TE Lvwg Erkenntnis 2020/1/28 VGW-022/056/13396/2019

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Veröffentlicht am 28.01.2020
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Entscheidungsdatum

28.01.2020

Index

82/05 Lebensmittelrecht
E3R E13301400
E3R E15202000

Norm

LMSVG §5 Abs2
LMSVG §90 Abs1 Z1
32006R1924 Lebensmittel nährwert- gesundheitsbezogene Angaben Art 1 Z2
32006R1924 Lebensmittel nährwert- gesundheitsbezogene Angaben Art 3
32006R1924 Lebensmittel nährwert- gesundheitsbezogene Angaben Art 10

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Dr. Zeller über die Beschwerde des Herrn Dr. Dkfm. A. B. gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den ... Bezirk, vom 12.08.2019, GZ: MBA/..., betreffend eine Verwaltungsübertretung nach dem LMSVG,

zu Recht e r k a n n t:

I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 3 VStG eingestellt.

II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1.) Das angefochtene Straferkenntnis ist gegen den Beschwerdeführer als Beschuldigten gerichtet und enthält folgenden Spruch:

„Es wurde Ihnen zur Last gelegt, folgende Verwaltungsübertretung begangen zu haben:

1. Datum:  24.10.2018

Ort:             Wien, C.-straße

Funktion:  handelsrechtlicher Geschäftsführer

Firma                     D. GmbH mit Sitz in Wien, E.-straße

Sie haben als satzungsgemäß zur Vertretung nach außen berufenes Organ der D. GmbH, in Wien, E.-straße etbl., zu verantworten, dass am 11.10.2018 und am 23.10.2018 je eine Packung X. Tropfen mit Lactobacillus Reuteri, Füllvolumen 5 ml, eine Ware, die der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel (EG-ClaimsV) unterliegt, mit folgender Angabe:

Auf der Kartonaußenverpackung findet sich ein Hinweis auf die Internetseite: https://www..../

Wertbestimmender Bestandteil der Ware ist der Keim: Michsäurebakterium Lactobacillus reuteri

Zur gegenständlichen Ware und zum oben genannten wertbestimmenden Milchsäurebakterienstamm finden sich die nachstehenden Angaben im direkten graphischen Zusammenhang mit der Abbildung des Produkts: „Hohe Sicherheit - gute Studienlage bei dem Verzehr von L.reuteri bei Frühgeborenen. Gleichmäßige Darmbewegung - eine normale Peristaltik beruhigt den Magen-Darm-Trakt. Unterstützt die Darmflora - natürliches Reuterin aus L. reuteri kann pathogene Keime bekämpfen.“

(….)

„Hilfe für das sich entwickelnde Verdauungssystem

Neugeborene haben noch ein sehr unreifes Magen-Darm-System. Organfunktionen und Schleimhäute müssen sich erst ausbilden, das Zusammenspiel aller sich erst einüben.

Lactobacillen wirken dreifach:

-    Die hohe Anzahl an Milchsäurebakterien verdrängt schädliche Keime und fördert eine ausgewogene Darmflora

-    Lactobacillus reuteri produziert Reuterin, das pathogene Keime bekämpfen kann

-    Lactobacillus reuteri regt zu normalen Darmbewegungen an“

an die F. KG in Wien, C.-straße ausgeliefert wurde, entgegen der Bestimmung des Art. 10 Abs. 1 der EG-ClaimsV, wonach gesundheitsbezogene Angaben grundsätzlich verboten sind, sofern sie nicht den allgemeinen Anforderungen in Kapitel II und den speziellen Anforderungen in Kapitel IV entsprechen, gemäß dieser Verordnung zugelassen, und in der Liste der zugelassenen Angaben gemäß den Artikeln 13 und 14 aufgenommen sind; die Liste der zulässigen gesundheitsbezogenen Angaben gemäß Artikel 13 der EG-ClaimsV ist im Anhang der Verordnung (EU) Nr. 432/2012 festgelegt; die oben zitierten Angaben der produktbezogenen Internetseite, die als kommerzielle Mitteilung einzustufen ist, sind in der vorgenannten Liste nicht aufgenommen und somit unzulässig.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

1.   § 90 Abs. 1 Zif. 1 i.V.m. § 5 Abs. 2 LMSVG

2.   

