Entscheidungsdatum
15.06.2020Norm
AlVG §11Spruch
W141 2228857-1/5Z
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard HÖLLERER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , VN XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice (AMS) Wien Laxenburger Straße vom 17.12.2019, beschlossen:
A)
Das Verfahren wird gem. § 38 AVG iVm. § 17 VwGVG bis zur rechtskräftigen Entscheidung des anhängigen ASG Verfahrens ausgesetzt.
B)
Die Revision ist gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Am 16.12.2019 wurde mit dem Beschwerdeführer eine Niederschrift vor dem Arbeitsmarktservice (AMS) Wien Laxenburger Straße (in der Folge belangte Behörde genannt) betreffend die Beendigung des Dienstverhältnisses bei der Firma XXXX am 06.12.2019 durch fristlose Entlassung aufgenommen. Im Zuge dieser Niederschrift erklärte der Beschwerdeführer, dass die Angaben des Dienstgebers richtig wären und er dazu keine genaueren Angaben machen möchte. Auch möchte er ausdrücklich nicht, dass die belangte Behörde Kontakt aufnimmt. Eine Klage sei nicht eingebracht worden.
2. Mit Bescheid vom 17.12.2019 wurde ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer für den Zeitraum 07.12.2019 bis 03.01.2020 kein Arbeitslosengeld gemäß § 11 AlVG erhält.
Begründend führte die belangte Behörde aus, dass das Dienstverhältnis des Beschwerdeführers bei der Firma XXXX durch fristlose Entlassung geendet habe. Gründe für eine Nachsicht der Rechtsfolgen lägen nicht vor bzw. hätten nicht berücksichtigt werden können.
3. Mit Schreiben datiert mit 16.12.2019, bei der belangten Behörde am 18.12.2019 eingelangt, informierte der Beschwerdeführer die belangte Behörde unter anderem darüber, dass er von Anfang Dezember ein paar Tage bei der Firma XXXX gearbeitet habe und diese ihn zu spät bei der WGKK angemeldet habe, den falschen Kollektivvertrag in den Arbeitsvertrag eingetragen habe, mit falschem Beginn, ihn nicht bezahlt habe, ihm keine Arbeits- und Entgeltbestätigung ausstellen wolle, ihm keine Lohnbescheinigung usw. ausstellen wolle, ihm keine Überstunden zahlen wolle und er in der Probezeit vom Chef mündlich gekündigt worden wäre.
Er führte weiter aus, dass er im Jänner 2020 diesbezüglich einen Termin bei der Arbeiterkammer habe und wie es aussehen würde, würde alles auf einen Arbeitsgerichtsprozess hinauslaufen. Diese Firma XXXX würde Mitarbeiter suchen die schlecht deutsch sprechen würden, und keine Bildung hätten, und würde diese Mitarbeiter zur Schwarzarbeit drängen. Die Firma würde darüber hinaus die Mitarbeiter verspätet anmelden, und habe (laut Arbeitsinspektorat) etliche Vergehen auf ihrer Baustelle (Schutzhelme, Staubschutz usw.). Er werde die Firma XXXX auch der WGKK melden, um eine Kontrolle der An- und Abmeldungen und der Lohnabgaben zu veranlassen.
4. Gegen den Bescheid vom 17.12.2019 erhob der Beschwerdeführer fristgerecht am 08.01.2020 Beschwerde.
Der Beschwerdeführer führte im Wesentlichen begründend an, dass am Freitag den 06.12.2019 das Arbeitsinspektorat auf der Baustelle „ XXXX “ gewesen sei und etliches beanstandet habe, was nicht gesetzeskonform sei. Auf die Bitte des Beschwerdeführers hin, dass sie falsch WGKK angemeldet worden wären, habe ihm das Arbeitsinspektorat mitgeteilt, dass dafür die AK-Wien und das Arbeitsgericht zuständig sei. Der Beschwerdeführer führte weiter aus, dass er kein Verhalten gesetzt habe, um fristlos entlassen zu werden. Die Firma XXXX wolle ihm persönlich schaden, da er auf die Gefährdungen auf der Baustelle (wie etwa die fehlenden Helme, die fehlenden Arbeitspapiere, dem falschen Kollektivvertrag) hingewiesen habe. Der Beschwerdeführer gab an, die XXXX wolle ihm schaden, weil er das Arbeitsinspektorat zur Hilfe gerufen habe. Bis heute hätte der Beschwerdeführer kein Gehalt erhalten. Mitte Jänner 2020 habe er einen Beratungstermin bei der AK-Wien und hoffe daher so zu seinem Recht zu kommen.
