Entscheidungsdatum
20.05.2020Norm
AVG §13 Abs7Spruch
W120 2229039-2/13E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch den Richter Dr. Christian Eisner über den Antrag vom 27.02.2020 der XXXX in XXXX , vertreten durch XXXX in XXXX , auf Nichtigerklärung der Ausschreibung betreffend das Vergabeverfahren "Flächenvergabe für die e-Validierung am XXXX " der Auftraggeberin XXXX in XXXX , vertreten durch XXXX in XXXX , den Beschluss:
A)
Das zu W120 2229039-2 geführte Verfahren wird eingestellt.
B)
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Schriftsatz vom 27.02.2020 beantragte die Antragstellerin die Erlassung einer einstweiligen Verfügung dahingehend, dass für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens der Lauf der Angebotsfrist ausgesetzt werde bzw. in eventu der Auftraggeberin für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens untersagt werde, die Angebotsöffnung vorzunehmen. Zudem stellte die Antragstellerin einen Antrag auf Nichtigerklärung der Ausschreibung als Ganzes bzw. in eventu einzelner Bestimmungen der Ausschreibungsunterlagen, auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung sowie auf Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren.
2. Am 03.03.2020 erteilte die Auftraggeberin zunächst allgemeine Auskünfte zum Vergabeverfahren. Zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung wurde kein Vorbringen erstattet.
3. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.03.2020, W120 2229039-1/2E, wurde die beantragte einstweilige Verfügung erlassen.
4. Mit Schriftsatz vom 19.03.2020 teilte die Auftraggeberin mit, dass das gegenständliche Vergabeverfahren widerrufen worden sei.
5. Mit Schriftsatz vom 03.04.2020 gab die Antragstellerin bekannt, dass sie den auf Nichtigerklärung der Ausschreibung gerichteten Nachprüfungsantrag vom 27.02.2020 zurückziehe. Das Kostenersatzbegehren in Punkt 7.6 des Nachprüfungsantrages wurde ausdrücklich nicht zurückgezogen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Auftraggeberin schrieb unter der Bezeichnung "Flächenvergabe für die e-Validierung am XXXX " die Vergabe einer Dienstleistungskonzession nach dem Bestbieterprinzip im Oberschwellenbereich aus. Die Laufzeit des Konzessions- und Bestandsvertrages sollte 60 Monate betragen. Es erfolgte keine Unterteilung in Lose. Der geschätzte Auftragswert exklusive Umsatzsteuer betrug EUR XXXX ,--. Die Auftraggeberin führte dieses Verfahren als offenes Verfahren durch.
Die Auftraggeberin veröffentlichte die Ausschreibung im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union vom 10.02.2020 zur Ausschreibungsnummer 2020/S 028-065681; die Bekanntmachung in Österreich erfolgte im ANKÖ System am 06.02.2020 (Verfahrens-ID: 78615-00).
Mit Schriftsatz vom 27.02.2020 stellte die Antragstellerin einen Antrag auf Nichtigerklärung der Ausschreibung als Ganzes bzw. in eventu einzelner Bestimmungen der Ausschreibungsunterlagen sowie auf Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren.
Die Antragstellerin bezahlte die entsprechenden Pauschalgebühren.
Das Ende der Angebotsfrist war der 06.03.2020 um 11:00 Uhr.
Die Auftraggeberin hat das Vergabeverfahren widerrufen.
Mit Schriftsatz vom 03.04.2020 teilte die Antragstellerin dem Bundesverwaltungsgericht mit, dass diese "unter ausdrücklicher Aufrechterhaltung des Kostenersatzbegehrens in Punkt 7.6 des Nachprüfungsantrags - den auf Nichtigerklärung der Ausschreibung gerichteten Nachprüfungsantrag vom 27.2.2020 zurück[ziehe]".
