TE Lvwg Erkenntnis 2020/5/28 LVwG-AV-463/001-2020

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Veröffentlicht am 28.05.2020
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Entscheidungsdatum

28.05.2020

Norm

GewO 1994 §9 Abs2
GewO 1994 §39
GewO 1994 §87 Abs1
GewO 1994 §91 Abs2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch die Richterin MMag. Dr. Cervenka-Ehrenstrasser über die Beschwerde der A OG, ***, *** gegen den Bescheid des Magistrats der Stadt St. Pölten vom 20. Februar 2020, ***, zu Recht:

1.   Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unbegründet abgewiesen.

2.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Die A OG ist Inhaberin der Gewerbeberechtigung für das Gewerbe „Gastgewerbe in der Betriebsart Bar“ im Standort ***, ***.

Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid des Magistrats der Stadt St. Pölten vom 20. Februar 2020, ***, wurde der A OG diese Gewerbeberechtigung gemäß § 91 Abs. 2, § 87 Abs. 1, § 361 Gewerbeordnung 1994 entzogen.

In der Begründung wurde darauf verwiesen, dass seit 16.1 2018 B, geb. ***, zum gewerberechtlichen Geschäftsführer für die Ausübung dieses Gewerbes bestellt gewesen sei. Dieser sei jedoch bereits mit 16. Februar 2018 aus dieser Funktion wieder ausgeschieden. Aufgrund des Ausscheidens von Herrn B seien gegen Herrn C drei Verwaltungsstrafverfahren geführt und rechtskräftig abgeschlossen worden, weil die A OG es verabsäumt habe, einen neuen gewerberechtlichen Geschäftsführer zu bestellen. C sei laut Firmenbuch seit 5.1.2018 unbeschränkt haftender Gesellschafter der A OG und komme diesem daher ein maßgeblicher Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte zu. Somit habe er es zu verantworten, dass das gegenständliche Gewerbe nach Ausscheiden des gewerberechtlichen Geschäftsführers ausgeübt worden sei, ohne dass ein neuer gewerberechtlicher Geschäftsführer bestellt worden sei. Hierdurch werde das Tatbestandsmerkmal des schwerwiegenden Verstoßes gegen die im Zusammenhang mit dem betreffenden Gewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften und Schutzinteressen, insbesondere auch zur Wahrung des Ansehens des Berufsstandes, insofern verwirklicht, als der gewerberechtliche Geschäftsführer jene Person sei, die einerseits dem Gewerbeinhaber gegenüber für die fachlich einwandfreie Ausübung des Gewerbes und andererseits der Behörde gegenüber für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften verantwortlich sei. Erschwerend komme hinzu, dass seit Bestand der Gewerbeberechtigung lediglich einen einzigen Monat ein gewerberechtlicher Geschäftsführer bestellt gewesen sei und das Gewerbe somit seit rund zwei Jahren ohne Bestellung eines gewerberechtlichen Geschäftsführers ausgeübt worden sei. Auch die Erlassung von insgesamt drei Strafverfügungen habe zu keinem Umdenken geführt, sodass Herrn C die erforderliche Zuverlässigkeit für die gegenständliche Gewerbeausübung abzusprechen sei, da dieser offenkundig nicht in der Lage oder nicht gewillt sei, die mit der Gewerbeausübung einhergehenden Bestimmungen und Verpflichtungen einzuhalten.

Mit Verfahrensanordnung der Gewerbebehörde der Stadt St. Pölten vom 23.10.2019 sei die A OG nachweislich in Kenntnis gesetzt worden, dass dadurch die Voraussetzungen des § 87 Abs. 1 in Verbindung mit § 91 Abs. 2 Gewerbeordnung 1994 vorliegen würden und sei diese aufgefordert worden, Herrn C innerhalb einer Frist von drei Monaten ab Zustellung des Schreibens aus der Gesellschaft zu entfernen, widrigenfalls mit der Entziehung der gegenständlichen Gewerbeberechtigung vorgegangen werden müsste. Ungeachtet dessen sei einer Firmenbuchabfrage vom 18.2.2020 zufolge C weiterhin als unbeschränkt haftender Gesellschafter der A OG im Firmenbuch eingetragen.

