TE Lvwg Erkenntnis 2020/7/24 405-4/3401/1/2-2020, 405-4/3402/1/2-2020

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Veröffentlicht am 24.07.2020
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Entscheidungsdatum

24.07.2020

Index

90/02 Kraftfahrgesetz

Norm

KFG 1967 §103 Abs2
KFG 1967 §134 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Salzburg hat durch den Richter Mag. Walter Oberascher über die Beschwerden des AB AA, AF-Straße, CC, gegen die Straferkenntnisse der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau (belangte Behörde) vom 17.6.2020, Zahlen XXX-2020 (zu hg Zahl 405-4/3401) und YYY-2019 (zu Zahl 405-4/3402),

z u R e c h t e r k a n n t :

I.     Gemäß §§ 38 und 50 VwGVG wird den Beschwerden dahingehend Folge gegeben, dass die Geldstrafe jeweils auf € 1.250 (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 252 Stunden) herabgesetzt wird.

II.    Der gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG zu leistende Beitrag zu den Kosten der Verwaltungsstrafverfahren reduziert sich sohin jeweils auf € 125. Für den Beschwerdeführer fallen gemäß § 52 Abs 8 VwGVG für die Beschwerdeverfahren keine Kosten an.

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Hinweis: Die rechtskräftig verhängten Geldstrafen sowie Verfahrenskostenbeiträge sind bei der Behörde (Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau, IBAN QQQ, Verwendungszweck: XXX-2020 bzw YYY-2019) einzuzahlen (vgl § 54b Abs 1 VStG).

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Mit den angefochtenen Straferkenntnissen der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau vom 17.6.2020 wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als gemäß § 9 Abs 1 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ der EE FF GmbH, die Zulassungsbesitzerin des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen ZZZ (A) ist, zu verantworten, dass diese auf schriftliches Verlangen der

-   Landespolizeidirektion Salzburg vom 4.2.2020, zugestellt am 7.2.2020, innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung keine Auskunft darüber erteilt hat, wer am 13.12.2019 um 22:00 Uhr das Kraftfahrzeug in Salzburg, Kirchenstraße nächst Nr. 24, Richtung Bahnhofstraße, gelenkt hat.

-   Bezirkshauptmannschaft St. Johann/Pg. vom 14.2.2020, zugestellt am 19.2.2020, innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung keine Auskunft darüber erteilt hat, wer am 20.12.2019 um 10:24 Uhr das Kraftfahrzeug zuletzt vor diesem Zeitpunkt in St. Johann/Pg., VV-Galerie, Lieferantenzufahrt, abgestellt hat.

Dadurch habe er Verwaltungsübertretungen gemäß § 9 Abs 1 VStG iVm § 103 Abs 2 Kraftfahrgesetz - KFG begangen und wurde gemäß § 134 Abs 1 KFG jeweils eine Geldstrafe in der Höhe von € 1.700 (Ersatzfreiheitsstrafe 336 Stunden) gegen ihn verhängt.

Gegen diese Straferkenntnisse brachte der Beschuldigte Beschwerden gegen die Strafhöhe ein und führte begründend aus, es sei ihm ein Rätsel und unerklärbar, dass gewisse Briefe nicht ankommen oder abhandenkommen. Es sei nicht in seinem Interesse diese Strafen zu ignorieren und ins Unermessliche steigen zu lassen. Zurzeit stehe er corona-bedingt bei 100% Umsatzausfall und sei in der Vorbereitung, ab September oder Oktober wieder starten und Umsatz machen zu können. Er sei gerade im Umsetzen einer kompletten Umfinanzierung seiner derzeitigen Situation und bitte, um weitere Missverständnisse und höhere Strafen zu verhindern, darum, ihm die Chance zu geben mit einer Gesamteinmalzahlung ab 1. Oktober 2020 alle Akten vom Tisch zu bringen, damit er neu starten könne ohne zusätzliche monatlichen Belastungen. Er bitte daher um Strafminderung der zwei Strafen, es seien auch nur kleine Vergehen gewesen.

