TE Bvwg Beschluss 2020/5/26 W218 2230134-1

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Veröffentlicht am 26.05.2020
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Entscheidungsdatum

26.05.2020

Norm

BEinstG §14
BEinstG §2
BEinstG §3
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W218 2230134-1/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Benedikta TAURER als Vorsitzende und die Richterin Mag. Marion STEINER sowie die fachkundige Laienrichterin Mag. Bettina PINTER als Beisitzerinnen über die Beschwerde der XXXX , geboren am XXXX , VN XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Niederösterreich vom 28.02.2020, beschlossen:

A)

Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid vom 28.02.2020 hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Kurzbezeichnung: Sozialministeriumservice; in der Folge belangte Behörde genannt) dem Antrag auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten gemäß § 2, § 3 und § 14 BEinstG stattgegeben und einen Grad der Behinderung in Höhe von 50 vH festgestellt.

Dem Bescheid zugrunde gelegt wurde das von der belangten Behörde eingeholte medizinische Sachverständigengutachten von einer Ärztin für Allgemeinmedizin, basierend auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 18.02.2020, das einen Gesamtgrad der Behinderung von 50 vH ergab.

2. Gegen diesen Bescheid wurde von der Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde erhoben. Unter Vorlage von Beweismitteln wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass sie mit der Einstufung des Gesamtgrades der Behinderung einverstanden sei. Die Beschwerdeführerin wolle sich gegen die Feststellung, dass ihr die öffentlichen Verkehrsmittel zumutbar seien, beschweren, da sie aufgrund ihrer schweren Herzerkrankung auf ihr Auto angewiesen sei und die Anbindung ihrer Wohnadresse an öffentliche Verkehrsmittel nicht ausreichend gegeben sei.

3. Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten langten am 03.04.2020 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Am 19.01.2020 stellte die Beschwerdeführerin bei der belangten Behörde einen Antrag auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten.

Mit Bescheid vom 28.02.2020 hat die belangte Behörde dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten aufgrund Vorliegens eines Gesamtgrades der Behinderung von 50 vH stattgegeben.

Die Beschwerdeführerin erklärte in der rechtzeitig eingebrachten Beschwerde ausdrücklich, mit dem festgestellten Grad der Behinderung einverstanden zu sein. Ihr Beschwerdevorbringen richtete sich ausschließlich gegen die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel, worüber im gegenständlichen Verfahren nicht bescheidmäßig abgesprochen wurde.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Verfahrensakt der belangten Behörde und des Bundesverwaltungsgerichtes.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 19b Abs. 1 BEinstG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in Verfahren über Beschwerden in Rechtssachen in den Angelegenheiten des § 14 Abs. 2 durch den Senat. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu A)

1. Zur Zurückweisung der Beschwerde:

Begünstigte Behinderte im Sinne dieses Bundesgesetzes sind österreichische Staatsbürger mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 vH. Österreichischen Staatsbürgern sind folgende Personen mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 vH gleichgestellt:

1. Unionsbürger, Staatsbürger von Vertragsparteien des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, Schweizer Bürger und deren Familienangehörige,

2. Flüchtlinge, denen Asyl gewährt worden ist, solange sie zum dauernden Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt sind,

3. Drittstaatsangehörige, die berechtigt sind, sich in Österreich aufzuhalten und einer Beschäftigung nachzugehen, soweit diese Drittstaatsangehörigen hinsichtlich der Bedingungen einer Entlassung nach dem Recht der Europäischen Union österreichischen Staatsbürgern gleichzustellen sind. (§ 2 Abs. 1 BEinstG)

Nicht als begünstigte Behinderte im Sinne des Abs. 1 gelten behinderte Personen, die

a) sich in Schul- oder Berufsausbildung befinden oder

b) das 65. Lebensjahr überschritten haben und nicht in Beschäftigung stehen oder

c) nach bundes- oder landesgesetzlichen Vorschriften Geldleistungen wegen dauernder Erwerbsunfähigkeit (dauernder Berufsunfähigkeit) bzw. Ruhegenüsse oder Pensionen aus dem Versicherungsfall des Alters beziehen und nicht in Beschäftigung stehen oder

d) nicht in einem aufrechten sozialversicherungspflichtigen Dienstverhältnis stehen und infolge des Ausmaßes ihrer Funktionsbeeinträchtigungen zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit auch auf einem geschützten Arbeitsplatz oder in einem Integrativen Betrieb (§ 11) nicht in der Lage sind. (§ 2 Abs. 2 BEinstG)

