Entscheidungsdatum
20.12.2019Index
40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
AVG §13 Abs3Text
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Mag. Pühringer über die Beschwerde der A. GmbH vom 29. Oktober 2019 gegen das Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien vom 22. Oktober 2019, Zl. MBA ..., betreffend eine Übertretung des § 79 Abs. 3 Z 1 iVm § 21 Abs. 3 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 – AWG 2002 iVm § 8 Abfallbilanz Verordnung – AbfallbilanzV, den
BESCHLUSS
gefasst:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 18 GmbH-Gesetz, RGBl. 58/1906 idF BGBl. I 120/2005, iVm § 13 Abs. 3 AVG, BGBl. 51/1991 idF BGBl. I 57/2018, als unzulässig zurückgewiesen.
II. Gegen diesen Beschluss ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
Begründung
I. Verfahrensgang
1. Mit Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien vom 22. Oktober 2019, Zl. MBA ..., wurde B. C. als handelsrechtlicher Geschäftsführer und sohin gemäß § 9 Abs. 1 VStG verantwortlicher Beauftragter der nunmehrigen beschwerdeführenden Gesellschaft – mit näherer Begründung – eine Übertretung des § 79 Abs. 3 Z 1 iVm § 21 Abs. 3 AWG 2002 iVm § 8 AbfallbilanzV zur Last gelegt und in einem gemäß § 9 Abs. 7 VStG die Haftung der beschwerdeführenden Gesellschaft für die verhängte Geldstrafe und die auferlegten Verfahrenskosten ausgesprochen.
2. Dagegen richtet sich die vorliegende, fristgerecht eingebrachte, Beschwerde vom 29. Oktober 2019.
3. Die belangte Behörde nahm von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung Abstand und legte die Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsakt dem Verwaltungsgericht Wien vor.
4. Das Verwaltungsgericht Wien nahm Einsicht in das Firmenbuch.
5. Mit Schreiben vom 7. November 2019, nachweislich zugestellt am 13. November 2019, wurde der beschwerdeführenden Gesellschaft die Behebung eines Mangels gemäß § 18 GmbHG iVm § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen. Der vom Verwaltungsgericht Wien hiefür eingeräumten, zweiwöchigen Frist ist die beschwerdeführende Gesellschaft weder innerhalb der Frist noch bis dato nachgekommen.
II. Sachverhalt
1. Das Verwaltungsgericht Wien legt seiner Entscheidung folgende Feststellungen zugrunde:
Mit E-Mail vom 29. Oktober 2019 wurde Beschwerde gegen das – an B. C. und die beschwerdeführende Gesellschaft gerichtete – angefochtene Straferkenntnis erhoben. Diese Beschwerde weist in der Zeichnung den Gesellschaftsnamen der beschwerdeführenden Gesellschaft und den Namenszug von D. C. auf.
D. C. war zum Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung weder handelsrechtliche Geschäftsführerin noch Prokuristin der beschwerdeführenden Gesellschaft.
Weder der handelsrechtliche Geschäftsführer B. C., geb. 1959, der die beschwerdeführende Gesellschaft seit 29. April 2011 selbständig vertritt, noch der Prokurist B. C., geb. 1982, der die beschwerdeführende Gesellschaft seit 29. Dezember 2017 selbständig vertritt, haben die Beschwerde eingebracht.
Mit Schreiben vom 7. November 2019, nachweislich zugestellt am 13. November 2019, wurde der beschwerdeführenden Gesellschaft unter anderem zur Kenntnis gebracht, dass ein Rechtsmittel durch eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung nur dann wirksam erhoben werden kann, wenn das betreffende Rechtsmittel gemäß § 18 GmbHG, sofern keine abweichende Regelung getroffen wurde, unter Mitwirkung sämtlicher Geschäftsführer eingebracht wird. Das von office@a.at übermittelte Anbringen vom 29. Oktober 2019 weise aber nur den Namenszug einer D. C. auf, welche nach einem vom Verwaltungsgericht Wien eingeholten Firmenbuchauszug keine gesellschaftsrechtliche Stellung bei der Beschwerdeführerin innehabe. Der beschwerdeführenden Gesellschaft wurde aufgetragen, binnen einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens, diesen Mangel zu beheben, widrigenfalls das Anbringen zurückgewiesen werde.
