TE Bvwg Erkenntnis 2020/6/4 W114 2230785-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.06.2020
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Entscheidungsdatum

04.06.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
Horizontale GAP-Verordnung §9 Abs1
MOG 2007 §6
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W114 2230785-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Bernhard DITZ über die Beschwerde von XXXX , XXXX , XXXX , BNr. XXXX , vom 04.02.2020, gegen den Bescheid des Vorstandes für den GB II der Agrarmarkt Austria, Dresdner Straße 70, 1200 Wien (AMA) vom 10.01.2020, AZ II/4-DZ/15-14117243010, betreffend Direktzahlungen für das Antragsjahr 2015 zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Am 06.05.2015 stellte XXXX , XXXX , XXXX , BNr. XXXX , (im Weiteren: Beschwerdeführer oder BF) einen Mehrfachantrag-Flächen (im Weiteren: MFA) für das Antragsjahr 2015 und beantragte u.a. die Gewährung von Direktzahlungen für das Antragsjahr 2015 für von ihm beantragte beihilfefähige Flächen mit einem Ausmaß von 4,6792 ha.

2. Ausgehend von einem von der AMA mit Schreiben vom 25.09.2015, AZ II/5/14-127222697 übermittelten Bericht zu aufgetretenen Plausibilitätsfehlern änderte der Beschwerdeführer am 23.10.2015 seinen MFA 2015, in dem er für das Feldstück (FS) 4, Schlag (SL) 1 statt einer ursprünglich beantragten beihilfefähigen Fläche von 0,6819 ha auf nunmehr 0,6758 korrigierte und FS 1 SL 5 mit einer ursprünglich beantragten nicht beihilfefähigen Fläche von 0,0918 ha nicht mehr und damit nur mehr beihilfefähige Flächen mit einem Ausmaß von 4,6731 ha beantragte.

3. Ausgehend von den im MFA 2015 beantragten Flächen wurden dem Beschwerdeführer mit Bescheid der AMA vom 28.04.2016, AZ II/4-DZ/15-2907186010, für das Antragsjahr 2015 4,67 Zahlungsansprüche (ZA) mit einem Wert von EUR 40,20 zugewiesen und darauf aufbauend Direktzahlungen in Höhe von EUR XXXX gewährt. Dieser Bescheid wurde nicht angefochten.

4. Aufgrund einer Änderung der Zahlungsansprüche auf vier Nachkommastellen wurden mit Abänderungsbescheid der AMA vom 31.08.2016, AZ II/4-DZ/15-4216903010, dem BF für das Antragsjahr 2015 nunmehr 4,6735 ZA zugewiesen und Direktzahlungen in Höhe von EUR XXXX gewährt. Dieser Bescheid wurde ebenfalls nicht angefochten.

5. Am 30.09.2019 sowie am 04.10.2019 fand am Betrieb des Beschwerdeführers in Anwesenheit des Vaters des Beschwerdeführers, der die erforderlichen Auskünfte erteilte, eine Vor-Ort-Kontrolle (VOK) durch die AMA statt. Dabei wurden für das Antragsjahr 2015 statt den vom BF im (geänderten) MFA 2015 beantragten beihilfefähigen Flächen mit einem Ausmaß von 4,6735 ha nur solche mit einem Ausmaß von 4,2612 ha und damit eine sanktionsrelevante Differenzfläche mit einem Ausmaß von 0,4123 ha festgestellt.

Das Ergebnis dieser VOK wurde dem Beschwerdeführer mit Schreiben der AMA vom 22.10.2019, AZ GBI/Abt.213718701010, zum Parteiengehör übermittelt. Der Beschwerdeführer hat jedoch - offensichtlich das Kontrollergebnis anerkennend - von der Möglichkeit einer entgegnenden Stellungnahme abgesehen.