Das Landesverwaltungsgericht Salzburg hat hiezu in einer gemäß § 2 VwGVG durch einen Einzelrichter zu treffenden Entscheidung Folgendes festgestellt und erwogen:

Der Beschuldigte hat seine Beschwerden ausdrücklich nur gegen die Strafhöhe gerichtet. Durch die Einschränkung auf die Bekämpfung der Strafhöhe ist hinsichtlich der Schuldsprüche Rechtskraft eingetreten und ist "Sache" des Beschwerdeverfahrens somit nur noch die Straffrage (VwGH vom 22.3.1999, 98/17/0324; 29.7.2015, Ra 2015/07/0092; 19.10.2017, Ra 2017/02/0062). Das Landesverwaltungsgericht hat sich daher nur mehr mit der Strafbemessung auseinanderzusetzen. Dazu ist Folgendes auszuführen:

Gemäß § 19 Abs 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Nach Abs 2 dieser Norm sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen und ist auf das Ausmaß des Verschuldens besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden und die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Nach § 134 Abs 1 Kraftfahrgesetz - KFG sind die zu beurteilenden Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu € 5.000, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu sechs Wochen, zu bestrafen. Über den Beschuldigten wurden sohin Geldstrafen in Höhe von 34 Prozent der gesetzlichen Höchststrafe verhängt.

Der Bestimmung des § 103 Abs 2 KFG liegt die Absicht des Gesetzgebers zugrunde, sicherzustellen, dass der verantwortliche Lenker eines Kraftfahrzeuges jederzeit ohne langwierige oder umfangreiche Erhebungen von der Behörde festgestellt werden kann. Die Bestimmung schützt sohin das Interesse an einer jederzeit und ohne unnötige Verzögerungen möglichen Ermittlung von Personen, die in Verdacht stehen, eine straßenpolizeiliche oder kraftfahrrechtliche Übertretung begangen zu haben, mithin das Interesse an einer raschen und lückenlosen Strafverfolgung (VwGH vom 16.9.1987, 87/03/0066 und 0067). In beiden verfahrensgegenständlichen Fällen hat der Zulassungsbesitzer auf die nachweislich zugestellten behördlichen Lenkererhebungen nicht reagiert und auch im weiteren Verfahren keine Auskunft zum Lenker erteilt. Der Unrechtsgehalt der zu beurteilenden Taten ist daher erheblich.

Der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit liegt nicht vor, gegen den Beschuldigten scheinen vierzig Vormerkungen auf, bei zwei Dutzend davon handelt es sich um Übertretungen gemäß § 103 Abs 2 KFG (die Strafhöhen reichen dabei von € 50 bis € 1.200). Diese einschlägigen Vorstrafen waren als erschwerend zu werten (vgl zB VwGH vom 26.6.1978, 455/78; 27.1.1982, 81/03/0184; 25.3.1994, 93/02/0252; 29.8.1995, 95/05/0222). Andere Milderungs- oder sonstige Erschwerungsgründe sind im Verfahren nicht hervorgekommen.

An Verschulden war dem Beschuldigten zumindest grobe Fahrlässigkeit anzulasten; das Vorliegen eines Maßnahmen- und Kontrollsystems zur Verhinderung von Übertretungen des Kraftfahrgesetzes wurde weder dargelegt noch behauptet. Die Voraussetzungen für eine Anwendung der Bestimmung des § 45 Abs 1 Z 4 VStG liegen nicht vor, zumal von keinem geringen Verschulden und von einer hohen Bedeutung sowie einer erheblichen Beeinträchtigung des geschützten Rechtsgutes auszugehen ist.

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Strafbemessung, die vom Gedanken getragen ist, die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften durch Verhängung einschneidender und im Wiederholungsfall entsprechend erhöhter Strafen zu erzwingen, nicht gesetzwidrig, insbesondere dann nicht, wenn das bisherige Strafmaß nicht ausreicht hat, um eine Person zur Einsicht und zur Einhaltung der Vorschriften zu bringen (VwGH vom 30.6.1976, 2306/75; 22.10.1999, 98/02/0401, 25.2.2002, 2001/04/0203). Der Beschuldigte konnte trotz der sechsmaligen Verhängung einer Geldstrafe in der Höhe von € 500, der zweimaligen Bestrafung in Höhe von € 1.000 (April 2019) und der Verhängung einer Strafe von € 1.200 im Oktober 2019 nicht von weiteren Übertretungen der Bestimmung des § 103 Abs 2 KFG abgehalten werden. Die Verhängung einer empfindlichen Geldstrafe erscheint daher gerechtfertigt und notwendig.

Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, die den Lenkeranfragen zu Grunde liegenden Übertretungen seien "nur kleine Vergehen" gewesen, ist auszuführen, dass die Behörde nicht gehalten ist, bei der Strafbemessung auf die Strafdrohung Rücksicht zu nehmen, welche hinsichtlich jener Verwaltungsübertretung besteht, die Anlass für das Auskunftsverlangen nach § 103 Abs 2 KFG gewesen ist (vgl zB VwGH vom 22.2.1989, 89/02/0005; 5.6.1991, 91/18/0015; 5.7.1996, 96/02/0075). Die Strafdrohung des § 134 Abs 1 KFG besteht hinsichtlich einer Übertretung gemäß § 103 Abs 2 KFG somit unabhängig vom zu Grunde liegenden Delikt; das Interesse des Staates an der Strafverfolgung ist unabhängig davon, zu welchem Zweck die Auskunft verlangt wurde, immer dasselbe (zB VwGH vom 22.2.1989, 89/02/0005; 10.5.1989, 89/02/0035).

Im Hinblick auf die vom Beschuldigten angeführte ungünstige wirtschaftliche Situation erschien es geboten, die Geldstrafen im spruchgemäßen Ausmaß herabzusetzen und die Ersatzfreiheitsstrafen entsprechend anzupassen.

Die nunmehr verhängten Strafen liegen geringfügig über der höchsten bisher für eine Übertretung des § 103 Abs 2 KFG gegen den Beschuldigten ausgesprochenen Geldstrafe, sie betragen 25 Prozent der gesetzlichen Höchststrafe und liegen somit im unteren Bereich des Strafrahmens. Unter Berücksichtigung der angeführten Kriterien entsprechen die festgesetzten Strafen selbst bei angenommenen schlechten Einkommens- und Vermögensverhältnissen den Strafbemessungskriterien des § 19 VStG. Sie waren aus spezialpräventiven Gründen jedenfalls erforderlich, um dem Beschuldigten das Unrecht der Taten vor Augen zu führen und ihn in Zukunft von ähnlichen Übertretungen abzuhalten. Die Strafhöhe erscheint auch aus generalpräventiven Gründen geboten, um zukünftig derartige Verwaltungsübertretungen wirksam zurückzudrängen.

Der Kostenbeitrag für das behördliche Verfahren ist gemäß § 64 Abs 2 VStG mit zehn Prozent der verhängten Strafe, mindestens mit zehn Euro zu bemessen. Analog zur Herabsetzung der Strafhöhe waren daher auch die festgesetzten Verfahrenskosten zu reduzieren. Nachdem den Beschwerden teilweise Folge gegeben wurde, waren dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs 8 VwGVG keine Kosten für das verwaltungsgerichtliche Verfahren aufzuerlegen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde nicht beantragt und konnte gemäß § 44 Abs 3 Z 2 VwGVG entfallen.

Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, weil keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Das Verwaltungsgericht hatte - bezogen auf den Einzelfall - zu beurteilen, ob der angefochtene Bescheid materiell- und verfahrensrechtlich rechtmäßig war. Mit seiner Entscheidung weicht das Landesverwaltungsgericht Salzburg weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Die zu den maßgebenden Bestimmungen vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist nicht als uneinheitlich zu beurteilen und liegen auch keine sonstigen Hinweise für eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Kraftfahrgesetz, Lenkerauskunft, Strafbemessung, Wiederholungsfall, Strafhöhe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGSA:2020:405.4.3401.1.2.2020

Zuletzt aktualisiert am

27.08.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Salzburg LVwg Salzburg, https://www.salzburg.gv.at/lvwg
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