Es wird jedoch von der Verhängung einer Strafe abgesehen und Ihnen eine Ermahnung erteilt.

Rechtsgrundlage:

§ 45 Abs. 1 letzter Satz Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG“

In der fristgerecht dagegen erhobenen Beschwerde wendet der Beschwerdeführer ein, dass er nur Großhändler sei, für Veröffentlichungen auf der Internetseite durch den Hersteller sei er nicht verantwortlich. Er könne nicht die Internetseiten von 50.000 Produzenten überprüfen.

Dadurch sei auch keine Irreführung nach Art. 5 Abs. 2 LMSVG gegeben. Alleine durch die Anführung im Internet seien die Angaben aber nicht unwahr und irreführend. Ferner habe er Konformitätserklärung ein und Verkehrsfähigkeit Bescheinigungen für dieses Produkt vorgelegt. Ebenso sei der Vorwurf während des Verfahrens geändert worden und er habe zu dem Vorwurf einer Irreführung nach § 5 Abs. 2 LMSVG noch keine Gelegenheit für Parteiengehör erhalten.

Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:

Gemäß § 44a VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten: die als erwiesen angenommene Tat, die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung, den etwaigen Ausspruch über privatrechtliche Ansprüche und im Fall eines Straferkenntnisses die Entscheidung über die Kosten.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa VwGH vom 19.03.2014, Zl. 2013/09/0100) muss die Tat im Spruch so eindeutig umschrieben sein, dass kein Zweifel darüber besteht, wofür der Täter bestraft worden ist. Der angeführten Rechtsvorschrift ist dann entsprochen, wenn im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und der Spruch weiter geeignet ist, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Das an Tatort- und Tatzeitumschreibung zu stellende Erfordernis wird nicht nur von Delikt zu Delikt, sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall ein verschiedenes, weil an den oben wiedergegebenen Rechtsschutzüberlegungen zu messendes sein.

Gemäß Artikel 1 Z. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel (EG-ClaimsV), gilt diese Verordnung für nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben, die in kommerziellen Mitteilungen bei der Kennzeichnung und Aufmachung von oder bei der Werbung für Lebensmittel gemacht werden, die als solche an den Endverbraucher abgegeben werden sollen; hierzu gehören auch Lebensmittel, die unverpackt oder in Großgebinden in Verkehr gebracht werden.

Gemäß Art. 3 erster Satz leg. cit. dürfen nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben bei der Kennzeichnung und Aufmachung von Lebensmitteln, die in der Gemeinschaft in Verkehr gebracht werden, bzw. bei der Werbung hierfür nur verwendet werden, wenn sie der vorliegenden Verordnung entsprechen.

In dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis wird dem Beschwerdeführer, ebenso wie in der davor gelegenen Aufforderung zur Rechtfertigung vorgeworfen, dass er an näher angeführten Zeitpunkten die konkrete Ware „X. Tropfen“ geliefert habe. Die Ware sei im Internetauftritt, welcher auf der Verpackung der Ware mit dem Vermerk https://www..../, aufscheint, mit näher konkretisierten Angaben versehen, welche Bestimmungen entgegen Art. 10 der VO (EG) 1924/2006 enthalte, da diese nicht in der Liste der erlaubten Angaben (At. 13, 14 der VO(EG) 1924/2006, welche im Anhang der VO (EU)432/2012 dargelegt seien) enthalten seien. In der vorliegenden ersten Verfolgungshandlung wird dem Beschwerdeführer vorgeworfen, dadurch eine Übertretung des Art. 13 VO (EG) 1924/2006 zu verantworten zu haben.

Im nunmehr angefochtenen Straferkenntnis wird als Übertretungsnorm§ 5 Abs. 2 LMSVG genannt. Der Vorwurf selbst beinhaltet keinen Vorwurf einer Irreführung.

Dazu ist folgendes auszuführen:

das vorliegende Verfahren dreht sich um die Frage, ob die Bestimmungen der VO (EG) 1924/2006 eingehalten wurden. Dies ergibt sich aus dem im Akt einliegenden Gutachten der AGES (wohl vom 19.11.2018).