Die beschwerdeführende Gesellschaft hat bis dato zu diesem Schreiben keine Stellung genommen.
2. Diese Feststellungen ergeben sich aus folgender Beweiswürdigung:
Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in das Firmenbuch und den Verwaltungsakt, an dessen Vollständigkeit, Echtheit und Richtigkeit das Verwaltungsgericht Wien nicht zweifelt und dem insbesondere der Auftrag zur Behebung eines Mangels vom 7. November 2019 sowie der bezughabende Rückschein einliegen. Die Feststellungen blieben im Übrigen auch unbestritten.
Unbestritten blieb bis zuletzt auch, dass D. C. keine gesellschaftsrechtliche Stellung bei der beschwerdeführenden Gesellschaft innehat. Diese Feststellung und auch die weiteren Feststellungen zu den gesellschaftsrechtlichen Verhältnissen entsprechen ferner den Eintragungen im Firmenbuch. Der diesbezüglich vom Verwaltungsgericht Wien eingeholte Auszug liegt dem verwaltungsgerichtlichen Akt ein.
III. Rechtliche Beurteilung
1. Anzuwendende Rechtsvorschriften:
§ 18 des Gesetzes vom 6. März 1906, über Gesellschaften mit beschränkter Haftung – GmbHG, RGBl. 58/1906 in der hier maßgeblichen Fassung BGBl. I 120/2005, lautet auszugsweise:
"§ 18.
(1) Die Gesellschaft wird durch die Geschäftsführer gerichtlich und außergerichtlich vertreten.
(2) Zu Willenserklärungen, insbesondere zur Zeichnung der Geschäftsführer für die Gesellschaft bedarf es der Mitwirkung sämtlicher Geschäftsführer, wenn im Gesellschaftsvertrage nicht etwas anderes bestimmt ist. Die Zeichnung geschieht in der Weise, daß die Zeichnenden zu der Firma der Gesellschaft ihre Unterschrift hinzufügen. […]"
§ 13 Abs. 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz – AVG, BGBl. 51/1991 in der hier maßgeblichen Fassung BGBl. I 57/2018, lautet auszugsweise:
"Anbringen
§ 13. (1) – (2) […]
(3) Mängel schriftlicher Anbringen ermächtigen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht. […]"
2. Zunächst ist zu klären, wem die gegenständliche Beschwerde vom 29. Oktober 2019 zuzurechnen ist. In Betracht kommen dafür der Bestrafte B. C., die haftungsbeteiligte A. GmbH oder die in der Zeichnung des Beschwerdeschriftsatzes aufscheinende D. C.. Bei der Auslegung von Parteianbringen kommt es auf das aus diesen erkenn- und erschließbare Ziel des Einschreiters an; Parteierklärungen und damit auch Anbringen sind ausschließlich nach ihrem objektiven Erklärungswert auszulegen (VwGH 2.10.2019, Ra 2019/12/0040, uva).
Den Grenzen des Wortlauts des Beschwerdeschriftsatzes folgend ist zunächst eine Zurechnung der Beschwerde an den Bestraften B. C. auszuschließen; dessen voller Name wird im Beschwerdeschriftsatz nicht genannt, er scheint auch nicht als Unterzeichner auf, schließlich wird ein Einschreiten in seinem Namen nicht behauptet. Aus Sicht des Verwaltungsgerichts Wien kann der Beschwerdeschriftsatz angesichts seiner Formulierung in der "wir"-Form auch der in der Zeichnung aufscheinenden D. C. nicht zugerechnet werden, zumal diese keine Parteistellung im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren innehat und ein ihr im eigenen Namen zuzurechnendes Rechtsmittel zurückzuweisen wäre. Somit verleibt eine Zurechnung der Beschwerde zur haftungsbeteiligten A. GmbH, deren vollständiger Namen in der Zeichnung des Beschwerdeschriftsatzes angeführt ist und welche Parteistellung im Verwaltungsstrafverfahren genießt.