Dagegen hat die A OG fristgerecht Beschwerde (als Einspruch bezeichnet) erhoben und sinngemäß die Aufhebung des Bescheides beantragt. Zur Begründung wurde vorgebracht, dass in der genannten Zeit immer ein gewerberechtlicher Geschäftsführer bestellt gewesen sei. Dies werde durch die Lohnzettel belegt, die der Beschwerde angeschlossen waren.

Mit Schreiben vom 22. April 2020 hat der Magistrat der Stadt St. Pölten die Beschwerde und den bezughabenden Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde nicht beantragt.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den unbedenklichen Akt des Magistrats der Stadt St. Pölten zur Zl. ***. Ergänzend wurde Einsicht genommen in das Gewerbeinformationssystem Austria betreffend die A OG zur Zl. *** sowie in das Firmenbuch zur Firmenbuchnummer ***.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat dazu wie folgt erwogen:

Von folgenden entscheidungsrelevanten Feststellungen ist auszugehen:

Die A OG ist seit 16. Jänner 2018 Inhaberin der Gewerbeberechtigung für das reglementierte Gewerbe „Gastgewerbe in der Betriebsart Bar“ im Standort ***, ***.

Gewerberechtlicher Geschäftsführer war vom 16.1.2018 bis 16.2.2018 B, dessen Pflichtversicherung mit Wirkung vom 16.2.2018 beendet wurde. Seit 17.2.2018 wird das gegenständliche Gewerbe ohne gewerberechtlichen Geschäftsführer ausgeübt.

Unbeschränkt haftender Gesellschafter der A OG ist C, geb. ***, welcher die Gesellschaft neben D, geb. ***, selbständig vertritt.

Gegen C liegen folgende rechtskräftige Strafverfügungen vor:

1.   Strafverfügung des Magistrats der Stadt St. Pölten vom 8. November 2018, ***:

Mit dieser Strafverfügung wurde über C eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 100,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 15 Stunden) gemäß § 367 Einleitungssatz Gewerbeordnung 1994 verhängt, da er es als unbeschränkt haftender Gesellschafter der A OG zu verantworten hat, dass diese das Gewerbe „Gastgewerbe in der Betriebsart Bar“ in ***, ***, bis zumindest 20.8.2018 ausgeübt hat, ohne einen gewerberechtlichen Geschäftsführer zu bestellen, obwohl der gewerberechtliche Geschäftsführer B mit 16.2.2018 ausgeschieden ist.

2.   Strafverfügung des Magistrats der Stadt St. Pölten vom 1. April 2019, ***:

Mit dieser Strafverfügung wurde über C eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 100,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 15 Stunden) gemäß § 367 Einleitungssatz Gewerbeordnung 1994 verhängt, da er es als unbeschränkt haftender Gesellschafter der A OG zu verantworten hat, dass diese das Gewerbe „Gastgewerbe in der Betriebsart Bar“ in ***, ***, in der Zeit vom 9.11.2019 (gemeint: 2018) bis 23.1.2019 ausgeübt hat, ohne einen gewerberechtlichen Geschäftsführer zu bestellen, obwohl der gewerberechtliche Geschäftsführer B mit 16.2.2018 ausgeschieden ist.

3.   Strafverfügung des Magistrats der Stadt St. Pölten vom 5. Juli 2019, ***:

Mit dieser Strafverfügung wurde über C eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 300,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 45 Stunden) gemäß § 367 Einleitungssatz Gewerbeordnung 1994 verhängt, da er es als unbeschränkt haftender Gesellschafter der A OG zu verantworten hat, dass diese das Gewerbe „Gastgewerbe in der Betriebsart Bar“ in ***, ***, in der Zeit vom 24.1.2019 bis 17.5.2019 ausgeübt hat, ohne einen gewerberechtlichen Geschäftsführer zu bestellen, obwohl der gewerberechtliche Geschäftsführer B mit 16.2.2018 ausgeschieden ist.