6. Das Ergebnis der durchgeführten VOK auf dem Heimbetrieb des BF berücksichtigend wurde dem BF mit Abänderungsbescheid der AMA vom 10.01.2020, AZ II/4-DZ/15-14117243010, für das Antragsjahr 2015 nur mehr 4,2612 ZA mit einem Wert von EUR 40,20 zugewiesen, ausgehend von einer festgestellten Differenzfläche mit einem Ausmaß von 0,4123 ha für das Antragsjahr 2015 gemäß Art. 9a VO (EU) 640/2014 eine Flächensanktion in Höhe von EUR XXXX verfügt, nur mehr Direktzahlungen in Höhe von EUR XXXX gewährt und damit ein Betrag in Höhe von EUR XXXX zurückgefordert.

7. Gegen diese dem BF am 15.01.2020 zugestellte Entscheidung hat der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 04.02.2020 Beschwerde erhoben. Diese Beschwerde enthält folgenden Wortlaut:

"Mit oben angeführten Bescheid wurde mir eine Flächenkürzung von 4,6735 ha auf 4,2612 ha zur Kenntnis gebracht, und somit die ursprüngliche Anzahl der ZA auf 4,26 gekürzt. Sie haben dies mit dem Ergebnis der VOK vom 30.9. und 4.10.2019 begründet. Tatsache ist aber, dass im Rahmen dieser VOK eine bewirtschaftete Fläche von 4,6147 ha bestätigt wurde. Die Begründung, dass die Flächen nicht beantrag waren ist unzutreffend, da im Rahmen der Kontrolle mit GPS gemessen wurde, mir zur Beantragung nur das Luftbild und als Orientierung die Katastergrenze zur Verfügung stand. Es ist bekannt, dass der Kataster im alpinen und steilen Gelände Fehler aufweist.

Im Falle von Widersprüchen zum oben angegebenen Beschwerdegegenstand gelten ausschließlich die Anträge und Begründungen gemäß schriftlicher Darstellung in den Begründungsfeldern. Ich weise darauf hin, dass der rückgeforderte Betrag ohne Zuerkenntnis von Fehlern meinerseits, rücküberwiesen wird, und dieser Betrag in Folge mir wieder rückerstattet wird.

Ich stelle unter Berücksichtigung dargestellter Begründung den Antrag, das Bundesverwaltungsgericht möge den angefochtenen Bescheid der belangten Behörde ersatzlos beheben, andernfalls den angefochtenen Bescheid abändern und eine mündliche Verhandlung durchführen."

8. Die AMA legte dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) am 07.05.2020 die Beschwerde und die Unterlagen des Verwaltungsverfahrens zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. Am Heimbetrieb des Beschwerdeführers fand am 30.09.2019 sowie am 04.10.2019 eine VOK statt, bei der für das Antragsjahr 2015 statt einer beantragten beihilfefähigen Fläche mit einem Ausmaß von 4,6735 ha nur eine solche mit einem Ausmaß von 4,2612 ha und damit eine sanktionsrelevante Differenzfläche mit einem Ausmaß von 0,4123 ha festgestellt wurde.

Dabei wurden

­ Flächen vorgefunden, die im beanstandeten Ausmaß nicht vom BF im MFA 2015 beantragt wurden;

­ Flächen mit einem geringeren Flächenausmaß, als vom BF in seinem MFA 2015 beantragt wurde, vorgefunden;

­ Flächen, die vom BF im Antragsjahr 2015 bewirtschaftet wurden, von ihm im MFA 2015 jedoch nicht beantragt wurden.

1.2. Im Zuge des durchgeführten Parteiengehörs wurde gegen das mitgeteilte Ergebnis der VOK vom Beschwerdeführer keine Stellungnahme abgegeben bzw. dargelegt, warum die Kontrollergebnisse nicht richtig wären. Der Beschwerdeführer ist den Ergebnissen der VOK nicht auf gleicher fachlichen und sachlichen Ebene entgegengetreten.

Auf der Rechtsgrundlage von Art. 19a VO(EU) 640/2014 wurde rechnerisch richtig eine Flächensanktion in Höhe von EUR XXXX errechnet und in der angefochtenen Entscheidung verfügt.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang ergibt sich aus den Unterlagen des Verwaltungsverfahrens und blieb sowohl im Verwaltungsverfahren als auch im Beschwerdeverfahren dem Grunde nach unbestritten.