5. Am 09.01.2020 wurde darüber hinaus in einem Schreiben datiert mit 04.01.2020 vom Beschwerdeführer ausgeführt, dass Deutsch nicht seine Muttersprache sei und er bei seinem Termin bei der belangten Behörde am 16.12.2019 nicht verstanden habe, dass er eine vierwöchige Sperre bekommen solle, sondern erst durch den Bescheid. Die Firma XXXX habe ihm kein Gehalt bezahlt. Der WGKK Anmeldetag sei falsch. Der WGKK-Abmeldetag sei laut Versicherungszeitenausdruck ebenfalls falsch, und im Arbeitsvertrag sei ein falscher „billiger" Kollektivvertrag eingetragen. Dies alles müsse er der AK-Wien mitteilen und Hilfe suchen, damit er zu seinem Recht kommen würde.
6. Bei der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde am 11.02.2020 betreffend die Beschwerde vom 09.01.2020 hat der Beschwerdeführer ein Schreiben vom 14.01.2020 vorgelegt, dass die AK für ihn verfasst habe. Aus diesem ist ersichtlich, dass er die Korrektur der Meldung und Abmeldung zur Sozialversicherung verlange. Der Beschwerdeführer gab im Wesentlichen zu Protokoll, dass die Firma nicht auf das Schreiben reagiert habe und er glaube die Firma sei inzwischen in Konkurs. Der Beschwerdeführer habe am 19.02.2020 noch einen Termin bei der AK, dann werde über die Einbringung einer Klage entschieden. Betreffend die Beendigung seines Dienstverhältnisses führte der Beschwerdeführer aus, dass er bis Freitag, den 06.12.2019 normal auf der Baustelle gearbeitet habe. Am Montag, den 09.12.2019 wäre er um ca 10:30 Uhr auf die Baustelle gekommen, habe sich mit Frau XXXX , die die Anweisungen erteilt habe, gestritten und diese habe ihm gesagt, er könne gehen. Der Beschwerdeführer würde glauben, Frau XXXX sei ein bisschen betrunken gewesen. Dann habe er zu ihr gesagt, er würde sich schlecht fühlen, und daraufhin habe sie zu ihm gesagt, dann könne er gleich ganz gehen. Der Beschwerdeführer sei an diesem Tag beim Arzt gewesen und bis zum 13.12.2019 im Krankenstand. Während dessen habe er vom Dienstgeber einen Brief mit der Abmeldung erhalten und sei er deshalb am Montag, den 16.12.2019 zur belangten Behörde gegangen. Er habe nicht gewusst, dass er fristlos entlassen worden sei.
Befragt zur aufgenommenen Niederschrift vom 16.12.2019 gab der Beschwerdeführer weiter an, dass er sich nicht ausgekannt habe und sein Berater zu ihm gesagt habe, er habe Probleme auf der Baustelle gemacht. Dies würde jedoch nicht stimmen. Er wisse nicht wieso in der Niederschrift stehen würde, dass er nichts sagen wolle und die belangte Behörde den Dienstgeber nicht kontaktieren solle. Das habe sein Berater so geschrieben.
Aus dem vom Beschwerdeführer verfasste Schreiben an den ehemaligen XXXX datiert mit 14.01.2020 geht hervor, dass der Beschwerdeführer von 28.11.2019 bis 13.12.2019 als Bauarbeiter beim genannten Dienstgeber Vollzeit beschäftigt war. Das Arbeitsverhältnis wurde durch Dienstgeberkündigung gelöst. Nach Rücksprache mit der AK Wien machte der Beschwerdeführer diverse Forderungen geltend. Unter anderem Lohn bzw Entgeltfortzahlung von 28.11.2019 bis 13.12.2019, Urlaubszuschuss aliquot bzw Meldung bei der BUAK, Urlaubsersatzleistung bzw Meldung bei der BUAK, Sonderzahlungen zur Urlaubsersatzleistung, Entgelt für geleistete Mehr- bzw Überstunden inklusive Zuschläge von 28.11.2019 bis 09.12.2019 und Übermittlung der Arbeitsaufzeichnungen für diesen Zeitraum gemäß § 26 Abs 8 Arbeitszeitgesetz (AZG), Fahrtkostenvergütung und Taggeld von 28.11.2019 bis 09.12.2019, Lohn- bzw Gehaltsabrechnungen von 28.11.2019 bis 13.12.2019 gemäß § 2 f Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG) und § 78 Abs 5 Einkommensteuergesetz (EStG) sowie die korrekte Meldung und Abmeldung bei der Sozialversicherung.