Mit Schreiben des Magistrats der Stadt St. Pölten vom 16. Februar 2018 wurde die nunmehrige Beschwerdeführerin auf die Bestimmung des § 9 Abs. 2 GewO 1994 hingewiesen, wonach nach Ausscheiden des gewerberechtlichen Geschäftsführers das Gewerbe bis zur Bestellung eines neuen Geschäftsführers, längstens jedoch während sechs Monaten, weiter ausgeübt werden darf.

Mit Verfahrensanordnung des Magistrats der Stadt St. Pölten vom 23. Oktober 2019, ***, wurde die A OG unter Hinweis auf das Ausscheiden des gewerberechtlichen Geschäftsführers mit 16. Februar 2018 und der Ausübung des gegenständlichen Gewerbes seit rund 20 Monaten ohne Bestellung eines gewerberechtlichen Geschäftsführers sowie die Erlassung der drei Strafverfügungen aufgefordert, Herrn C, welchem als unbeschränkt haftenden Gesellschafter der A OG ein maßgeblicher Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte zukomme, innerhalb einer Frist von drei Monaten ab Zustellung des Schreibens zu entfernen, widrigenfalls mit der Entziehung der Gewerbeberechtigung vorgegangen werden müsse.

Diese Verfahrensanordnung wurde der nunmehrigen Beschwerdeführerin nachweislich zugestellt.

Die Entfernung von C innerhalb der mit Verfahrensanordnung bestimmten Frist erfolgte nicht, dieser ist nach wie vor im Firmenbuch als unbeschränkt haftender Gesellschafter eingetragen.

Von der nunmehrigen Beschwerdeführerin wurde mit 6. Mai 2019 E bei der Sozialversicherung angemeldet, wobei als Beruf „Gew. Geschäftsführer“ angegeben wurde. Eine Anzeige gegenüber der Behörde gemäß § 39 Gewerbeordnung 1994 erfolgte nicht. Im Gewerbeinformationssystem Austria ist folglich kein gewerberechtlicher Geschäftsführer seit 17. Februar 2018 eingetragen.

Zu diesen Feststellungen gelangt das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich aufgrund folgender Beweiswürdigung:

Diese Feststellungen konnten aufgrund des unbedenklichen Aktes der Verwaltungsbehörde getroffen werden sowie auf der ergänzenden Einsicht in das Gewerbeinformationssystem Austria, woraus auch zweifelsfrei hervorgeht, dass der gewerberechtliche Geschäftsführer für das reglementierte Gewerbe „Gastgewerbe in der Betriebsart Bar“ mit 16. Februar 2018 ausgeschieden ist. Aus dem Firmenbuch zur Firmenbuchnummer *** geht auch zweifelsfrei hervor, dass C weiterhin als unbeschränkt haftender Gesellschafter eingetragen ist. Im vorgelegten Verwaltungsakt sind weiters die drei Strafverfügungen des Magistrats der Stadt St. Pölten sowie die Verfahrensanordnung vom 23. Oktober 2019, ***, enthalten, worauf die diesbezüglichen Feststellungen beruhen. Weiters ist im Akt der Zustellnachweis betreffend die Zustellung der Verfahrensanordnung enthalten. Dass E mit 6.5.2019 bei der Sozialversicherung angemeldet wurde, ergibt sich aus den der Beschwerde angeschlossenen Lohn/Gehaltsabrechnungen für die Monate Mai bis Dezember 2019, dass die nunmehrige Beschwerdeführerin eine entsprechende Anzeige an die belangte Behörde betreffend seine Bestellung als gewerberechtlichen Geschäftsführer getätigt hätte, wurde nicht einmal vorgebracht, sodass eine entsprechende Feststellung zu treffen war.

In rechtlicher Hinsicht wurde vom Landesverwaltungsgericht Niederösterreich wie folgt erwogen:

Gemäß § 17 VwGVG sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles ... und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Folgende rechtliche Bestimmungen kommen zur Anwendung:

§ 9 GewO 1994 lautet:

(1) Juristische Personen und eingetragene Personengesellschaften (offene Gesellschaften und Kommanditgesellschaften) können Gewerbe ausüben, müssen jedoch einen Geschäftsführer (§ 39) bestellt haben.

