verhängt, außer ein anderer Betriebsinhaber weist sein Recht zur Beantragung dieser Fläche nach."

b) Rechtliche Würdigung:

Mit dem Antragsjahr 2015 wurde die Einheitliche Betriebsprämie von der Basisprämie und mehreren ergänzenden Zahlungen, insb. der Zahlung für dem Klima- und Umweltschutz förderliche Landbewirtschaftungsmethoden (= Ökologisierungszahlung bzw. "Greeningprämie"), abgelöst.

Rechtlich dreht sich der vorliegende Fall um die Frage der Antragsberechtigung im Fall der Beantragung einer Fläche durch mehrere Antragsteller. Bei dieser Frage handelt es sich um eine in der Vergangenheit immer wieder kontrovers diskutierte Frage; vgl. dazu mit Hinweisen zur uneinheitlichen unterinstanzlichen deutschen Rechtsprechung sowie mit Verweisen auf die unklaren österreichischen Durchführungsbestimmungen BVwG 27.09.2018, W118 2142673-1. Vgl. aus der jüngsten Vergangenheit ferner ein Urteil des deutschen Bundesverwaltungsgerichts zur Einheitlichen Betriebsprämie, in dem dieses ausschließlich auf die faktische Bewirtschaftung abgestellt hat; BVerwG 05.12.2019, 3 C 22.17.

Letztlich kann die Problematik auf folgende Frage verkürzt werden: Ist für das Recht zur Antragstellung die bloße (faktische) Bewirtschaftung ausreichend oder setzt das Recht zur Antragstellung auch ein entsprechendes Recht zur Bewirtschaftung voraus?

Das Verwaltungsgericht Berlin hat in diesem Zusammenhang mit Beschluss vom 28.02.2019 dem Europäischen Gerichtshof zur Zl. C-216/19 u.a. folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1) Steht dem Eigentümer einer beihilfefähigen Hektarfläche diese im Sinne von Art. 24 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung Nr. 1307/2013 zur Verfügung, wenn keinem Dritten ein Nutzungsrecht, insbesondere kein vom Eigentümer abgeleitetes Nutzungsrecht, an der beihilfefähigen Hektarfläche zusteht oder steht die Fläche dem Dritten oder keinem zur Verfügung, wenn sie der Dritte ohne ein Nutzungsrecht tatsächlich landwirtschaftlich nutzt?

Die vom Verwaltungsgericht Berlin angestellten Überlegungen stellen sich auch im vorliegenden Fall.

Gemäß § 38 AVG ist die Behörde - bzw. das Verwaltungsgericht iVm § 17 VwGVG - berechtigt, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von den Gerichten zu entscheiden wären, selbst zu beurteilen oder das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage auszusetzen, wenn die Vorfrage schon den Gegenstand eines anhängigen Verfahrens beim zuständigen Gericht bildet oder ein solches Verfahren gleichzeitig anhängig gemacht wird. Nach der Judikatur des VwGH kann eine Aussetzung erfolgen, wenn die betreffende Frage insbesondere auf Grund eines Vorabentscheidungsersuchens - in einem gleich bzw. sogar ähnlich gelagerten Fall - bereits beim EuGH anhängig ist, da der EuGH ein Auslegungsmonopol innehat (VwGH 19.12.2000, 99/12/0286; Hengstschläger/Leeb, AVG § 38 Rz 18).

Aus den angeführten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Verwaltungsgerichte können Aussetzungsentscheidungen gemäß § 17 VwGVG auch auf § 38 AVG stützen; VwGH 24.03.2015, Ro 2014/05/0089. Der VwGH hat darüber hinaus jüngst, gestützt auf § 62 VwGG iVm § 38 AVG, ein Verfahren aufgrund eines Vorabentscheidungsersuchens ausgesetzt, das das Bundesfinanzgericht an den EuGH gerichtet hat; VwGH 18.12.2019, Ra 2019/15/0008.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Antragsteller Aussetzung Aussetzung der Entscheidung Bewirtschaftung Direktzahlung EuGH Kürzung Mehrfachantrag-Flächen Prämiengewährung Vorabentscheidungsersuchen Vorabentscheidungsverfahren Vorfrage

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W118.2231091.1.00

Im RIS seit

28.08.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.08.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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