2. Beweiswürdigung:
Der Sachverhalt ergibt sich schlüssig aus dem Verfahrensakt bzw. den Stellungnahmen der Parteien. Bei der Beweiswürdigung haben sich gegen die Echtheit und Richtigkeit der Vergabeunterlagen der Auftraggeberin keine Bedenken ergeben.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchpunkt A)
3.1. Anzuwendendes Recht:
§ 28 Abs 1 VwGVG ("Erkenntnisse"), BGBl I Nr 33/2013, lautet wie folgt:
"§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
[...]"
§ 31 Abs 1 VwGVG ("Beschlüsse") ordnet Folgendes an:
"§ 31. (1) Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss.
[...]"
3.2. Zur Zurückziehung des Antrages auf Nichtigerklärung:
3.2.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 76 BVergGKonz 2018 iVm § 328 Abs 1 BVergG 2018 ist im Anwendungsbereich des BVergGKonz 2018 grundsätzlich die Entscheidung durch Senate vorgesehen.
Gemäß § 76 BVergGKonz 2018 iVm § 328 Abs 1 BVergG 2018 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in den Angelegenheiten des § 327 BVergG 2018, soweit es sich nicht um die Entscheidung über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, die Entscheidung über den Gebührenersatz oder die Entscheidung über eine Verfahrenseinstellung nach Zurückziehung eines Nachprüfungs- oder Feststellungsantrages handelt, in Senaten. Gegenständlich liegt daher Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte ist mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes gemäß § 1 VwGVG durch dieses geregelt. Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft. Zu diesen Bestimmungen zählt der 2. Teil des BVergGKonz 2018 bzw. der 4. Teil des BVergG 2018, der die Bestimmungen über den Rechtsschutz vor dem Bundesverwaltungsgericht enthält.
Nach § 77 BVergGKonz 2018 bzw. § 333 BVergG 2018 sind die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme seiner §§ 1 bis 5 und seines IV. Teils im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht sinngemäß anzuwenden, soweit nicht das BVergGKonz 2018 bzw. BVergG 2018 und das VwGVG anderes bestimmen.
3.2.2. Die Annahme, eine Partei ziehe die von ihr erhobene Beschwerde zurück, ist nur dann zulässig, wenn die entsprechende Erklärung keinen Zweifel daran offen lässt und ein Willensmangel ausgeschlossen werden kann (vgl. VwGH 27.04.2016, Ra 2015/10/0111). Maßgebend ist das Vorliegen einer in dieser Richtung eindeutigen Erklärung (vgl. VwGH 22.11.2005, 2005/05/0320, uvm). Die Zurückziehung der Beschwerde wird mit dem Zeitpunkt des Einlangens wirksam (vgl. VwGH 25.07.2013, 2013/07/0106).
Der Verwaltungsgerichtshof sprach in Bezug auf die Einstellung des Verfahrens vor den Verwaltungsgerichten in seinem Erkenntnis vom 29.04.2015, Fr 2014/20/0047, Folgendes aus:
"Aus den Bestimmungen des § 28 Abs. 1 und § 31 Abs. 1 VwGVG geht hervor, dass das Verwaltungsgericht in jenem Fall, in dem das Verfahren - hier: das Beschwerdeverfahren - einzustellen ist, eine Entscheidung in der Rechtsform des Beschlusses zu treffen hat (vgl. in diesem Sinn - bezogen auf § 50 VwGVG und die Einstellung eines Verwaltungsstrafverfahrens - auch das hg. Erkenntnis vom 30. September 2014, Ra 2014/02/0045). Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen nämlich die Entscheidungen und Anordnungen eines Verwaltungsgerichtes durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist. § 28 Abs. 1 VwGVG nimmt die Einstellung des Verfahrens, wozu jedenfalls die Einstellung des Beschwerdeverfahrens zu zählen ist, von der Erledigung mittels Erkenntnis ausdrücklich aus. [...]. Bezogen auf nach dem AVG geführte Berufungsverfahren ist davon auszugehen, dass - auch ohne diesbezügliche ausdrückliche gesetzliche Anordnung - eine Verfahrenseinstellung (ua.) dann vorzunehmen ist, wenn die Berufung rechtswirksam zurückgezogen wurde (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 66 Rz 56, mit Hinweisen auf die hg. Rechtsprechung). Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes hat diese Auffassung auch für das von Verwaltungsgerichten geführte Beschwerdeverfahren Platz zu greifen (vgl. Fuchs in Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren, § 28 VwGVG Anm 5; die Einstellung in Beschlussform im Fall der Zurückziehung der Beschwerde bejahend auch Götzl/Gruber/Reisner/Winkler, Das neue Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte § 28 VwGVG Rz 7, Schmied/Schweiger, Das Verfahren vor den Verwaltungsgerichten erster Instanz S 112,
Grabenwarter/Fister, Verwaltungsverfahrensrecht und Verwaltugnsgerichtsbarkeit4 S 232 Hengtschläger/Leeb, AVG², § 13 Rz 42, Hauer, Gerichtsbarkeit öffentlichen Rechts3 Rz 191)."