Die getroffenen Feststellungen ergeben sich ebenfalls aus den Unterlagen des von der AMA dem BVwG vorgelegten Unterlagen aus dem Verwaltungsverfahren.

Soweit der BF in seiner Beschwerde darlegt, dass bei der VOK (für das Antragsjahr 2015) eine bewirtschaftete Fläche mit einem Ausmaß von 4,6147 ha bestätigt worden wäre, entspricht dieses Vorbringen nicht der Realität. Der BF irrt auch, wenn er der Meinung ist, dass die AMA davon ausgegangen sei, dass er (für das Antragsjahr 2015) eine kleinere beihilfefähige Fläche als 4,6147 ha beantragt habe. Aus dem angefochtenen Bescheid ist zweifelsfrei zu erkennen, dass die AMA rechtskonform davon ausgegangen ist, dass der Beschwerdeführer im MFA 2015 4,6735 ha beihilfefähige Flächen beantragt hat. Gleichzeitig werden in der angefochtenen Entscheidung auch detailliert und unter Berücksichtigung der Ergebnisse der VOK vom 30.09.2019 bzw. vom 04.10.2019 festgestellte Flächenabweichungen ausgewiesen.

Belege für die Unrichtigkeit der Ergebnisse der von der AMA vorgenommenen VOK vom 30.09.2019 bzw. vom 04.10.2019 wurden vom Beschwerdeführer nicht vorgelegt.

Nach den angeführten Rechtsvorschriften erfolgt die Auszahlung von Direktzahlungen auf Grundlage eines Antrages des Beihilfeempfängers. Eine Vor-Ort-Kontrolle hat eine Reduktion der dem BF zustehenden beihilfefähigen Fläche ergeben. Das Ergebnis der VOK blieb letztlich unbestritten, zumal diesbezüglich kein substanziiertes bzw. schlagbezogenes Vorbringen des BF erfolgte. Aus den Verfahrensunterlagen ergibt sich zudem, dass dem BF der Kontrollbericht nachträglich zur Kenntnis gebracht und ihm die Möglichkeit eingeräumt wurde, im Rahmen eines anzustellenden Parteiengehörs zum Ergebnis dieser VOK Stellung zu nehmen. Der Beschwerdeführer hat sich jedoch - das Ergebnis der VOK offensichtlich zustimmend zur Kenntnis nehmend - verschwiegen.

AMA-Kontrollberichte stammen von Kontrollorganen der AMA, die oft selbst Bewirtschafter eines Betriebes sind und mit den Erfordernissen, die mit der Beantragung von Direktzahlungen verbunden sind, bestens vertraut sind. Sie verfügen über eine fundierte Ausbildung und in der Regel auch über langjährige Erfahrungen. Sie sind jedenfalls in der Lage, entsprechende Kontrollberichte, die Gutachtensqualität aufweisen, zu erstellen. Jeder Kontrollbericht von AMA-Kontrollorganen kann für sich in Anspruch nehmen, dass er selbst so gestaltet ist, dass darauf aufbauend auch das BVwG in Beschwerdeverfahren betreffend die Gewährung von Direktzahlungen zu einer Entscheidung kommen kann, ohne selbst ein entsprechendes Gutachten einholen zu müssen.

Zudem wird auch bereits an dieser Stelle auf § 20 des Bundesgesetzes über die Durchführung der gemeinsamen Marktorganisationen (Marktordnungsgesetz 2007 - MOG), BGBl. I Nr. 55/2007, hingewiesen, wonach der Begünstigte und somit in der gegenständlichen Angelegenheit der Beschwerdeführer, soweit nicht Regelungen des gemeinschaftlichen Marktordnungsrechts etwas anderes vorsehen, auch nach Empfang einer Vergünstigung im Sinne der in den §§ 7, 8 bis 8h und 10 angeführten Maßnahmen in dem Verantwortungsbereich, der nicht zum Bereich für die Gewährung der Vergünstigung zuständigen Marktordnungs- und Zahlstelle gehört, die Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen für die Gewährung der Vergünstigung bis zum Ablauf des vierten Jahres, das dem Kalenderjahr der Gewährung folgt, trägt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zur Zuständigkeit:

Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes über Beschwerden in Rechtssachen in Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden. Gemäß § 1 AMA-Gesetz 1992, BGBl. 376/1992 idF BGBl. I Nr. 46/2014, iVm § 6 Marktordnungsgesetz 2007 (MOG 2007), BGBl. I Nr. 55/2007 idF BGBl. I Nr. 89/2015, erfolgt die Abwicklung der landwirtschaftlichen Direktzahlungen durch die AMA im Rahmen der unmittelbaren Bundesverwaltung.