Im Rahmen der gegenständlichen Vorschriften zur Kennzeichnung durch die Health-Claims Verordnung (1924/2006) ist es nicht von Relevanz zu prüfen, ob es sich um eine Täuschung oder ihre Führung über eine Eigenschaft des Produkts handelt. Irreführende Angaben sind in § 5 LMSVG gesondert geregelt. Das gegenständliche Verordnungsregime ist auf eine Einschränkung zulässiger Kennzeichnungen gerichtet. Die VO (EG) 1924/2006 untersagt das Inverkehrbringen von Lebensmitteln, bei deren Kennzeichnung und Aufmachung nicht verordnungskonforme gesundheitsbezogene Angaben verwendet wurden und die Verwendung derartiger Angaben bei der Werbung für die Lebensmittel.

Nun wäre es möglich, mit einer Spruchkorrektur vorzugehen und den Vorwurf entsprechend der ersten Verfolgungshandlung korrekt zu umschreiben und diese zu ergänzen. Auch eine Lieferung von Lebensmitteln, die mit unzulässigen gesundheitsbezogenen Angaben versehen waren, kann eine durch die VO (EG) 1924/2006 untersagte Tathandlung darstellen.

Jedoch ist der vorliegende Vorwurf dem Beschwerdeführer aus folgenden Gründen nicht anzulasten:

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass auf dem vorliegenden Lebensmittel die angelasteten Beschreibungen nicht als Kennzeichnung angebracht sind. Dies ergibt sich aus der im Akt einliegenden Kopie der Verpackung. Aus der Verpackung ist ersichtlich, dass dort lediglich die Internetseite angebracht ist.

Die angelastete Inverkehrbringungshandlung der Lieferung des verfahrensgegenständlichen Lebensmittels wird mit der – allenfalls unzulässigen – Bewerbung desselben im Internet vermengt, ohne konkret darzulegen, wann diese allenfalls unzulässige Werbung erfolgt ist und auch durch wen diese Werbung erfolgt ist. Angelastet wurde, dass durch Lieferung des Produkts (an zwei konkreten Tagen und Ausgangs- sowie Endpunkt der Lieferung) ein Produkt in Verkehr gebracht worden sei, welches den Bestimmungen der VO (EG) 1924/2006 nicht entspräche. Die hier vorgeworfene Lieferung kann nicht Tathandlung des – wie sich aus dem Gutachten der AGES ergibt – möglicherweise unzulässigen Internetauftritts des Produkts auf der Internetseite des Herstellers sein und ist jedenfalls eine andere Tathandlung als eine unzulässige Werbung durch unzulässige Angaben im Internetauftritt. Darauf ist hier nicht mehr näher einzugehen, da schon im Verfahren nicht geklärt ist, ob der Internetauftritt auch in den Lieferzeitpunkten dergestalt war, wie im Zeitpunkt der Feststellung durch den Gutachter der AGES (aus der Kopie eines Screenshots geht der 19.11.2018, 11 Uhr hervor, wie der Gutachter vermerkt hatte). Die entsprechenden Feststellungen im Gutachten der AGES beziehen sich auf den 19.11.2018, für die Frage einer allenfalls unzulässigen Bewerbung wäre dies relevant, an diesem Tag hat er aber keine Tathandlung durch Lieferung gesetzt. Im Spruch des Straferkenntnisses findet sich als Tatzeitpunkt der 11.10.2018 und 23.10.2018 (bzw. auch fälschlich der 24.10.2018, Zeitpunkt der Probeziehung).

Vor diesem Hintergrund wurde der Beschwerdeführer jedenfalls nicht in die Lage versetzt, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren auf den Tatvorwurf bezogene Beweise anbieten zu können, um eben diesen Vorwurf zu widerlegen (VwGH, verstärkter Senat, 13.6.1984, Slg. 11466A) und wäre rechtlich nicht davor geschützt, wegen desselben Verhaltens allenfalls noch einmal zur Verantwortung gezogen zu werden.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Kennzeichnung; Lebensmittelinformation; Inverkehrbringen; Bewerbung; Werbung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2020:VGW.022.056.13396.2019

Zuletzt aktualisiert am

26.08.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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