(2) Scheidet der Geschäftsführer aus, so darf das Gewerbe bis zur Bestellung eines neuen Geschäftsführers, längstens jedoch während sechs Monaten, weiter ausgeübt werden. Die Behörde hat diese Frist zu verkürzen, wenn mit der weiteren Ausübung des Gewerbes ohne Geschäftsführer eine besondere Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen verbunden ist oder in den vorangegangenen zwei Jahren vor dem Ausscheiden des Geschäftsführers das Gewerbe insgesamt länger als sechs Monate ohne Geschäftsführer ausgeübt wurde.

(3) Sofern eingetragene Personengesellschaften ein Gewerbe, für das die Erbringung eines Befähigungsnachweises vorgeschrieben ist, ausüben wollen, muß ein persönlich haftender Gesellschafter, der nach dem Gesellschaftsvertrag zur Geschäftsführung und zur Vertretung der Gesellschaft berechtigt ist, oder ein mindestens zur Hälfte der wöchentlichen Normalarbeitszeit im Betrieb beschäftigter, nach den Bestimmungen des Sozialversicherungsrechtes voll versicherungspflichtiger Arbeitnehmer zum Geschäftsführer (§ 39) bestellt werden. Diese Bestimmung gilt nicht für die in § 7 Abs. 5 angeführten Gewerbe, die in der Form eines Industriebetriebes ausgeübt werden; weiters ist diese Bestimmung im Falle des Todes des Geschäftsführers (§ 39) nicht anzuwenden, wenn die Gesellschaft nach dem Tod dieses persönlich haftenden Gesellschafters das Gewerbe weiter ausübt, bis zur Beendigung der Verlassenschaftsabhandlung nach diesem Gesellschafter, im Falle des vorherigen Ausscheidens der Verlassenschaft aus der Gesellschaft nur bis zum Zeitpunkt des Ausscheidens.

….

§ 39 Abs. 1 GewO 1994 lautet:

(1) Der Gewerbeinhaber kann für die Ausübung seines Gewerbes einen Geschäftsführer bestellen, der dem Gewerbeinhaber gegenüber für die fachlich einwandfreie Ausübung des Gewerbes und der Behörde (§ 333) gegenüber für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften verantwortlich ist. Der Gewerbeinhaber hat einen Geschäftsführer zu bestellen, wenn er den Befähigungsnachweis nicht erbringen kann oder wenn er keinen Wohnsitz im Inland hat. Für Gewerbeinhaber, die keinen Wohnsitz im Inland haben, entfällt die Verpflichtung, einen Geschäftsführer zu bestellen, wenn

1. die Zustellung der Verhängung und die Vollstreckung von Verwaltungsstrafen durch Übereinkommen sichergestellt sind, oder

2. es sich um Staatsangehörige eines Vertragsstaates des EWR handelt, die ihren Wohnsitz in einem Vertragsstaat des EWR haben, oder

3. es sich um Staatsangehörige der Schweizerischen Eidgenossenschaft handelt, die ihren Wohnsitz in der Schweiz oder in einem Vertragsstaat des EWR haben.

§ 87 Abs. 1 Z. 3 Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) lautet auszugsweise:

(1) Die Gewerbeberechtigung ist von der Behörde (§ 361) zu entziehen, wenn

3.   der Gewerbeinhaber infolge schwerwiegender Verstöße gegen die im Zusammenhang mit dem betreffenden Gewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften und Schutzinteressen, insbesondere auch zur Wahrung des Ansehens des Berufsstandes, die für die Ausübung dieses Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr besitzt

….