3.2. anzuwendende Rechtsvorschriften:

Die Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 Europäischen Parlaments und des Rates vom 17.12.2013 über die Finanzierung, die Verwaltung und das Kontrollsystem der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 352/78, (EG) Nr. 165/94, (EG) Nr. 2799/98, (EG) Nr. 814/2000, (EG) Nr. 1290/2005 und (EG) Nr. 485/2008 des Rates, im Weiteren VO (EU) 1306/2013, lautet auszugsweise:

"TITEL V

KONTROLLSYSTEME UND SANKTIONEN

KAPITEL I

Allgemeine Vorschriften

Artikel 58

Schutz der finanziellen Interessen der Union

(1) Die Mitgliedstaaten erlassen im Rahmen der GAP alle Rechts- und Verwaltungsvorschriften sowie alle sonstigen Maßnahmen, um einen wirksamen Schutz der finanziellen Interessen der Union zu gewährleisten, insbesondere um

a) sich zu vergewissern, dass die durch die Fonds finanzierten Maßnahmen rechtmäßig und ordnungsgemäß durchgeführt worden sind;

b) einen wirksamen Schutz vor Betrug insbesondere in Bereichen mit einem höheren Betrugsrisiko sicherzustellen, der für eine abschreckende Wirkung sorgt und bei dem den Kosten und dem Nutzen sowie der Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen Rechnung getragen wird;

c) Unregelmäßigkeiten und Betrug vorzubeugen, aufzudecken und entsprechende Korrekturmaßnahmen zu treffen;

d) gemäß dem Unionsrecht oder in Ermangelung solcher Vorschriften gemäß dem nationalen Recht wirksame, abschreckende und verhältnismäßige Sanktionen zu verhängen und gegebenenfalls rechtliche Schritte einzuleiten;

e) zu Unrecht gezahlte Beträge zuzüglich Zinsen wiedereinzuziehen und wenn notwendig entsprechende rechtliche Schritte einzuleiten.

(2) Die Mitgliedstaaten richten wirksame Verwaltungs- und Kontrollsysteme ein, um die Einhaltung der Vorschriften im Rahmen der Stützungsregelungen der Union, die das Risiko eines finanziellen Schadens für die Union so weit wie möglich reduzieren sollen, sicherzustellen.

[...]."

"Artikel 59

Allgemeine Kontrollgrundsätze

(1) Vorbehaltlich anderslautender Bestimmungen umfasst das von den Mitgliedstaaten eingerichtete System gemäß Artikel 58 Absatz 2 systematische Verwaltungskontrollen sämtlicher Beihilfe- und Zahlungsanträge. Dieses System wird durch Vor- Ort-Kontrollen ergänzt.

(2) Für die Vor-Ort-Kontrollen zieht die zuständige Behörde aus der Grundgesamtheit der Antragsteller eine Kontrollstichprobe; diese umfasst gegebenenfalls einen Zufallsanteil, um eine repräsentative Fehlerquote zu erhalten, und einen risikobasierten Anteil, der auf die Bereiche mit dem höchsten Fehlerrisiko gerichtet ist.

[...]."

"Artikel 77

Anwendung von Verwaltungssanktionen

(1) Hinsichtlich der Verwaltungssanktionen nach Artikel 63 Absatz 2 gilt dieser Artikel im Falle der Nichteinhaltung in Bezug auf Förderkriterien, Auflagen oder andere Verpflichtungen, die sich aus der Anwendung der in Artikel 67 Absatz 2 genannten Stützungsregelungen ergeben.