Die Ausschlussbestimmungen des Abs. 2 lit. a gelten nicht für behinderte Personen, die als Lehrlinge in Beschäftigung stehen, eine Ausbildung zum gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege absolvieren, an einer Hebammenakademie oder einer entsprechenden Fachhochschule ausgebildet werden oder zum Zwecke der vorgeschriebenen Ausbildung für den künftigen, eine abgeschlossene Hochschulausbildung erfordernden Beruf nach Abschluss dieser Hochschulausbildung beschäftigt werden und die Voraussetzungen des Abs. 1 erfüllen. (§ 2 Abs.3 BEinstG)

Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen, die geeignet ist, die Teilhabe am Arbeitsleben zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten (§ 3 BEinstG).

Als Nachweis für die Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten gilt der letzte rechtskräftige Bescheid über die Einschätzung des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit mit mindestens 50 vH

a) eines Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen (der Schiedskommission) bzw. des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen oder der Bundesberufungskommission im Sinne des Bundesberufungskommissionsgesetzes, BGBl. I Nr. 150/2002;

b) eines Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung bzw. das Urteil eines nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, zuständigen Gerichtes;

c) eines Landeshauptmannes (des Bundesministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales) in Verbindung mit der Amtsbescheinigung gemäß § 4 des Opferfürsorgegesetzes;

d) in Vollziehung der landesgesetzlichen Unfallfürsorge (§ 3 Z 2 Beamten-, Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 200/1967).

Die Feststellung des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit im Nachweis gilt zugleich als Feststellung des Grades der Behinderung.

Liegt ein Nachweis im Sinne des Abs. 1 nicht vor, hat auf Antrag des Menschen mit Behinderung das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen den Grad der Behinderung nach den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) einzuschätzen und bei Zutreffen der im § 2 Abs. 1 angeführten sonstigen Voraussetzungen die Zugehörigkeit zum Kreis der nach diesem Bundesgesetz begünstigten Behinderten (§ 2) sowie den Grad der Behinderung festzustellen. Hinsichtlich der ärztlichen Sachverständigen ist § 90 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957, BGBl. Nr. 152, anzuwenden.

§ 28 Abs. 1 VwGVG bestimmt, dass das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen hat, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen ist. Aus welchen Gründen "zurückzuweisen" ist, wird im VwGVG zwar nicht eigens geregelt, ergibt sich jedoch aus dem bisherigen allgemeinen verfahrensrechtlichen Verständnis sowie der hierzu zum AVG ergangenen höchstgerichtlichen Judikatur (vgl. Fischer/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichts-verfahren (2013), Anm. 11 zu § 28 VwGVG).

Auf Grundlage der zu § 27 VwGVG ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist "Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem VwG - ungeachtet des durch § 27 VwGVG vorgegebenen Prüfungsumfangs - jedenfalls nur jene Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs [des Bescheides] der vor dem Verwaltungsgericht belangten Verwaltungsbehörde gebildet hat (VwGH 17.12.2014, Ra 2014/03/0049; 22.01.2015, Ra 2014/06/0055; 22.04.2015, Ra 2014/12/0003).

Gegenstand des vorliegenden verwaltungsbehördlichen Verfahrens war - wie von der Beschwerdeführerin am 19.01.2020 auch beantragt - die Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten gemäß den Bestimmungen der §§ 2 und 14 BEinstG. Bei der im Rahmen eines solchen Verfahrens nach § 14 Abs. 2 BEinstG vorzunehmenden Einschätzung des Grades der Behinderung stellen die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigung auf die Erwerbsfähigkeit die zentrale Frage dar. Der angefochtene Bescheid spricht sohin nur über den festgestellten Grad der Behinderung ab, nicht jedoch über das Vorliegen einer Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung. Die Beantwortung der Sachverständigen der Frage zur Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel im Zuge der Gutachtenserstellung vermag daran nichts zu ändern.

Das Bundesverwaltungsgericht war aufgrund dieser Beschränkung nicht befugt, das zusätzliche - im Rahmen des Behindertenpassverfahrens zu beantragende - Begehren der Beschwerdeführerin hinsichtlich Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zum Gegenstand ihrer Entscheidung machen.

Die Beschwerde war daher als unzulässig zurückzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Beschwerdegegenstand Zurückweisung Zusatzeintragung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W218.2230134.1.00

Im RIS seit

28.08.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.08.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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