Schutzinteressen gemäß Z. 3 sind insbesondere die Hintanhaltung der illegalen Beschäftigung, der Kinderpornographie, des Suchtgiftkonsums, des Suchtgiftverkehrs, der illegalen Prostitution sowie der Diskriminierung von Personen aus dem Grund ihrer Rasse, ihrer Hautfarbe, ihrer nationalen oder ethnischen Herkunft, ihres religiösen Bekenntnisses oder einer Behinderung (Art. III Abs. 1 Z. 3 des Einführungsgesetzes zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 2008 – EGVG, BGBl. I Nr. 87/2008). Die erforderliche Zuverlässigkeit im Sinne der Z. 3 liegt auch dann nicht vor, wenn eine Eintragung eines Unternehmens in die Liste gemäß § 8 Abs. 10 Sozialbetrugsbekämpfungsgesetz – SBBG, BGBl. I Nr. 113/2015, aufgrund des § 8 Abs. 3 Z. 4 SBBG vorliegt.

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist die Frage, ob es sich bei den festgestellten Verwaltungsübertretungen des Gewerbetreibenden um schwerwiegende Verstöße im Sinne des § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 handelt, danach zu beurteilen, ob sich unter Berücksichtigung der Art der verletzten Schutzinteressen und der Schwere ihrer Verletzung der Schluss ziehen lässt, der Gewerbetreibende sei nicht mehr als zuverlässig anzusehen (vgl. VwGH 26.2.2014, Ro 2014/04/0013; 9.4.2013, 2012/04/0151; 14.3.2012, 2011/04/0209; 18.6.2012, 2012/04/0026; 28.2.2012, 2011/04/0171 etc.).

Ob schwerwiegende Verstöße vorliegen, ist auf Grund des bezughabenden Straferkenntnisses bzw. der Straferkenntnisse zu beurteilen. Schwere Verletzungen sind nach der Judikatur des VwGH etwa dann anzunehmen, wenn die Verstöße trotz erfolgter Bestrafung wiederholt begangen wurden (vgl. VwGH 23.5.2014, Ro 2014/04/0009 mit Verweis auf 11.9.2013, 2013/04/0107 sowie auf die Erkenntnisse vom 22.5.2012, 2012/04/0062 und vom 18.10.2012, 2012/04/0122, jeweils mwN). Da sich die mangelnde Zuverlässigkeit für die Ausübung des Gewerbes als zwingende Rechtsvermutung aus den schwerwiegenden Verstößen ergibt, bedarf es bei der Beurteilung, ob der Entziehungsgrund des § 87 Abs. 1 Z. 3 erfüllt ist, keiner Beurteilung des Persönlichkeitsbildes des Gewerbeinhabers (vgl. VwGH 13.12.2000, 2000/04/0180 mit Verweis auf das Erkenntnis vom 14.4.1999, 99/04/0001; Grabler/Stolzlechner/Wendl, Gewerbeordnung 20113, § 87 Rz 14). Dies gilt jedoch nur für den Fall, dass auf Grund von rechtskräftigen und nicht getilgten Bestrafungen feststeht, dass der Gewerbeinhaber schwerwiegende und noch nicht lange zurückliegende – somit für seine Zuverlässigkeit jedenfalls noch relevante – Verstöße rechtswidrig und schuldhaft begangen hat (vgl. VwGH 23.5.2014, Ro 2014/04/0009 mwN). Bei bereits getilgten Bestrafungen ergibt sich jedoch die mangelnde Zuverlässigkeit nicht zwingend aus den rechtskräftigen Bestrafungen wegen schwerwiegender Verstöße. In solchen Fällen hat die Behörde anhand des sich aus den Verstößen ergebenden Persönlichkeitsbildes des Gewerbetreibenden zu beurteilen, ob dieser die Zuverlässigkeit im Sinne des § 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 besitzt. Dabei ist insbesondere von Bedeutung, ob der Gewerbetreibende in der Folge gleichartige Verstöße begangen hat, weil der Rückfall trotz rechtskräftiger Bestrafung ein wichtiges Indiz für die Unzuverlässigkeit darstellt (VwGH 25.6.2008, 2007/04/0137; Grabler/Stolzlechner/Wendl, Gewerbeordnung 20113, § 87 Rz 14).