7. Am 19.02.2020 übermittelte der Beschwerdeführer an die belangte Behörde die Einverständniserklärung wonach der Beschwerdeführer die AK mit der Geltendmachung seiner Forderungen gegenüber seinem ehemaligen Dienstgeber betraut.
8. Die Beschwerde wurde unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsaktes am 24.02.2020 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.
9. Am 25.02.2020 reichte die belangte Behörde diverse Unterlagen nach. Nachgereicht wurde ein E-Mail des Beschwerdeführers an die belangte Behörde mit zwei Anhängen. Aus diesen Anhängen geht hervor, dass die AK dem Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung von Rechtsschutz zugestimmt hat.
10. Die gegenständliche Rechtssache wurde aufgrund einer Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des Bundesverwaltungsgerichts vom 19.05.2020 der bisherigen Gerichtsabteilung abgenommen und in weiterer Folge am 25.05.2020 der Gerichtsabteilung W141 neu zugewiesen.
11. Am 05.06.2020 wurde dem Bundesverwaltungsgericht die Mahnklage sowie der vorbereitende Schriftsatz des mit der rechtsfreundlichen Vertretung von der AK beauftragten RA übermittelt.
Aus den beigefügten Dokumenten geht hervor, dass der bevollmächtigte Vertreter des Beschwerdeführers am 05.03.2020 eine Mahnklage beim Arbeits- und Sozialgericht Wien gegen den ehemaligen Dienstgeber XXXX eingebracht hat. Vom Beschwerdeführer vorgebracht wurde unter anderem, dass dieser von 02.12.2019 bis 13.12.2019 als Arbeiter beim genannten Dienstgeber beschäftigt gewesen sei. Auf das gegenständliche Arbeitsverhältnis wäre der Kollektivvertrag für die Bauindustrie und das Baugewerbe zur Anwendung gekommen. Der Beschwerdeführer habe bei einer 40-Stunden-Woche einen Bruttomonatslohn in Höhe von € 1.750,00 ins Verdienen gebracht. Das Dienstverhältnis habe arbeitgeberseitig durch Lösung in der Probezeit geendet. Entgegen den Ausführungen des ehemaligen Dienstgebers habe der Beschwerdeführer seinen Lohn nicht vollständig erhalten und wäre er unrichtigerweise mit dem Abmeldegrund „fristlose Entlassung“ von der Sozialversicherung abgemeldet worden. Der Beschwerdeführer habe Entlassungsgrund gesetzt und wäre aufgrund der unrichtigen Abmeldung von der Sozialversicherung zu Unrecht vom Bezug des Arbeitslosengeldes gesperrt worden.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (entscheidungswesentlicher Sachverhalt):
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 17.12.2019 wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer im Zeitraum 07.12.2019 bis 03.01.2020 kein Arbeitslosengeld erhält. Dies mit der Begründung, dass das Dienstverhältnis des Beschwerdeführers bei der Firma XXXX durch fristlose Entlassung geendet hat. Der Beschwerdeführer hat gegen diesen Bescheid Beschwerde erhoben.
Der Beschwerdeführer hat bereits mit Schreiben vom 16.12.2019, eingelangt am 18.12.2019, die belangte Behörde über sein Dienstverhältnis bei der Firma XXXX und die damit einhergehende Problematik informiert (zu späte Anmeldung bei der WGKK, falscher Kollektivvertrag, fehlende Entlohnung, Lohnbescheinigung usw.). Mitgeteilt wurde auch, dass der Beschwerdeführer vom Chef der Firma mündlich gekündigt worden wäre und er diesbezüglich einen Termin bei der AK hat.
Diese vom Beschwerdeführer getroffenen Ausführungen wurden im Wesentlichen in der Beschwerde vom 08.01.2020 sowie im Schreiben vom 09.01.2020 wiederholt.
Aus der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde am 16.02.2020 geht weiter hervor, dass der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 14.01.2020 dem ehemaligen Dienstgeber XXXX die geltend gemachten Lohnforderungen bis 13.12.2019 aufgelistet hat und er diesen um Korrektur der Meldung und Abmeldung bei der Sozialversicherung ersucht hat.
Die AK hat dem Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung von Rechtsschutz zugestimmt.
