TE Bvwg Beschluss 2020/6/19 W262 2224805-1

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Veröffentlicht am 19.06.2020
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Entscheidungsdatum

19.06.2020

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W262 2224805-1/11E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Julia JERABEK als Vorsitzende und die Richterin Mag. Claudia MARIK sowie die fachkundige Laienrichterin Mag. Bettina PINTER als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , vertreten durch den Kriegsopfer- und Behindertenverband für Wien, Niederösterreich und Burgenland, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 16.07.2019, nach Beschwerdevorentscheidung vom 07.10.2019, OB XXXX , betreffend Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses beschlossen:

A) Das Beschwerdeverfahren wird wegen Zurückziehung der Beschwerde gemäß § 28 Abs. 1, § 31 Abs. 1 VwGVG eingestellt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin, vertreten durch den Kriegsopfer- und Behindertenverband für Wien, Niederösterreich und Burgenland (KOBV), stellte am 28.03.2019 beim Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien (in der Folge als „belangte Behörde“ bezeichnet), einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses und legte ein Konvolut an medizinischen Unterlagen vor.

2. Nach Einholung eines Sachverständigengutachtens eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 18.06.2019 wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 16.07.2019 der Antrag der Beschwerdeführerin auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß §§ 40, 41 und 45 BBG abgewiesen, da mit einem Grad der Behinderung von 40 v.H. die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfüllt sind. Das Gutachten vom 18.06.2019 wurde der Beschwerdeführerin als Beilage des Bescheides übermittelt.

3. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom 30.08.2019 fristgerecht Beschwerde und führte auf das Wesentliche zusammengefasst aus, dass aufgrund von massiven Beeinträchtigungen des Bewegungs- und Stützapparates zumindest ein Grad der Behinderung von 50 v.H. festzusetzen sei. Der Beschwerde wurde ein allgemeinmedizinischer Befund vom 21.08.2019 beigelegt. Die Beschwerdeführerin beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und die Einholung von Sachverständigengutachten aus den Fachgebieten Orthopädie sowie Urologie. Sie stellte das Begehren, das Bundesverwaltungsgericht möge der Beschwerde und dem Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses stattgeben, in eventu den Bescheid aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen.

4. Nach Einholung einer Stellungnahme des bereits befassten Arztes für Allgemeinmedizin wurde die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid vom 16.07.2019 im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom 07.10.2019 gemäß §§ 40, 41 und 46 BBG iVm § 14 VwGVG abgewiesen und festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses mit einem Grad der Behinderung von 40 v.H. nicht vorliegen. Begründend wurde auf die im Zuge der Ergänzung des Ermittlungsverfahrens eingeholte Stellungnahme vom 09.09.2019 verwiesen. Diese und das Gutachten vom 18.06.2019 wurden der Beschwerdeführerin als Beilagen zur Beschwerdevorentscheidung übermittelt.

5. Die Beschwerde, der fristgerechte Vorlageantrag und der bezughabende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht seitens der belangten Behörde am 25.10.2019 vorgelegt.

6. Das Bundesverwaltungsgericht holte in der Folge ein Sachverständigengutachten einer bisher noch nicht befassten Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin ein. In dem nach persönlicher Untersuchung der Beschwerdeführerin erstatteten Gutachten vom 06.03.2020 führte die befasste Sachverständige mit näherer Begründung aus, dass der Gesamtgrad der Behinderung der Beschwerdeführerin – entgegen der Einschätzung im Vorgutachten – nunmehr 30 v.H. betrage.

7. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19.03.2020 wurden die Beschwerdeführerin und die belangte Behörde über das Ergebnis der Beweisaufnahme informiert und ihnen in Wahrung des Parteiengehörs Gelegenheit eingeräumt, binnen angemessener Frist eine Stellungnahme dazu abzugeben.

8. Mit am 03.04.2020 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangtem Schreiben erklärte die Beschwerdeführerin, dass sie die Beschwerde vom 30.08.2019 zurückziehe.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Nach Einräumung des Parteiengehörs seitens des Bundesverwaltungsgerichtes zog die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom 03.04.2020 die Beschwerde vom 30.08.2019 zurück.

2. Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ist aktenkundig, unstrittig und deshalb erwiesen.

Die Feststellung, dass die Beschwerdeführerin ihre Beschwerde zurückgezogen hat, ergibt sich aus dem unmissverständlichen Inhalt der schriftlichen Eingabe vom 03.04.2020.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung eines fachkundigen Laienrichters ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 45 Abs. 3 und 4 BBG.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A) Einstellung des Beschwerdeverfahrens:

3.2. Gemäß § 7 Abs. 2 VwGVG ist eine Beschwerde nicht mehr zulässig, wenn die Partei nach Zustellung oder Verkündung des Bescheides ausdrücklich auf die Beschwerde verzichtet hat. Eine Zurückziehung der Beschwerde durch die beschwerdeführende Partei ist in jeder Lage des Verfahrens ab Einbringung der Beschwerde bis zur Erlassung der Entscheidung möglich (Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, § 7 VwGVG, K 6). Dasselbe folgt sinngemäß aus § 17 VwGVG iVm § 13 Abs. 7 AVG.

Die Annahme, eine Partei ziehe die von ihr erhobene Berufung zurück, ist nur dann zulässig, wenn die entsprechende Erklärung keinen Zweifel daran offenlässt. Maßgebend ist daher das Vorliegen einer in dieser Richtung eindeutigen Erklärung (vgl. z.B. VwGH 22.11.2005, 2005/05/0320, zur insofern auf die Rechtslage nach dem VwGVG übertragbaren Judikatur zum AVG).

Eine solche eindeutige Erklärung lag vor, da die durch den KOBV vertretene Beschwerdeführerin die Zurückziehung der Beschwerde – wie im Rahmen der Beweiswürdigung bereits dargelegt wurde – schriftlich eindeutig zum Ausdruck gebracht hat.

3.3. In welchen Fällen „das Verfahren einzustellen“ ist (§ 28 Abs. 1 VwGVG), regelt das VwGVG nicht ausdrücklich. Die Einstellung steht nach allgemeinem Verständnis am Ende jener Verfahren, in denen ein Erledigungsanspruch nach Beschwerdeeinbringung verloren geht, worunter auch der Fall der Zurückziehung der Beschwerde zu subsumieren ist (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013] § 28 VwGVG, Anm. 5).

Der Bescheid der belangten Behörde in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 07.10.2019 ist aufgrund der von der Beschwerdeführerin erklärten Zurückziehung der Beschwerde rechtskräftig geworden. Damit ist einer Sachentscheidung insoweit die Grundlage entzogen, weshalb mit Beschluss die Einstellung des betreffenden Beschwerdeverfahrens auszusprechen war.

3.4. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Die Einstellung des Beschwerdeverfahrens wegen Zurückziehung der Beschwerde ist ihrem Wesen nach mit einer Zurückweisung vergleichbar. Für eine Zurückweisung sieht § 24 Abs. 1 Z 1 VwGVG ausdrücklich die Möglichkeit des Entfalls der mündlichen Verhandlung vor.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (vgl. zur Einstellung bei Zurückziehung etwa VwGH 22.11.2005, 2005/05/0320; 29.04.2015, Fr 2014/20/0047). Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Schlagworte

Verfahrenseinstellung Zurückziehung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W262.2224805.1.00

Im RIS seit

28.08.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.08.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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