Die nunmehrige Beschwerdeführerin übt das gegenständliche Gewerbe seit 16.1.2018 aus, wobei der gewerberechtliche Geschäftsführer bereits einen Monat nach der Gewerbeanmeldung ausgeschieden ist, sodass seit 17.2.2018 der Behörde kein neuer gewerberechtlicher Geschäftsführer angezeigt wurde.

Mit Strafverfügung des Magistrats der Stadt St. Pölten vom 8. November 2018, ***, wurde über den persönlich haftenden Gesellschafter C erstmals eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 100,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 15 Stunden) gemäß § 367 Einleitungssatz Gewerbeordnung 1994 verhängt, da er es als unbeschränkt haftender Gesellschafter der A OG zu verantworten hatte, dass diese das Gewerbe „Gastgewerbe in der Betriebsart Bar“ in ***, ***, bis zumindest 20.8.2018 ausgeübt hatte, ohne einen gewerberechtlichen Geschäftsführer zu bestellen, obwohl der gewerberechtliche Geschäftsführer B mit 16.2.2018 ausgeschieden war.

Mit Strafverfügung des Magistrats der Stadt St. Pölten vom 1. 4. 2019, *** wurde über ihn eine weitere Geldstrafe in der Höhe von Euro 100,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 15 Stunden) gemäß § 367 Einleitungssatz Gewerbeordnung 1994 wegen desselben Tatbestandes verhängt, wobei als Tatzeitraum nunmehr die Zeit vom 9.11.2018 bis 23.1.2019 angelastet wurde.

Schließlich erfolgte mit Strafverfügung des Magistrats der Stadt St. Pölten vom 5. Juli 2019, ***, wegen dieses Tatbestandes eine weitere Geldstrafe, diesmal für den Tatzeitraum vom 24.1.2019 bis 17.5.2019.

Treten Ausschlussgründe wie die mangelnde Zuverlässigkeit, die gemäß § 87 zugleich Entziehungsgründe darstellen, nach dem für die Erlangung der Gewerbeberechtigung maßgeblichen Zeitpunkt bei Personen mit maßgebenden Einfluss auf den Geschäftsbetrieb einer juristischen Person oder eingetragenen Personengesellschaft auf, so ist das Verfahren gemäß § 91 Abs. 2 GewO 1994 einzuleiten.

Dementsprechend hat die Behörde mit nachweislich zugestellter Verfahrensanordnung vom 23. Oktober 2019, ***, die A OG unter Hinweis auf das Ausscheiden des gewerberechtlichen Geschäftsführers mit 16. Februar 2018 und die Ausübung des gegenständlichen Gewerbes seit rund 20 Monaten ohne Bestellung eines gewerberechtlichen Geschäftsführers sowie die Erlassung der drei Strafverfügungen aufgefordert, Herrn C, welchem als unbeschränkt haftenden Gesellschafter der A OG ein maßgeblicher Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte zukomme, innerhalb einer Frist von drei Monaten ab Zustellung des Schreibens zu entfernen, widrigenfalls mit der Entziehung der Gewerbeberechtigung vorgegangen werden müsse.

Weder die erstmalige Bestrafung wegen Verletzung der Rechtsvorschrift des § 367 Abs. 1 Gewerbeordnung 1994, noch das Schreiben der Behörde, wonach das Gewerbe nach Ausscheiden des gewerberechtlichen Geschäftsführers bis zur Bestellung eines neuen Geschäftsführers, längstens jedoch während sechs Monaten weiter ausgeübt werden dürfe, hat C als Person mit maßgebenden Einfluss auf die Geschäfte der Beschwerdeführerin zu einem rechtskonformen Verhalten bewegt. Auch drei Strafverfügungen haben nicht zu einem Umdenken geführt, dieser verharrte weiterhin in der widerrechtlichen Haltung, sodass die nunmehrige Beschwerdeführerin lediglich einen Monat nach Gewerbeanmeldung einen gewerberechtlichen Geschäftsführer bestellt gehabt hat und seit 17.2.2018 das Gewerbe ohne gewerberechtlichen Geschäftsführer ausübt. Nach der oben zitierten Judikatur stellt der Rückfall trotz rechtskräftiger Bestrafung ein wichtiges Indiz für die Unzuverlässigkeit dar.