Der rechtsfreundliche Vertreter des Beschwerdeführers (im Verfahren vor dem ASG) hat beim Arbeits- und Sozialgericht Wien eine Mahnklage sowie einen ergänzenden Schriftsatz gegen den ehemaligen Dienstgeber XXXX eingebracht. Vorgebracht wurde unter anderem, dass dieser von 02.12.2019 bis 13.12.2019 als Arbeiter beim genannten Dienstgeber beschäftigt gewesen ist. Auf das gegenständliche Arbeitsverhältnis ist der Kollektivvertrag für die Bauindustrie und das Baugewerbe zur Anwendung gekommen. Der Beschwerdeführer hat bei einer 40-Stunden-Woche einen Bruttomonatslohn in Höhe von
€ 1.750,00 ins Verdienen gebracht. Das Dienstverhältnis hat arbeitgeberseitig durch Lösung in der Probezeit geendet. Entgegen den Ausführungen des ehemaligen Dienstgebers hat der Beschwerdeführer seinen Lohn nicht vollständig erhalten und ist er unrichtigerweise mit dem Abmeldegrund „fristlose Entlassung“ von der Sozialversicherung abgemeldet worden. Der Beschwerdeführer hat keinen Entlassungsgrund gesetzt und ist aufgrund der unrichtigen Abmeldung von der Sozialversicherung zu Unrecht vom Bezug des Arbeitslosengeldes gesperrt worden.
Dieses Verfahren beim Arbeits- und Sozialgericht Wien ist noch nicht entschieden.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt sowie aus dem der belangten Behörde vorgelegten Schreiben des Beschwerdeführers datiert mit 14.02.2020 an den ehemaligen Dienstgeber des Beschwerdeführers und der vom bevollmächtigten Vertreter des Beschwerdeführers (im Verfahren vor dem ASG) vorgelegten Mahnklage und dem ergänzenden Schriftsatz.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Die Anordnung einer Senatszuständigkeit enthält § 56 Abs. 2 AlVG, wonach das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle durch einen Senat entscheidet, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer.
Gemäß § 9 Abs. 1 BVwGG leitet und führt der Vorsitzende eines Senates das Verfahren bis zur Verhandlung. Die dabei erforderlichen Beschlüsse bedürfen keines Senatsbeschlusses.
Hinsichtlich der Beschlüsse (§ 31 VwGVG) ist zwischen verfahrensleitenden und nicht-verfahrensleitenden Beschlüssen zu differenzieren. Verfahrensleitende Beschlüsse kann der Vorsitzende alleine fassen, sofern sie nicht auch verfahrensbeendend sind. Darüber hinaus kann der Vorsitzende auch nicht-verfahrensleitende Beschlüsse, die nicht-verfahrensbeendende Beschlüsse sind, alleine fassen (vgl. Fister/Fuchs/Sachs Verwaltungsgerichtsverfahren 2013, § 9 BVwGG, Anm. 3).
Der Verwaltungsgerichtshof sah keinen sachlichen Grund dafür, eine gemäß § 17 VwGVG iVm § 38 AVG ergangene Aussetzungsentscheidung als (bloß) verfahrensleitende Entscheidung zu beurteilen, die nicht abgesondert bekämpfbar wäre (vgl. VwGH 24.03.2015, Ro 2014/05/0089). Da der Beschluss über die Aussetzung des Verfahrens aber nicht verfahrensbeendend ist, sondern das Verfahren nur unterbricht, und eine Entscheidung iSd
§ 56 Abs. 2 AlVG über die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid des AMS gerade nicht vorliegt, besteht diesbezüglich die Zuständigkeit des Senatsvorsitzenden als Einzelrichter.
Zu A): Aussetzung des Verfahrens:
Gemäß § 38 AVG iVm § 17 VwGVG ist die Behörde (das Verwaltungsgericht), sofern die Gesetze nicht anderes bestimmen, berechtigt, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen und diese Beurteilung ihrem Bescheid (ihrer Entscheidung) zugrunde zu legen. Sie kann aber auch das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage aussetzen, wenn die Vorfrage schon den Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. beim zuständigen Gericht bildet oder ein solches Verfahren gleichzeitig anhängig gemacht wird.