(2) Verwaltungssanktionen werden nicht verhängt,

a) wenn der Verstoß auf höhere Gewalt zurückzuführen ist;

b) wenn der Verstoß auf offensichtliche Irrtümer gemäß Artikel 59 Absatz 6 zurückzuführen ist;

c) wenn der Verstoß auf einen Irrtum der zuständigen Behörde oder einer anderen Behörde zurückzuführen ist und wenn der Irrtum für die von der Verwaltungssanktion betroffene Person nach vernünftiger Einschätzung nicht erkennbar war;

d) wenn die betroffene Person die zuständige Behörde davon überzeugen kann, dass sie nicht die Schuld für den Verstoß gegen die Verpflichtungen nach Absatz 1 trägt, oder wenn die zuständige Behörde auf andere Weise zu der Überzeugung gelangt, dass die betroffene Person keine Schuld trägt;

e) wenn der Verstoß geringfügigen Charakter hat, einschließlich des Falles, dass der Verstoß in Form eines Schwellenwerts ausgedrückt wird, der von der Kommission gemäß Absatz 7 Buchstabe b zu bestimmen ist;

f) wenn in anderen, von der Kommission gemäß Absatz 7 Buchstabe b zu bestimmenden Fällen die Verhängung einer Sanktion nicht angebracht ist.

[...]."

Die Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17.12.2013 mit Vorschriften über Direktzahlungen an Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe im Rahmen von Stützungsregelungen der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 637/2008 des Rates und der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates, ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 608, im Folgenden VO (EG) 1307/2013, lautet auszugsweise:

"Artikel 21

Zahlungsansprüche

(1) Die Basisprämienregelung kann von Betriebsinhabern in Anspruch genommen werden, die

a) Zahlungsansprüche im Rahmen der vorliegenden Verordnung durch Zuweisung gemäß Artikel 20 Absatz 4, durch Erstzuweisung nach Maßgabe der Artikel 24 oder Artikel 39, durch Zuweisung aus der nationalen Reserve oder den regionalen Reserven gemäß Artikel 30 oder durch Übertragung gemäß Artikel 34 erhalten

[...]."

"Artikel 24

Erstzuweisung der Zahlungsansprüche

(1) Zahlungsansprüche werden den Betriebsinhabern zugewiesen, die gemäß Artikel 9 der vorliegenden Verordnung zum Bezug von Direktzahlungen berechtigt sind, sofern sie,

a) außer im Falle höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Umstände, bis zu dem gemäß Artikel 78 Unterabsatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 festzusetzenden Termin für die Einreichung von Anträgen im Jahr 2015 die Zuweisung von Zahlungsansprüchen im Rahmen der Basisprämienregelung beantragen, und

b) vor jedweder Kürzung oder jedwedem Ausschluss nach Titel II Kapitel 4 der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 infolge eines Beihilfeantrags auf Direktzahlungen, auf eine nationale Übergangsbeihilfe oder auf ergänzende nationale Direktzahlungen im Jahr 2013 gemäß der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 zum Empfang von Zahlungen berechtigt waren.

[...]

(6) Die Mitgliedstaaten können beschließen, für die Zwecke der Festsetzung der Anzahl der einem Betriebsinhaber zuzuweisenden Zahlungsansprüche einen Verringerungskoeffizienten auf die beihilfefähigen Hektarflächen im Sinne des Absatzes 2 anzuwenden, bei denen es sich um Dauergrünland handelt, das in Gebieten mit schwierigen klimatischen Bedingungen, insbesondere aufgrund von deren Höhenlage oder sonstiger naturbedingter Benachteiligungen, wie schlechte Bodenqualität, steile Hanglage und eingeschränkte Wasserversorgung, gelegen ist.

[...]."