Bei der Beschwerdeführerin handelt es sich um eine eingetragene Personengesellschaft, sodass gemäß § 9 Abs. 1 GewO ein gewerberechtlicher Geschäftsführer zu bestellen ist. Durch die Bestellung eines gewerberechtlichen Geschäftsführers soll die fachlich einwandfreie Ausübung des Gewerbes und die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften sichergestellt werden, weshalb § 9 Abs. 2 GewO 1994 die weitere Ausübung des Gewerbes bei Ausscheiden des bisherigen gewerberechtlichen Geschäftsführers ausdrücklich von der rechtzeitigen Bestellung eines neuen gewerberechtlichen Geschäftsführers abhängig macht. Dieses Schutzinteresse wurde durch C schwer verletzt, weil das Fehlverhalten 20 Monate andauerte (vgl. zur Erfüllung des Tatbestandes des § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 durch das fortgesetzte Delikt der Nichtbestellung eines neuen Geschäftsführers VwGH 1.2.2017, Ra 2015/04/0047 mit Verweis auf das E vom 6.3.2013, 2012/04/0135). Nach Ausscheiden des gewerberechtlichen Geschäftsführers mit 16.2.2018 hat die nunmehrige Beschwerdeführerin sei 17.2.2018 das Gewerbe ausgeübt, ohne einen gewerberechtlichen Geschäftsführer bestellt zu haben. Die nunmehrige Beschwerdeführerin hat dazu in der Beschwerde vorgebracht, dass sie sehr wohl einen gewerberechtlichen Geschäftsführer bei der Sozialversicherung angemeldet habe, nämlich E. Diesbezüglich waren der Beschwerde auch Lohn/Gehaltsabrechnungen angeschlossen.

Seit der gegenständlichen Gewerbeanmeldung mit Wirkung ab 16.1.2018 ist der nunmehrigen Beschwerdeführerin jedoch bekannt, dass die Anmeldung zur Gebietskrankenkasse alleine für die Meldung eines Mitarbeiters als gewerberechtlichen Geschäftsführer nicht ausreichend ist, vielmehr ist auch eine Erklärung als gewerberechtlicher Geschäftsführer, welche auch vom Gewerbeinhaber zu unterschreiben ist, vorzulegen. Erst durch die Anzeige der Bestellung eines gewerberechtlichen Geschäftsführers wird die Behörde in die Lage versetzt zu prüfen, ob dieser gemäß § 39 Abs. 2 GewO 1994 den für die Ausübung des Gewerbes vorgeschriebenen persönlichen Voraussetzungen entspricht und ob er auch in der Lage ist, sich im Betrieb entsprechend betätigen zu können.

Bei den in den genannten rechtskräftigen Strafverfügungen des Magistrats der Stadt St. Pölten geahndeten Verwaltungsübertretungen handelt es sich somit um schwerwiegende Verstöße gegen die im Zusammenhang mit dem betreffenden Gewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften.

Im Hinblick auf die wiederholte und weiterhin andauernde Begehung von Verstößen gerade gegen gewerberechtlich maßgebende Vorschriften ist die belangte Behörde daher zu Recht zum Ergebnis gekommen, dass der persönlich haftende Gesellschafter der nunmehrigen Beschwerdeführerin die für die Ausübung dieses Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr besitzt. Da der Verfahrensanordnung nicht Folge geleistet wurde, war die Gewerbeberechtigung somit zu entziehen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Die mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwGVG) entfallen, zumal diese von keiner Partei des Verfahrens beantragt wurde, der Sachverhalt selbst geklärt ist und die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt.

Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht das gegenständliche Erkenntnis von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Schlagworte

Gewerbliches Berufsrecht; Gastgewerbe; Gewerbeberechtigung; Entziehung; schwerwiegender Verstoß; Zuverlässigkeit;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2020:LVwG.AV.463.001.2020

Zuletzt aktualisiert am

24.08.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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