Im Fall der Anhängigkeit eines Verfahrens über die Vorfrage, steht es im Ermessen der Behörde, das Verfahren zu unterbrechen oder selbst die Vorfrage zu beurteilen. § 38 AVG regelt nun nicht im Einzelnen, unter welchen Voraussetzungen die Behörde die Vorfrage selbst zu beurteilen hat oder von der Möglichkeit der Aussetzung des Verfahrens Gebrauch machen kann. Sie ist aber deswegen nicht völlig ungebunden. Ihre Entscheidung kann nämlich in der Richtung hin auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft werden, ob sie diese Entscheidung im Sinne des Gesetzes getroffen hat. Die Überlegungen, von denen sie sich dabei leiten lassen muss, werden vornehmlich solche der Verfahrensökonomie sein (vgl. etwa die bei Hengstschläger/Leeb, AVG, zu § 38 Rz 59 f genannten weiteren Kriterien der möglichsten Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis, der Erzielung möglichst richtiger und einheitlicher Entscheidungen samt Vermeidung von Wiederaufnahmen; demgegenüber das Postulat der möglichst raschen Beendigung des Verfahrens). Der Gesichtspunkt der Verfahrensökonomie könnte dann nicht als vorrangig angesehen werden, wenn die Behörde ohne weiteres Ermittlungsverfahren zur selbstständigen Beurteilung der Vorfrage in der Lage gewesen wäre (VwGH 30.05.2001, 2001/11/0121, mwN; 19.12.2012, 2012/08/0212).
Im gegenständlichen Fall hat die belangte Behörde mit Bescheid vom 17.12.2019 festgestellt, dass der Beschwerdeführer im Zeitraum von 07.12.2019 bis 03.01.2020 kein Arbeitslosengeld erhält. Begründend wurde ausgeführt, dass das Dienstverhältnis des Beschwerdeführers beim Dienstgeber XXXX durch fristlose Entlassung geendet hat.
Der Beschwerdeführer hat gegen diesen Bescheid Beschwerde erhoben und beim Arbeits- und Sozialgericht Wien eine Mahnklage sowie einen ergänzenden Schriftsatz gegen den ehemaligen Dienstgeber eingebracht. Dieses Verfahren ist noch nicht rechtskräftig entschieden.
Der Beschwerdeführer brachte beim ASG unter anderem vor, dass dieser von 02.12.2019 bis 13.12.2019 als Arbeiter beim genannten Dienstgeber beschäftigt gewesen sei. Nach Ansicht des Beschwerdeführers wäre auf das gegenständliche Arbeitsverhältnis der Kollektivvertrag für die Bauindustrie und das Baugewerbe zur Anwendung gekommen. Der Beschwerdeführer habe bei einer 40-Stunden-Woche einen Bruttomonatslohn in Höhe von € 1.750,00 ins Verdienen gebracht. Das Dienstverhältnis habe arbeitgeberseitig durch Lösung in der Probezeit geendet. Entgegen den Ausführungen des ehemaligen Dienstgebers habe der Beschwerdeführer seinen Lohn nicht vollständig erhalten und wäre er unrichtigerweise mit dem Abmeldegrund „fristlose Entlassung“ von der Sozialversicherung abgemeldet worden. Der Beschwerdeführer habe Entlassungsgrund gesetzt und wäre aufgrund der unrichtigen Abmeldung von der Sozialversicherung zu Unrecht vom Bezug des Arbeitslosengeldes gesperrt worden.
Der Beschwerdeführer stand in der Zeit von 02.12.2019 bis 06.12.2019 in einem Dienstverhältnis beim Dienstgeber XXXX , mit anschließendem Krankengeldbezug von 09.12.2019 bis 13.12.2019.
Ob das verfahrensgegenständliche Dienstverhältnis - wie vom Beschwerdeführer vorgebracht - arbeitgeberseitig durch Lösung in der Probezeit geendet hat, stellt somit eine wesentliche Vorfrage im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dar (vgl. VwGH vom 30.04.2002, 2002/08/0014; VwGH 14.03.2013, 2013/08/0022). Diese Vorfrage ist Gegenstand eines derzeit anhängigen Verfahrens im Sinne des § 38 AVG beim ASG, weshalb das gegenständliche Verfahren spruchgemäß ausgesetzt wird.
Die Verfahrensparteien sind im Lichte ihrer Mitwirkungspflicht gehalten, dem Bundesverwaltungsgericht nach rechtskräftigem Abschluss des beim ASG anhängigen Verfahrens dessen Ergebnis unverzüglich mitzuteilen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Es ist somit spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Aussetzung Dienstverhältnis Entlassung VorfrageEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W141.2228857.1.00Im RIS seit
28.08.2020Zuletzt aktualisiert am
28.08.2020