Die Delegierte Verordnung (EU) NR. 640/2014 der Kommission vom 11.03.2014 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf das integrierte Verwaltungs- und Kontrollsystem und die Bedingungen für die Ablehnung oder Rücknahme von Zahlungen sowie für Verwaltungssanktionen im Rahmen von Direktzahlungen, Entwicklungsmaßnahmen für den ländlichen Raum und der Cross-Compliance lautet auszugsweise:

"Artikel 18

Berechnungsgrundlage in Bezug auf flächenbezogene Zahlungen

(1) Für Beihilfeanträge im Rahmen der Basisprämienregelung, der Kleinerzeugerregelung, der Umverteilungsprämie, der Zahlung für Gebiete mit naturbedingten Benachteiligungen und gegebenenfalls der Regelung für Junglandwirte in den Mitgliedstaaten, die die Basisprämienregelung anwenden, gilt Folgendes:

a) Liegt die Anzahl der angemeldeten Zahlungsansprüche über der Anzahl der dem Begünstigten zur Verfügung stehenden Zahlungsansprüche, so wird die Anzahl der angemeldeten Zahlungsansprüche auf die Anzahl der dem Begünstigten zur Verfügung stehenden Zahlungsansprüche gesenkt;

b) ergibt sich eine Differenz zwischen der Anzahl der angemeldeten Zahlungsansprüche und der angemeldeten Fläche, so wird die angemeldete Fläche an den niedrigeren der beiden Werte angeglichen.

Dieser Absatz gilt nicht im ersten Jahr der Zuweisung von Zahlungsansprüchen.

[...]

(3) Ist im Falle der Umverteilungsprämie die im Rahmen der Basisprämienregelung oder der Regelung für die einheitliche Flächenzahlung angemeldete Fläche größer als die vom Mitgliedstaat festgesetzte Höchstfläche gemäß Artikel 41 Absatz 4 der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013, so wird die angemeldete Fläche auf diese Höchstfläche verringert.

(4) Beschließt ein Mitgliedstaat, für die Zahlung für Gebiete mit naturbedingten Benachteiligungen die Zahlungsmethode gemäß Artikel 48 Absatz 4 der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 anzuwenden, so wird im Fall, dass die im Rahmen der Basisprämienregelung oder der Regelung für die einheitliche Flächenzahlung angemeldete Fläche größer ist als die vom Mitgliedstaat festgesetzte maximale Anzahl an Hektarflächen, die angemeldete Fläche auf diese maximale Zahl verringert.

(5) Ist im Falle von Beihilfeanträgen und/oder Zahlungsanträgen für flächenbezogene Beihilferegelungen oder Stützungsmaßnahmen die ermittelte Fläche einer Kulturgruppe größer als die im Beihilfeantrag angemeldete Fläche, so wird für die Berechnung der Beihilfe die angemeldete Fläche herangezogen.

[...]."

"Artikel 19a

Verwaltungssanktionen bei Übererklärungen von Flächen für die Basisprämienregelung, die Regelung für die einheitliche Flächenzahlung, die Umverteilungsprämie, die Regelung für Junglandwirte, die Zahlung für Gebiete mit naturbedingten Benachteiligungen, die Kleinerzeugerregelung, die Zahlungen im Rahmen der Natura-2000- und der Wasserrahmenrichtlinie und die Zahlungen für aus naturbedingten oder anderen spezifischen Gründen benachteiligte Gebiete

(1) Übersteigt bei einer Kulturgruppe gemäß Artikel 17 Absatz 1 die für die Beihilferegelungen gemäß Titel III Kapitel 1, 2, 4 und 5 und Titel V der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 und für die Stützungsmaßnahmen gemäß den Artikeln 30 und 31 der Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 gemeldete Fläche die gemäß Artikel 18 der vorliegenden Verordnung ermittelte Fläche, so wird die Beihilfe oder Stützung auf der Grundlage der ermittelten Fläche berechnet und um das 1,5fache der festgestellten Differenz gekürzt, wenn diese Differenz mehr als 3 % der ermittelten Fläche oder mehr als 2 ha beträgt.

Die Verwaltungssanktion darf sich nicht auf mehr als 100 % der auf der Grundlage der gemeldeten Fläche berechneten Beträge belaufen.

[...].

(2) Wurde gegen den Begünstigten noch keine Verwaltungssanktion gemäß Absatz 1 wegen Übererklärung von Flächen für die betreffende Beihilferegelung oder Stützungsmaßnahme verhängt, so wird die in Absatz 1 genannte Verwaltungssanktion um 50 % gekürzt, wenn die Differenz zwischen der gemeldeten Fläche und der ermittelten Fläche nicht mehr als 10 % der ermittelten Fläche beträgt.