Der Verwaltungsgerichtshof judizierte bezüglich der Einstellung des Verfahrens vor den Verwaltungsgerichten in seinem Erkenntnis vom 09.09.2016, Ra 2016/02/0137, Folgendes:
"[...] hingegen bezieht sich die in § 28 Abs. 1 VwGVG angesprochene, durch Beschluss vorzunehmende Einstellung des Verfahrens auf das (Beschwerde-)Verfahren vor dem Verwaltungsgericht, etwa im Fall einer Zurückziehung der Beschwerde (in diesem Sinne zur Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens als meritorische Entscheidung auch Faber, Verwaltungsgerichtsbarkeit, Rz 69 zu Art. 130 B-VG; Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht10, Rz 1216; Götzl/Gruber/Reisner/Winkler, Das neue Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, Rz 8 zu § 28 und Rz 2 zu § 50 VwGVG; Schmied/Schweiger, Das Verfahren vor den Verwaltungsgerichten erster Instanz, 111)."
Entsprechend dieser Rechtsprechung ist bezogen auf ein vor den Verwaltungsgerichten geführtes Nachprüfungsverfahren davon auszugehen, dass eine Verfahrenseinstellung (ua) dann vorzunehmen ist, wenn der Nachprüfungsantrag rechtswirksam zurückgezogen wurde.
3.3. Im vorliegenden Fall ist die Zurückziehung des Nachprüfungsantrages vom 03.04.2020 als solche eindeutig zu verstehen. Aufgrund der rechtswirksamen Zurückziehung des verfahrensgegenständlichen Antrages, ist das Verfahren daher mit Beschluss einzustellen (vgl. VwGH 09.09.2016, Ra 2016/02/0137).
Das gegenständliche zu W120 2229039-2 geführte Verfahren ist somit beendet.
Zu Spruchpunkt B)
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Nach Art 133 Abs 9 iVm Abs 4 B-VG ist gegen einen Beschluss des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn dieser von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Ist die Rechtslage eindeutig, liegt keine die Zulässigkeit einer Revision begründende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor (vgl. VwGH 28.02.2018, Ro 2017/04/0120).
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 9 iVm Abs 4 B-VG nicht zulässig, da keiner der vorgenannten Fälle vorliegt. Auch ist die Rechtslage eindeutig und es sind keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage ersichtlich.
Schlagworte
Antragszurückziehung Beschwerdezurückziehung Einstellung des (Beschwerde) Verfahrens Klaglosstellung Nachprüfungsantrag Nachprüfungsverfahren Verfahrenseinstellung Vergabeverfahren Widerruf des Vergabeverfahrens Zurückziehung Zurückziehung Antrag Zurückziehung der BeschwerdeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W120.2229039.2.00Im RIS seit
28.08.2020Zuletzt aktualisiert am
28.08.2020