3. Gemäß § 18 Abs. 1 GmbHG wird die Gesellschaft durch die Geschäftsführer gerichtlich vertreten. Gemäß Abs. 2 par. cit. bedarf es zu Willenserklärungen, insbesondere zur Zeichnung der Geschäftsführer für die Gesellschaft, der Mitwirkung sämtlicher Geschäftsführer, wenn im Gesellschaftsvertrag nicht etwas anderes bestimmt ist. Die Zeichnung geschieht in der Weise, dass die Zeichnenden zu der Firma der Gesellschaft ihre Unterschrift hinzufügen.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann ein Rechtsmittel durch eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung nur dann wirksam erhoben werden, wenn das betreffende Rechtsmittel gemäß § 18 GmbHG, sofern keine abweichende Regelung getroffen wurde, unter Mitwirkung sämtlicher Geschäftsführer eingebracht wird (vgl. VwGH 20.5.2015, Ra 2015/09/0018).
4. Die Beschwerde vom 29. Oktober 2019 wurde nebst dem Namen der beschwerdeführenden Gesellschaft von D. C. gezeichnet. Es liegen keine Hinweise auf eine Einbringung durch den handelsrechtlichen Geschäftsführer der beschwerdeführenden Gesellschaft B. C., geb. 1959, oder ihren Prokurist B. C., geb. 1982, vor.
Eine rechtsgeschäftliche Erklärung einer Gesellschaft ist grundsätzlich erst dann wirksam, wenn sich sämtliche oder die nach der Satzung erforderliche Zahl von Geschäftsführern an ihr beteiligen. Ist ein Rechtsmittel einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung im Hinblick darauf mangelhaft, ist ein Verbesserungsauftrag nach § 13 Abs. 3 AVG zu erteilen (vgl. VwGH 20.5.2015, Ra 2015/09/0018). Dieser Mangel ist daher gemäß der – gemäß § 17 VwGVG auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren anzuwendenden – Bestimmung des § 13 Abs. 3 AVG grundsätzlich einer Verbesserung zuzuführen (vgl. VwGH 3.11.2004, 2004/18/0200, mwN).
5. Da an der Beschwerdeerhebung vom 29. Oktober 2019 weder der zur selbständigen Vertretung befugte Geschäftsführer, noch der zur selbständigen Vertretung befugte Prokurist der beschwerdeführenden Gesellschaft mitgewirkt haben, wurde der Mängelbehebungsauftrag vom 7. November 2019 erteilt. Dieser Mängelbehebungsauftrag wurde der beschwerdeführenden Gesellschaft am 13. November 2019 rechtswirksam zugestellt. Die zweiwöchige Frist zur Behebung des Mangels begann am selben Tag zu laufen und endete daher mit Ablauf des 27. November 2019.
Der vom Verwaltungsgericht Wien aufgezeigte Mangel wurde von der beschwerdeführenden Gesellschaft weder innerhalb der eingeräumten Frist noch bis dato behoben.
Die von der beschwerdeführenden Gesellschaft erhobene Beschwerde ist daher mangels Erfüllung des ihr erteilten Mängelbehebungsauftrags gemäß § 18 GmbHG iVm § 13 Abs. 3 AVG als unzulässig zurückzuweisen.
6. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung kann gemäß § 44 Abs. 2 VwGVG entfallen, da die Beschwerde zurückzuweisen ist. Im Übrigen wurde die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung auch von keiner Partei beantragt.
7. Die ordentliche Revision ist unzulässig, da im Beschwerdefall keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die Entscheidung von der zitierten bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Mangelhaftigkeit von Rechtsmitteln einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die nicht unter Mitwirkung der vertretungsbefugten Personen erhoben wurden, ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Anbringen; Zurechnung; objektiver Erklärungswert; Mangel; MängelbehebungsauftragEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2019:VGW.003.032.14089.2019Zuletzt aktualisiert am
26.08.2020