(3) Wurde die gegen einen Begünstigten verhängte Verwaltungssanktion gemäß Absatz 2 gekürzt und muss gegen diesen Begünstigten für die betreffende Beihilferegelung oder Stützungsmaßnahme für das folgende Antragsjahr eine weitere Verwaltungssanktion gemäß vorliegendem Artikel und Artikel 21 verhängt werden, so muss er die Verwaltungssanktion für das folgende Antragsjahr in voller Höhe und den Betrag bezahlen, um den die gemäß Absatz 1 berechnete Verwaltungssanktion im Einklang mit Absatz 2 gekürzt wurde.

(4) Kann der gemäß den Absätzen 1, 2 und 3 berechnete Betrag im Verlauf der drei Kalenderjahre, die auf das Kalenderjahr der Feststellung folgen, nicht vollständig gemäß Artikel 28 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 908/2014 der Kommission verrechnet werden, so wird der Restbetrag annulliert."

Die Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft mit horizontalen Regeln für den Bereich der Gemeinsamen Agrarpolitik (Horizontale GAP-Verordnung), BGBl. II Nr. 100/2015, lautet auszugsweise:

"Absehen von Verwaltungssanktionen

§ 9. (1) Ein Nachweis für ein Absehen von Verwaltungssanktionen gemäß Art. 77 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 kann insbesondere erbracht werden durch konkrete Darlegung, dass und in welchem Ausmaß bei der Beantragung der Flächen

1. auf das Ergebnis der letzten vorangegangenen Vor-Ort-Kontrolle vertraut werden durfte,

2. das Erkennen, dass die Referenzparzelle unrichtig war, nicht zumutbar war,

3. die Unrichtigkeit der Digitalisierung nicht erkannt werden konnte,

4. die Abweichungen der Digitalisierung zum Ergebnis der Vor-Ort-Kontrolle, das mit neueren technischen Hilfsmitteln festgestellt wurde, nicht erkennbar waren oder

5. die Digitalisierung mit den EU-rechtlichen Vorgaben zur beihilfefähigen Fläche sowie bei Almen mit den Vorgaben gemäß § 19 bzw. bei Hutweiden mit den Vorgaben gemäß § 22 Abs. 1 Z 9 lit. a in Einklang steht.

[...]."

3.3. Rechtliche Würdigung:

Mit dem Antragsjahr 2015 wurde die Einheitliche Betriebsprämie von der Basisprämie und mehreren ergänzenden Zahlungen, insb. der Zahlung für dem Klima- und Umweltschutz förderliche Landbewirtschaftungsmethoden (= Ökologisierungszahlung bzw. "Greening-prämie"), abgelöst.

In der gegenständlichen Angelegenheit stellt sich die Frage der Rechtskonformität des Ergebnisses der VOK vom 30.09.2019 sowie vom 04.10.2019 und damit zusammenhängend die Frage, ob bei der Gewährung der Basisprämie die Flächensanktion gemäß Art. 19a VO (EU) 640/2014 mit einem Betrag in Höhe von EUR XXXX rechtskonform verhängt wurde bzw. nach der Rechtskonformität der angefochtenen Entscheidung.

Aus Artikel 58 der Verordnung (EU) 1306/2013 und den allgemeinen Kontrollgrundsätzen des Artikel 59 dieser Verordnung lässt sich entnehmen, dass die Mitgliedstaaten Kontrollen durchzuführen haben, auf deren Grundlage die Abwicklung der Überprüfung des landwirtschaftlichen Förderungssystems erfolgt. Diese Kontrollen (Verwaltungskontrollen und VOK) bilden die Grundlage von behördlichen Festlegungen und allfälligen Sanktionen.

Wie bereits in der Beweiswürdigung ausgeführt, kommt einem von einem fachkundigen Organ der AMA erstellter Bericht über eine abgehaltene Kontrolle eine erhöhte Beweiskraft zu, der letztlich nur durch entsprechend fundierte schlagbezogene Beweismittel auf gleicher fachlichen und sachlichen Ebene entgegengetreten werden kann. Der Beschwerdeführer hat dieser Anforderung nicht entsprochen. Er hat viel mehr unsubstanziierte bzw. nicht schlagbezogene Behauptungen vorgetragen, die von ihm nicht mit den erforderlichen Beweismitteln untermauert wurden, sodass das erkennende Gericht bei einer Gesamtbetrachtung zum Ergebnis gelangt, dass die VOK vom 30.09.2019 bzw. vom 04.10.2019 ordnungsgemäß durchgeführt wurde und auch zu einer rechtskonformen Beurteilung geführt hat. Damit ist auch die in der angefochtenen Entscheidung enthaltene Flächensanktion in Höhe von EUR XXXX rechtskonform verfügt worden.

Gemäß § 9 Abs. 1 Z 4 der Horizontalen GAP-VO kann dann von Verwaltungssanktionen gemäß Art. 77 Abs. 2 VO (EU) 1306/2013 abgesehen werden, wenn durch konkrete Darlegung ein Nachweis erbracht wird, dass und in welchem Ausmaß bei der Beantragung der Flächen die Abweichungen der Digitalisierung zum Ergebnis der VOK, das mit neueren technischen Hilfsmitteln festgestellt wurde, nicht erkennbar waren. Der Beschwerdeführer hat somit konkret darzulegen, dass auf dem neuen Luftbild, welches dem Prüforgan bei der VOK zur Verfügung gestanden sei, derartige Änderungen ersichtlich gewesen wären, die für den Beschwerdeführer so in der Natur nicht erkennbar waren. Aus einem im Jahr 2015 erstellten Luftbild ist für FS 1 und FS 3 klar ersichtlich, dass der BF Flächen beantragt hat, bei denen es sich um nichtlandwirtschaftliche Nutzfläche, nämlich Wald (NLN) gehandelt hat. Aus diesem Luftbild ist aber auch klar erkennbar, dass sich auf den relevanten Flächen ausreichend Orientierungspunkte im Gelände befinden, die es dem BF ermöglicht hätten, aufgrund seiner Ortskenntnis seine landwirtschaftlichen Flächen vollständig und richtig zu beantragen. Dem BF ist es nicht gelungen zu beweisen, dass ihn an der Fehlbeantragung kein Verschulden trifft. Es kann nicht von der Verhängung von Verwaltungssanktionen gem. § 9 Abs. 1 Z 4 Horizontale GAP-VO Abstand genommen werden.

Der BF vermochte daher das erkennende Gericht nicht davon überzeugen, dass ihn keine Schuld für den Verstoß gegen die Verpflichtungen nach Art. 77 Abs. 1 der VO (EU) 1306/2013 iSd Abs. 2 lit d. leg. cit. iVm § 9 Abs. 1 Z 1 bis 3 der Horizontalen GAP-VO trifft.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gegenständlich abgesehen werden, weil das Verfahren ausschließlich rechtliche Fragen betrifft und die Tatsachenfeststellungen nicht konkret bestritten wurden. Das Gericht konnte so aufgrund des schriftlichen Vorbringens entscheiden, ohne dass dies eine Verletzung von Art. 6 Abs. 1 MRK oder Art. 47 GRC bedeutet hätte (VwGH vom 20.03.2014, 2013/07/0146).

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Zwar liegt für den vorliegenden Fall keine einschlägige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor. Die Rechtslage erscheint jedoch so eindeutig, dass von einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht gesprochen werden kann; vgl. VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053.

Schlagworte

Antragsänderung beihilfefähige Fläche Beihilfefähigkeit Berechnung Bescheidabänderung Direktzahlung Flächenabweichung Gesamtbetrachtung INVEKOS konkrete Darlegung Kontrolle Kürzung Mehrfachantrag-Flächen Plausibilität Prämienfähigkeit Prämiengewährung Rückforderung Verschulden Zahlungsansprüche Zuteilung Zuweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W114.2230785.1.00

Im RIS seit

28.08.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.08.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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